Angelika/Mike Schilli |
Waffenrecht
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(Michael) Gleich zum heutigen Schwerpunktthema: Ballermänner in den USA, bäng, bäng! 86 Millionen Amerikaner besitzen insgesamt etwa 240 Millionen Waffen. Hier ist das Recht auf Waffenbesitz ja in der Verfassung verankert. An die Verfassung der USA sind, wie schon im letzten Rundbrief erwähnt, einige Anhänge angeschlossen, die sogenannten Amendments, deren erstes, die Redefreiheit, wir letztes Mal an praktischen Beispielen erläutert haben. Das zweite Amendment hingegen heißt:
"A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed."
Na, datt is ja'n Ding! Die Verfassung schreibt also vor, dass kein Bundes- oder Ländergesetz den Besitz und das Tragen von Waffen einschränken darf -- und zwar zu dem Zweck, so die Gründerväter, dass es jederzeit eine kampfkräftige Miliz (Bürgerwehr) gibt, die sich notfalls gegen eine verrücktspielende Regierung zur Wehr setzen kann.
Wer die für Europäer skurril erscheinende Liebe der Amerikaner zu ihren Knarren verstehen will, muss bis hierher vorstoßen. Das eigene Haus oder die Familie notfalls gegen Einbrecher zu verteidigen, spielt sicher eine Rolle, steht aber gar nicht immer im Vordergrund. Eine wahre Demokratie, so der amerikanische Gedankengang, erlaubt es jedem Bürger, sich zu bewaffnen und etwaige Unterdrücker, wie eine Militärdiktatur, wirksam zu zersprengen.
Kurz nach Abschaffung der Sklaverei war es übrigens den Schwarzen im Land immer noch nicht erlaubt, Waffen zu besitzen oder mit sich zu führen. Erst das vierzehnte Amendment, das im Jahr 1868 zur Verfassung hinzukam, regelte, dass auch die ehemaligen Sklaven nun Bundesbürger (Citizens) waren und deswegen Waffen tragen durften.
Die meisten Amerikaner misstrauen der Bundesregierung in Washington zutiefst -- viel stärker als in Deutschland, wo man zwar weiß, dass sich Politiker gelegentlich in Korruptionsskandale verwickeln, Schwarzgeld in die Schweiz verschieben oder Steuern hinterziehen, aber niemand annehmen würde, der nächste Militärputsch stünde an. Der Extremfall hier in den USA sind einige Verrückte in Montana, die sich in Festungen verschanzen, keine Kreditkarte und keine Sozialversicherungsnummer beantragen und den ganzen Tag in Tarn-Uniformen herumspringen.
Deswegen: "Every man be armed!" -- jeder anständige Bürger darf sich hier im Laden um die Ecke eine Knarre kaufen. Im wilden Westen war das lebensnotwendig, da wurde erst geschossen und dann verhandelt. Nun ist diese Regelung in modernen Großstädten natürlich unpraktikabel, schließlich will man nicht, dass einen der nächste Depp über den Haufen schießt. Legal wäre das zwar nicht, aber schließlich nützt einem das wenig, wenn man einmal tot ist.
Deswegen gibt es von Bundesstaat zu Bundesstaat verschiedene Regelungen, die das Herumtragen von Ballermännern in der Öffentlichkeit einschränken: Wer einer Straftat angeklagt oder wegen einer verurteilt wurde, darf keine Waffe mit sich führen. Geistig unzurechnungsfähige Leute, illegale Einwanderer, unehrenhaft aus der Armee Entlassene, Staatsbürger, die ihre Staatsbürgerschaft zurückwiesen oder Drogenabhängige -- auch nicht.
Diese Einschränkungen widersprechen natürlich der Verfassung etwas -- und verursachen erwartungsgemäß ständige Streitereien zwischen Waffennarren auf der einen Seite und aufgeschreckten Bürgern auf der anderen -- letztere zogen aus aus Massakern wie dem im April 1999 an der Columbine High School (15 Tote, 184 Verletzte) ihre Konsequenzen und machen fürderhin leichte Zugeständnisse an die Verfassung, wenn dadurch die Sicherheit ihrer Kinder gewährleistet ist.
