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Angelika/Mike Schilli |
Im Abwassersystem von San Francisco
Die neue Geschirrspülmaschine
New York Times Zeitungs-Abo
Rauch über der Stadt
Topprodukt: Febreze Air Freshener
Jährliche Krankenkassenwahl in der Firma
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Michael Was passiert, nachdem wir die Klospülung drücken? Um das herauszufinden, buchten wir Ende August eine Tour der "San Francisco Public Utilities Commission Wastewater Treatment Plant" im Stadtteil Bayview. Punkt 9:45 hatten wir uns an einem Samstagmorgen dort am Besuchereinlass mit langen Hosen und geschlossenen Schuhen (!) einzufinden und bekamen nach einer Theoriestunde gleich Helme und Latexhandschuhe übergestülpt.
San Francisco verfügt über ein sogenanntes "combined sewer system", leitet also Toilettenspülung und sonstiges Haushaltsabwasser zusammen mit dem in die Kanalisation laufenden Regenwasser in der gleichen Röhre zur einer von insgesamt drei Abwasseraufbereitungsanlagen der Stadt.
Dort filtern Maschinen zunächst nicht verrottende Teile aus dem Abwasser, und wir wurden darüber belehrt, dass sogenannte "flushable wipes", also feuchtes Klopapier, sich entgegen der Packungsangabe nicht im Abwasser zersetzt, sondern mit großen Rechen zusammen mit anderen Festteilen in der Kläranlage herausgefischt und in einer Mülldeponie gelagert wird.
Was übrig bleibt ist übel nach Exkrementen riechendes Brackwasser, dessen Klärschlammanteil sich langsam nach unten absetzt und dann dort entfernt und chemisch verdickt wird, bis er etwa die Konsistenz von heißem Asphalt hat. Er findet anschließend als Düngemittel auf Feldern Einsatz, auf denen keine Nahrung angebaut wird. Das Wasser wird dann von Mikroorganismen weiter gereinigt, mit Chlor desinfiziert und über eine Röhre, die etwa 50 Meter in die San Francisco Bay hineinragt, abgepumpt. Etwa 80% des Abwassers von San Francisco gelangen so zurück in den Kreislauf, die restlichen 20% gehen nach einem ähnlichen Verfahren (aber ohne Chlor) in den pazifischen Ozean.
Amerikaner nennen Exkremente übrigens gerne verniedlichend "Poop" oder auch "Number Two" oder "#2". Letzeres, damit kleine Kinder Pipi- ("Number One") von Kakamachen ("Number Two") unterscheiden können. Der Slogan der Kläranlage war äußert schmissig und verkündete, dass die braune Schlotze aus der Kanalisation die erste Priorität der Stadtkläranlage sei, als, na? Richtig: "Your #2 is my #1", was tatsächlich auch auf den Aufklebern prangte, die die Arbeiter stolz am Helm trugen.
Bei starkem Regen kann es besonders in den umliegenden Städten mit kleineren Anlagen wie in Pacifica passieren, dass die Kanalröhren und die zur Sicherheit zusätzlich eingebauten Auffangbehälter vollaufen, und dann ist keine Zeit mehr zum Reinigen der Schlotze, die geht dann ohne Umschweife direkt in den Pazifik. Das erklärt auch die Warnschilder, die immer nach starken Regenfällen am Strand auftauchen und das Schwimmen untersagen, ich habe mich schon gewundert, woher das kommt. Sagen lassen sich die Surfer dort natürlich nichts, Warnschild hin oder her, gehen sie ins Wasser, die Wellen surfen sich ja bekanntlich nicht von selbst.
