08.07.2024   Deutsch English

Vorheriger
Rundbrief
  Rundbrief Nummer 154  
San Francisco, den 08.07.2024
Nächster
Rundbrief


Furchtlos fahren im Robotaxi

Michael berichtet live aus dem fahrerlosen Taxi.

Michael In Rundbrief 07/2023 hatte ich ja schonmal über unsere neuen Waymo-Robotaxis hier in San Francisco berichtet, aber bestellt hatte ich noch nie eines. Für euch daheim: Robotaxis sind diese selbstfahrenden Fahrzeuge, die wie andere Autos auch durch die Straßenschluchten San Franciscos kurven. Man kann sie ganz normal wie einen Uber bestellen und nutzen, nur dass kein Fahrer vorne sitzt, sondern ein Elektronengehirn von Google das Fahrzeug steuert, Pedale drückt und das Lenkrad wie von Zauberhand herumwirbelt.

Nun ist die Aufgabe dieser Publikation ja, die Welt über aktuelle Ereignisse hier in San Francisco in Atem zu halten, und so lud ich die "Waymo One" App herunter, ließ meine Kreditkarte hineinschlüpfen und bestellte flugs ein autonom fahrendes Taxi, als ich einmal zu faul war, einen Kilometer durch die Stadt zu einer angepeilten Wirtschaft zu laufen.

Abbildung [1]: Der Rundbrieftester steigt todesmutig in das Robotaxi ein.

An die weißen Waymo-Robotaxis, allesamt SUVs vom Typ "Jaguar F" mit einem gigantischen schnelldrehenden radarähnlichen Gismo auf dem Dach, haben sich die Einwohner San Franciscos mittlerweile gewöhnt und die meisten Leute akzeptieren sie als gleichberechtigte Straßenverkehrsteilnehmer, die überdurchschnittlich gut fahren. Anders als typische Autofahrer hier machen sie keine krassen Fehler beim Bedienen ihres Fahrzeugs, übersehen keine roten Ampeln und halten brav an jedem Stoppschild an. Dabei sind sie schwer auf zack, dödeln nicht rum weil sie am Telefon herumspielen und kommen schneller durch den Verkehr als unsere Schleicher. Und, wichtiger noch, sie sind leichter zu ertragen als unsere heißblütigen jugendlichen Raser, die allesamt nicht Autofahren können aber mächtig aufs Gas drücken.

Abbildung [2]: Die App "Waymo One" bucht die Fahrt ganz wie bei Uber

Deswegen hatte ich auch null Bedenken, in das selbstfahrende Auto einzusteigen. Nach etwa 10 Minuten fuhr das Fahrzeug vor, und auf der Telefon-App erschien ein Knopf zum Entriegeln der Tür. Ich drückte drauf, und hörte es schon an der Tür des Robotaxis schnackeln. Ich zog am Griff der hinteren Seitentür und öffnete diese. Wie in Amerika üblich stieg ich hinten ein, aber man dürfte auch vorne auf dem Beifahrersitz sitzen.

Ich zog die Tür zu und ließ mich auf die Rückbank plumpsen. Alles war ganz still und es ertönte eine leise irre Space-Musik, ähnlich wie im Besucherzentrum des Mormonentempels, den wir mal vor langer Zeit aufgesucht hatten. Eine freundliche Frauenstimme erklärte, dass dies sich zwar alles sehr futuristisch anmuten würde, aber ich mir keine Sorgen machen müsse, und die Fahrt genießen, aber die Finger vom Lenkrad lassen solle. Laut Ansage lässt die Betreiberfirma Waymo auch im Innenraum Kameras laufen, versichert aber, Gespräche von Fahrgästen oder deren operettenhaftes Geträller nicht zu belauschen.

Abbildung [3]: Der Spaß hat 11 Dollar gekostet.

