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Angelika/Mike Schilli |
Zwei Pässe
Beibehaltung
Antrag auf Staatsbürgerschaft
Interview zur Staatsbürgerschaft
Einschwörung als US-Citizen
US-Pass vom Postamt
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Michael Nach geschlagenen 25 Jahren in den USA haben wir uns entschieden, amerikanische Staatsbürger zu werden. Warum? Mit unserer Greencard durften wir zwar beliebig lange weiter in den USA weilen, allerdings verfällt sie, sobald man mal länger als sechs Monate im Ausland wohnt, und diese Möglichkeit wollten wir uns nicht verbauen. Außerdem sind Greencard-Inhaber rechtlich fragile Zwitterwesen, machtlos irren Regierungswechseln ausgeliefert, die mal diese Regelung ummodeln und mal jene kappen. Die Rechte eines Staatsbürgers sind hingegen von der Verfassung geschützt und in Stein gemeißelt.
Doch vor der Einbürgerung galt es noch eine Sache zu regeln: Wir wollten Deutsche bleiben. Das geht keinesfalls automatisch, wie der Basketballspieler Detlef Schrempf einmal in der deutschen Botschaft in San Francisco herausfand. Er hatte seinen Pass und den seiner Ehefrau unter der Glasscheibe durchgereicht, um sie von der Konsulatsbeamtin verlängern zu lassen. Als diese aber im Botschaftscomputer nachguckte und herausfand, dass beide bereits die US-Staatsbürgerschaft beantragt und erhalten hatten, zog sie eine Schere heraus und schnitt die deutschen Pässe entzwei. Was Schrempf nicht wusste: wer als Deutscher keine Vorkehrungen trifft und die amerikanische Staatsbürgerschaft annimmt, verliert automatisch die deutsche.
Doch es gibt einen Ausweg: Die sogenannte "Beibehaltungsgenehmigung", unter dem Kürzel BBG bekannt, das ich, weil in der deutschen Botschaft in San Francisco auch uns bekannte Schwaben arbeiten, gerne "Bäh-bäh-gäh" ausspreche. Der an der US-Einbürgerung interessierte Deutsche reicht dazu einen Antrag beim Konsulat ein, in dem er darlegt, dass er zwar unbedingt die US-Staatsbürgerschaft braucht, aber gleichzeitig die deutsche wegen zwingender Gründe nicht verlieren möchte.
Typisch für Bürokratiewahnsinn liegen die Zeiträume für die Bearbeitung derartiger Anträge im glazialen Bereich. Es dauert erfahrungsgemäß mehr als ein Jahr vom Einreichen des Formulars, mitsamt allen per Notar besiegelten Dokumenten, bis der Schrieb mit der Genehmigung zurückkommt, und erst mit dem persönlich von den Konsularbeamten ausgehändigten BBG-Dokument in den Händen (!) darf man dann daran gehen, die US-Staatsbürgerschaft zu beantragen. Anschließend brauchen diesmal die US-Behörden mindestens ein gutes weiteres Jahr, bis man zum alles entscheidenden Interview vorgelassen und im Erfolgsfall als US-Bürger eingeschworen wird.
Diese Prozeduren sind unglaublich kompliziert und nervenzehrend, aber unten schildern wir im Detail wie die einzelnen Schritte ablaufen. Wer keine Zeit zum Lesen hat, dem soll hier die Kurzzusammenfassung genügen: Wir haben jetzt jeder zwei Pässe, einen amerikanischen und einen deutschen. Wenn wir nach Deutschland einreisen, zeigen wir den deutschen. Wenn wir in die USA einreisen, den amerikanischen.
Unseren neugewonnenen Rechten als frischbackene US-Staatsbürger stehen übrigens ab sofort auch Pflichten gegenüber: Wir müssen wie andere Staatsbürger auch jederzeit für Jury-Duty bereitstehen, also auf Einberufungsbefehl der Behörden hin in einem der millionen laufender Gerichtsverfahren als Juror beisitzen und Angeklagte schuldig oder nicht schuldig sprechen. Außerdem dürfen wir bei Stadt-, Bundesstaats-, Senats- und Präsidentenwahlen unsere Stimme abgeben, bereitet euch also in kommenden Rundbriefen auf spannende Berichte eurer frischgebackenen Stimmviecher vor.
Michael Letztendlich ist der deutsche Staat daran interessiert, dass nicht Hinz und Kunz mit einer deutschen Staatsbürgerschaft herumrennt, obwohl er diese gar nicht braucht, und das ist auch richtig so. Doppelte Staatsbürgerschaften erzeugen ein bürokratisches Kuddelmuddel, und das sollte nur in Ausnahmefällen geduldet werden. Deswegen hat Basketballspieler Schrempf die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, als er die amerikanische annahm. Wir hingegen stellten einen Antrag, in dem wir nachwiesen, dass wir empfindliche Nachteile hätten falls wir a) die amerikanische Staatsbürgerschaft nicht annähmen und b) die deutsche verlören.
Es ist wichtig, diese beiden Nachteile strikt getrennt voneinander zu behandeln und zu begründen. Zu sagen: "Ich will halt gerne wählen in Amerika" oder "selbst als Auswanderer les' schon noch die Süddeutsche Zeitung online" gilt nicht, und der Antrag wird abgelehnt. Aber wer zum Beispiel berufliche Nachteile aufzeigt, weil bestimmte Positionen in Amerika nur an Staatsbürger vergeben werden, oder noch in Deutschland verwurzelt ist, und dort Eltern, ein Bankkonto oder eine Nebenbeschäftigung hat, der kann begründen, dass er tatsächlich zur Vereinfachung seines Lebens zwei Staatsbürgerschaften braucht.
