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San Francisco, den 8.12.2005
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Abbildung [1]: Fahrradfahrer mit einem Schild "Bicycling against Oil Wars"

Michael In amerikanischen Großstädten mit dem Fahrrad zu fahren, erfordert Mut und eiserne Nerven. Das hat in San Francisco dazu geführt, dass Fahrradfahrer als aggressive Draufgänger angesehen werden, die sich nicht an Verkehrsregeln halten, sich grundlos aufregen und mit denen man am besten keine Diskussionen anfängt. Stimmt genau, haha!

Nein, ganz so schlimm ist's natürlich nicht. Die meisten sind durchaus vernünftige Leute. Der zweifelhafte Ruf wird von einigen wenigen Gewaltheimern genährt, die sich wirklich daneben benehmen. Im Juni 2005 spielte sich in San Francisco auf dem Embarcadero nicht weit der Touristenmeile "Fisherman's Wharf" eine nachrichtenwürdige Gewaltszene ab: Ein Auto- und ein Fahrradfahrer fingen eine Diskussion an, die schließlich damit endete, dass der Fahrradfahrer mutwillig seine Lenkstange in das Seitenfenster des Autos rammte. Nicht die feine englische Art! Der Autofahrer, ein 73-jähriger Rentner, flippte aus, griff sich eine (illegal!) im Handschuhfach liegende Pistole und feuerte einen Schuss auf den Fahrradfahrer ab. Allerdings traf er nicht den Bösewicht, sondern eine 20jährige Asiatin, die gerade zu diesem Zeitpunkt friedlich auf dem Gehweg vorbeijoggte. Der Fahrradfahrer flüchtete zunächst, stellte sich aber später der Polizei. Der Renter wurde sofort verhaftet. Just another day in San Francisco ...

Abbildung [2]: Fahrradfahrer im Stadteil Mission

Außerdem erzähle ich euch heute von zwei Besonderheiten beim amerikanischen Fahrradfahren. Die erste Besonderheit ist, dass kaum ein Fahrrad eine Klingel hat. Ich habe mir neulich nach vielen Jahren klingellosen Fahrens endlich eine gekauft, aber bisher verfuhr ich nach amerikanischem Prinzip: Wenn man jemanden links überholt, ruft man der Person von hinten "On your left!" ("Auf Ihrer linken Seite!") zu, damit sie keine unachtsamen Schlenker macht und einem in die Quere kommt.

Die zweite Besonderheit kommt beim Rechtsabbiegen: Dann streckt man nicht etwa wie in Deutschland die rechte Hand waagrecht seitlich nach rechts aus, sondern hebt die linke (!) zu einem "L" seitlich nach oben. Dieses Verfahren lernt man, wenn man den amerikanischen Führerschein macht. Da fragt der praktische Prüfer tatsächlich: Wenn der Blinker am Auto nicht mehr geht und man will links abbiegen, wie signalisiert man das dann? Man streckt die linke Hand waagrecht aus dem Fenster. Und wenn man rechts abbiegt? Dann hält man den linken Arm abgewinkelt nach oben aus dem Fenster. Beim Radeln sieht das sehr elegant aus und passt zum Gesamtbild, da Fahrradfahren in San Francicso wegen der vielen Hügel (zumindest abwärts) fast wie Segelfliegen ist.

Open Studios San Francisco

Abbildung [3]: Ein offenes Künstlerstudio im industriellen Viertel "SoMa"

Angelika Man kennt den Spruch "Brotlose Kunst!" und leider ist an ihm ein Fünkchen Wahrheit dran. Denn Hand aufs Herz, wer schafft es schon, seine Werke in namhaften Museen oder Gallerien auszustellen? Einmal im Jahr bekommt in San Francisco aber jeder, der bereit ist 165 Dollar zu zahlen, die Chance seine Kunst einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.

Abbildung [4]: Hier stellen die Künstler ihre Werke aus

An vier Wochenenden im Oktober finden nämlich die so genannten Open Studios statt und Künstler aller Art öffnen ihre Türen, entweder die ihres Ateliers, wenn sie ein solches denn besitzen, oder durchaus auch ihre privaten Wohnungen.