Für den Normalbürger ist es meist nur verboten, eine "Conceiled Weapon", eine versteckte Waffe, mit sich herumzutragen. Fast nirgendwo darf man eine Pistole unter der Jacke tragen -- außer man hat eine spezielle Genehmigung. Und auch dann sind Regierungsgebäude, Flughäfen, Sportstadien und ähnliches tabu. In der eigenen oder gemieteten Wohnung und auf dem eigenen Grundstück darf man aber nach Lust und Laune mit geladenen Waffen herumhantieren, solange nur die Kinder nicht daran kommen können.
Die Interessen der Waffennarren vertritt eine Organisation namens NRA, die "National Rifle Association", mit mittlerweile vier Millionen Mitgliedern. Wer sich mit Baseball-Kappen mit NRA-Logo oder T-Shirts oder Pullovern mit eindeutigen Beschriftungen ("My President is Charlton Heston" -- der Schauspieler Charlton Heston (z.B. "Planet der Affen") ist jetzt Präsident der NRA) -- eindecken will, sei auf den NRA-Online-Store verwiesen, unter http://store.nrahq.org/nra . Auf http://www.nra.org gibt's auch reihenweise Geschichten darüber zu lesen, wie bewaffnete Bürger im letzten Moment Verbrechen verhindern konnten. In der Literatur streiten sich die Experten übrigens, was nun zu weniger Verbrechen führt: Frei erhältliche Waffen, die Kriminelle eventuell davon abschrecken, Leute zu überfallen oder in Wohnungen einzubrechen, weil sie dann mit bewaffnetem Widerstand rechnen müssen, oder verschärfte Waffenkontrollgesetze, damit auch die Kriminellen nicht mehr so leicht an Waffen kommen, weniger Waffenunfälle passieren -- und auch Bürger nicht sofort ihre Familien ausradieren, falls mal was nicht so klappt.
Kaufen kann man Waffen einfach im Gun-Shop. Gerüchtehalber verkauft sogar der Walmart (ein Supermarkt) Waffen. Da es sich eingebürgert hatte, dass Räuber zuerst im Waffenladen und anschließend bei der Bank vorbeischauten, wurden Gesetze verabschiedet, die bei Pistolen eine Wartezeit von einigen Tagen auferlegten. Gewehre kriegt man im Gegensatz dazu übrigens sofort.
Lange Zeit konnte man in Amerika Waffen einfach wie Bier im Laden kaufen und sofort mit heimnehmen. Bis die Öffentlichkeit 1981 durch ein Ereignis aufschreckte: Ein Verrückter schoss damals auf Präsident Reagan, und zwar mit einer kurz zuvor gekauften Pistole. Zwar kam Reagan glimpflich davon, aber die Kugel verletzte seinen Pressesekretär Jim Brady schwer und der Arme musste fortan querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzen. Zusammen mit seiner Frau Sarah Brady kämpfte er daraufhin für ein neues Gesetz, das Verbrecher daran hindern sollte, mit frisch gekauften Waffen Straftaten zu begehen. Sieben Jahre nach dem Einreichen des Vorschlags, der fortan "Brady Bill" genannt wurde, wurde er schließlich vom Kongress 1993 genehmigt und von Präsident Clinton unterzeichnet, der sich damals für den Vorschlag stark machte, obwohl die Waffenlobby stark dagegen mobilisierte.
Jeder Käufer musste fortan das Formular "ATF form 4473" ausfüllen, auf dem unter anderem gefragt wird, ob man vorbestraft ist oder schon einmal in einer psychiatrischen Anstalt war. Kreuzt man "Ja" an, kriegt man die gerade ausgesuchte neue Knarre nicht. Kreuzt man "Nein" an, werden die Daten an die örtliche Polizeistelle übermittelt, die in den folgenden fünf Werktagen einen "vernünftigen Versuch" ("reasonable effort") unternehmen soll, anhand der Führerscheinstelle herauszufinden, ob der potentielle Käufer schon vorbestraft ist, ein Gerichtsverfahren schwebt oder ob er wegen Drogenmißbrauch oder allgemeiner Durchgeknalltheit schon einmal amtlich irgendwo aufgefallen ist. Ist der Käufer ein unbescholtener Staatsbürger der USA, kommt nach 5 Werktagen das Okay und die Pistole darf im Laden abgeholt werden.
1995 wurde durch den "Supreme Court" ein weiteres Waffenkontrollgesetz bestätigt: Im Umkreis von 1000 Fuß (etwa 300m) um eine Schule sind keine Waffen erlaubt.