Die deutschen Behörden sehen allerdings ein, dass Deutsche, die seit mehr als 20 Jahren in den USA weilen (bei Rentnern reichen sogar 10), berechtigterweise auch die US-Staatsbürgerschaft wünschen, und deswegen brauchen diese Gruppen dies nicht mehr zu begründen, sondern können sich darauf beschränken, darzulegen, welche Bindungen sie noch nach Deutschland haben und warum sie die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten möchten. Wir haben unsere Eltern, Verwandte und Freunde in Deutschland angegeben, und sogar von unserer Pflege deutscher Kultur in San Francisco berichtet, weil wir uns hier hin und wieder mit Freunden zum Schafkopfspielen treffen.
Einzureichen sind: Der "Antrag auf Beibehaltung, Formular B", eine beglaubigte und eine einfache Kopie des deutschen Reisepasses, eine beglaubigte und eine einfache Kopie der US-Aufenthaltsberechtigung, Nachweise zun den fortbestehenden Bindungen an Deutschland, sowie Nachweise zu den Gründen der Annahme der US-Staatsbürgerschaft, alles mit Kopien. Wer in Miami wohnt, braucht aus unerfindlichen Gründen sogar zwei Kopien. Wer denkt, "beglaubigt" hieße von einem der sogenannten "Notary Publics" in den USA abgesegnet, hat sich getäuscht. Man muss sich die Kopien tatsächlich im Konsulat vor Ort beglaubigen lassen, wofür man wiederum einen Termin braucht.
Hat man alles zusammen, schickt man das Bündel mit der normalen Post zum Konsulat. Nach einigen Wochen erhält man per Email eine Eingangsbestätigung, denn der Antrag wird mit der Diplomatenpost intern vom Konsulat in San Francisco nach Deutschland zur zuständigen Behörde geschickt. Vom Abschicken des Antrags bis zur Genehmigung sind bei uns ein Jahr und drei Monate vergangen. Zwischendurch bekamen wir Emails vom Bearbeiter des Antrags aus Osnabrück, und mussten einige Dokumente nachreichen, beziehungsweise beglaubigen lassen und einschicken. Erst per Email und dann als Brief bekamen wir die Bestätigung, dass über unseren Antrag endgültig entschieden worden war. Zur Abholung der Urkunde brauchten wir dann wieder einen Termin beim Konsulat, den wir zwei Monate später bekamen. Billig ist der Spaß übrigens auch nicht, pro BBG-Urkunde fallen 255 Euro Gebühren an, und selbst bei einer Ablehnung des Antrags werden 191 Euro fällig, entsprechend Paragraph 38 des Staatsangehörigkeitsgesetzes StAG. Übrigens gilt die genehmigte Beibehaltung nur zwei Jahre, falls die Einbürgerung sich länger hinzieht, muss die BBG nochmal gegen Gebühr verlängert werden.
Angelika Eine amerikanische Greencard zu erhalten, kann Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern. Hat man aber erst einmal die Greencard in der Tasche, ist es relativ einfach, amerikanischer Staatsbürger zu werden, wenn man ein unbescholtenes Leben im Land geführt und immer brav seine Steuern gezahlt hat. Hier sind die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, bevor der Antrag zur amerikanischen Staatsbürgerschaft gestellt werden kann:
* Besitz der Greencard für mindestens 5 Jahre (3 Jahre, wenn man mit einem US-Bürger verheiratet ist).
* Der Antragsteller muss 18 Jahre alt sein.
* Der Wohnsitz muss in dem fünfjährigem Zeitraum vor der Antragstellung durchgehend in den USA gewesen sein. Trips oder Aufenthalte, die 6 Monate oder länger dauern, sind dabei äußerst problematisch.
* Der Wohnsitz allein reicht allerdings nicht aus. Der Antragsteller muss sich tatsächlich im Land aufhalten, und zwar für mindestens 30 Monate der 5 Jahre vor der Antragstellung.
* Man muss Englisch lesen, schreiben und sprechen können, wobei die Anforderungen diesbezüglich niedrig sind, und es viele Ausnahmen gibt, vor allen Dingen für ältere Antragsteller.
* Vor Antragstellung muss man mindestens 3 Monate in demselben Bundesstaat gelebt haben. Das mag euch jetzt komisch vorkommen, aber in welchem Bundesstaat der Wohnsitz liegt, bestimmt, wo der Antrag hin muss und welche Niederlassung der Einwanderungsbehörde zuständig ist.
* Den Nachweis, dass man ein moralisch einwandfreies Leben im Land geführt hat.
* Die Fähigkeit den Einbürgerungstest zu bestehen.
* Die Bereitschaft, den Eid zu schwören und die amerikanische Verfassung zu verteidigen.