Michael Neulich gab unsere alte Spülmaschine den Geist auf. In Amerika muss ja der Vermieter für Ersatz sorgen, falls ein Küchengerät kaputtgeht, aber da der uns ohne Zweifel wieder so ein brülllautes Billiggerät reingestellt hätte, bei dem man denkt, die Tür stünde offen und es völlig unmöglich ist, Gäste zu unterhalten oder auch nur fernzusehen während die Maschine läuft, haben wir was draufgelegt und uns eine leise schnurrende Bosch-Spülmaschine gekauft. Ihre Kundenbewertung auf Amazon war zwar nicht gerade berauschend, deutsche Erzeugnisse haben mittlerweile einen katastrophalen Ruf in Amerika (siehe auch: deutsche Autos, die hauptsächlich in der Werkstatt stehen), aber was will man machen, die perfekte Lösung gibt's halt nicht, hoffen wir das Beste.
Der neue Geschirrspüler wurde nur von zwei starken Männern, die kaum Englisch sprachen, angeliefert, und auf meinen Wunsch hin nicht von Fachpersonal eingebaut, denn selber einzubauen spart nicht nur Geld (um die $150 hätte das gekostet), sondern man lernt auch noch Dinge fürs Leben, wie ich zu meinem bassen Erstaunen herausfand. Zum Glück zeigen reihenweise Hobbyhandwerker auf Youtube, wie man das Stromkabel sowie die Zu- und Abwasserschläuche anschließt, also ist das kein Problem.
Weiter sind Spülmaschinen in Amerika meist nur mittels Schraubklemmen wie in Abbildung 10 ans Stromnetz angeschlossen. Oft kommt unter der Küchenzeile nur ein Kabel aus der Wand, und nachdem der Klempner die Spülmaschine in ihre Nische geschoben hat, schraubt er unten an der Maschine eine Metallblende ab, legt das mit tausend Warnungen versehene Elektrik-Kasterl frei, isoliert die Enden des Kabels aus der Wand ab, verzwirbelt die Litzen mit der der Maschine, und schraubt ein Hütchen drauf. Wer da die Zugentlastung vergisst, erlebt unter Umständen ein blaues Wunder, wenn jemand später die Maschine wieder aus der Nische herauszieht und vergißt, das Kabel abzuklemmen. Die Bosch-Spülmaschine hingegen hatte ein ganz vornehmes Verputzkasterl, das man unter die Spüle schraubt, einen nicht mitgelieferten Netzstecker anschließt und in die nächste Steckdose steckt. Zum Glück hab ich Elektriker gelernt!
Dann fiel mir auf, dass die neue Bosch-Spülmaschine gut 3 Zentimeter kleiner war als das vorige amerikanische Modell, also baute ich eine für einen Dollar im Baumarkt erworbene und anschließend schwarz lackierte Holzleiste in den Spalt ein. Später erfuhr ich, dass man jede Spülmaschine mittels Stellrädchen tatsächlich so hoch aufbocken kann, dass sie auch hohe Küchenzeilen ausfüllt. Beim nächsten Mal bin ich schlauer!
Und der Abwasserschlauch muss nach dem gestrengen "Code" des amerikanischen Klempnerverbands aus der Maschine heraus erst hoch, über die Höhe des Syphons hinaus, geführt werden und anschließend wie in einem Springbrunnen durch einen Luftspalt nach unten purzeln. Dadurch kann bei Stauungen im Waschbecken oder bei durch Verstopfungen des Syphons kein Abwasser zurück zur Frischwasserzufuhr des Geschirrspülers gelangen. Ob das tatsächlich so wichtig ist, dass man dafür extra einen Luftspalt einbaut, über den das Wasser aus dem Abwasserschlauch erst nach oben spritzt, und dann in einen Auffangbereich nach unten fällt, der es weiter ins Syphon oder den Abfallschnetzler (Garbage Disposer) leitet, weiß ich nicht, wahrscheinlich ist das so eine Regelung von Anno Dunnemals, die der Joe Schmoe blind und religiös befolgt, wie so oft in der amerikanischen Bürokratie.