Heutzutage hat jeder Bundesstaat sein eigenes Waffengesetz, manchmal folgen selbst verschiedene Landkreise unterschiedlichen Regelungen.
In Kalifornien dürfen seit Oktober 1993 nur noch Leute Pistolen kaufen, die ein "basic firearms safety certificate" vorlegen können, das belegt, dass der Käufer einen Grundkurs in Pistolenhandhabung absolviert hat. Nach einer Wartezeit von 10 Tagen darf der Käufer die Waffe im Laden abholen, wenn der Background-Check positiv verlaufen ist. In der eigenen Wohnung oder im eigenen Büro darf der Ballermann dann geladen und nach Belieben herumgetragen werden. Jeder Waffenhändler muss übrigens ein Schild im Laden haben, auf dem "If you leave a loaded firearm where a child obtains and improperly uses it, you may be fined or sent to prison." steht. Wer nicht sicherstellt, dass die Waffe gut verschlossen in einem Schrank ist, wird mit Geldstrafe oder Gefängnis bestraft, falls Kinder darankommen und Schaden anrichten.
Im Auto oder auf der Straße darf die Waffe in Kalifornien jedoch ohne eine spezielle Genehmigung, die teilweise sehr schwierig zu bekommen ist, nicht getragen werden. Ein geladener Revolver im Handschuhfach, unterm Sitz, in der Jackentasche oder im Hosenbund ist ein ernstes Vergehen, das unter Umständen mit Gefängnis bestraft wird. Lustigerweise verbietet es das Gesetz nicht, Pistolen offen im Halfter wie früher die Cowboys rumzutragen. Das scheint erlaubt zu sein, obwohl mir in der Stadt noch niemand so begegnet ist, aber wundern tät's mich nicht!
(Michael) Hey, und wir waren mal wieder im Urlaub: Eigentlich wollten wir ja vor Weihnachten noch nach New York fahren. New York zur Weihnachtszeit -- und egal, ob einem Weihnachten etwas bedeutet oder nicht, ist einfach umwerfend. Überhaupt, eine faszinierende Stadt, dieses New York. Aber es wurde nichts dieses Jahr, da anscheinend ganz Amerika zur Weihnachtszeit nach New York fährt und die Hotel- und Flugpreise selbst für uns Dollarverdiener astronomisch hoch waren.
Da kam Angelika auf die Idee, uns statt dessen einfach ins Hotel "New York New York" in Las Vegas einzumieten. Dieses Hotel sieht aus wie die Skyline von New York, hat die Freiheitsstatue vorne dran stehen und verfügt außerdem über eine eigene Achterbahn. Las Vegas ist nur eine gute Flugstunde von San Francisco entfernt, und so flogen wir an einem Mittwochabend im Dezember einfach dorthin. Wir wollten nur eine Nacht in Las Vegas bleiben und dann ins weiter östlich gelegene Tal des Todes (Death Valley) fahren, um die dortige Wüstenlandschaft auszukundschaften. Doch dazu später.
Lasst euch vom rasenden Rundbriefreporter sagen: Las Vegas hat sich verändert, meine Freunde. Vielleicht wisst ihr ja, dass Angelika und ich uns dort vor fast 14 Jahren das erste Mal über den Weg liefen. Ich erinnere mich noch an preiswerte Hotels und Restaurants -- jedes Casino bot für $1.99 oder so ein Büffet an, an dem man essen konnte, bis man platzte, was der Huber und ich damals auch ausgiebig taten, denn wir schlugen uns mit 30 Dollar am Tag durch.
Nun ermüden diese Büffets freilich, spätestens nach dem dritten Mal hängt einem das Essen zum Hals raus. Bis vor kurzem gab's in Las Vegas keine brauchbaren Restaurants für verwöhnte Kalifornier -- aber das hat sich mittlerweile geändert. Wir waren zweimal essen, einmal im "Il Fornaio" (Casino "New York New York") und einmal im "Cafe Puck" (von dem Österreicher Wolfgang Puck, "MGM-Casino") und beidesmal war das Essen ausgezeichnet.
Das Hotelzimmer war die Wucht. Wir zahlten etwa den Preis eines gehobenen Motelzimmers und bekamen eine Luxussuite, die so groß wie unser Apartment in San Francisco war. Im Wohnzimmer war außerdem eine Riesenbadewanne, mit einem Wasserhahn, der wie ein kleines Flüsschen sprudelte (siehe Bild 11). Wenn ihr übrigens im gleichen Raum übernachten wollt, die Zimmernummer ist 534, im sogenannten "New York Tower" im "New York New York".