Sind alle Bedingungen erfüllt, kann es losgehen. Der Antrag ist mit Hilfe des Formulars N-400 zu stellen. Super ist, dass dies mittlerweile online geht und nur dieses eine Formular auszufüllen ist. Wir legten also beide einen Account auf der https:/uscis.gov (United States Citizenship and Immigration Services) an, und noch am selben Abend, an dem wir unsere Beibehaltungsurkunde vom deutschen Konsulat in den Händen hielten, stellten wir den Antrag. Nach wie vor gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, den Papierantrag mit den dazugehörigen Unterlagen per Post einzuschicken, aber wir würden davon dringend abraten. Der Antrag gliedert sich in verschiedene Teile auf: Zunächst die Fragen, die die persönlichen Daten abklopfen: Also Name, Geburtsdatum und -land, Adresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummern, Staatsangehörigkeit, Greencardnummer und seid wann man sie hat, Geschlecht, Ethnizität/Rasse (typische Frage in jedem amerikanischen Formular), Größe und Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe, Arbeitgeber, Familenstand, Anzahl der Kinder. Ist der Antragsteller wie wir verheiratet, schließen sich weitere typische Fragen an: Datum der Heirat, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Immigrationsstatus, Adresse und Arbeitgeber des Ehepartners. Eventuelle vorherige Eheschließungen, die in Scheidung endeten, sind auch anzugeben. Ob die eigenen Eltern amerikanische Staatsbürger sind, ist ebenfalls mit ja oder nein zu beantworten. Hat der Antragsteller amerikanische Eltern oder ein amerikanisches Elternteil, hat er unter Umständen schon automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft inne. Weiter wird gefragt, ob man schon einmal im amerikanischen Militär gedient hat, weil es dann ebenfalls vereinfachte Regeln bezüglich der amerikanischen Staatsbürgerschaft gibt. Und dann mussten wir auflisten, wie oft und wie lange wir in den letzten 5 Jahren außer Landes waren.
Eine Frage zu persönlichen Angaben macht etwas stutzig: "Are you a male who lived in the United States at any time between your 18th and 26th birthdays?" [Sind sie ein Mann, und haben Sie zwischen dem 18. und 26. Geburtstag zu irgendeinem Zeitpunkt in den USA gelebt?] Hinter dieser scheinbar harmlosen Frage verbirgt sich, dass jeder Mann, der in den USA lebt und das angegebene Alter hat, verpflichtet ist, sich beim "Selective Service System" anzumelden. Dies gilt auch für Immigranten, selbst für diejenigen, die illegal im Land sind. Das System ist für den Fall gedacht, dass es in Kriegszeiten zu einer Wehrpflicht kommt. Interessanterweise gilt dies aber nur für Männer. Viele, auch amerikanische Staatsbürger, haben keine Ahnung, dass sie tatsächlich zur Meldung verpflichtet sind. Hätte man die Registrierung als Greencardbesitzer verschludert, müsste man Beamte von der Einwanderungsbehörde davon überzeugen, dass dies nicht wissentlich geschah.
Der nächste Teil des Fragenkatalogs beschäftigt sich dann mit dem Charakter des Antragstellers. Wie schon erwähnt wird geprüft, ob der potentielle amerikanische Staatsbürger rechtschaffen und der amerikanischen Gesellschaft von Nutzen ist, und ihr nicht zur Last fällt. Dabei muss der Anwärter nicht nachweisen, was er alles Gutes getan hat, aber es wird nach Beweisen geschaut, die problematisches oder unmoralisches Verhalten belegen. Dazu zählen zum Beispiel unerlaubtes Wählen, Steuerschulden, unterlassene Unterhaltszahlungen, illegale Aufenthalte im Land oder das Verschleiern von Fakten, um sich Einwanderungsvorteile zu ergattern, Drogendelikte und das Dealen von Drogen, Verhaftungen und Verurteilungen, das Erschleichen von Sozialleistungen, Prostitution, Polygamie, illegales Spielen, Mitgliedschaft in kommunistischen, totalitären oder terroristischen Vereinigungen, sexuelle Übergriffigkeit, oder die Unterdrückung von Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit.
Einige Fragen sind dabei recht schwammig und allgemein formuliert. Zum Beispiel: "Were you ever in any way badly hurting, or trying to hurt, a person on purpose?" [Haben Sie schon jemals eine Person ernsthaft und mit Absicht versucht zu verletzen oder verletzt?] Dabei kann "hurt" wie im Deutschen sich sowohl auf körperliche als auch seelische Verletzungen beziehen. Lustig ist auch die Frage: "Have you ever been a habitual drunkard?" [Waren Sie schon jemals ein gewohnheitsmäßiger Trinker?"] Leute, die die Polizei mit zuviel Promille am Steuer erwischt und die deshalb ein sogenanntes DUI-Strafmandat ("Driving under the Influence") erhalten haben, tun sich schwerer mit der Staatsbürgerschaft. Auch gibt es immer noch die Frage, ob man schon einmal in einer psychiatrischen Einrichtung war. Nun bedeutet nicht jeder aufgezählte Punkt gleich, dass die Staatsbürgerschaft automatisch abgelehnt wird, aber der gängige Rat in diesen Fällen ist: Nimm dir einen guten Rechtsanwalt. Der letzte Teil des Antrags beschäftigt sich dann damit, ob man bereit ist, die Verfassung zu verteidigen, den Eid zu schwören und unter Umständen die USA mit der Waffe zu verteidigen. Das träfe zum Beispiel dann zu, wenn es eine Wehrpflicht gäbe bei kriegerischen Auseinandersetzungen.
Online konnten wir dann auch die benötigten Unterlagen gleich hochladen. Je nach den persönlichen Umständen kann dies mehr oder weniger sein. Bei uns waren es nur zwei Dokumente. Wir mussten die Vorder- und Rückseite unserer Greencard scannen und hochladen sowie unsere Heiratsurkunde in englischer Sprache. Da wir damals in München schon eine internationale in verschiedenen Sprachen bekommen hatten, war das überhaupt kein Problem. Lichtbilder braucht man nur noch dann einreichen, wenn der Antrag außer Landes gestellt wird, was wahrscheinlich eher selten vorkommt.