Damit das Auto losfuhr, musste ich auf der App erst einen Startknopf drücken und dann einen Schieber über die Bildfläche ziehen. Dann ging's los, das Auto verließ die Parklücke und mischte sich in den fließenden Verkehr, sehr zügig und souverän. Es hielt ordnungsgemäß an roten Ampeln an und ließ Fußgängern beim Abbiegen vorbildlich die Vorfahrt. Meine Fahrt war nur sehr kurz und das Auto hielt am Fahrziel vorschriftsmäßig in einer Parkbucht an. Ich stieg aus, schloss die Tür und das war's. Trinkgeld gab's natürlich keines für den Roboter, obwohl er sich's verdient hätte!

Angeblich soll übrigens eine Robotaxifahrt in San Francisco der neueste Gag für Touristen aus aller Welt sein, und wer wollte da widersprechen! Unseren nächsten Besuchern werde ich eine Fahrt spendieren. Cable Car fahren, über die Golden Gate Bridge marschieren und jetzt auch noch ein Robotaxi bestellen, das gehört (neben unseren Geheimtipps in Rundbrief 12/2012) jetzt zum Standardprogramm für unsere hippen Besucher.

Angelika muss auf Jury Duty

Abbildung [4]: Auswahl der Juroren hinter verschlossenen Türen.

Angelika Ihr kennt es aus diversen amerikanischen Fernsehserien. 12 Geschworene entscheiden bei Gerichtsverfahren in den USA darüber, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Ruft das Gericht, muss man als amerikanischer Staatsbürger dieser Pflicht nachkommen. Ihr ahnt es schon. Im April kam ich in den Genuss, bei einem dieser Auswahlverfahren live dabei zu sein. Aber der Reihe nach.

Erstaunlicherweise ist es recht unwahrscheinlich, als Juror eingesetzt zu werden, denn Geschworene durchlaufen ein ausgeklügeltes und aufwendiges Auswahlverfahren. Bei Donald Trumps Gerichtsverfahren in New York habt ihr das vielleicht verfolgt, dass es wochenlang gedauert hat, bis die 12 Leute ausgewählt waren. Doch vorstellig werden muss man hin und wieder.

Abbildung [5]: Auf einer Postkarte kommt die Aufforderung zur Jury Duty

Im März flatterte also eine Postkarte vom "Superior Court" San Franciscos ins Haus, die mich darauf hinwies, dass ich mich ab 15. April bereit zu halten hätte, um eventuell auf einer Jury zu sitzen. Ich machte mir zunächst keine großen Gedanken darüber, denn nur in seltenen Fällen muss man überhaupt persönlich am Gericht erscheinen. Am Freitag vor der Woche mit dem Jury-Duty-Termin sollte ich laut Postkarte auf der Webseite des Gerichts nachsehen, ob weitere Anweisungen für meine Gruppe (eine dreistellige Nummer) vorlägen. Anrufen geht natürlich auch noch. Dann erhält der potentielle Juror die Instruktionen über das automatische Telefonsystem des Gerichts.

Abbildung [6]: Zunächst ist man "standby" und muss täglich anrufen.

Mögliche Szenarios sind dabei: 1) Der Juror wird der Pflicht entbunden. Die Gruppe, in der er ist, kommt nicht dran. 2) Er muss jeden Tag von Montag bis Freitag die Webseite oder per Telefon prüfen, ob er doch noch persönlich beim Gericht erscheinen muss. 3) Er muss persönlich erscheinen.

Am besagten Freitag waren wir noch im Urlaub. Als ich lässig auf die angegebene Webseite schaute, rieb ich mir dann doch erst einmal die Augen. Denn meine Gruppe stand dort eindeutig aufgelistet und Personen mit der Gruppennummer wurden aufgefordert, am Montag persönlich am Gericht, das sich in San Francisco in der Nähe des Rathauses befindet, zu erscheinen.

Ich kam dann doch etwas ins Rotieren. Denn ich musste zunächst bei der Arbeit Bescheid geben, dass ich Montag nach den Ferien erst einmal nicht auftauchen würde und auch noch nicht genau wüsste, wieviele Tage ich voraussichtlich fehlen würde, was nach über zwei Wochen Ferien natürlich immer gut ankommt.