(Michael) Zunächst standen wir vor dem Problem, unser Gepäck vom Auto, das wir in der Parkgarage geparkt hatten, ins Zimmer zu schaffen. Wir hatten zwar nur zwei Reisetaschen dabei, aber nachdem der Weg von der Garage zum Hotelzimmer durchs Casino führte, wollten wir nicht unbedingt als Herr und Frau Schlepp dastehen und fuhren das Auto ins "Valet-Parking". In einem früheren Rundbrief habe ich schon mal erklärt, wie das geht: Man fährt einfach vor, lässt den Autoschlüssel stecken und kriegt von einem livrierten Hotelangestellten ein Kärtchen in die Hand gedrückt. Dann steigt der Angestellte ein, fährt das Auto auf den Parkplatz und sagt jemand anderem Bescheid, der das Gepäck vom Kofferraum ins Zimmer bringt. Man selbst geht ins Zimmer hinauf, wo kurze Zeit später der Gepäckmann klingelt, dem man dann 2-3 Dollar pro Gepäckstück gibt. Bei der Abreise am nächsten Tag ruft man in der Rezeption an, fragt, ob man "help with our baggage" kriegen könnte, worauf wieder ein Gepäckmann mit einem Wagerl hochkommt. Mit dem geht man dann hinunter zum Valet-Parking, wo man dem Gepäckmann wieder 2-3 Dollar pro Gepäckstück und dem Valet-Kerl, der das Auto heranfährt, aussteigt und den Motor laufen lässt, etwa 3 Dollar. Dann steigt man ein und fährt ab. Uff!
(Michael) Bevor wir Las Vegas verließen, stoppten wir noch an einem Supermarkt, um uns mit Lebensmitteln einzudecken. Gut gelaunt fotografierte ich Angelika im Supermarkt beim Chips-Aussuchen (Bild 12). Da kam eine Verkäuferin auf mich zu und sagte, das dürfte ich nicht. Ich murmelte irgendwas und schlich von dannen. Wie ich später herausfand, ist das deswegen nicht erlaubt, weil der Supermarkt die Regalaufstellung geheim halten will. Hersteller zahlen hohe Preise dafür, ob und wo die Waren im Regal stehen. Wir überquerten anschließend die Staatsgrenze nach Kalifornien und hielten erst wieder in "Death Valley Junction" an, um altes Gerümpel zu fotografieren (Bild 14 und 15).
Dieses einsame Amerika fasziniert mich immer besonders -- und das Licht spielt so genial wie nirgends sonst auf der Welt. Es sieht fast irreal aus, klickt fleißig auf die Bilder, um sie zu vergrößern. Schon vor fast vierzehn Jahren, als ich das erste Mal die USA bereiste, hat mich diese Weite gepackt und nie mehr losgelassen. Was machen die Leute, die da wohnen? Über zwei Autostunden von der nächsten, einigermaßen großen Stadt weg? Essen die jeden Tag Steak? Sehen jeden Abend fern? Das mit dem Essen war echt furchtbar. Außerhalb Las Vegas mit seiner mittlerweile echt abwechslungsreichen Küche gibt's nur Steakhouses und diese uramerikanischen Restaurants, die man "Diner" nennt. Da sitzt man in sogenannten "Booths", die wie früher die offenenen Eisenbahnabteile in Nahverkehrszügen aussehen. Dicke rote, komfortabel gepolsterte Bänke und jeder Tisch hat sein eigenes Kabüfflein. In San Francisco gibt's nur ein gutes Diner, das heißt übrigens Max's und ich warte stündlich darauf, dass Max Schuster uns besuchen kommt und ich ihn dort hin ausführen kann. Außerdem zwinge ich Angelika alle zwei Monate, zu diesem für San-Francisco-Verhältnisse exotischen Laden zu gehen, damit ich mir einen fettigen Bacon-Burger reinziehen kann, auf dass mir den Rest des Tages schlecht ist. In der Pampa gibt's aber außer Tankstellen und Diners nix anderes -- und das nervt auf die Dauer.
