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Rundbrief
  Rundbrief Nummer 123  
San Francisco, den 17.12.2017
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Rundbrief


Abbildung [1]: Mit gepanzerten Händen öffnet Michael die Auster mit einem Spezialmesser.

Michael Im Restaurant bestellen wir als Vorspeise gerne ein Dutzend Austern, "On the Half Shell", wie der Amerikaner die geöffneten und roh belassenen Austern nennt, die mit großem Brimborium auf Eisstückchen auf großen Silberplatten auf 30cm hohen Ständern serviert werden. Das ist ein schöner Zeitvertreib, aber nicht ganz billig, da ein Dutzend Austern im Restaurant gut und gerne $35 kostet.

Abbildung [2]: Der Fischgroßhändler "J.R. Seafood" im Viertel Bayview verkauft auch an Otto Normalverbraucher.

Auf einer Geburtstagsparty lernten wir vor einiger Zeit, dass man Austern auch im Großmarkt kaufen und mit etwas Übung selber öffnen und servieren kann. So fuhr ich eines Samstag morgens um zehn mit dem Auto schnell 10 Minuten in den Stadtteil Bayview rüber, um ein Dutzend roher Austern zu kaufen. Vorher hatte ich mir auf Amazon die dazu notwendige Sicherheitsausrüstung gekauft: Zwei Austernmesser sowie einen Eisenhandschuh "Made in Germany" zum horrenden Preis von fast 100 Dollar, aber da ich berufsmäßig viel und schnell tippen muss, sind meine Hände mein Kapital und da wollte ich kein Risiko eingehen. Außerdem hatte ich mir auf Youtube eine Reihe von Videos angesehen, in denen erfahrene "Oyster Shucker" zeigten, wie's gemacht wird.

Bei "J.R. Seefood" angekommen, glaubte ich zunächst, der Laden hätte geschlossen, aber die Tür stand offen und zwar stand niemand mehr im Verkaufsraum, aber im begehbaren Gefrierschrank geschaftelten noch einige Gestalten herum. Ich begriff, dass sich Restaurants natürlich schon um 6 Uhr früh mit frischen Meeresfrüchten eindecken, und offensichtlich niemand außer mir am Samstag ausschläft und dann erst um 10 Uhr angedackelt kommt, um Austern zu kaufen.

Abbildung [3]: In Eis in einer Plastiktüte transportierte ich das Dutzend Austern im Auto nach Hause.

Ich sagte fröhlich guten Tag und wurde auf Spanisch begrüßt, fragte aber, da ich kein Spanisch kann, munter auf Englisch weiter, ob ich denn ein Dutzend Austern haben könnte, und möglichst solche, die leicht zu öffnen wären. Alle wären leicht zu öffnen, lachte der Mann aus dem Gefrierschrank, kam mit einer Plastiktüte zurück und ich gab ihm dafür die an der Tafel im Verkaufsraum angeschriebenen 11 Dollar in bar. So einfach geht das also!

Abbildung [4]: Ist der obere Muskel durchschnitten und der Deckel entfernt, kommt der untere Muskel dran.

Daheim legte ich die Austern einzeln mit der bauchigen Seite nach unten auf ein Handtuch, fuhr mit dem Austernmesser, wie auf den Youtube-Videos gesehen, in das schmale Scharnier am Längsende hinein, während ich die Auster mit der gepanzerten linken Hand festhielt. Man muss kraftvoll hineinfahren, darf aber die Öffnung dabei nicht zersplittern lassen, sonst hat man beim Essen später den Mund voll mit kleinen Schalensplittern. Dann hebelt man die Auster seitlich auf, fährt mit der Messerklinge blind ans obere Ende und schneidet den oberen Schließmuskel ab, möglichst ohne das Innere der Auster zu verletzen. Danach lässt sich der obere Deckel einfach abnehmen, und nachdem man mit dem Messer das Austernfleisch auch an der bauchigen unteren Seite von der Schale getrennt hat, legt man sie auf das Eis im Servierteller, fertig!

Abbildung [5]: Fachgerecht geöffnet und professionell angerichtet von Küchenchef Michael.

