Angelika/Mike Schilli |
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Sind alle Bedingungen erfüllt, kann es losgehen. Der Antrag ist mit Hilfe des Formulars N-400 zu stellen. Super ist, dass dies mittlerweile online geht und nur dieses eine Formular auszufüllen ist. Wir legten also beide einen Account auf der https:/uscis.gov (United States Citizenship and Immigration Services) an, und noch am selben Abend, an dem wir unsere Beibehaltungsurkunde vom deutschen Konsulat in den Händen hielten, stellten wir den Antrag. Nach wie vor gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, den Papierantrag mit den dazugehörigen Unterlagen per Post einzuschicken, aber wir würden davon dringend abraten. Der Antrag gliedert sich in verschiedene Teile auf: Zunächst die Fragen, die die persönlichen Daten abklopfen: Also Name, Geburtsdatum und -land, Adresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummern, Staatsangehörigkeit, Greencardnummer und seid wann man sie hat, Geschlecht, Ethnizität/Rasse (typische Frage in jedem amerikanischen Formular), Größe und Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe, Arbeitgeber, Familenstand, Anzahl der Kinder. Ist der Antragsteller wie wir verheiratet, schließen sich weitere typische Fragen an: Datum der Heirat, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Immigrationsstatus, Adresse und Arbeitgeber des Ehepartners. Eventuelle vorherige Eheschließungen, die in Scheidung endeten, sind auch anzugeben. Ob die eigenen Eltern amerikanische Staatsbürger sind, ist ebenfalls mit ja oder nein zu beantworten. Hat der Antragsteller amerikanische Eltern oder ein amerikanisches Elternteil, hat er unter Umständen schon automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft inne. Weiter wird gefragt, ob man schon einmal im amerikanischen Militär gedient hat, weil es dann ebenfalls vereinfachte Regeln bezüglich der amerikanischen Staatsbürgerschaft gibt. Und dann mussten wir auflisten, wie oft und wie lange wir in den letzten 5 Jahren außer Landes waren.
Eine Frage zu persönlichen Angaben macht etwas stutzig: "Are you a male who lived in the United States at any time between your 18th and 26th birthdays?" [Sind sie ein Mann, und haben Sie zwischen dem 18. und 26. Geburtstag zu irgendeinem Zeitpunkt in den USA gelebt?] Hinter dieser scheinbar harmlosen Frage verbirgt sich, dass jeder Mann, der in den USA lebt und das angegebene Alter hat, verpflichtet ist, sich beim "Selective Service System" anzumelden. Dies gilt auch für Immigranten, selbst für diejenigen, die illegal im Land sind. Das System ist für den Fall gedacht, dass es in Kriegszeiten zu einer Wehrpflicht kommt. Interessanterweise gilt dies aber nur für Männer. Viele, auch amerikanische Staatsbürger, haben keine Ahnung, dass sie tatsächlich zur Meldung verpflichtet sind. Hätte man die Registrierung als Greencardbesitzer verschludert, müsste man Beamte von der Einwanderungsbehörde davon überzeugen, dass dies nicht wissentlich geschah.
Der nächste Teil des Fragenkatalogs beschäftigt sich dann mit dem Charakter des Antragstellers. Wie schon erwähnt wird geprüft, ob der potentielle amerikanische Staatsbürger rechtschaffen und der amerikanischen Gesellschaft von Nutzen ist, und ihr nicht zur Last fällt. Dabei muss der Anwärter nicht nachweisen, was er alles Gutes getan hat, aber es wird nach Beweisen geschaut, die problematisches oder unmoralisches Verhalten belegen. Dazu zählen zum Beispiel unerlaubtes Wählen, Steuerschulden, unterlassene Unterhaltszahlungen, illegale Aufenthalte im Land oder das Verschleiern von Fakten, um sich Einwanderungsvorteile zu ergattern, Drogendelikte und das Dealen von Drogen, Verhaftungen und Verurteilungen, das Erschleichen von Sozialleistungen, Prostitution, Polygamie, illegales Spielen, Mitgliedschaft in kommunistischen, totalitären oder terroristischen Vereinigungen, sexuelle Übergriffigkeit, oder die Unterdrückung von Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit.