Was gibt's im Tal des Todes? Eine total skurrile Wüstenlandschaft mit Bergen, Canyons, irrem Licht und ausgetrockneten Salzseen! Der Name rührt von einer rührseligen Geschichte her, die ich euch nicht vorenthalten will: Es begab sich zur Zeit der Pioniere und Goldgräber, die sich damals noch, frisch vom Schiff aus Europa kommend, auf dem Landweg an die Westküste Amerikas aufmachten. Viele Gefahren galt es zu überwinden! In ihren Planwagen zogen sie monatelang dahin. Nahe dem heutigen Bundesstaat Nevada glaubte eine Gruppe, eine neue Abkürzung nach Kalifornien gefunden zu haben -- sie fuhren in das Tal ein, kamen aber nicht weiter.
So zogen zwei Mannsbilder los, um einen Weg aus dem Tal zu finden und ließen die Gruppe zurück. Als die beiden auch nach zwei Wochen nicht zurückkamen, teilte sich die verbliebene Gruppe in zwei Hälften, die eine versuchte, auf eigene Faust aus dem Tal zu entrinnen -- und schaffte das auch glatt. Die andere Gruppe wartete auf die ausgesandten Pioniere. Einen von denen derbatzte es, dem anderen gelang es, zur Gruppe zurückzukehren und diese auf einem ausgespähten Pfad aus dem Tal herauszuführen. Eine der Damen auf dem Planwagen sagte beim Verlassen des Tales dann dramatisch "Good bye, Death Valley" und so ward der Name des Tales geboren: Tal des Todes. Hach.
Auf der Straße kam uns ein putziger kleiner Koyote entgegen. Man darf die Gesellen aber nicht füttern, weil sie das Jagen nicht verlernen sollen. Sogar Hundehasser Angelika wurde das Herz weich.
Wie in allen amerikanischen Nationalparks gibt es auch im Death Vaelly jemanden, der schon mal darin umgekommen ist -- und deswegen stehen tausend Warnschilder herum. Diesmal war's ein Österreicher, der sich im Sommer auf einem Weg durch den "Golden Canyon" versuchte, wo's ungefähr 45 Grad im Schatten hatte, und der einen Hitzschlag erlitt. Deswegen die Tafel, die am Wegeingang in typisch deppertem Übersetzerdeutsch warnte (siehe Bild 20): "Die Wüstenhitze und Trockenhett kann sie unbringen. Kein Wasser, daher genuegend Wasser mitnehmen. Am frühen Morgen ist es an kühlsten." Manchmal frage ich mich, woran es liegt, dass es in Amerika Leute gibt, die meinen, sie sprächen deutsch, die aber total hirnrissige Fehler machen. Deutsche Austauschstudenten, meldet euch massenhaft! Aber ich schweife ab. Der "Golden Canyon" besteht aus der Chemikalie "Borax", die man laut Angaben der Ranger für Putzmittel und Kakerlakenvernichtung gebrauchen kann. Demgemäß sieht der Canyon wie eine Kiesgrube aus, nur schöner.
Außerdem wurden überall Höhlen gebuddelt, um Bodenschätze wie Silber herauszuholen. Man darf aber nicht in die Minen hineingehen, weil man sonst, den Warntafeln zufolge, leicht explodiert. Insofern blieben wir den Minen fern und legten nur 20km zu Fuß durchs Gebirge zurück. Aber zum Glück gehen wir ja mittlerweile beide ins Fitnessstudio, sonst wären wir zusammengebrochen. Soviel bin ich seit der Bundeswehr nicht mehr gelaufen. Dort mussten wir mal zur Strafe 40km laufen, weil wir während eines 20km Marsches im Biergarten eingekehrt waren. Dass ich aber statt der unnützen schweren Ausrüstung nur ein großes Kopfkissen im Rucksack trug, merkte keiner, harhar!
Im Park gibt es noch diese völlig irreale Landschaft mit den Sanddünen. Die hat Ansel Adams übrigens in den 50ern mal mit einem Schwarz-Weiß-Film fotografiert, das ist das Foto, auf dem die Düne wie ein Halbmond aussieht. Wir gingen gleich zweimal dorthin, weil's das erste Mal schon fast zu dunkel war und die Frau Fotografin optimale Lichtverhältnisse forderte. Seht ihr in Abbildung 25 oben auf der Düne den kleinen schwarzen Fleck? Das ist Angelika, die dort oben mit ihrer Fotoausrüstung herumgeschaftelt. Wenn ihr das Bild auf dem Internet durch draufklicken vergrößert, seht ihr Angelika mit zwei Rucksäcken.