Die ganze Prozedur für ein Dutzend Austern war in fünf Minuten erledigt, es geht erstaunlich reibungslos, wenn man mal den Bogen raushat. Beim Kauf ist darauf zu achten, dass die Austern hermetisch verschlossen sind, eine bereits geöffnete Auster ist tot und darf nicht verspeist werden. Wir wussten nicht genau, wie lange man die Austern im Eisbeutel lagern konnte, also verspeisten wir sie um 11 Uhr morgens mit einem Glaserl Sekt und selbstgemachter Tunke aus Essig und Zwiebeln, sehr lecker!

Gefängnisinsassen als Feuerwehrleute

Abbildung [6]: Gute Feuerwehrleute sind gesucht bei Großfeuern wie neulich in Los Angeles. Foto: lafd

Angelika In Kalifornien fragen wir uns gerade ein wenig, ob das Ende naht, denn schon wieder wüten verherrende Waldbrände. Dieses Mal hat es den Süden Kaliforniens erwischt, in der Gegend von Los Angeles, Santa Barbara und San Diego. Die Santa-Ana-Winde fachen die Feuer immer wieder an und die Feuerwehrleute sind rund um die Uhr im Einsatz. Als wir über Thanksgiving in Los Angeles waren, konnten wir es gar nicht fassen, wie warm es dort Ende November noch war. Menschen sonnten sich im Bikini am Strand. Wir fühlten uns als wären wir auf Hawaii. Das bombige Wetter war schön für uns, aber fast schon ein bisschen unheimlich, denn obwohl es in Los Angeles in der Regel wärmer als in San Francisco ist, hatten wir solche Temperaturen in den Wintermonaten dort noch nicht erlebt. Die Quittung folgte auf dem Fuße, schon eine Woche später brannte es lichterloh. Jerry Brown, unser Gouverneur, bemerkte dann auch nur, dass Kalifornien sich auf saisonale Feuer, die weit in den Dezember hineinreichen einstellen müsste, bedingt durch den Klimawandel. Normalerweise gibt es im Dezember keine Waldbrände mehr.

Abbildung [7]: Das Bundesstaatsgefängnis in San Quentin, nördlich der Golden Gate Bridge. Foto: stevekocino

Bei Bränden mit diesen Ausmaßen kommen nicht nur die Feuerwehrleute aus der unmittelbaren Umgebung zum Einsatz, sondern Einsatzkräfte aus ganz Kalifornien werden mobilisiert, einige kommen sogar aus den umliegenden Bundesstaaten. Allerdings stemmen sich nicht nur professionelle Feuerwehrleute den Flammen entgegen, sondern auch Häftlinge. In Kalifornien gibt es nämlich schon seit 1940 ein Programm, das Häftlinge zum Feuerlöschen heranzieht (Conservation Camps). Die Gefängnisinsassen melden sich freiwillig dafür, erhalten dann eine kurze Ausbildung und kommen sofort zum Einsatz.

Allerdings erhalten sie den Zuschlag nur, wenn sie sich im Gefängnis gut führen und körperlich fit sind, keine Langzeitstrafen absitzen oder wegen Brandstiftung oder Sexualdelikten einsitzen. Sie erhalten für ihre Arbeit $1 pro Stunde und bekommen zwei Tage pro Einsatztag von ihren Haftstrafen erlassen. Die geringe Bezahlung spart dabei dem Steuerzahler etwa 100 Millionen Dollar pro Jahr. Mehr als 3700 Häftlinge haben sich für das Program gemeldet, was ungefähr einem Drittel des Feuerwehrheers von Kalifornien entspricht. Das Program ist umstritten; einige Kritiker stellen es mit Sklavenarbeit auf eine Stufe. Die Zahlen der Häftlinge, die sich für den Dienst melden, geht seit Jahren zurück. Das liegt daran, dass Gefängnisse in Kalifornien total überfüllt sind und der Staat Kalifornien mittlerweile nicht gewalttätige Häftlinge mehrmals frühzeitig aus der Haft entlassen hat, um die Überbelegung abzubauen.

David Sedaris

Abbildung [8]: Schriftsteller David Sedaris gibt eine Lesung in San Francisco.