Alles was man braucht, um teilzunehmen, ist eine gültige Adresse in San Francisco. Es gibt kein Auswahlverfahren oder dergleichen, die Qualität der gezeigten Kunst schwankt dementsprechend. Seit 30 Jahren gibt es die Open Studios schon in San Francisco. ArtSpan, eine gemeinnützige Organisation, managt das Ganze, einschließlich der Erstellung des Katalogs. Damit der Kunstfreund nicht wie verrückt in der Stadt hin- und herflitzen muss, um möglichst viele Studios zu besuchen, wird die Stadt wie ein Kuchen aufgeteilt: Jedes Wochenende ist eine andere Gegend, bestehend aus mehreren Vierteln, dran. Die Künstler hoffen natürlich, möglichst viel zu verkaufen und Kontakte zur Kunstwelt zu knüpfen.

Abbildung [5]: Ein Wegweiser zu einem "Open Studio"

Abbildung [6]: Huch! In dem Viertel im Vordergrund wohnen 10 verurteilte Sexualstraftäter?

Michael Neulich stieß ich im Internet auf etwas Merkwürdiges: Eine öffentlich zugängliche Datenbank mit verurteilten Sexualstraftätern. Geht mal auf die Website der National Sex Offender Public Registry (http://www.nsopr.gov) des US-Justizministeriums United States Department of Justice. Nachdem ihr das Kleingedruckte mit "I agree" akzeptiert habt, klickt ihr auf der Landkarte Kalifornien an (der längliche Bundesstaat an der Westküste) und gebt als Zipcode unsere Postleitzahl 94114 ein. Ein Klick auf "Search" gibt eine Liste mit verurteilten Sexualstraftätern in unserem Viertel aus, die mittlerweile aus dem Gefängnis entlassen wurden. Wenn ihr auf die Namen in der Liste klickt, kommen die Polizeifotos dieser Leute hoch mit vollem Namen und Informationen über ihre Vergehen und zum Teil aktueller Adresse einschließlich Straße und Hausnummer! Sogar auf einer digitalen Landkarte kann man sich ihre Adressen anzeigen lassen. Dass keiner die Leute bedroht oder belästigt, soll folgender Passus verhindern: "ANY USE OF THIS INFORMATION TO THREATEN, INTIMIDATE, HARASS, OR CREATE A CRIMINAL ACT AGAINST ANOTHER PERSON WILL RESULT IN CRIMINAL PROSECUTION."

Die Adressinformationen sind nach dem "Megan's Law" genannten Gesetz verfügbar, das aus dem Jahr 1996 stammt und damals von Präsident Clinton unterzeichnet wurde. In einem kleinen Vorort im Bundesstaat New Jersey wurde 1995 die 7-jährige Megan Kanka von einem Mann umgebracht, der ein vorbestrafter Sexualtäter war und jahrelang im selben Stadtviertel gewohnt hatte. Das Gesetz soll sicherstellen, dass Bürger wissen, wenn ein vorbestrafter Sexualtäter in ihrer Nähe wohnt.

In einer kürzlich gelaufenen Episode der kontroversen aber lustigen Fernsehserie "Curb your Enthusiasm" (Rundbrief 03/2003) lädt Larry David einen neuzugezogenen Mann zu seiner Party bei sich zu Hause ein und sagt beiläufig zu seiner Frau "das ist übrigens ein öffentlich bekannter Sexualstraftäter", worauf die Frau ausflippt. Die Party ist selbstredend ein einziges Tohuwabohu. Larry David kennt keine Tabus!

