(Michael) Innerhalb von fünfeinhalb Jahren USA habe ich mich daran gewöhnt, so eine Art schlampigen California-Hacker-Look zu tragen: Kurze Surfer-Hosen bis kurz über's Knie mit geräumigen Seitentaschen (meist von Billabong, DKNY oder Quicksilver), tausendmal gewaschene T-Shirts (auch Surfer-Marken, aber auch Nike, Addidas und einige aus dem Costco-Supermarkt auf Mauii/Hawaii) und seit Jahren nicht geputzte, nur halb zugeschnürte Turnschuhe (Mizuno Wave Rider) sind das meistens -- meine Vorstellung eines Crossovers zwischen Beach Boys und Public Enemy.
In San Francisco und in der umliegenden Bay Area läuft man damit nur ganz selten auf: Mir sind nur zwei Etablissements bekannt, aus denen ich damit einmal rausgeflogen bin: Die Cocktail-Lounge des Bank-Of-America-Buildings (keine kurzen Hosen oder Turnschuhe ab 17:00) und den Bar-Room des Fairmont-Hotels (kein T-Shirt am Abend, muss Hemd oder Jackett sein). Diese Snob-Abhängen mied ich seitdem zu den kritischen Zeiten und fuhr bislang glücklich mit meiner Kleiderwahl.
In Japan hingegen herrscht ein strengeres Regiment: Die meisten Herren tragen Anzug mit Krawatte und die Damen Kostümchen und Stöckelschuhe. Das kommt daher, dass die Bürojobs diese Kleiderordnung vorschreiben und man eigentlich nur mit Geschäftskollegen nach Arbeitsschluss ausgeht.
Lustigerweise wird man aber selbst in den vornehmen Restaurants trotz verhauten California-Looks nicht rausgeworfen -- entweder genießt man als Westler den Exotenbonus oder dieser Affront wäre den Japanern viel zu peinlich. Ich hab's zwar nie in kurzen Hosen probiert (im Mai ist's in Japan auch nicht so heiß), aber auch im vornehmsten Restaurant wurden mir meine verhauten Turnschuhe am Ende wieder ohne Augenrollen schön ausgerichtet vor die Tatami-Matte gestellt.