Wenn die Spülmaschine grobe Speisereste nämlich nicht kleinhäckselt, sondern einfach vom Teller spritzt und abpumpt, verstopfen diese Air Gaps nämlich nicht selten und der Nicht-Klempner kratzt sich am Kopf und wundert sich warum die Spülmaschine das Wasser nicht wieder abpumpt. Dass man die chromfarbene Abdeckung der Air Gap einfach nach oben abziehen kann, und durch das Aufdrehen der darunter verborgenen Plastikkappe den Abflussschlauch freilegen und etwaige darin verfangene Speisereste einfach entfernen kann, darauf kommen die wenigsten.
Angelika Politische Themen interessieren mich ja sehr. Jeden Tag schaue ich mir die einstündige Nachrichtensendung "News Hour" auf dem öffentlichen Sender PBS an, meist auch noch "Charlie Rose" (Rundbrief 10/2016). Auch die wöchentliche Zeitschrift "New Yorker" lese ich und wichtige Artikel online in der "Süddeutschen Zeitung" und in der "Die Zeit". Es ist dabei höchst interessant, die Berichterstattung in den verschiedenen Publikationen zu vergleichen. Die renommierte "New York Times" darf in dieser Auflistung natürlich nicht fehlen.
Weil Zeitungen mit ihren Druckversionen kein Geld mehr machen, da jeder die Nachrichten jetzt über die Zeitungswebseiten liest, gehen immer mehr Zeitungen dazu über, für ihre Artikel im Internet Geld zu verlangen. Bei der "New York Times" gibt es zum Beispiel nur 10 kostenfreie Artikel im Monat. Der Leser kann das etwas strecken, wenn man die Seite der New York Times auf unterschiedlichen Geräten aufruft, also zum Beispiel auf dem Computer, auf dem Laptop und auf dem Telefon. Aber mir reichte das schon seit langem nicht mehr, denn ich lese für mein Leben gern die Kommentare der verschiedenen Journalisten auf der Meinungsseite der "New York Times".
Diese Artikel heißen hier übrigens "Op-Ed", weil sie sich traditionsgemäß auf der gegenüberliegenden Seite des Leitartikels befanden (Op-Ed: "opposite the editorial page"). Auf jeden Fall schenkte mir Michael zum Hochzeitstag einen Kindle. Und als ich diesen in Betrieb nahm, gab es gleich noch eine Überraschung: Denn auf den Kindle war das New-York-Times-Abbonnement draufgeladen. Dabei gibt es nicht alle Artikel der "New York Times" in der täglichen Kindle-Version sondern eine Auswahl. Diese ist allerdings sehr umfangreich und im Preis inbegriffen ist der unbegrenzte Zugang zu den Aritkel auf der Webseite der "New York Times". Das Abo kostet übrigens $19.99 im Monat. Jeden Tag lese ich jetzt also fleißig die Artikel auf meinem Kindle und komme mir schon vor wie Gesine Cresspahl in dem Buch "Jahrestage" von Uwe Johnson. Diese Protagonistin liest nämlich auch ständig in der "New York Times".
Angelika Sonntag vor vier Wochen gegen halb zwölf nachts fing es in unserem Viertel auf einmal an zu riechen, als hätten alle ihre Kamine gleichzeitig angezündet. Wir dachten echt, dass es entweder in der Nachbarschaft brennt oder in unserem Haus ein Feuer ausgebrochen wäre. Ich sorge mich eigentlich ständig, dass unser Haus einmal in Flammen aufgeht, denn in unserem Apartementkomplex wohnen ein paar Typen, die heftig Alkohol und Marihuana konsumieren und nicht immer ganz bei sich sind. Auch schleichen manchmal etwas merkwürdige Gestalten auf unserer Dach. Wir müssen also ständig auf der Hut sein, dass nichts passiert oder jemand auf die Idee kommt, ein Lagerfeuer auf unserem Dach zu entzünden. An dem besagten Sonntag machten wir also erst die Balkontüren auf, sahen aber nichts. Es wehte uns lediglich ein warmer starker Wind entgegen, was wiederum komisch war, denn der Wind hier ist nie warm. Michael befragte also das Internet, ob es in San Francisco irgendwo brennt. Seine Recherche ergab nichts. Dann stellte er die Frage auf dem Nachbarschaftsforum "Nextdoor", um herauszufinden, ob es auch anderenorts nach Rauch röche und innerhalb kürzester Zeit erhielt er trotz der späten Stunde 70 Antworten: Nicht nur unser Viertel "Noe Valley" roch wie ein offener Kamin, sondern ganz San Francisco stank nach Feuer.