Angelika Michael ist ja sehr schwierig zu beschenken, weil er sich stets selber kauft, was er braucht. Es ist schon mehrmals vorgekommen, dass ich etwas für ihn gekauft habe, und er am nächsten Tag strahlend mit demselben Gegenstand heimkam. Ich bin deshalb mittlerweile dazu übergegangen, sogenannte Erlebnisgeschenke zu kreieren. Zum Geburtstag im November gab es also dieses Jahr Karten zu einer Lesung mit David Sedaris.

Die Veranstaltung fand im San Francisco Opernhaus statt, was mich zunächst wunderte, denn das Opernhaus hat fast 3150 Sitzplätze. Würde ein Autor, der humoristische Essays schreibt, so ein großes Haus für eine Lesung füllen? Und, siehe da, das Haus war ausverkauft. David Sedaris habe ich vor vielen Jahren entdeckt, weil eine Kollegin ihn als ihren Lieblingsautor erwähnte. Er schreibt auch öfter kleinere Geschichten für die Wochenzeitschrift "The New Yorker", die ich seit vielen Jahren abonniert habe. Am liebsten höre ich ihn mir aber an.

Er spricht seine Bücher selbst, wenn sie als Hörbuch rauskommen. Er hat eine originelle hohe Stimme und liest die Geschichten aus seinem Leben so lustig vor, dass ich schon oft Tränen beim Hören gelacht habe. Er verarbeitet in seinen Geschichten viel Autobiografisches: Seine Kindheit in Raleigh in South Carolina, wo er mit fünf Geschwistern in einer amerikanisch-griechischen Familie aufwuchs; seine Homosexualität, seinen Drogenkonsum, seine vielen verrückten Jobs, die er ausübte, um sich über Wasser zu halten, als er noch nicht bekannt war. Die Kurzgeschichten über seine Erlebnisse in diversen Flughäfen und Flugzeugen oder beim Zahnarzt in Paris könnte ich mir immer wieder anhören.

Die Abend in der Oper in San Francisco hat uns dann auch super gefallen. Sedaris bestritt die ungefähr 90-minütige Lesung am Stehpult und las unter anderem Auszüge aus seinem neuen Buch "Theft by Finding", das eine Zusammenstellung aus seinen Tagebüchern ist, die er seit 1977 führt. Wir hatten gute Plätze, die ich auf dem Online-Portal StubHub ergattert hatte. Die Karten waren auf den Namen des ursprünglichen Käufers ausgestellt gewesen und per Email zugesandt worden. Vor Ort wurden die Ausdrucke aber anstandslos eingescannt und akzeptiert, obwohl ich schon etwas geschwitzt habe.

Abbildung [9]: Die Ticket-Onlineplattform "Stubhub"

Auf Stubhub (einer Ebay-Company) verhökern Leute, die beim offiziellen Veranstalter Karten gekauft haben, diese im Stil einer Auktion an den Meistbietenden. Der Kartenabschnitt, der dem Zuschauer noch bleibt, nachdem der Kartenabreißer einen Teil entfernt hat, ist ein "Stub", und ein "Hub" ist in diesem Fall die Plattform, auf der die Karten gehandelt werden. Konzertkarten so zu verscherbeln wird in den der USA "Scalping" genannt und ist direkt vor Ort kurz vor Beginn der Veranstaltung offiziell verboten. Trotzdem findet man vor Beginn jedes Konzerts oder Sportveranstaltung immer "Scalper" auf den Zugangswegen aufgeregt mit Karten wedeln und diese illegal an Interessenten verhökern. In 38 von den 50 amerikanischen Bundesstaaten ist das Verkaufen der Karten von privat an privat jedoch erlaubt, falls es nicht am Veranstaltungsort selbst passiert, und diese Lücke füllt Stubhub online. Das Geschäftsmodell ist nicht unumstritten, denn auf diese Weise geraten viele Karte zu erhöhten Preisen in Umlauf, und Geschäftemacher, die Tickets im großen Stil erwerben, machen den Reibach auf Kosten der Konzertbesucher. Im Jahre 2016 verabschiedete die damalige Obama-Regierung deswegen ein Gesetz namens "Better Online Ticket Sales" ("BOTS"), nach dem nur Personen die Karten online kaufen dürfen und es den Betreibern untersagt ist, Maschinen (sogenannte "Bots") einzusetzen.