Und noch eine Geisterstadt namens Rhyolite gibt's nahe dem Tal des Todes. Die Geisterstädte sind einfach verlassene Städte, die aufgegeben wurden, nachdem der Grund für die Besiedlung (z.B. Goldrausch) wegfiel -- im Fall von Rhyolite wurde einfach die Borax-Gewinnung unlukrativ und die Leute zerstoben in alle Himmelsrichtungen. Heute sieht man dort vergammelte Autos und 50 Jahre alte verfallene Häuser -- das ist in Amerika schon uralt!
(Angelika) Michael besteht darauf, dass ich noch etwas zum Rundbrief beitrage, bevor ich mich ins Flugzeug nach Deutschland setze. Ich werde mich dieses Mal somit kürzer fassen, denn es gibt noch tausend und eine Sache zu erledigen. Die meisten von euch sind ja schon bestens eingeweiht in unsere Besuchspläne. Ich werde Donnerstag Richtung Norddeutschland starten und dort zunächst bei meiner Familie sein. Dann werde ich dann Michael in München treffen. Wir werden zusammen für eine Woche Süddeutschland unsicher machen. Michael war ja seit über vier Jahren nicht mehr in Deutschland. Da er jetzt aber drei Wochen Jahresurlaub bei AOL erhält, konnte ich ihn überreden, eine Woche für Deutschland abzuknapsen. Auf seine Eindrücke darf man gespannt sein. Sein erster Akt war es übrigens, einen Kartenspielabend mit seinen alten Freunden aus der Unizeit zu organisieren. Schließlich verbrachte Michael seine halbe Studentenzeit Karten spielend in der Mensa.
(Angelika) Michael hat ja schon fleißig berichtet, was sich seit unserem letzten Rundbrief alles so ereignet hat. Bleibt mir noch hinzuzufügen, dass dieses Land mittlerweile auch einen Präsidenten (hier so schön "president elect" genannt) hat. Aber das habt ihr natürlich trotz der BSE-Krise in Deutschland verfolgt. Ich kann mir nur nicht verkneifen, zu bemerken, dass mit Bush etwas auf uns zukommt. Nicht nur, dass der Mann seine eigenwillige "Krieg-der-Sterne-Version", also ein Raketenabwehrsystem im Weltraum, durchsetzen will. Er findet auch nichts dabei, in Alaska nach mehr Gas zu bohren, die Einhaltung von Umweltschutzauflagen den Firmen freiwillig zu überlassen und die Rezession herbeizureden, um seine umstrittenen Steuersenkungen durchzusetzen. Nur die NRA (siehe Michaels Waffenbericht) und Bill Gates lieben ihn wahrscheinlich, denn er will weder das Recht, eine Waffe zu tragen, einschränken noch die Monopolstellung von Bill Gates' Microsoft zerschlagen. Von der Todesstrafe und seinen Sprüchen "tough on crime" (hart gegenüber Verbrechen) ganz zu schweigen. Seine Nominierungen für das Kabinett lassen Schlimmes befürchten. Vor allen Dingen John Ashcroft, der amerikanischer Justizminister ("Attorney General") werden soll, bereitet den Liberalen und Frauenverbänden schlaflose Nächte. Er gilt als zutiefst religiös, erzkonservativ und rechter als Rechts. So ist er verbitteter Gegner der Abtreibung und würde sie am liebsten verbieten. Auf der anderen Seite ist er strenger Befürworter der Todesstrafe (fragt mich bitte nicht, wie das zusammen passt). Auch glaubt er fest daran, dass das Recht, eine Waffe zu tragen, das Geburtsrecht jeden Amerikaners ist. Zur Zeit finden die Anhörungen Ashcrofts im Senat statt, der die von Bush aufgestellten Kandidaten bestätigen muss. Obwohl Ashcroft von vielen Senatsmitgliedern kritisch beäugt wird, glaubt aber keiner daran, dass er abgelehnt wird. Ein Elend! Interessant finde ich übrigens, dass der knappe Wahlausgang schon fast in Vergessenheit geraten ist. Es wird kaum mehr daran erinnert, dass der Supreme Court ja letztendlich die umstrittenen Handauszählungen in Florida gestoppt hat und somit Bush zum Sieg verhalf, oder dass Gore im sogenannten "popular vote" (siehe letzten Rundbrief) mehr als eine halbe Million Stimmen vor ihm liegt. Witzigerweise wird in Florida dennoch munter weiter gezählt. In Florida gibt es nämlich ein Gesetz, das besagt, dass die Wahlzettel von der Öffentlichkeit eingesehen werden dürfen. Nun haben unter anderem führende amerikanische Zeitungen sich dieses Rechtes angenommen und zählen somit weiter. Selbst wenn diese erneuten Zählungen Gore noch zum Sieger machten, änderte das wahrscheinlich gar nichts am amtlichen Ergebnis. Bushs Ansehen könnte natürlich Schaden nehmen, aber der Mann ist so verliebt in sich selbst, dem würde das wahrscheinlich nichts ausmachen.
