Deutsch English

  Rundbrief Nummer 145  
San Francisco, den 08.11.2022


Abbildung [1]: Gut fährt, wer zwei Pässe hat.

Michael Nach geschlagenen 25 Jahren in den USA haben wir uns entschieden, amerikanische Staatsbürger zu werden. Warum? Mit unserer Greencard durften wir zwar beliebig lange weiter in den USA weilen, allerdings verfällt sie, sobald man mal länger als sechs Monate im Ausland wohnt, und diese Möglichkeit wollten wir uns nicht verbauen. Außerdem sind Greencard-Inhaber rechtlich fragile Zwitterwesen, machtlos irren Regierungswechseln ausgeliefert, die mal diese Regelung ummodeln und mal jene kappen. Die Rechte eines Staatsbürgers sind hingegen von der Verfassung geschützt und in Stein gemeißelt.

Abbildung [2]: Wie Detlef Schrempf seine deutsche Staatsbürgerschaft verlor.

Doch vor der Einbürgerung galt es noch eine Sache zu regeln: Wir wollten Deutsche bleiben. Das geht keinesfalls automatisch, wie der Basketballspieler Detlef Schrempf einmal in der deutschen Botschaft in San Francisco herausfand. Er hatte seinen Pass und den seiner Ehefrau unter der Glasscheibe durchgereicht, um sie von der Konsulatsbeamtin verlängern zu lassen. Als diese aber im Botschaftscomputer nachguckte und herausfand, dass beide bereits die US-Staatsbürgerschaft beantragt und erhalten hatten, zog sie eine Schere heraus und schnitt die deutschen Pässe entzwei. Was Schrempf nicht wusste: wer als Deutscher keine Vorkehrungen trifft und die amerikanische Staatsbürgerschaft annimmt, verliert automatisch die deutsche.

Doch es gibt einen Ausweg: Die sogenannte "Beibehaltungsgenehmigung", unter dem Kürzel BBG bekannt, das ich, weil in der deutschen Botschaft in San Francisco auch uns bekannte Schwaben arbeiten, gerne "Bäh-bäh-gäh" ausspreche. Der an der US-Einbürgerung interessierte Deutsche reicht dazu einen Antrag beim Konsulat ein, in dem er darlegt, dass er zwar unbedingt die US-Staatsbürgerschaft braucht, aber gleichzeitig die deutsche wegen zwingender Gründe nicht verlieren möchte.

Typisch für Bürokratiewahnsinn liegen die Zeiträume für die Bearbeitung derartiger Anträge im glazialen Bereich. Es dauert erfahrungsgemäß mehr als ein Jahr vom Einreichen des Formulars, mitsamt allen per Notar besiegelten Dokumenten, bis der Schrieb mit der Genehmigung zurückkommt, und erst mit dem persönlich von den Konsularbeamten ausgehändigten BBG-Dokument in den Händen (!) darf man dann daran gehen, die US-Staatsbürgerschaft zu beantragen. Anschließend brauchen diesmal die US-Behörden mindestens ein gutes weiteres Jahr, bis man zum alles entscheidenden Interview vorgelassen und im Erfolgsfall als US-Bürger eingeschworen wird.

Diese Prozeduren sind unglaublich kompliziert und nervenzehrend, aber unten schildern wir im Detail wie die einzelnen Schritte ablaufen. Wer keine Zeit zum Lesen hat, dem soll hier die Kurzzusammenfassung genügen: Wir haben jetzt jeder zwei Pässe, einen amerikanischen und einen deutschen. Wenn wir nach Deutschland einreisen, zeigen wir den deutschen. Wenn wir in die USA einreisen, den amerikanischen.

Abbildung [3]: Mit der Wahlberechtigung kommen auch die Pamphlete im Briefkasten.

Unseren neugewonnenen Rechten als frischbackene US-Staatsbürger stehen übrigens ab sofort auch Pflichten gegenüber: Wir müssen wie andere Staatsbürger auch jederzeit für Jury-Duty bereitstehen, also auf Einberufungsbefehl der Behörden hin in einem der millionen laufender Gerichtsverfahren als Juror beisitzen und Angeklagte schuldig oder nicht schuldig sprechen. Außerdem dürfen wir bei Stadt-, Bundesstaats-, Senats- und Präsidentenwahlen unsere Stimme abgeben, bereitet euch also in kommenden Rundbriefen auf spannende Berichte eurer frischgebackenen Stimmviecher vor.

PDF Drucken
RSS Feed
Mailing Liste
Impressum
Mike Schilli Monologues


Auf die Email-Liste setzen

Der Rundbrief erscheint in unregelmäßigen Abständen. Wer möchte, kann sich hier eintragen und erhält dann alle zwei Monate eine kurze Ankündigung per Email. Sonst werden keine Emails verschickt.

Ihre Email-Adresse


Ihre Email-Adresse ist hier sicher. Die Rundbrief-Redaktion garantiert, die angegebene Email-Adresse nicht zu veröffentlichen und zu keinem anderen Zweck zu verwenden. Die Mailingliste läuft auf dem Google-Groups-Service, der sich ebenfalls an diese Richtlinien hält. Details können hier eingesehen werden.
Alle Rundbriefe:

Rundbriefe 1996-2016 als PDF:
Jetzt als kostenloses PDF zum Download.

Spezialthemen:
USA: Schulsystem-1, Schulsystem-2, Redefreiheit, Waffenrecht-1, Waffenrecht-2, Krankenkasse-1, Krankenkasse-2, Medicare, Rente, Steuern, Jury-System, Baseball, Judentum
Immigration: Visa/USA, Warten auf die Greencard, Wie kriegt man die Greencard, Endlich die Greencard, Arbeitserlaubnis
Touren: Alaska, Vancouver/Kanada, Tijuana/Mexiko, Tokio/Japan, Las Vegas-1, Las Vegas-2, Kauai/Hawaii, Shelter Cove, Molokai/Hawaii, Joshua Nationalpark, Tahiti, Lassen Nationalpark, Big Island/Hawaii-1, Big Island/Hawaii-2, Death Valley, Vichy Springs, Lanai/Hawaii, Oahu/Hawaii-1, Oahu/Hawaii-2, Zion Nationalpark, Lost Coast
Tips/Tricks: Im Restaurant bezahlen, Telefonieren, Führerschein, Nummernschild, Wohnung mieten, Konto/Schecks/Geldautomaten, Auto mieten, Goodwill, Autounfall, Credit Report, Umziehen, Jobwechsel, Smog Check
Fernsehen: Survivor, The Shield, Curb your Enthusiasm, Hogan's Heroes, Queer Eye for the Straigth Guy, Mythbusters, The Apprentice, The Daily Show, Seinfeld
Silicon Valley: Netscape-1, Netscape-2, Netscape-3, Yahoo!
San Francisco: SoMa, Mission, Japantown, Chinatown, Noe Valley, Bernal Heights
Privates: Rundbrief-Redaktion
 

Kommentar an usarundbrief.com senden
Lob, Kritik oder Anregungen? Über ein paar Zeilen freuen wir uns immer.

In der Textbox können Sie uns eine Nachricht hinterlassen. Wir beantworten jede Frage und jeden Kommentar, wenn Sie ihre Email-Adresse in das Email-Feld eintragen.

Falls Sie anonym bleiben möchten, füllen Sie das Email-Feld bitte mit dem Wort anonym aus, dann wird die Nachricht dennoch an uns abgeschickt.

Ihre Email-Adresse


Nachricht

 
Impressum
Letzte Änderung: 09-Nov-2022