Der letzte Schritt war dann, die Gebühren mit Kreditkarte zu bezahlen. Der Spaß ist relativ teuer, und für viele sind die hohen Gebühren ein echtes Hindernis, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Es gibt zwar die Möglichkeit der Gebührenreduzierung, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass sein Einkommen unter der Armutsgrenze liegt, aber die Gebühren werden nicht erlassen sondern nur um die Hälfte reduziert. Wir zahlten pro Mann und Nase $725: $640 ist dabei die reguläre Gebühr und dann fallen $85 für das Erfassen der Fingerabdrücke an.
Nach der Bezahlung heißt es dann warten und sich in Geduld üben. Einige Tage später erhielten wir die offizielle Bestätigung per Post, dass unsere Anträge angenommen, die Gebühren bezahlt und die Bearbeitung des Falls in die Wege geleitet worden war. Diese Briefe konnten wir auch online unter unserem Account einsehen. Unser sogenanntes "Priority Date" war der 09. November 2020, also der Tag, an dem wir die Anträge eingereicht hatten. Die Einwanderungsbehörde setzt auf Grund dieses Datums den Platz in der Schlange für den Antrag fest.
Online konnten wir dann immer nachschauen, wielange es ungefähr noch dauern würde, bis der Antrag durch ist. Allerdings schwankten die Angaben ständig. Zunächst hieß es 9 Monate, aber uns war schon klar, dass dies eine sehr optimistische Kalkulation war. Monatelang passierte nichts und dann tat sich plötzlich wieder etwas. Ende Februar 2021 teilte uns die Behörde mit, dass sie unsere alten hinterlegten Greencard-Fingerabdrücke wiederverwenden konnten (Corona sei Dank), und wir uns somit den Fingerabdrücketermin sparen konnten. Die Gebühr von $85 dafür wurde natürlich trotzdem einbehalten. Im April 2022 erschien eine merkwürdige Nachricht auf Michaels Account, dass irgendwelches Beweismaterial nachzureichen wäre und dass diesbezüglich ein Brief unterwegs sei. Panik verbreitete sich! Was kann das sein? Ist die Bundeswehrzeit nachzuweisen? Wird sich dadurch der Prozess verlängern und verzögern? Es stellte sich aber dann heraus, dass ein Beamter scheinbar auf den falschen Knopf gedrückt hatte, denn die Nachricht verschwand online kurz darauf wieder, und kein Postbrief kam jemals an. Wieder war monatelang Funkstille, bis wir dann Anfang Januar 2022 unseren Interviewtermin mitgeteilt bekamen. Von der Antragstellung bis zur Einschwörung ist der Antrag also genau 15 Monate gelaufen.
Angelika Am 7. Februar hatten wir unsere Interviews bei der Einwanderungsbehörde in San Francisco, zeitversetzt um zwei Stunden. Michael war um 12:30 Uhr dran und ich um 14:30 Uhr. Übrigens ist das durchaus nicht die Norm, dass Verheiratete am gleichen Tag ins Interview gehen, aber wir hatten diesbezüglich Glück. Als ich dran war, hatte Michael das Interview schon hinter sich und den Einbürgerungstest bestanden. Wir trafen uns auf der Straße vor dem Gebäude, und Michael konnte mir noch schnell ein paar Tipps geben. Auch musste er wie üblich sein kleines Taschenmesser aus einem Blumenkübel um die Ecke holen, denn mit einem Messer, sei es noch so klein, durfte man nicht in das Gebäude, da wir alle durch einen Sicherheitsscheck und durch einen Metalldetektor mussten. Was ich diesbezüglich schon mit Michael und seinen Messern am falschen Ort mitgemacht habe, könnte auch schon einen Rundbrief füllen. Aber ich schweife ab.
Wegen der Coronabeschränkungen durften wir erst 15 Minuten vor unserem Termin ins Gebäude. Der Sicherheitscheck ging ruck zuck. Mittlerweile darf man auch sein Handy ins Gebäude mitnehmen. Das war bei unserer Greencard damals noch anders. Zunächst zeigte ich bei der Anmeldung mein Schreiben mit dem Termin. Ich wurde dann in einen Wartebereich geschickt, wo schon mehrere Menschen ausharrten. Ziemlich schnell rief mich eine freundliche Dame auf, die sich meinen deutschen Pass und meine Greencard ansah. Dann führte sie mich in ein Zimmer mit einem Schreibtisch. An dem Schreibtisch saß allerdings kein Mensch, sondern es stand ein iPad auf dem Scheibtisch. Ja, ihr habt richtig gelesen! Ich hätte wahrscheinlich etwas dumm aus der Wäsche geschaut, aber Michael hatte mich natürlich schon vorgewarnt, dass das Interview virtuell ablaufen würde. Übrigens nicht nur wegen Covid, wie mir der Beamte, der das Interview leitete, später erklärte, sondern auch um effizienter zu sein. So können die Interviewer an anderen Orten sitzen. Meiner befand sich in Los Angeles.
Die Dame, die mich in das Büro geführt hatte, aktivierte zunächst das iPad und der Beamte erschien auf dem Bildschirm und stellte sich vor. Ich hielt meinen kalifornischen Führerschein vors iPad, um mich auszuweisen und musste dann zunächst stehend mit erhobener rechter Hand schwören, die Wahrheit zu sagen. Zunächst tauschte der Beamte ein paar Freundlichkeiten mit mir aus. Standardmäßig wird auch noch abgefragt, ob der zu Interviewende einen Übersetzer braucht, was ich immer besonders nett finde, da wir uns ja schon die ganze Zeit auf Englisch unterhalten hatten. Der Beamte klärte mich dann auf, dass ich den Lese- und Schreibtest aufgrund meines Alters nicht mehr zu machen brauchte. Hmmm. Der Test ist aber super einfach. Man muss nur einen englischer Satz, der vom Beamten vorgesprochen wird, aufschreiben, und einen gedruckten Satz vorlesen. Hier ist ein Beispiel: Lesen: "What do we pay the government?" Schreiben: "We pay taxes."