Der San Francisco Super-Geheimtipp

Und hier eine neue Reihe im Rundbrief: Absolute Geheimtipps, die nur Leute kennen, die jahrelang in San Francisco gewohnt haben. Heute: Wohin mit dem Kleingeld? Weil man wegen der Verkaufssteuer nie genau weiß, wieviel etwas kostet und deshalb nicht im voraus dringend loszuwerdendes Kleingeld abzählen kann, bleibt man oft auf unerwünschten Münzen sitzen. Die Quarters lassen sich ja meist noch verwerten, aber die Zehnerl (Dimes), die Fünferl (Nickels) und die Cents wird man nur schwer los und früher oder später reißen sie einem ein Loch in die Hosentasche. Die Lösung: Man fährt mit der MUNI-Straßenbahn von den Haltestellen Embarcadero, Powell, Montgomery, Civic Center oder Van Ness ab. Die Straßenbahnlinen verkehren in diesem Gebiet im Untergrund und am Eingang stehen Drehkreuze, die -- und das ist in den gesamten USA unerhört -- jedwedes Kleingeld annehmen! Wenn man also die $1.50 für eine Fahrt zahlt, könnte man theoretisch 150 einzelne Cent-Münzen einwerfen! Ich habe es schon mit etwa 30 probiert und den Rest mit Nickels und Dimes bezahlt und es hat anstandslos geklappt. Das war der Super-Geheimtipp für diese Ausgabe. In der nächsten Folge: Die besten öffentlich zugänglichen Klos der Innenstadt.

Diskutieren im Rundbrief-Forum

Eingefleischte Rundbrief-Fans haben es sicher gleich bemerkt: Der Rundbrief kommt in einem neuen Online-Format daher. Nach 9 Jahren war es höchste Zeit, unsere Briefchen etwas moderner zu gestalten. Der Rundbrief läuft jetzt unter der Domain usarundbrief.com, damit die Leute sich nicht den "perlmeister" merken müssen. Und auch ein Diskussionsforum gibt es jetzt, da könnt ihr Fragen stellen und Lob und Tadel an die Rundbriefschreiber austeilen. Lasst hören, was ihr davon haltet! Diskutiert eifrig!

Mal wieder Hawaii

Abbildung [7]: Panorama an der Napali-Küste

Im November habe ich dem Yahoo! mal wieder 10 Urlaubstage aus dem Kreuz geleiert und wir sind nach Hawaii abgezischt. Da wir schon alle Inseln durch haben, mussten wir wieder von vorne anfangen: Also ging's mal wieder nach Kauai, die grüne Insel ganz im Westen.

Wir sind nicht nur am Strand rumgelungert, sondern haben auch einige Gewaltmärsche unternommen, die uns ganz schön geschlaucht haben. Und, glaubt mir, mein Leben war nicht arm an brutalen Märschen. Der so genannte "Alakai Swamp Trail" ist 15 Kilometer lang und man muss einige Höhenmeter überwinden, das dauert schlappe 6 Stunden. Und einige Tage darauf ging's auf den Nualolo-Awaawapuhi-Trail, der nochmals 15 Kilometer lang war mit 2000 Fuß Höhenunterschied. Auf so einem Trail trifft man natürlich kaum Amerikaner, sondern -- natürlich -- Deutsche und ein britisches Ehepaar. Und auf dem Weg zurück zum Parkplatz, der eine Weile lang an einer Straße entlang führte, nahm uns ein Franzos' noch die letzten Meter im Auto mit. Amerikaner haben anscheinend eine Abneigung gegen Gewaltmärsche.

Abbildung [8]: Der Waimea-Canyon im Abendlicht

Wir haben insgesamt zwei verschiedene Ferienhäuser gemietet, zuerst eines für sieben Tage in Kekaha, etwas abseits der Touristenmetropolen. Als wir unser Mietauto abholten und nach dem Weg fragten, schilderte uns die Autovermietungsdame doch glatt den Weg zum Touristenstrand Poipu, was haben wir gelacht! Kekaha ist ein Überbleibsel, ein recht stiller Ort am Rande einer mittlerweile geschlossenen Zuckerrohrfabrik, mit einer Zufahrtsstraße zum Waimea-Canyon. Wir haben fast jeden Tag im japanischen Supermarkt "Takahashi" in Waimea eingekauft, wo es "Poke" gab, also lecker angemachten rohen Thunfisch. Unsere Hütte hatte einen Holzkohlengrill, und nachdem ich Holzkohle und Grillanzünder im Supermarkt gekauft hatte, zündete ich das erste Grillfeuer meines Lebens an (zu Hause habe ich natürlich einen Gasgrill). Was ich gelernt habe: Niemals den Grillanzünder in die halb brennenden Kohlen hineinspritzen. Es steht zwar auf der Verpackung, dass man das nicht machen soll, aber bekanntlich nehme ich keine Ratschläge an. Jetzt weiß ich, warum der Warnhinweis auf dem Grillanzünder stand.