Thanksgiving in Venice Beach

Abbildung [10]: Auf den Spuren von Arnold Schwarzenegger in Venice Beach.

Angelika Thanksgiving ist bekanntlich der hochheiligste aller Feiertage in den USA. Immer am dritten Donnerstag im November versammelt sich die Familie zum Truthahnessen zuhause, und da amerikanische Familien gern umziehen und oft übers ganze Land verstreut wohnen, begibt sich Gott und die Welt aus Anlass des Festes auf die Reise in heimatliche Gefielde.

Abbildung [11]: Zwischenstopp vom Kilometerfressen nach Los Angeles bei der Harris Ranch.

Die meisten Arbeitnehmer haben auch nicht nur am Donnerstag frei sondern auch am Freitag, was sich zu einem 4-Tage-Wochenende kombinieren lässt. Ein reiner Luxus in den USA, wo bezahlter Urlaub eher knapp ist. Tim Cook, der Chef von Apple, kündigt meist einige Wochen vor Thanksgiving an, dass die ganze Thanksgivingwoche auf Firmenkosten freigenommen werden kann, was den meisten Apple-Angestellten eine freie Ferienwoche beschert, ohne dafür Urlaub zu nehmen. Für die Leute, die in den Apple-Geschäften arbeiten trifft das leider nicht zu, denn der Freitag nach Thanksgiving ist ein beliebter Einkaufstag (genannt "Black Friday"). Es ist auch nicht garantiert, dass Tim Cook die ganze Woche frei gibt, aber wir pokern immer ein bisschen und buchen schon etwas für die Woche bevor die Ankündigung kommt, denn besonders ich reise ja für mein Leben gern.

Abbildung [12]: Prime Rib Medium Rare: Ein kleiner Snack für erschöpfte Kraftfahrer.

Dieses Jahr fuhren wir mit unserem kleinem Honda Fit, von Michael "Brummi" getauft, auf dem Freeway I-5 sechs Stunden in Richtung Süden nach Los Angeles. Der Freeway I-5 ist zwar die schnellste Verbindung, aber auch eine der langweiligsten Straßen in Kalifornien. Es geht schnurstracks geradeaus durch die flachen Gegenden Kaliforniens, in denen Obst und Gemüse für die ganze USA angebaut werden. Auch große Rinderherden sieht der vorbeizischende Autofahrer. Die Landschaft ist flach, die Erde staubtrocken und schon Jahre tobt in dieser Gegend der Streit, wer wieviel Wasser bekommt, denn Wasser braucht man, damit das Gemüse und Obst wächst und das Wasser in Kalifornien ist knapp. Die Landwirte in dieser Gegend fühlen sich oft von den Politikern in Sacramento über den Tisch gezogen. Durch die lange Dürreperiode in Kalifornien erhalten sie weniger Wasser für die Bewässerug ihrer Felder oder müssen Wasser teurer bezahlen, was zu brachliegenden Agrarflächen geführt hat. Fährt man auf dem I-5 entlang, begegnem einem deshalb auch immer wieder Schilder mit Parolen wie "Food Grows Where Water Flows" ("Essen wächst dort, wo Wasser fließt").

Abbildung [13]: Farmer regen sich über Kaliforniens Wasserrationierung auf.

Abbildung [14]: Tausende von Rindern auf der Harris Ranch am Rande des Interstate 5.

Als Autofahrer kämpft man gegen die Müdigkeit auf dieser Strecke an. Wir halten deshalb immer an der Harris Ranch an, die 300 Kilometer südlich von San Francisco am I-5 in Coalinga liegt. Weit und breit gibt es nur Felder und plötzlich taucht aus dem Nichts die Ranch mit Restaurant, Hotel, Tesla-Aufladestation und Souvenirgeschäft auf. Das Restaurant ist riesig und hat drei verschiedene Bereiche; eine Bar, ein Steakhouse und noch ein weiteres Restaurant, wo sich meist die Familien mit Kindern tummeln, weil diese nicht in die Bar dürfen. Wir gehen in der Regel in die Bar, denn dort bekommt man schneller einen Tisch. Das Restaurant ist allerdings nichts für Vegetarier, denn hier gibt es saftige Sreaks in allen Ausführungen, was natürlich auch daran liegt, dass die Harris Ranch einer der größten Rindfleischhändler und --produzenten in Kalifornien ist. Seit 1937 befindet sie sich in Familienbesitz, ist also eine echte kalifornische Instutition.