Bei mir ging es dann gleich mit den Fragen zum Einbürgerungstest los. Es gibt einen öffentlich bekannten Katalog mit 100 Fragen, der sich mit der Geschichte der USA, dem Aufbau der Regierung und wichtigen staatsrechtlichen Prinzipien, sowie den Rechten und Pflichten amerikanischer Staatsbürger beschäftigt. Beim Interview werden zehn zufällige Fragen aus dem Katalog gestellt. Sechs von zehn Fragen müssen korrekt beantwortet werden, dann hat man bestanden. Wer es schafft, sechs Fragen hintereinander richtig mündlich zu beantworten, dem werden die letzten vier Fragen nicht mehr gestellt.
Nicht nur die Fragen sondern die Antworten sind standardisiert. Man sollte die Antworten dann auch genau so wiedergeben und nicht ausschmücken. Eine Anwärterin fiel mal durch den Test, weil sie eine Spezialistin bezüglich Martin Luther King war und dem Beamten einen langen Vortrag hielt. Der hatte aber nur die kurze Antwort "Martin Luther King" hören wollen. Es gibt dann auch alle möglichen Materialen, mit denen der Anwärter vorab üben und sich vorbereiten kann. Von klassischen vorgedruckten Karteikarten bis hin zu einer Telefon-App mit den Testfragen. Auch wenn einige Fragen leicht zu beantworten sind, wie zum Beispiel wie der Präsident der USA heißt, gibt es andere, die wir uns durchaus einzuprägen hatten, vor allen Dingen einige wichtige Jahreszahlen, wie zum Beispiel wann die amerikanische Verfassung niedergeschrieben wurde. Wochen vor dem Interview fragten wir uns gegenseitig immer wieder mit Hilfe der Karteikarten ab, oder übten mit der App. Hier sind die Fragen, die ich beantworten musste. Na, hättet ihr die Antworten gewusst?
* What does the Constitution stand for? [Was setzt die amerikanische Verfassung fest?] Sets up government, defines the government, protects basic rights of Americans. [Stellt die Regierung auf, definiert die Regierung, schützt die Grundrechte von Amerikanern.]
* What ocean is on the East Coast of the United States? [Welcher Ozean befindet sich an der Ostküste der Vereinigten Staaten?] The Atlantic Ocean. [Der Atlantische Ozean.]
* What is the capitol of your state? [Was ist die Hauptstadt Ihres Bundesstaates?] Sacramento
* There were 13 original colonies. Name 3. [Es gab 13 ursprüngliche Kolonien. Nennen Sie 3.] North Carolina, Virginia, Maryland.
* Name one right only for United States citizens. [Nennen Sie ein Recht, das nur für amerikanische Staatsbürger gilt.] Vote in a federal election. [Wählen in einer Bundeswahl.]
* Who was President during the Great Depression and World War II? [Wer war Präsident während der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkrieges?] Franklin Roosevelt
Übrigens hatten wir Glück, dass wir nicht 128 Fragen und die dazugehörigen Antworten zu lernen hatten. Als Trump Präsident war, befand der nämlich, dass der Fragenkatalog mit den 100 Fragen zu einfach wäre und beschloss kurzer Hand, dass von Ende 2020 an zusätzlich 12 von 20 Fragen aus dem neuen umfangreicheren Fragenkatalog richtig zu beantworten wären, um Staatsbürger zu werden. Allerdings rollte Präsident Biden dies gleich wieder zurück, was uns zugute kam. Ich wüsste schon zugern, ob Trump den Test überhaupt bestehen würde. Eine Studie von 2018 hat nämlich herausgefunden, dass nur 36% der Amerikaner das schaffen würden. Ich machte übrigens aus Spaß an der Freud den Test mit meinen Schülern, und die hätten ihn glatt bestanden.
Nach dem Test ging der Beamte mit mir meinen Antrag durch und prüfte einige Fragen aus dem Antrag noch einmal ab. Das wird gemacht, um festzustellen, ob der Anwärter den Antrag selbst und wahrheitsgemäß ausgefüllt hat. Mich fragte der Beamte zum Beispiel, wo ich arbeite und was ich genau mache, ob ich verheiratet bin, was mein Mann beruflich macht, ob ich immer eine Steuererklärung abgegeben habe, oder in welchen Vereinen oder anderen Verbänden ich Mitglied bin. Und: Was das mit meinem Strafmandat auf sich hatte und was das Verkehrsdelikt war? Das wird euch jetzt vielleicht erstaunen, aber eine Frage im Antrag lautete: "Have you ever been arrested, cited, or detained by any law enforcement officer (including any immigration official or any official of the U.S. armed forces) for any reason?" [Sind Sie schon jemals aus irgendeinem Grund verhaftet worden, haben ein Strafmandat bekommen, oder sind durch irgendeinen Gesetzeshüter (einschließlich eines Beamten der Einwanderungsbehörde oder der amerikanischen Streitkräfte) verhaftet worden?]