Der Arbeitgeber muss einen übrigens für die Jury Duty freistellen, aber nicht unbedingt ein Gehalt zahlen währenddessen. Der Arbeitnehmer darf auch nicht wegen seiner Jury-Pflicht entlassen werden. Die Deutsche Schule, an der ich arbeite, zahlt bis zu 10 Tage das normale Gehalt weiter. Dauert ein Gerichtsverfahren länger als 10 Tage, hat man Pech gehabt. Das Gericht zahlt ab dem zweiten Tag eine Aufwandsentschädigung von $15 pro Tag, dazu zählen auch die Tage des Auswahlverfahrens. Allerdings verlangt unsere Schule, dass die $15 an die Schule abgetreten werden.

Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass das für viele ein echtes Problem ist, wenn kein Gehalt gezahlt wird während der Jury Duty. Es gibt deshalb Bestrebungen, die Aufwandsentschädigung auf $100 pro Tag zu erhöhen für diejenigen, bei denen der Arbeitgeber nicht zahlt. Denn die Jury soll ja die Bevölkerung repräsentieren und oft kriegen die Leute, die in schlecht bezahlten Jobs arbeiten, eher keine Lohnfortzahlung.

Allerdings will der Staat das Amt des Jurors auch nicht zu lukrativ machen, denn es wird als Bürgerpflicht und sogar als Privileg eines jeden amerikanischen Staatsbürgers angesehen. Übrigens kann jeder Staatsbürger einmal im Jahr aufgefordert werden, dieser Pflicht nachzukommen, wobei größere zeitliche Abstände die Norm sind.

Abbildung [7]: Das Gerichtsgebäude neben dem Rathaus in San Francisco

Auf jeden Fall machte ich mich an dem besagten Montag mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg zum Gericht. Fahrgeld ($6 pro Tag) bekommt übrigens jeder automatisch auch ab dem zweiten Tag erstattet. Ich war dann doch ein wenig aufgeregt, denn so etwas bekommt man nicht alle Tage geboten. Ich bin ja ein großer Fan der amerikanischen Serie "Law and Order" und war schon sehr gespannt, wie das Ganze in der Realität abläuft.

Abbildung [8]: Im Gerichtsgebäude, wo geht's hier zur Jury?

Als ich am Gericht ankam, hatte sich schon eine größere Schlange vor der Tür gebildet, was mich etwas verwunderte. Dann wurden die Türen geöffnet. Jeder ging wie am Flughafen durch den Sicherheitscheck. Man darf aber alles, auch Handy und Laptop, ins Gerichtsgebäude mit hineinnehmen. Komischerweise musste ich mich nicht ausweisen, sondern nur meine Jury-Duty-Postkarte per Barcode einscannen. Mein Name und meine Badgenummer erschienen dann auf dem Monitor. Dann durften wir uns alle in einer saalartigen Lobby versammeln.

Ich war erstaunt, wieviele Leute schon in dem Saal saßen. Dann hieß es erst einmal warten. Auf den Monitoren im Saal liefen Infos, wie zum Beispiel, wieviel Aufwandsentschädigung dem Einzelnen zusteht, dass potentielle Geschworene in San Francisco wohnen, mindestens 18 Jahre alt und die amerikanische Staatsbürgerschaft haben müssen. Zwei weitere Videos folgten. Eins erklärte, was es mit der Jury Duty auf sich hat und warum die Jury Duty eine wichtige Bürgerpflicht ist. In dem anderen ging es um indirekte Voreingenommenheit ("Implicit Bias"). Denn jeder Angeklagte soll ja ein faires Verfahren erhalten und nur aufgrund von Beweisen verurteilt werden.

Abbildung [9]: Warten, während Videos laufen.