Abbildung [9]: Eine ausrangierte Ampel am Rande einer Zuckerrohr-Plantage

Im Norden blieben wir dann einige Tage nördlich von Kilauea, wo allerdings ein harscher Geckomangel und ein Mückenüberschuss herrschte. Wir hätten wohl den Mückenfresser aus Abbildung 10 aus Kekaha mitnehmen sollen, wo ich ihn fotografiert habe.

Abbildung [10]: Der Gecko an der Hauswand

Abbildung [11]: Der "Sand Digger" - Eine Ankerschraube für den Sonnenschirm

Auf Hawaii weht ja immer ein angenehm warmer leichter Wind, der allerdings schon mal etwas böig wird. Hat man einen großen Sonnenschirm in den Sand gebohrt, reißt es diesen schon mal aus der Verankerung und dann muss man völlig uncool dem wild gewordenen Ausreißer hinterherhechten.

Deswegen gibt es den "Sand Digger", einen patentierten Sonnenschirmanker, den man in den Sand hineinschraubt und auf der dann zementfest sitzenden Halterung den Sonnenschirm anbringt. Der Hersteller garantiert festsitzende Sonnenschirme bis Windstärke 4. Für nur etwa 10 Dollar bei Wal-Mart!

Video: Auf Hawaii weht immer ein angenehm leichter Wind: In einer Ferienwohnung, natürlich ohne Klimaanlage.

Online-Printing bei Costco

Druckt man seine digitalen Fotos auf einem Tintenstrahldrucker aus, ist das extrem teuer. Die Druckertintenmafia hat in den letzten Jahren die Preise unbarmherzig in die Höhe getrieben. Und auch die Qualität der Fotos hält dem Expertenauge meist nicht stand, die Fotos sind allein schon wegen des Druckprozesses nicht von der gleichen Qualität wie im Fotogeschäft.

Bringt man die Bilder auf einer CD hingegen zu einem Bilderentwicklungsdienst, schwanken die Ergebnisse. Der Megasupermarkt "Costco" hingegen bietet einen Service an, dem man die Bilder per Internet zuspielt und dann ein paar Stunden später an der nächsten Filiale abholt. Das ist nun nichts Besonderes, aufregend ist aber, dass man dem Costo zusammen mit den Bildern ein so genanntes "Profile" mitgeben kann, damit er die Fotos genauso ausdruckt wie sie in einer Fotoverarbeitungssoftware wie "Photoshop" oder "Gimp" zu Hause auf dem kalibrierten Bildschirm erschienen sind.

Das Ganze funktioniert so: Freiwillige lassen alle paar Monate ein Referenzbild bei einer Costco-Filiale entwickeln, analysieren das Ergebnis und berechnen daraus das Profile.

Auf der Website von drycreekphoto.com sind die aktuellen Profiles aufgelistet, für fast jeden Costco in den gesamten USA. Um den Costco bei uns in San Francisco auszuwählen, klickt man dazu unter "US States" zuerst auf "California" und fährt dann in der Liste rechts bis "San Francisco" herunter. Unter "Costco #144" steht dann, dass diese Filiale einen Drucker der Marke "Noritsu Model 3111" hat, der "Fuji Crystal Archive Paper" verwendet. Sowohl für hochglänzedes (glossy) als auch mattes (lustre/matte) Fotopapier gibt's ein Profile. Ich hab's ausprobiert und das Ergebnis war verblüffend. Und der Preis ist mit 17 Cent für ein 10x15-Foto natürlich unschlagbar. Ich kenne mittlerweile Profis, die ihre Bilder dort entwickeln lassen!