Bald stellte sich heraus, dass es im anderthalb Autostunden entfernten Weingebiet in Napa, und den umliegenden Orten Sonoma, Calistoga und Santa Rosa lichterloh brannte. Feuer sind in Kalifornien im Herbst leider keine Seltenheit, denn nach Monaten ohne Regen ist die Vegetation staubtrocken und nur ein kleiner Funke kann sich schnell zu einem großem Flächenbrand entwickeln, vor allen Dingen wenn die Flammen durch den Wind angetrieben werden. Später stellten sich die Feuer im Norden Kaliforniens dieses Jahr als die schlimmsten in der Geschichte Kaliforniens heraus: über 40 Menschen starben und 8889 Gebäude brannten nieder, darunter auch viele bekannte Weingüter. Calistoga, das wir jedes Jahr an einem verlängerten Wochenende besuchen (Rundbrief 04/2006), war ebenfalls von den Flammen bedroht, konnte aber in letzter Minute gerettet werden. Das Haus einer meiner Kolleginnen, die in Santa Rosa wohnt, ging in Flammen auf. Sie konnte sich mit ihren vier Kindern in Sicherheit bringen, verlor aber sonst alles.
Die Luft in San Francisco war tagelang so schlecht wie in Peking; die Sonnenunergänge schön aber gespenstisch. Ich habe noch nie in meinem Leben solch eine knallrote Sonne gesehen. Leute liefen überall mit Mundschutz herum, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich hilft. In der East Bay, wo ich des öfteren arbeitete, hatte ich sogar Asche auf dem Auto.
Wir haben ja schon seit langem Erdbebennotkisten unterm Bett (Rundbrief 09/2005) und eine Notfallstrickleiter, über die wir uns im Ernstfall abseilen können, wenn es über das Treppenhaus nicht mehr geht. In diesen Kisten sind natürlich nur praktische Sachen und dann haben wir noch einen feuerfesten Safe mit Michaels externer Festplatte und unserem Testament. Unsere Pässe und Greencard sollten wir vielleicht noch dazu legen und meine Backups von meinem Computer, damit meine vielen Fotos, an denen ich so hänge, nicht verloren gehen. Aber was würden wir vermissen? Was wäre nicht ersetzbar? Was würden wir noch schnell einsammeln, wenn wir nur Minuten hätten, um die Wohung zu verlassen?
Unsere Antworten erscheinen jetzt vielleicht etwas klischeehaft, denn Michael würde seine Werkzeugsammlung vermissen und ich meinen Schmuck. Die Gründe ähneln sich aber: Michael hat sein Werkzeug über Jahre angesammelt und sogar einmal auf einem Deutschlandbesuch Werkzeug im Traditionsgeschäft Kustermann am Viktualienmarkt gekauft. Und bei meinen Schmuckstücken geht es auch nicht um den relativ geringen materiellen Wert, aber um den ideellen. Ich kaufe oft Schmuck, wenn wir auf Reisen sind und Michael hat mir viele wunderschöne Schmuckstücke zu Geburtstagen, Hochzeitstagen und anderen Festtagen geschenkt. Und auch gute Freundinnen haben mir über die Jahre immer wieder Schmuck geschenkt. So erzählt jedes Schmuckstück und jedes Werkzeugteil eine Geschichte.
Experten, die sich mit Katastrophen auskennen, raten dann auch, nicht nur praktische Dinge in seine Notfallkisten und den Notfallrucksack zu packen, sondern auch eine Schachtel mit persönlichen Dingen, die unersetzbar sind, dazuzulegen. Ich finde das eine interessante Übung. Was würdet ihr in so eine Erinnerungsschachtel tun?