Auf Internetforen gibt es zu dieser Frage lange Debatten, weil viele wissen wollen, ob man Vergehen wie zu schnelles Fahren oder ähnliches überhaupt angeben muss. Aber das Buch, das wir uns zum Thema amerikanische Staatsbürgerschaft von dem renommierten Verlag "Nolo", der sich auf rechtliche Themen spezialisiert hat, gekauft hatten, riet dazu. Ich war ja vor vielen Jahren einmal links abgebogen, wo ich es nicht hätte dürfen, und Michael hatte mal an einer roten Ampel vor dem erlaubten Rechtsabbiegen nicht richtig gestoppt. Beide hatten wir damals ein Strafmandat bekommen und es auch bezahlt. In unseren Interviews hakten unsere jeweiligen Beamten kurz nach, was es damit auf sich hätte, und um welche Art von Verkehrsdelikt es sich handelte, aber dann war die Sache gegessen. Strafmandate wegen Falschparkens muss man übrigens nicht angeben. Das würde dann wohl doch den Rahmen gehörig sprengen. Michael musste auch Auskunft über seine Zeit bei der Bundeswehr geben. Hier ist die Frage dazu aus dem Antrag: "Did you ever receive any type of military, paramilitary, or weapons training?" [Haben Sie jemals eine militärische, paramilitärische oder eine Ausbildung an der Waffe erhalten?]
Da ich meinem Beamten erzählt hatte, dass Michael schon durch war mit seinem Interview und um 15 Uhr eingeschworen werden sollte, versuchte er mit aller Kraft, mich auch noch in die Nachmittagszeremonie zu schleusen und das Interview zu beschleunigen. Er sagte dann etwas salopp, dass er die Nazifrage überspringen werde, weil ich ja damals noch nicht geboren war. Bei der Frage geht es darum, ob der Antragsteller zwischen dem 23. März 1933 und dem 8. Mai 1945 Teil des Naziregimes war. Wir mussten beide auch noch angeben, ob, wann und wielange wir nach der Antragstellung außer Landes waren, zum Beispiel für Deutschlandbesuche. Mein Beamter wollte auch noch wissen, warum wir solange mit der Beantragung der Staatsbürgerschaft gewartet hätten. Ich antwortete etwas schwammig und schon druckte er das Formular aus, das bestätigte, dass ich bestanden hätte, und zur Einschwörung zugelassen war. Leider schaffte ich es aber dann doch nicht zur Veranstaltung um 15 Uhr, weil die bereits ausgebucht war.
Lustig war auch, dass von Michael beim Interview ein neues Foto für die Einbürgerungsurkunde gemacht wurde, von mir aber nicht. Das sorgte mich erst etwas, weil ich dachte, das hätte man in der Eile vergessen. Es stellte sich dann aber heraus, dass mein zehn Jahre altes Greencard-Foto, das im System eingespeichert war, noch gut genug war. Ich muss mich also gut gehalten haben. Auf diversen Internetforen raten Leute übrigens immer wieder dazu, noch zusätzliche Sachen mitzuschleppen zum Interview, von Passfotos über Steuererklärungen. Das ist aber alles Quatsch. Auf der Einladung zum Interview stand bei uns eindeutig aufgelistet, was mitzubringen war und mehr brauchten wir auch nicht: Einladung zum Interview, Green Card, und die Pässe mit allen Einreisestempeln in die USA. Ich brachte daraufhin auch alle abgelaufenen mit, die Stempel hatten, aber die wollte auch kein Mensch sehen, nur den gültigen deutschen Pass.
Ich wartete dann auf Michael. Und nach dem obligatorischen Foto gingen wir aus, um doch ein wenig zu feiern, und zwar in das Restaurant "Coqueta" am Embarcadero am Wasser, wo wir bei strahlendem Sonnenschein draußen saßen und Sekt schlürften. Wenn schon, denn schon.
Angelika Vor Corona war die Einschwörung zum amerikanischen Staatsbürger ein ziemliches Brimborium und fand in größeren Veranstaltungsorten statt, zum Beispiel in Oakland im Paramount Theater. Die Anwärter durften Gäste mitbringen und die Show lief patriotisch pompös ab. Gott sei Dank blieb uns dies aber alles erspart, obwohl natürlich meine Schüler gerne bei der Einschwörung mit dabei gewesen wären. Das Problem bei solchen Massenveranstaltungen ist nämlich, dass man dann nach dem bestandenen Interview oft noch Wochen auf den Einschwörungstermin warten muss. Da die Einwanderungsbehörde in San Francisco ziemlich viele Interviews zur Einbürgerung abwickelt und immer noch Engpässe und Auflagen wegen Corona herrschen, fanden die Einschwörungen in San Francisco 2022 fünfmal am Tag in Gruppen zu jeweils 35 Leuten statt. Michael hatte Glück und wurde gleich nach seinem Interview um 15 Uhr eingeschworen. Ich schaffte es leider nicht mehr, trotz der Bemühungen meines Beamten und bekam dann einen Termin zwei Tage später um neun Uhr morgens.
Die Einschwörungen finden ebenfalls im Gebäude der Einwanderungsbehörde in San Francisco statt, nur in einem anderen Bereich mit separatem Eingang. Zunächst hieß es Schlange stehen. Bei mir prüfte jemand, als ich noch in der Schlange stand, das Formular mit dem Termin. Auch musste ich auf dem Formular noch einmal ankreuzen und per Unterschrift versichern, dass ich zwischen meinem Interview und dem Tag meiner Einschwörung keinen Mist gebaut hatte, wie zum Beispiel mit dem amerikanischen Gesetz in Konflikt zu geraten oder mich irgendwelchen dubiosen Vereinigungen, einschließlich der kommunistischen Partei, anzuschließen. Im Gebäude selbst hieß es erst einmal: Greencard abgeben. An einem Schalter reichte ich meine Greencard (Michael hatte seine schon bei seiner Einschwörung abgegeben) etwas wehmütig und gerührt dem Menschen hinter der Scheibe, denn schließlich hatte das Kärtchen uns viele Jahre gute Dienste geleistet. Ein Anweiser geleitete mich dann zu meinem Platz, einem etwas unromantischen Plastikstuhl in langweiligem Behördendesign. Auf dem Stuhl lag in einem Umschlag schon meine Einbürgerungsurkunde bereit, samt Informationen zur Passbeantragung und einem Zettel mit dem Wortlaut des Eides, der zu schwören war. Eine kleine amerikanische Flagge lag auch noch am Platz.