Kreditkartenfirmen-Machenschaften

Abbildung [12]: Die Kreditkartenfirma bietet einen günstigen Zinssatz an und liefert die Schecks gleich mit

Angelika Es hält sich beharrlich die Ansicht, dass jeder Amerikaner den noch so geringsten Betrag mit seiner Kreditkarte begleicht und beim Bezahlen mit Bargeld mitleidig die Augen gerollt werden: "Guckt euch diesen armen Schlucker an, der muss die Scheine rüberschieben, weil er keine Kreditkarte bekommt". Ganz so schlimm ist es nicht. Den Kaffee im "Coffeeshop" bezahlt man in bar und keiner findet das merkwürdig. Im Gegenteil: Viele kleinere Geschäfte setzen sogar einen Minimumbetrag (zwischen 5 und 15 Dollar) fest, ab dem der Kunde mit Kreditkarten zahlen kann.

Andererseits stimmt es, dass der amerikanische Alltag ohne Kreditkarte schwer zu bewältigen ist. Versucht einmal ein Auto, Hotel oder einen Flug ohne Kreditkarte zu buchen, das ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Als ich im zarten Alter von 21 Jahren das erste Mal die USA bereiste, besaß ich keine Kreditkarte, denn deutsche Banken dachten damals noch nicht im Traum daran, mittellosen Studenten eine auszuhändigen. Meine Freundin Marianne und ich wollten dann in Las Vegas ohne Kreditkarte ein Auto buchen und mussten uns durch die Gelben Seiten von Las Vegas wählen, bis schließlich "Brooks-Rent-A-Car" zustimmte, uns ein Auto auszuhändigen, wenn wir unsere Rückflugtickets und einige "Traveller Checks" hinterlegten. Oder der Einkauf im Internet: Da Amerika das Lastschriftverfahren im deutschen Sinne nicht kennt, geht ohne Plastikkarte gar nichts.

Hinter Kreditkarten verbirgt sich in Amerika tatsächlich das, was der Name verspricht. Zahlt der Kunde mit der Kreditkarte, wird Kredit gewährt und Zinsen fallen an, nach einer gewissen Zeit, der so genannten "grace period" (in der Regel 20 bis 25 Tage). In Deutschland war es zumindest zu unseren Zeiten noch üblich, die Kreditkarte mit dem Girokonto zu verbandeln, d.h. der angefallene Betrag wird einfach vom Konto eingezogen (klärt uns auf, wenn das mittlerweile anders ist). Solche Karten gibt es in Amerika zwar auch. Die heißen aber "Debit Cards" und gelten nicht als richtige Kreditkarten, sind aber unentbehrlich für Ausländer, die sich gerade erst in den USA niedergelassen haben und noch keine Kreditkarte im traditionellen Sinne bekommen.

Solange der Kredikartenbesitzer seine Kreditkartenrechnung, die einmal im Monat ins Haus flattert, pünktlich und vollständig bezahlt, ist er fein raus, aber wehe es fallen Zinsen und Gebühren an, dann ist das Zahlen mit der Kreditkarte eigentlich das Dümmste, was man machen kann, denn die Kreditkartenfirmen nehmen es von den Lebendigen. Die Höhe der Zinsen und Gebühren und die dabei angewandten Methoden reichen durchaus Kredithaien das Wasser, neulich stand ein interessanter Artikel darüber im "Consumer Reports" (so etwas wie die Stiftung Warentest).

Zunächst gibt es unterschiedliche Zinssätze, je nachdem was der Kreditkartenbesitzer mit seiner Kreditkarte macht. Holt er Bargeld mit seiner Kreditkarte vom Automaten, fällt ein anderer, höherer Zinssatz an, als wenn er sie so zum Bezahlen benutzt. Hinzukommt, dass die "Gnadenfrist" ("grace period") bei der Bargeldabhebung wegfällt, auch wenn man seine Rechnung stets ganz bezahlt, d.h. Zinsen fallen an, wenn der Automat das Geld ausspuckt. Darüber hinaus wird dem Kunden meist noch eine Gebühr von 2-3% für die Benutzung des Geldautomaten aufgebrummt. Die Kreditkartenfirma listet auf der Rechnung auf, welcher Zinssatz für was anfällt. Bei unserer Chase Visa-Karte sind es zum Beispiel 22.74% für das Abheben von Bargeld ("cash advances" genannt) und 18.74% für sonstige Käufe. (Wir bezahlen unsere Kreditkartenrechnungen übrigens jeden Monat ganz).