Die Feuer werden noch lange Auswirkungen auf die ganze Bay Area haben. Vor allen Dingen die Wohnungsnot wird sich verschärfen. Schon vor den verheerenden Bränden gab es nur 1% freie Wohnungen/Häuser in Santa Rosa und im Weingebiet Napa. In Santa Rosa sind aber mindestens 5% des Wohnraumbestands verbrannt. Selbst wenn die Häuserbesitzer sich dafür entscheiden, ihre Häuser wieder aufzubauen, brauchen die Evakuierten zunächst Wohnraum, bis die Häuser bezugsfertig sind. Aber das kann dauern, denn Besitzer der verbrannten Häuser müssen sich nicht nur mit ihren Versicherungen herumschlagen, sondern auch sicherstellen, dass die Erde nicht mit Schadstoffen belastet ist. Die Asche ist also zunächst abzutragen.
Hinzu kommt, dass es nicht genug Bauarbeiter gibt. Ganz schlecht sind die dran, die ihre Mietwohnungen durch die Feuer verloren haben, denn die gehören in der Regel nicht zu den Superverdienern und die Mieten, die bereits vorher extrem hoch waren, werden durch die Wohnungsknappheit weiter steigen. Schon jetzt geben die meisten in der Bay Area 30-50% ihrer Gehälter für die Miete aus, manche sogar mehr. Das kalifornische StrafgesetzbuchAbschnitt 396 unterbindet zwar Preistreiberei zwar nach Katastrophen (Preise dürfen nicht mehr als 10% erhöht werden), aber das nützt dem Mieter auch nichts, der seine noch erschwingliche Wohnung durch die Feuer verloren hat und sich auf den überhitzten Markt etwas Neues suchen muss. Viele befürchten nun, dass noch mehr Geringverdiener aus der Bay Area abwandern. Schon jetzt fehlen Lehrer, Köche, Tellerwäscher und andere Dienstleister in der Serviceindustrie. Ohne die geht es aber nicht.
Michael Ich bin ja sehr geruchsempfindlich, nichts versaut mir den Tag so wie billiges Parfüm oder Schweißgeruch, wenn mal wieder ein Kollege in der Arbeit noch nie etwas von Deodorant gehört hat. Am schlimmsten ist Essiggestank, Angelika macht manchmal Experimente daheim, um irgendwelche Materialien für ihren Gruppenunterricht mit Essig herzustellen, da krieg ich die Krise. Oder der Gestank von abgestandenem Essen, wenn Angelika mal wieder im Auto Mittag gegessen hat und ich am nächsten Tag damit fahre. Pfui!
Amerikaner sind ebenfalls geruchsempfindlich, aber zu einem Grad, der geradezu lachhaft ist. Die meisten können gerade noch Camembert essen, ohne in Ohnmacht zu fallen, Emmenthaler schaffen nur besonders mutige und richtige Stinker wie Limburger, Münsterkäse oder mal was französisches wie Époisses de Bourgogne rühren vielleicht noch 1% an, der Rest schaltet tragbare Tischventilatoren ein, wenn das gute Stück auf den Tisch kommt.
Bringt man sein Auto hier zur Waschanlage, putzen es fleißige Mexikaner auch von innen und spritzen auch gleich noch etwas "Air Freshener" hinein, was auf Deutsch angeblich "Lufterfrischer" heißt. In den Autos vieler Amerikaner baumelt auch ein christbaumähnliches Symbol am Rückspiegel, das laufend künstlichen Gestank absondert, der ebenfalls Frische vermitteln soll. Beliebte Duftnoten des Herstellers "Little Trees" sind allerlei Früchte wie "Grüner Apfel" oder "Kokosnuss". War nie so mein Fall.