Nach den Videos erschien eine Mitarbeiterin der zuständigen Richterin und fragte erst einmal die Anwesenheitsliste ab. Nach dem Abarbeiten einiger weiterer bürokratischer Dinge kündigte diese die Richterin hoch feierlich an und forderte alle im Saal auf, aufzustehen. Die Richterin war Kathleen A. Kelly, lustigerweise eine Nichte unseres früheren Gouverneurs Jerry Brown. Sie begrüßte alle und hielt eine kurze Rede darüber, wie wichtig die Aufgabe des Jurors ist im amerikanischen Rechtsstaat. Dann mussten wir wieder alle aufstehen und unsere rechte Hand heben zum Einschwören.

Anschließend gab die Richterin einige Details über den anstehenden Fall bekannt. Sie erklärte, dass es sich um ein ziviles Verfahren handelte, das ungefähr 3 Wochen (gurgel) dauern würde. Allerdings wäre sie mittwochs immer nicht da, weil sie anderweitige Verpflichtungen habe. Zum Schluß sagte sie noch, dass wir morgen wieder alle zu erscheinen hätten, denn dann fing das eigentliche Jury-Auswahlverfahren an. Alle, die keinen Härtefall beantragen wollten, dürften jetzt nach Hause gehen. Härtefälle sind diejenigen, die von der Jury-Duty-Pflicht befreit werden können. Laut Richterin prüft sie diese Einzelfälle aber sorgfältig und gewährt eine Befreiung nur in Ausnahmefällen. Nicht zur Arbeit gehen zu können gilt nicht als Härtefall. Geschäftsreisen können unter Umständen verlegt werden. Triftige Gründe, um von der Jury-Duty-Pflicht befreit zu werden, sind zum Beispiel medizinischer Art oder wichtige Prüfungen bei Studenten.

Am nächsten morgen erschien ich wieder um neun Uhr am Gericht. Wieder hieß es warten, und zwar dieses Mal vor der Tür eines Gerichtssaals. Die Gerichtsangestellte von gestern erschien dann Punkt neun Uhr. Sie hatte erneut ihre riesige Liste mit Namen dabei, die sie erst einmal durcharbeitete. Jeder musste "Here" oder "Present" sagen, wenn der eigene Name fiel. Nicht jeder war anwesend, was die Dame nicht erfreute. Es standen geschätzt hundert Leute vor der Tür.

Anschließend rief sie 24 der 100 Leute noch einmal per Namen auf. Dieses waren die potentiellen Geschworenen, die als erstes befragt wurden, vom Zufallsprinzip bestimmt. Die Angestellte fordert jeden dieser 24 auf, sich auf einen zugewiesenen Platz in der Jury Box zu setzen. Nummern hingen dafür über den Stühlen in der Box. Dann gab es noch Stühle vor der nur 12 Personen fassenden Box, da es ja 24 Personen waren.

Abbildung [10]: Von 100 Einberufenen werden nur 12 ausgewählt.

Wir anderen wurden auf die Stühle im Publikum verfrachtet. Wieder hieß es aufstehen, denn die Richterin erschien. Nach der Begrüßung erklärte sie noch einmal die wichtige Rolle, die jeder Juror hat. Dann stellte sie alle Parteien vor: Kläger, Angeklagter und die Rechtsanwälte beider Parteien, die auch im Gerichtssaal anwesend waren. Der Rechtsanwalt des Klägers und der Rechtsanwalt des Angeklagten hielten jeweils eine kurze 3-minütige Eröffnungsrede ("Opening Statement") und umrissen, um was es bei dem Fall ging.

Der Kläger mit dem Nachnamen Kukushkin war ein amerikanischer ukrainischer Investor, der 1 Million Dollars in einen Cannabis Laden ("Med Thrive") in San Francisco investiert hatte, mit einem weiteren russischen Investor. Der Kläger velangte, dass das investierte Geld zurückgezahlt wird, da es nach seiner Darstellung veruntreut wurde. Die Richterin wies uns an, dass nun keiner im Publikum am Telefon oder Laptop sein durfte und die folgende Befragung der vorher ausgewählten Juroren aufmerksam zu verfolgen sei. Man solle nur in den Pausen den Gerichtssaal verlassen oder per Handzeichen mitteilen, dass man zum Beispiel aufs Klo müsste. Auch durfte man den Fall nicht im Internet recherchieren, das googeln der Namen war verboten.