Einige Fragen sind dabei recht schwammig und allgemein formuliert. Zum Beispiel: "Were you ever in any way badly hurting, or trying to hurt, a person on purpose?" [Haben Sie schon jemals eine Person ernsthaft und mit Absicht versucht zu verletzen oder verletzt?] Dabei kann "hurt" wie im Deutschen sich sowohl auf körperliche als auch seelische Verletzungen beziehen. Lustig ist auch die Frage: "Have you ever been a habitual drunkard?" [Waren Sie schon jemals ein gewohnheitsmäßiger Trinker?"] Leute, die die Polizei mit zuviel Promille am Steuer erwischt und die deshalb ein sogenanntes DUI-Strafmandat ("Driving under the Influence") erhalten haben, tun sich schwerer mit der Staatsbürgerschaft. Auch gibt es immer noch die Frage, ob man schon einmal in einer psychiatrischen Einrichtung war. Nun bedeutet nicht jeder aufgezählte Punkt gleich, dass die Staatsbürgerschaft automatisch abgelehnt wird, aber der gängige Rat in diesen Fällen ist: Nimm dir einen guten Rechtsanwalt. Der letzte Teil des Antrags beschäftigt sich dann damit, ob man bereit ist, die Verfassung zu verteidigen, den Eid zu schwören und unter Umständen die USA mit der Waffe zu verteidigen. Das träfe zum Beispiel dann zu, wenn es eine Wehrpflicht gäbe bei kriegerischen Auseinandersetzungen.
Online konnten wir dann auch die benötigten Unterlagen gleich hochladen. Je nach den persönlichen Umständen kann dies mehr oder weniger sein. Bei uns waren es nur zwei Dokumente. Wir mussten die Vorder- und Rückseite unserer Greencard scannen und hochladen sowie unsere Heiratsurkunde in englischer Sprache. Da wir damals in München schon eine internationale in verschiedenen Sprachen bekommen hatten, war das überhaupt kein Problem. Lichtbilder braucht man nur noch dann einreichen, wenn der Antrag außer Landes gestellt wird, was wahrscheinlich eher selten vorkommt.
Der letzte Schritt war dann, die Gebühren mit Kreditkarte zu bezahlen. Der Spaß ist relativ teuer, und für viele sind die hohen Gebühren ein echtes Hindernis, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Es gibt zwar die Möglichkeit der Gebührenreduzierung, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass sein Einkommen unter der Armutsgrenze liegt, aber die Gebühren werden nicht erlassen sondern nur um die Hälfte reduziert. Wir zahlten pro Mann und Nase $725: $640 ist dabei die reguläre Gebühr und dann fallen $85 für das Erfassen der Fingerabdrücke an.
Nach der Bezahlung heißt es dann warten und sich in Geduld üben. Einige Tage später erhielten wir die offizielle Bestätigung per Post, dass unsere Anträge angenommen, die Gebühren bezahlt und die Bearbeitung des Falls in die Wege geleitet worden war. Diese Briefe konnten wir auch online unter unserem Account einsehen. Unser sogenanntes "Priority Date" war der 09. November 2020, also der Tag, an dem wir die Anträge eingereicht hatten. Die Einwanderungsbehörde setzt auf Grund dieses Datums den Platz in der Schlange für den Antrag fest.
Online konnten wir dann immer nachschauen, wielange es ungefähr noch dauern würde, bis der Antrag durch ist. Allerdings schwankten die Angaben ständig. Zunächst hieß es 9 Monate, aber uns war schon klar, dass dies eine sehr optimistische Kalkulation war. Monatelang passierte nichts und dann tat sich plötzlich wieder etwas. Ende Februar 2021 teilte uns die Behörde mit, dass sie unsere alten hinterlegten Greencard-Fingerabdrücke wiederverwenden konnten (Corona sei Dank), und wir uns somit den Fingerabdrücketermin sparen konnten. Die Gebühr von $85 dafür wurde natürlich trotzdem einbehalten. Im April 2022 erschien eine merkwürdige Nachricht auf Michaels Account, dass irgendwelches Beweismaterial nachzureichen wäre und dass diesbezüglich ein Brief unterwegs sei. Panik verbreitete sich! Was kann das sein? Ist die Bundeswehrzeit nachzuweisen? Wird sich dadurch der Prozess verlängern und verzögern? Es stellte sich aber dann heraus, dass ein Beamter scheinbar auf den falschen Knopf gedrückt hatte, denn die Nachricht verschwand online kurz darauf wieder, und kein Postbrief kam jemals an. Wieder war monatelang Funkstille, bis wir dann Anfang Januar 2022 unseren Interviewtermin mitgeteilt bekamen. Von der Antragstellung bis zur Einschwörung ist der Antrag also genau 15 Monate gelaufen.
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