Aber neulich, als ich wieder mal Essensgestank aus dem Auto entfernen musste, fand ich im Target-Supermarkt eine Sprühflasche des Duftsprayspezialisten "Febreze", der auch Dufttüchlein für den Trockner herstellt. Das Produkt heißt "Febreze One" und versprüht einen Bambusduft mittels einer Pumpflasche, wie ich sie noch nie gesehen habe. Man betätigt einfach den Hebel ein paarmal und nach drei, vier Mal versprüht der gleiche Hebel dann den Duftnebel wie wenn Treibgas drinnen wär, was aber nicht der Fall ist. Nicht so doof wie andere Pumpflaschen, bei denen man wie ein Idiot oben reindrücken muss, damit ein lasches Spritzerl vorne rauskommt, sondern es geht wirklich wie von selbst und vorne haut's einen dermaßen mächtigen Nebel raus, dass man seinen Augen nicht traut. Wirklich ein Topp-Produkt. Der Duft ist unaufdringlich, er machte kurzen Prozess mit dem Essensgestank im Auto und ich konnte wieder entspannt Gas geben.
Angelika Trump und Konsorten hatten sich ja bemüht, Obamacare abzuschaffen, sind aber damit nicht durchgekommen. Das war kürzlich ein Dauerbrenner in den Nachrichten. Nicht so bekannt ist, dass die meisten Arbeitnehmer in den USA ihre Krankenkasse nicht über Obamacare sondern immer noch durch den Arbeitgeber erhalten.
Auch wir sind über Michaels Arbeitgeber krankenversichert. Ich könnte auch über die Einrichtung, für die ich arbeitete, eine Krankenkasse erhalten, bin aber statt dessen bei Michael mitversichert, da er bessere Konditionen bekommt. Der Arbeitgeber wählt nämlich eine oder mehrere Krankenkassen aus und bietet sie dann den Angestellten an, die sie jedes Jahr neu im sogenannten "Open Enrollment" auswählen müssen.
Große Firmen bieten in der Regel nicht nur verschiedene Krankenkassen an, sondern auch noch verschiedene "Pläne", also Verträge mit unterschiedlichen Leistungen. Michaels Arbeitgeber bietet zum Beispiel die Krankenkassen "United Healthcare" und "Kaiser" an. Wir wählen immer "United Healthcare" als unsere Kasse und können dann wiederum zwischen zwei verschiedenen Plänen auswählen. Meist geht es um die unterschiedliche Höhe der Praxisgebühr, die Höhe der Selbstbeteiligung, die freie Arztwahl und die Höhe der monatlichen Beiträge. Der Arbeitgeber beteiligt sich in der Regel an den monatlichen Beiträgen, aber es gibt keine festgeschriebenen Prozentsätze über Arbeitgeber- oder Arbeitnehmeranteil. Die Firma zahlt in der Regel einen wesentlichen höheren Prozentsatz der Beiträge als der Versicherte, aber bei meinem Arbeitgeber wäre es deutlich weniger als bei Michaels.
Jedes Jahr, in der Regel im Herbst, fordert die Firma die Angestellten dazu auf, die Versicherung neu festzulegen, dabei kann man die Krankenkasse wechseln oder einen anderen Plan wählen. Natürlich gilt das nur für die Krankenkassen und -pläne, die die Firma anbietet. Auch kann die Firma die Konditionen verändern, zum Beispiel kommt es häufig vor, dass die Beiträge steigen, die Selbstbeteiligung oder die Praxisgebühren sich verändern. Das Ganze nennt sich wie gesagt "Open Enrollment". Der Arbeitnehmer entscheidet sich im Herbst und die neuen Konditionen gelten dann ab dem 1. Januar.
Die meisten Firmen bieten noch andere Zuckerl für den Arbeitnehmer an, für die man sich in dieser Phase ebenfalls entscheiden kann. Bei Michael sind das zum Beispiel Zahnarzt- und Brillenkasse, die Möglichkeit, eine kostenlos angebotene Lebensversicherung durch Zahlung eines geringen Beitrags zu erhöhen oder eine Lebensversicherung für den Partner und die eigenen Kinder abzuschließen oder eine ebenfalls bereits angebotene Berufsunfähigkeitsversicherung aufzubessern.