Auch untereinander durften wir nicht über den Fall sprechen oder auf sozialen Medien posten. Nun begann die Fragestunde. In meiner Naivität hatte ich gedacht, dass ein paar Fragen an die einzelnen Juroren gestellt werden, dann einige rausfallen und die nächste Gruppe dran kommt. Dem ist aber nicht so. Die Gruppe der 24 wird regelrecht auf Herz und Nieren geprüft. Der Prozess zieht sich stundenlang hin.

Erst fragte die Richterin, dann der Rechtsanwalt des Klägers und schließlich der des Angeklagten. Die Richterin stellte zunächst allgemeinere Fragen, wie zum Beispiel ob jemand der 24 die beteiligten Parteien (Kläger, Angeklagter oder auch die Rechtsanwälte) kenne und deshalb befangen sei. Die 24 Auserwählten mussten ihren Namen sagen, wie lange sie schon in San Francisco wohnen, wer mit ihnen im Haushalt wohnt (Ehepartner, Kinder undsoweiter), welchen Beruf sie haben oder in welchem Bereich sie arbeiten, ob sie schon einmal auf einer Jury waren, ob es in dem Verfahren zu einem Urteil gekommen war, und ob es sich dabei um einen zivilen oder strafrechtlichen Fall gehandelt hatte.

Sie erklärte, dass es Unterschiede zwischen diesen beiden Verfahrensarten gibt, wie etwa die Notwendigkeit der geringeren Beweislast im zivilen Verfahren und ob dies für die Leute, die schon einmal bei einem Strafverfahren mitgemacht haben, ein Problem wäre. Die Rechtsanwälte stellten dann mehr spezifische Fragen zum aktuellen Fall, wobei sie nie ins Detail gingen. Es ging viel darum, ob potentielle Juroren schon einmal Firmeninhaber waren, was sie von Verträgen hielten und ob auch mündliche Absprachen für sie Gültigkeit hätten. Wie sie zu Zeugen stünden, die vorbestraft sind. Was sie von Canabisläden im Allgemeinen und im Besonderen in ihrem Wohnviertel halten. Wie sie zu russischen Investoren in den USA stünden.

Der Rechtsanwalt des Klägers hatte dabei eine interessante Fragetechnik parat. Er konfrontierte die potentiellen Juroren mit allen möglichen Sprichwörtern und fragte sie, wie sie zu diesen stehen: "Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame on me." (Täusche mich einmal, Schande über dich. Halte mich zweimal zum Narren, Schande über mich.) oder "Buyer Beware." (Käufer pass auf.).

Die Befragung zog sich mehrere Stunden hin. Dann gab es eine Pause und das Auswahlverfahren trat in die nächste Phase ein. Alle Parteien, also sowohl die Richterin und die beiden Rechtsanwälte, durften nun Personen aus der Gruppe der 24 ablehnen. Die Richterin entließ eigentlich nur die, die persönlich an sie heran getreten waren, wie zum Beispiel einen potenziellen Juroren, der sich wegen der Komplexität des Falles und seiner nur mittelmäßigen Englischkenntnisse nicht zutraute, auf der Geschworenenbank zu sitzen. Eine andere erklärte sich selbst für befangen, weil sie ursprünglich aus der Ukraine kam.

Abbildung [11]: Juror Nummer drei macht Rabbatz im Film "Twelve Angry Men"

Bei den Rechtsanwälten ließ sich teilweise gut nachvollziehen, warum sie wen ablehnten, obwohl sie dies nicht öffentlich sagten. Bei anderen war es mir nicht so klar. Schließlich und endlich waren dann die Zwölf ausgesucht. Aber halt stopp, jetzt waren ja noch die Ersatzschöffen zu bestimmen, denn schließlich könnte jemand krank werden. Sechs weitere Namen wurden aufgerufen und die Personen vor der Jury-Box platziert. Die Befragung ging dieses Mal allerdings zügig voran und drei von den sechs wurden flugs zu Ersatzjuroren ernannt.