Abbildung [15]: Auch Ende November konnte man in L.A. dieses Jahr noch baden.

Nachdem er Bauch dann voll ist, braucht man nochmal drei Stunden nach Los Angeles, voausgesetzt es gibt keinen Stau. Staus gehören in Los Angeles allerdings zum Alltag. Uns zog es dann wieder nach Venice Beach (Rundbrief 09/2013), einem Stadtteil von Los Angeles, der direkt am Ozean liegt und sich auszeichnet durch Lebenskünstler, Sonnenanbeter, Surfer, Alt-Hippies, gute Restaurants, dem Venice Beach Boardwalk, dem Muscle Beach, an dem schon Arnold Schwarzenegger seine Muskeln stählte, und einer Menge Obdachloser.

Abbildung [16]: In Los Angeles kann man durchaus mit dem Fahrrad fahren.

Venice Beach war bis 1926 selbständig, gehört jetzt allerdings zu Los Angeles. Wir kamen dieses Mal in einer schönen Ferienwohnung unter, die wir über "Vacational Rental By Owner" gemietet hatten. Sie lag nur 100m vom Strand entfernt. Die Ferienwohung ähnelte einem Loft und das Bett war nur über eine Leiter zu erreichen. Das wussten wir natürlich, als wir die Wohunung buchten, aber des nachts war die Kletterei dann doch etwas lästig und so lagen wir so manches Mal im Bett und überlegten es uns dreimal bevor wir runter auf Klo gingen. Die Besitzerin der Wohnung ist von Beruf Architektin und hat ihr Haus im hinteren Teil des Grundstücks. Die Ferienwohung war dann auch eingerichtet wie in einer Ausgabe von "Schöner Wohnen". Auch eine Dachterasse gab es exklusiv für uns, und da die Sonne nur so vom Himmel strahlte, saßen wir des öfteren über den Dächern von Venice Beach und genossen den Ausblick.

Abbildung [17]: Eine nette Ferienwohnung fast direkt am Strand.

Abbildung [18]: Das Bett ist allerdings nur über eine Leiter erreichbar.

Unsere Ferienwohunung bot auch zwei Fahrräder, die wir ausleihen durften. Los Angeles gilt ja als die totale Autostadt, was auch stimmt, aber wir sind immer wieder erstaunt, wieviele Fahrradwege es mittlerweile gibt, vor allen Dingen in den Stadtteilen oder Örtchen, die direkt am pazifischen Ozean liegen. Und es sind nicht nur Touristen auf den Drahteseln unterwegs, sondern ein buntes Gemisch aus Familien mit Kindern, Rennradfahrern und Sonntagsradlern.

Abbildung [19]: Auch beim Leihfahrrad besteht bei Angelika Helmpflicht.

Der Marvin-Braude-Fahrradweg, oder auch "The Strand" genannt, verläuft 22 Meilen (etwa 35 Kilometer) fast immer parallel zum Strand und erstreckt sich vom Will Rogers State Park in Pacific Palisades über Santa Monica, Venice Beach, Manhattan und Hermosa Beach bis zum Torrance Strand. Nur ein kleines Stück verlässt der Fahrradweg den Strand und die Radler müssen sich auf Seitenstraßen durch die Marina Del Rey schlängeln, aber auch hier führt fast über die ganze Strecke eine Fahrradspur, die von der Straße abgetrennt ist.

Abbildung [20]: Wohl einer der besten Surfer am Strand von Manhattan Beach.

Wir radelten den Weg sowohl nach Norden als auch noch Süden ab und entdeckten dabei das nette Küstenstädtchen Manhattan Beach. Zu Michaels Glück war der Ozean dort sehr zum Surfen geeignet und so fuhren wir noch zweimal mit dem Auto hin, Michael zog seinen aus San Francisco mitgebrachten Wetsuit an, lieh sich am Strand ein Surfboard aus und surfte mit den Einheimischen in den Wellen.