Hinter dem Prozentsatz verbirgt sich der jährliche Zinssatz ("annual percentage rate" = APR) und dieser schwankt eben von Kunde zu Kunde. Dabei regiert der freie Markt, es gibt nämlich kein Gesetz, das besagt, wie hoch dieser Zinzsatz maximal sein darf. Zahlt man seine Rechnungen zu spät oder geht über seinen Kreditrahmen ("credit limit") hinaus, gibt es nicht nur Strafgebühren, sondern auch der jährliche Zinssatz wird gleich mit nach oben angepasst. Glaubt also nicht den Fernsehfilmen, in denen der Ober freundlich und diskret die Kreditkarte zurückbringt, weil die Karte ausgereizt ist und die Buchung nicht mehr erfolgte. Im realen Leben knöpft die Kreditkartenfirma dem Kunden für dieses Vergehen lieber im Schnitt 30 Dollar ab und erlaubt das weitere Belasten der Karte.

Die Höhe des gewährten Kreditrahmens legt die Kreditkartenfirma individuell für den Kunden fest. Nutzen wir bestimmte Karten viel, erhöht sich wundersamer Weise nach einiger Zeit unser Kreditrahmen. Viele Kreditkartenfirmen erhöhen übrigens sogar dann den jährlichen Prozentsatz, wenn der Kunde eine Rechnung einer anderen Kreditkarte zu spät zahlt oder eine neue Kreditkarte beantragt, mit der Begründung, dass das Verhalten des Kunden auch für sie ein erhöhtes Risiko darstellt. Er könnte ja in Geldschwierigkeiten sein und nur deshalb eine neue Kreditkarte brauchen. Die Informationen über die Zahlungsmoral des einzelnen Kunden erhalten die Firmen, in dem sie den schon viel beschriebenen "Credit Report" (Rundbrief 05/2004) abfragen.

Bei unserer Chase-Karte würde uns das zu späte Zahlen des vorgeschriebenen Minimalbetrages ("minimum payment") bis zu 39 Dollar kosten. Der Minimalbetrag ist der Anteil des gewährten Kredites, den man, komme was da wolle, im Monat abbezahlen muss, in der Regel 2% des offenen Saldos, eine nicht gerade riesige Summe. Viele Finanzberater und Verbraucherverbände beklagen dies bitter, denn zahlt man nur den minimal vorgeschriebenen Betrag und nicht mehr, braucht es unter Umständen Jahre, bis die Weihnachtsgeschenke, die alle mit der Kreditkarte gekauft wurden, abbezahlt sind.

Viele Kreditkartenfirmen versuchen auch Kunden zu gewinnen, in dem sie ihnen günstige Einführungszinssätze (oder sogar Zinsfreiheit) für einige Monate gewähren. Besonders interessiert sind sie daran, dass man Salden von Karten der Konkurrenz auf die neue Karte transferiert. Uns flattern ständig solche Angebote ins Haus: "0% Introductory Rate". Das hört sich für viele zunächst gut an, aber der Zinssatz steigt natürlich nach Ablauf der Einführungsmonate. Und vielfach gilt die günstige Rate nur für den transferierten Betrag und nicht die neuen Einkäufe.

Abbildung [13]: Michaels liebste Kreditkarte: Die mit dem Pinguin

Obwohl jeder denkt, dass es unzählige Firmen gibt, die Kreditkarten anbieten, dominieren die fünf größten, nämlich JPMorgan Chase, American Express, MBNA, Bank of America und die Citigroup -- laut dem Consumer-Reports-Heft im November 2005 -- 65% des Marktes. Die Kreditkarten kommen natürlich trotzdem in zig verschiedenen Aufmachungen daher. Michael liebt besonders die Karten, die irgendwelche Bonusprogramme haben, wie zum Beispiel, dass wir am Ende des Jahres 2% auf bestimmte Einkäufe wieder bekommen oder er E-Bay- Punkte sammeln kann, wenn er die Karte benutzt. Am meisten Aufsehen erregen wir aber immer mit unser Linux-Mastercard (übrigens von MBNA), die den Pinguin von Linux auf der Karte abbildet. Alle kommentieren immer, wie nett der aussieht, wissen aber in der Regel nicht, dass sich hinter Linux Michaels Lieblingsbetriebssystem für den Computer verbirgt.