(Angelika) Ja, und von noch einem Politikum muss ich berichten. Kalifornien kämpft gerade mit einer dicken Energiekrise. Jeden Tag wird uns angedroht, dass sprichwörtlich die Lichter ausgehen für einige Stunden, da der produzierte Strom nicht mehr ausreicht. Auch heute befinden wir uns energietechnisch gesprochen auf Alarmstufe 3, das heißt, es kann sein, dass die Elektrizitätswerke am späten Nachmittag den Hahn zudrehen und wir ein paar Stunden stromlos zubringen. Lästert nur über dieses angeblich hochtechnologische Land! Bis jetzt ist es allerdings noch zu keinem sogenannten "Black-out" gekommen, aber nur, weil viele Firmen freiwillig früher schließen, um Strom zu sparen. Ich kann euch sagen, es ist echt lästig, überall mit einer Taschenlampe herumzulaufen, vor allen Dingen in der Dunkelkammer habe ich letzte Woche arg gezittert. Wenn da nämlich der Strom und somit auch noch das Rotlicht ausfällt, sieht man die Hand vor Augen nicht mehr, da die Wände schwarz gestrichen sind und es keine Fenster gibt. Nun ist es ja bekannt, dass der Amerikaner nicht gerade der Meister im Stromsparen ist. Es ist deshalb sehr amüsant, zu beobachten, wenn Maßnahmen diskutiert werden, wie man Strom sparen kann. Bei AOL wurden die Mitarbeiter zum Beispiel angewiesen, die Computer auszustellen, wenn sie nach Hause gehen.
Die kalifornische Krise ist natürlich hausgemacht. Da ist zunächst einmal das boomende Silicon Valley, das mit den High-Tech-Firmen riesige Mengen von Strom verpulvert. Dann das nicht endende Wachstum der kalifornischen Bevölkerung. Die Hauptursache ist aber, dass 1996 unter dem Gouverneur (Ministerpräsident) Pete Wilson der Energiemarkt dereguliert wurde: Preise, die die Energiekonzerne auf der Verbraucherseite erheben können, dürfen eine bestimmte Höhe nicht übersteigen. Müssen die Energiekonzerne aber selber Strom einkaufen, gilt der freie Markt. Eine sehr unlogische Geschichte. Da kalifornische Energiekonzerne den meisten Strom aus anderen Bundesstaaten (es gibt in Kalfornien viel zu wenig Stromkraftwerke und es wurden zu wenig neue gebaut, um der Nachfrage Herr zu werden) beziehen und die Energiekonzerne dort knallhart die Situation ausnutzen, sind die Preise auf dem freien Markt in astronomische Höhen geschnellt. Das bedeutet, dass die kalifornischen Energiekonzerne wesentlich teurer einkaufen als verkaufen und Schulden über Schulden machen, so dass zum Beispiel der Gesellschaft PG&E (Pacific Gas and Electric Company) die Pleite droht. Als erste Notmaßnahme wurde zwar beschlossen, dass die Preise kurzfristig erhöht werden dürfen (ich bin ganz bleich geworden, als ich unsere Stromrechnung aufmachte), aber das ist wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wie gut, dass ich vor einigen Monaten so eine riesige Taschenlampe, wie man sie auf dem Bau, hat gekauft habe. Ich hatte zwar an Stromausfälle nach einem Erdbeben gedacht und musste mir Michaels spöttische Kommentare anhören, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten.