Sushi für Fortgeschrittene

Abbildung [21]: Immer wieder gut: Ein Besuch im "Sugarfish" in Santa Monica.

Michael Wer zu Besuch in Los Angeles ist, darf es nicht versäumen, die erstklassigen Sushi-Restaurants dort zu besuchen. Eine unserer Lieblingsadressen dort ist das "Sugarfish" in Santa Monica. Von Venice Beach aus fahren wir immer mit dem Auto dorthin, und immer zur Unzeit, wie zum Beispiel um drei Uhr nachmittags, weil sonst in dem Laden der Papst boxt und man stundenlang anstehen muss. Wir haben über die Jahrzehnte herausgefunden, dass man wochentags nachmittags entweder sofort einen Tisch bekommt oder höchstens zehn Minuten warten muss. Routiniert parken wir immer in der städtischen Garage 100 Meter weiter zum Schlagerpreis von zwei Dollar (Vorsicht, die Parkgarage direkt nebendran ist privat und teurer).

Zu gutem Sushi gehört ja, wie bereits in Rundbrief 09/2013 einmal ausgeführt, weit mehr als nur Fischstücke auf Reisbatzen zu legen. Erstmal ist es gar nicht so einfach, Reis zu kochen. Japanische Sushiköche verbringen ihr gesamtes erstes Lehrjahr damit, Reis zu kochen, an den Fisch lässt sie der Meister erst danach ran, wenn sie nicht schon vorher frustriert aufgegeben haben. Im Sugarfish verwenden sie extra harten Reis, den sie extra lange kochen müssen, hat mir mal einer der Angestellten dort erzählt, und er schmeckt ganz außergewöhnlich. Ich mag normalerweise Reis gar nicht so gern, aber Sushi-Reis (der mit Essig angemacht ist) und besonders den Sugarfish-Reis könnte ich ohne Ende in mich reinschaufeln.

Abbildung [22]: Interessanter Film zum Thema "Sushi".

Dann muss der Fisch natürlich fangfrisch sein und wird zur Zubereitung nicht etwa unpräpariert aufgeschnitten, sondern erst nachdem er auf alle möglichen Arten massiert, langsam leicht erwärmt und allerlei geheimen Ritualen unterworfen wurde. Serviert wird er bei Zimmertemperatur, kein Vergleich zum Supermarktsushi aus dem Kühlregal. Japanische Restaurants folgen teilweise richtig absurden Traditionen, die in einem modernen Land wie Amerika eigentlich verboten sein müssten. Erstens arbeiten in traditionellen Sushi-Restaurants nur Japaner hinterm Tresen. Es kommt praktisch nie vor, in teuren Sushiläden nicht-japanische Sushi-Chefs anzutreffen, eine rühmliche Ausnahme ist ein sehr gutes Restaurant bei uns um die Ecke in San Francisco, wo ein Südamerikaner zwischen japanischen Chefs Fisch auf Vorspeisenteller drapiert. Sushirollen darf er glaube ich aber (noch) nicht. Weiter gibt es so gut wie keine weiblichen Sushi-Chefs, weil die Japaner glauben, dass Frauen eine höhere Körpertemperatur als Männer haben, und angeblich den rohen Fisch durch Anfassen ruinieren. Kein Scheiß, das glauben die wirklich! Ich hab's aus dem Film "East Side Sushi" gelernt, in dem eine südamerikanische Köchin verzweifelt versucht, eine Anstellung in einem japanischen Restaurant zu finden, und dauernd abgelehnt wird, bis sie es schließlich durch enorme Ausdauer doch schafft.

Weiter teile ich Sushifreunde in drei Kategorien ein: Die einen, die denken, dass "California-Rolls" Sushi seien, die in Amerika populären Maki-Röllchen mit Avocado und Snow-Crab. Dann diejenigen, die sich zum Aal (Unagi) mit Teriyaki-Soße vorgewagt haben, und Hamachi (Yellowfin-Tunfisch) mögen oder Torro (der fettere Tunfischbauch). Und schließlich die Profis, die Fischrogen in verschiedenen Formen (Tobiko, Ikura) bestellen, sowie die Leber vom Seeteufel (Ankimo), und schließlich die Königin des Profi-Sushi, hergestellt aus den Geschlechtsdrüsen des Seeigels, genannt Uni (Abbildung #1).