Alle Teilnehmer trugen Maske und zwischen uns waren immer zwei Stühle frei, um den Covidsicherheitsabstand einzuhalten. Die Zeremonie leitete bei mir die Chefin (Robin Barrett) der Einwanderungsbehörde in San Francisco, was wohl eher Zufall war. Es gab ein paar ermunternde Worte von ihr, so nach dem Motto, dass der Rahmen zwar nicht richtig festlich ist, das Ereignis aber trotzdem bedeutsam und wichtig. Dann erinnerte sie uns noch daran, ja auf unserer Einbürgerungsurkunde zu überprüfen, ob unser Name und das Geburtsdatum stimmten, denn wenn wir erst mit der Urkunde abzögen wäre es ein ewiges Gefrett und kostspielig, Fehler zu korrigieren. Auf der Urkunde sind neben dem vollen Namen, dem Geburtsdatum, einem Lichtbild, dem Geschlecht, der Körpergröße und dem Status ob man ledig oder verheiratet ist, noch die sogenannte "Alien Registration Number", die schon auf der Greencard stand, vermerkt. Auch muss man die Urkunde unterschreiben.
Lustigerweise können so einfache Dinge wie eine gewöhnliche Unterschrift viele Fragen aufwerfen, wie wir in den diversen Internetforen nachlasen. Unterschreibt man mit Mittelnamen oder ohne? Michael kürzt seinen Vornamen beim unterschreiben immer ab, auch auf offiziellen Dokumenten. Ist das zulässig auf einer Einbürgerungsurkunde? Die Aussagen im Internet waren da sehr widersprüchlich. Freundlicherweise erhielten wir bei der Einschwörung aber Auskunft darüber: Man unterschreibt genau so wie auf unserem kalifornischen Führerschein, denn die Unterschrift auf dem Führerschein kann zum Abgleichen herhalten. Bei mir war es eh einfach, ich schreibe immer alles aus. Unterschreiben darf man übrigens auch später zu Hause in Ruhe.
Die eigentliche Zeremonie war dann sehr kurz und schmerzlos. Alle hatten sich zu erheben und die rechte Hand zu heben und dann sprachen wir alle gemeinsam den Treueschwur ("The Oath of the Allegiance"), wohlgemerkt mit Masken. Der Treueschwur hat übrigens einige lustige Passagen, wie zum Beispiel, dass man sich auch von seinem König oder seiner Königin lossagt. Adelige mit entsprechenden Titeln müssen übrigens schwören, dass sie diese als amerikanische Staatsbürger aufgeben. Nach dem Treueschwur geleitete man uns auch schon wieder aus dem Raum. Michael wartete schon auf mich draußen. Wir schossen noch schnell ein Foto und dann fuhr ich zur Arbeit.
Angelika In den USA gibt es ja bekanntlich kein Einwohnermeldeamt. Aber wo beantragt der amerikanische Staatsbürger dann seinen Pass? Die verblüffende Antwort ist: in der Regel bei der Post. Nicht jedes Postamt bietet diesen Service an, aber in einer Stadt wie San Francisco gibt es doch einige Postämter zur Auswahl. Das Postamt in unserem Viertel "Noe Valley" gehört auch dazu, wie ich schon des öfteren bei einem meiner Postgänge erleben durfte. Denn wenn einer vor einem einen Passbeantragungstermin hat, dauert es ewig in der Schlange. Die Passbeantragung geht nämlich am Schalter vonstatten. Wir beantragten unsere Pässe bei meinem Lieblingspostamt in der Evans Avenue in San Francisco. Das Postamt hat lange Öffnungszeiten, nämlich von 7 Uhr morgens bis 20:30 Uhr an Werktagen, und ich habe schon so manches Mal ein Päckchen, das noch schnell nach Deutschland musste, dort am späten Abend vorbei gebracht.
Das Evans-Avenue-Postamt ist auch ziemlich auf Zack, wenn es um Passbeantragungen geht. Also machten wir dort einen Termin aus. Obwohl ich gleich nach unserer Einschwörung Anfang Februar auf das Online-Portal der Post gegangen war, um einen Termin auszumachen, konnte ich erst einen Anfang März für uns beide ergattern. Irgendwie ist das bei uns immer so, dass es auf einmal Verzögerungen gibt, wenn wir etwas beantragen. Schon unsere Greencard ging schleichend langsam, und die Beibehaltung und die amerikanische Staatsbürgerschaft zogen sich ewig hin. Auch bei der Passbeantragung hieß es im März 2022, dass es bis zu 16 Wochen dauern kann, bis der Antragsteller den Pass in den Händen hält und bis zu 12 Wochen, falls man eine zusätzliche Gebühr zahlt, um den Prozess zu beschleunigen. Gurgel, da rutschte uns dann schon das Herz ein wenig in die Hose, denn bei der Einschwörung wird die Greencard eingezogen und beim Passantrag mussten wir die ORIGINAL-Einbürgerungsurkunden einschicken. Bis der Pass durch ist, sitzt man sozusagen auf dem Trockenen und kann das Land nicht verlassen, bzw. verlassen des Landes ist schon möglich, aber wieder reinkommen nicht.