Auch bestimmt der Arbeitnehmer, ob und wieviel er in den sogenannten "Flexible Spending Account" (Rundbrief 11/2009) einzahlen will, der steuerfreie Einzahlung für vorraussichtlich anfallende Behandlungskosten gestattet. Die steuerfrei erlaubte Höchstsumme beträgt zur Zeit $2600. Wie gesagt, nicht jede Firma bietet so einen großzügigen Katalog von Leistungen an. Bei mir gäbe es im Vergleich nur Kranken- und Zahnarztversicherung und die Möglichkeit in den "Flexible Spending Account" einzuzahlen. Da staatliche Sozialleistungen in den USA begrenzt sind, versuchen Firmen, gute Leute nicht nur über vernünftige Gehälter an Land zu ziehen, sondern auch durch die angebotenen Zusatzleistungen.
In vielen Gegenden, so auch im Silicon Valley, herrscht zur Zeit fast Vollbeschäftigung und dadurch ist es nicht immer einfach, Stellen mit qualifizierten Leuten zu besetzen. Neulich hörte ich im Radio, dass die ersten Firmen bei der Rückzahlung von Studentendarlehen helfen, um Leute zu kriegen und offene Stellen zu besetzen. Denn das Studieren kostet in den USA ja viel Geld und gerade Leute mit höheren Abschlüssen arbeiten nach abgeschlossenem Studium oft jahrelang einen riesigen Schuldenberg ab.
Auf ähnliche Weise ist das Krankenkassensystem in den USA übrigens erst entstanden, nachdem Arbeitgeber ihren Angestellten eine Krankenkasse anbieten. Im Zweiten Weltkrieg ging die Angst vor der Inflation um und die amerikanische Regierung beschloss, Löhne und Gehälter einzufrieren. Das gefiel den Gewerkschaften gar nicht, sie drohten mit Streiks und auch den Arbeitgebern war das Gesetz ein Dorn im Auge, da sie dringend Arbeiter brauchten, aber keine höheren Gehälter anbieten konnten, um diese zu rekrutieren. Daraufhin beschloss die amerikanische Regierung, dass eine vom Arbeitgeber angebotene Krankenkasse nicht als Gehaltszahlung anzusehen ist und somit von der Reglementierung ausgeschlossen war. Firmen boten dann eine Krankenkasse an, um ihre Firma attraktiver für Arbeitssuchenende zu machen. 1943 beschloss die amerikanische Steuerbehörde, dass vom Arbeitgeber angebotene Krankenkassenzuschüsse von der Steuer befreit sind und etablierte damit das heutige Krankenkassensystem der USA.
Übrigens macht es gerade dieses System so schwierig, ein nationales Krankenkassensystem für die USA zu etablieren, denn Firmen haben diese Leistungen stets freiwillig angeboten mit wenig staatlichen Regulierungen. Unter Obamacare müssen Firmen mit einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern diesen jetzt zwingend eine Krankenkasse anbieten, um Geldstrafen zu vermeiden, aber Obamacare steht immer noch auf wackeligen Füßen, wie ihr ja wisst. Doch es gibt wieder Hoffnung, dass die Bevölkerung jetzt doch Obamacare mehr schätzt. Auch für Obamacare kann man sich jedes Jahr im Herbst einschreiben und die ersten Zahlen sehen gut aus. Am 1. November startete die Einschreibphase für Obamacare und die Beitrittszahlen sind höher als im letzten Jahr. Schon verrückt: Erst schimpfte ein großer Anteil der Bevölkerung über Obamacare und jetzt, wo man es ihnen wegnehmen will, merken viele auf einmal, dass es besser ist als sein Ruf.
Grüße aus Smokeytown:
Angelika & Michael
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