Abbildung [23]: Sushi für Fortgeschrittene: Keimdrüsen eines Seeigels, genannt "Uni".

Uni schmeckt sehr außergewöhnlich, etwas moorig wie etwa der Schlamm an den Ufern der San Francisco Bay bei Ebbe, ein bisschen wie eine Auster aber sehr cremig und viel intensiver. Der Geschmack wirkt sehr lange, teilweise stundenlang nach, deswegen sollte man eine Portion (also zwei Batzen) Uni, die im Sugarfish etwa $15 kosten, immer am Ende eines opulenten Mahls konsumieren. Das Ganze wird am besten mit geschmacksneutralem japanischen Bier (Sapporo, Asahi, Kirin) hinuntergespült oder wahlweise mit lauwarmem oder kaltem Sake.

Koreatown

Abbildung [24]: Im Stadtteil Koreatown bietet Los Angeles alte Fassaden und würziges Grillfleisch.

MichaelIn San Francisco fahren wir so oft nach Japantown zum Essen, dass ich schon immer scherze, dass wir uns doch gleich in eines der Altenheime dort einmieten könnten. Neulich in Los Angeles suchten wir hingegen den Stadtteil Koreatown auf, in Insiderkreisen auch einfach "K-Town" genannt. Etwas südlich von Hollywood und etwas westlich von Downtown gelegen, zog das Vierteln in den 1960er-Jahren viele koreanische Immigranten an, die in den alten Art-Deco-Gebäuden dort Läden aufmachten. Bis heute findet man deshalb in Koreatown noch diese alten relativ gut erhaltenen Häuser aus den 1920ern.

Abbildung [25]: In einem Restaurant, das "Korean BBQ" serviert, wirft ein Koch den Grill am Tisch an.

Beim Koreanisches Essen ist neben dem scharf eingelegten Kraut "Kim-Chi" vor allem der Grillfleisch angesagt. Meist ist beim Korean-BBQ im Restauranttisch ein kleiner Gasgrill eingebaut, den der Ober anwirft, nachdem er die Bestellung aufgenommen und das georderte rohe Grillfleisch aufgetragen hat. In den besseren Restaurants kümmert sich der Ober ebenfalls ums Grillen, und wendet das Fleisch auf dem Rost, während er von Tisch zu Tisch springt. Dabei schätzen Koreaner vor allem von feinen Fettadern durchzogenes Rindfleisch, aber auch Hühnchen, Schweinefleisch und Spezialitäten wie Herz oder Zunge. In San Francisco oder auch der weiteren Bay Area gibt es nach Aussage koreanischer Gewährsleute keinen einzigen Laden, der auch nur annähernd authentisches Essen serviert, vielmehr wird man auf Los Angeles verwiesen.

Abbildung [26]: Im koreanischen BBQ-Restaurant "Quarters".

Wir fuhren, typisch für Los Angeles mit dem Auto, an einem Wochentag gegen halb drei Uhr nachmittags nach Koreatown, standen ein bisserl im Stau, parkten, und gingen schnurstracks in einen der angesehensten BBQ-Schuppen dort, das "Quarters". Trotz der ungewöhnlichen Stunde mussten wir 15 Minuten auf einen Tisch warten, am Abend, so stand es auf Yelp, beträgt die Wartezeit mehrere Stunden. Das Essen war sehr lecker, wir bestellten die Anfängerkombination aus Rind- und Schweinefleisch, und auf dem Tisch standen etwa 10 Töpfe mit kleinen Vorspeisen wie Kim-Chi oder eingelegten Gurken. Das Mittagsmahl kostete mit Getränken etwa $100, also in etwa das Preisniveau von San Francisco. Gegen Abend soll in der Bude der Bär abgehen, während junge Leute vor oder nach dem Besuch umliegender Clubs sich mit Grillfleisch stärken und dabei so laut quasseln, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Das glaube ich ungeprüft!

Grüße aus La-La-Land:

Angelika & Michael

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Letzte Änderung: 04-Jan-2018