Beim Erstantrag des Passes muss der Antragsteller auch immer persönlich erscheinen. Eine Passverlängerung geht später auch ohne persönliches Erscheinen per Postweg. Ab 2023 kann der Pass dann auch online verlängert werden, allerdings eben nur die Verlängerung. Um einen Pass zu beantragen, ist das Formular DS-11 auszufüllen. Das Formular will die üblichen Dinge wissen wie Name, Geburtsdatum, Adresse, Sozialversicherungsnummer, Geburtsort, Name und Geburtsdaten der Eltern, Familienstand, Beruf, Größe, Augen-und Haarfarbe. Es gibt ein Feld auf dem Formular, in dem Reisepläne mit Daten angegeben werden können, um den Prozess zu beschleunigen. Dann ist nachzuweisen, dass man amerikanischer Staatsbürger ist. Dies kann durch eine Geburtsurkunde, einen bereits vorhandenen amerikanischen Pass oder wie bei uns durch die Einbürgerungsurkunde geschehen. Zusätzlich brauchten wir noch ein weiteres Dokument, um uns auszuweisen. Typischerweise ist das der Führerschein, den wir der Postbeamtin vorzeigten. Dem Antrag war dann auch noch eine Kopie des Führerscheins beizulegen. Ein Lichtbild braucht es natürlich auch noch. Wir versuchten uns zunächst daran, dies selbst zu machen, aber irgendwann gaben wir entnervt auf, weil ja zig Bestimmungen einzuhalten sind. Wir gingen dann zu einem Laden auf der Clement Street, dem zweiten Chinatown von San Francisco. Der freundliche Besitzer setzte uns vor eine weiße Leinwand mitten in dem kleinen Laden, während andere Kunden Lottoscheine kauften, schoß die Fotos mit seiner Spiegelreflex, entwickelte sie auf der Stelle und in weniger als 10 Minuten war alles über die Bühne.
Bei unserem Termin bei der Post gaben wir brav alle Unterlagen ab und die Dame hinterm Schalter ging alles durch und lobte mich, weil ich alles so schön ausgefüllt hatte, und wir alles dabei hatten. Schwören und unterschreiben mussten wir in ihrer Anwesenheit auch noch, und dann haute sie mit grober Gewalt eine Heftklammer durch unsere Einbürgerungsurkunden und befestigte sie am Antrag. Mir blieb fast das Herz stehen, Heftklammern durch ein Originaldokument zu jagen! Die meiste Zeit nahm dann das Bezahlen der Gebühren in Anspruch. Die Post nimmt pro Mann und Nase zunächst $35. Dann gehen $130 pro Pass an die Behörde, die den Pass ausstellt. Das ist in den USA das "State Department". Wir zahlten dann jeder noch die Expressgebühr von $60, damit es schneller ging. Dann kommt noch das Porto hinzu, wenn die Anträge und Pässe schneller hin- und zurückgeschickt werden sollen. Pro Mann $18.32. Übrigens mussten wir das State Department noch ganz altertümlich mit Schecks bezahlen, die unseren Anträgen ebenfalls angeheftet wurden.
Erstaunlicherweise klappte der Trick, dass wir unsere Reisepläne angegeben und die extra Gebühren gezahlt hatten. Innerhalb von drei Wochen hatten wir unsere neuen Pässe im Briefkasten. Dabei kam zunächst mein Pass in der normalen Post und dann Michaels. Die Einbürgerungsurkunde wird separat zurück geschickt, um zu minimieren, dass zwei wichtige Dokumente unter Umständen gleichzeitig verloren gehen. Beides kommt mit ganz normaler Post, ohne Einschreiben. Es dauerte noch einmal zehn Tage, bis dann die Urkunden zurückkamen, und wir hatten schon etwas schwitzige Hände in der Zwischenzeit. Aber schließlich und endlich hat alles geklappt. Der amerikanische Pass muss dann noch unterschrieben werden. Es scheint häufiger vorzukommen, dass dies vergessen wird. Jedes Mal, wenn wir nach Deutschland fliegen, sagen die Flugbegleiter an, dass US-Amerikaner ja ihre Pässe unterschrieben dem deutschen Zöllner vorlegen. Fehlt die Unterschrift, darf der Amerikaner nicht in Deutschland einreisen, und es ist nicht erlaubt, die Unterschrift vor dem Zöllner zu tätigen.
Jetzt kommen wir nochmal zu der interessanten Frage, welcher Pass zu zeigen ist, wenn man zwei davon besitzt. Es ist zu unterscheiden, was die Fluggesellschaft oder der Grenzbeamte sehen will. Zunächst ist relativ logisch, dass der Pass des Landes, dessen Staatsbürger man ist, beim Einreisen in das jeweilige Land vorzuzeigen ist. Also wenn wir nach Deutschland einreisen, zeigen wir unseren deutschen Pass. Bei der Einreise in die USA zeigen wir den amerikanischen Pass. Auch muss bei der Ausreise aus Deutschland jeder am Flughafen durch die Passkontrolle. Auch hier gilt es, als deutscher Staatsbürger den deutschen Pass vorzulegen. Allerdings will die Fluggesellschaft beim US-Abflug vor den dem Einstieg prüfen, dass man die nötigen Papiere zur Einreise in die USA hat, also zeigt man dort den US-Pass. Im August reisten wir das erste Mal mit unseren neuen amerikanischen Pässen in die USA ein, und alles hat prima geklappt.
Grüße aus San Francisco:
Angelika und Michael
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