CD des Monats: "Friday the 13th" von Maroon 5

Abbildung [14]: "Friday the 13th" von Maroon 5

Michael Eigentlich dürfte ich diese CD ja gar nicht empfehlen, denn sie hat einen üblen Kopierschutz. Natürlich habe ich sie nicht gekauft, sondern (legal!) auf dem neuen Yahoo-Music-Engine (YME) gehört. Dort zahlt man $11.99 im Monat und darf dann unbegrenzt Musik hören, Tag und Nacht, und unter mehr als einer Million Songs auswählen. Das Teil ist zwar in der Beta-Phase und extrem wackelig, aber als Yahoo!-Angestellter kriegt man's umsonst, da kann man nicht meckern. Da wird der Apple spitzen, wenn das einschlägt und seinem I-Tunes Konkurrenz macht!

Zur CD: So eine Live-Platte habe ich mein Lebtag noch nicht gehört. Exakter Sound, ein mitgerissenes Publikum und die Stimme von Sänger Adam Levine trifft jeden Ton absolut perfekt, was bei den komplizierten Melodien von Maroon 5 eigentlich erstaunlich ist. Ich habe die Platte viele Male von Anfang bis Ende durchgehört, ich könnte bei jedem Song ausflippen. Ich muss nur in der Arbeit aufpassen, dass ich nicht zu stark mit den Füßen stampfe, wenn ich die Platte mit Kopfhörer höre.

"Leffe" Bier

Abbildung [15]: Das belgische "Leffe"-Bier

Mittlerweile bin ich ja gar kein deutsches Bier mehr gewöhnt. Klar, wenn ich alle paar Jahre für eine Woche nach Deutschland fahre, wird dort Andechser Doppelbock und Augustiner Edelstoff bereitgestellt. Aber in Ermangelung dieser großartigen Biere habe ich in Amerika meinen Biergeschmack umgestellt. Mittlerweile trinke ich gerne "India Pale Ale" (IPA), das ist eine Geschmacksrichtung, die uneingeweihten Gaumen fast bitter vorkommt. "White Hawk" von der Mendocino Brewing Company ist eines der besten.

Aber neulich entdeckte ich beim Bierhändler um die Ecke ein neues Schmankerl: Das belgische "Leffe". Es kostet den sagenhaften Preis von $9.95 pro Sixpack (!), ist aber wirklich einzigartig. Extrem süffig und es schmeichelt dem Gaumen ungemein, ich glaube, da ist ein Schuss Weißbier drin. Es gibt auch noch andere belgische Biere, zum Beispiel das "Chimay", das in größeren Flaschen zu Weinpreisen verkauft wird. Auch nicht schlecht, aber wo kommen wir hin, wenn ein Flascherl Bier plötzlich $6 kostet? Der Trader Joe's verkauft's allen Ernstes. Manchmal spinnen die Amis schon.

Die Zahnfee kommt: Tooth Fairy

Abbildung [16]: Ein Kinderbuch über die Tooth Fairy

Angelika Die kleinen Dinge, die in Deutschland anders sind als in Amerika, faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Im Sommer besuchten wir unsere Freunde in Portland und der Sohn des Hauses hatte einen Wackelzahn. Begeistert erzählte er uns, dass sobald er den Zahn verliere, die Tooth Fairy (= Zahnfee) käme, was Michael in arges Erstaunen versetzte, denn der hatte noch nie von der Tooth Fairy gehört. Ich kannte diese schon aus diversen Erzählungen sowie Kinderbüchern aus dem Kindergarten im Tenderloin, wo ich arbeite. Mit der Dame hat es nämlich folgendes auf sich: Verliert ein Kind einen Michzahn, legt es ihn unter sein Kopfkissen. In der Nacht kommt dann die Tooth Fairy (sprich: die Eltern) und tauscht den Zahn gegen Bares aus, mittlerweile in der Regel 1 Dollar. Ich hingegen habe meine Milchzähne noch in eine mit Watte gebettete Streichholzschachtel gelegt. Geld gab es keines.

Eure schiefzahnigen Europäer in San Francisco:

Angelika und Michael

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Letzte Änderung: 26-Nov-2012