Ha, so können sich die Informationen in Minuten ändern. Gerade hat es die ersten sogenannten "rolling black outs" gegeben: Immer ein anderes Viertel ist ohne Strom, es wird rotiert. Unser Viertel war bis jetzt noch nicht betroffen. Ich habe aber gerade erfahren, dass wir uns in Block 12 befinden. Wir sind also an zwölfter Stelle und um 17 Uhr wurde der Strom der Leute in Block 5 abgedreht. Zu welchem Block man gehört, erfährt man übrigens, indem man auf seine Stromrechnung schaut (unten links, falls das jemanden interessiert). Da muss ich jetzt also noch schneller in die Tasten hauen, damit der Rundbrief noch vor dem vermeintlichen Stromausfall fertig wird.
(Angelika) Nun möchte ich noch etwas zu eurer Erheiterung beitragen. Wie Michael ja schon einmal erwähnte, werden wir in naher Zukunft wahrscheinlich in Japan Urlaub machen. Deshalb gab es dieses Jahr zu Weihnachten lauter Geschenke zum Thema "Japan". So durfte sich Michael über Sake-Tassen (Sake=japanischer Reiswein), verschiedene Sake-Sorten, Miso-Suppen-Schalen und als Höhepunkt über einen Japanisch-Kurs freuen, den wir beide im April starten. Aber was wäre Japan ohne Karaoke. Ihr wisst schon, dass ist die Sache, wo man selber zu bekannter Musik singt. In der Regel läuft ein Video auf einem Bildschirm, die Musik spielt und der Text des Liedes wird eingeblendet -- singen muss man selbst. Nun liebt Michaels japanische Kollegin "Karaoke". Sie sagt das Gesinge entspanne sie total. Während einer Weihnachtsfeier bei einem anderen Kollegen von Michael, versuchte sie uns nun zu überreden, doch einmal mit ihr zum Karoke zu gehen. Ich erbleichte zunächst vor Schreck, nahm ich doch an, dass ich auf einer Bühne vor einigen hundert Menschen singen müsste (so kannte ich es aus dem Fernsehen).
Weit gefehlt. In Japan läuft Karoke ganz anders ab: Man mietet sich einen Raum, der mit Fernseher und Video und natürlich Mikrofon und gigantischen Boxen ausgestattet ist, und man singt unter sich. In Japan ist es zum Beispiel beliebt, dass man erst mit Freunden zum Essen ausgeht und sich dann später ein Karoke-Zimmer mietet. Da ich bei der besagten Weihnachtsfeier besonders gute Laune hatte, stimmte ich frohgemut zu, was Michael etwas erbleichen ließ. Gesagt, getan: In Japantown in San Francisco kann man nämlich nicht nur gut Sushi (rohen Fisch) essen, sondern auch Karaoke-Räume in einem Karoke-Studio (die machen nichts anderes) mieten. Es war genau so wie beschrieben: Ein kleiner Raum mit Fernseher, Musikanlage und Couch sowie riesigen Ordner, aus denen man die Lieder, die man singen will, heraussucht (ein Ordner war mit englischen, einer mit japanischen Songs). Dann gibt man die Liednummer über Fernbedienung in den Karaoke-Kasten ein und gleich darauf ertönt die Musik und das Video erscheint mit dem Liedtext auf dem Bildschirm. Damit man auch weiß, wann man lossingen muss, wird der Text farblich unterlegt.
Übrigens laufen dort nicht etwa die bekannten Musikvideos, die zum Originalsong gehören, sondern wahrscheinlich aus Copyright-Gründen ganz andere, was teilweise zum Totlachen ist. Ihr hättet uns sehen müssen. Michael sang natürlich "Sharped Dressed Man" von "ZZ Top" -- unbezahlbar. Das Ganze ist übrigens gar nicht so einfach. Man setzt oft falsch ein, obwohl der Text farblich unterlegt wird und wegen des Mikrofons und der Verstärkung ist es nicht ganz einfach, den Ton zu halten. Aber je falscher, desto lustiger! Und Michaels Kollegin hatte recht. Das Ganze ist tatsächlich entspannend. Die zwei Stunden, die wir den Raum gemietet hatten, vergingen wie in Flug. Na, möchte das einer von euch ausprobieren, wenn er uns das nächste Mal besuchen kommt?
So, das war's mal wieder aus dem wilden, wilden Westen von euren rasenden Rundbriefreportern, die weder Tod noch Teufel fürchten. Vier Fäuste für ein Halleluja, yeeehaw!
Michael und Angelika
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