Ich war schon ein wenig traurig, dass ich weder befragt wurde noch den Fall weiter als Juror verfolgen konnte. Allerdings durfte ich jetzt die Beteiligten googeln. Es stellte sich heraus, dass der Kläger Kukushkin schon einmal ein Jahr im Gefängnis gesessen hatte, weil er Geld von russischen Investoren an US-Politiker zur Wahlkampffinanzierung weitergeleitet hatte, in der Hoffnung, im Gegenzug Lizenzen für Cannabisläden zu erhalten. In den USA ist es illegal, dass Wahlkämpfe mit Geldern aus dem Ausland finanziert werden. Einer seiner Kumpels, der auch noch mit Rudy Giuliani verbandelt war, wurde ebenfalls verknackt. Was für ein Fall! Das Urteil ist übrigens mittlerweile gefallen. Ich kann aber leider im Internet nicht herausfinden, welche Partei den Fall gewann.

Neues Auto: Cybertruck

Abbildung [12]: Neues Auto: Teslas Cybertruck

Michael Wer mich als alten Autonarren kennt, weiß natürlich, dass es nur eine Frage der Zeit war, bevor ich Elon Musks Cybertruck kaufen würde. Wirklich? Das Foto oben habe ich schätzungsweise an mindestens 10 Freunde versandt, von denen jeder Einzelne zu hundert Prozent überzeugt davon war, dass ich den Verstand verloren und das Cybermobil gekauft hätte. Okay, natürlich ist mir alles zuzutrauen, aber nur soviel: Ich habe noch nie im Leben ein neues Auto bei einem Händler gekauft, sondern immer nur Gebrauchte aus Privathand. Und seit ein paar Jahrzehnten liegt mein Herz bei hochdrehenden Honda-Motoren und japanischem Design aus den 90ern. So gut kennt ihr mich also!

Abbildung [13]: Durchaus ein Hingucker auf der Autobahn.

Aber so ab Anfang Mai 2024 konnte man die ersten Cybertrucks auf den Straßen von San Francisco beobachten, frisch vom Fließband der Tesla-Fabrik. Das Auto ist schon ein Hingucker, das muss man ihm lassen. Als ich zum ersten Mal auf dem Freeway einen neben mir herfahren sah, ist es sogar möglich, dass ich ihn verbotenenerweise mit dem Handy gefilmt habe!

Abbildung [14]: Die Nachbarn renken sich die Hälse aus nach dem Cybertruck.

Aber egal wie sinnvoll das am Ende wäre, einen zu kaufen (eher gleich Null), es illustriert wieder einmal, warum es eine gute Entscheidung ist, hier in Kalifornien und nicht in Deutschland zu leben: Egal wie kaputt und verrückt alles momentan scheint, wir leben in der Zukunft und nehmen lediglich vorweg, was eines fernen Tages nach Deutschland schwappt. Ich bin lieber Erster.

Buchtipp: König der Hobos

Abbildung [15]: Ein Spitzenbuch über Hobos in Amerika

Michael Aufmerksame Rundbriefleser wissen bereits, was ein Hobo ist: Wie in Rundbrief 11/2021 schonmal ausgeführt sind das Landstreicher, die auf Frachtzügen illegal quer durch Amerika reisen. Nun hatte ich in der alten Rundbriefausgabe erklärt, warum mich diese Art des Reisens fasziniert, aber das Hobby nach dem Unfalltod von "Stobe the Hobo" irgendwie ad acta gelegt. Aus heiterem Himmel machte mich nun aber kürzlich ein amerikanischer Bekannter auf ein deutsches Buch zum Thema "Hobos" aufmerksam, das er wegen einer Sprachbarriere nicht lesen konnte.

Flugs kaufte ich "König der Hobos" von Fredy Gareis als Kindle-Ausgabe auf dem amerikanischen Amazon und ich muss sagen, dass mich selten ein Buch so gefesselt und zum Weiterlesen angetrieben hat. Gareis ist angeblich Journalist aus Deutschland, der in Amerika ein paar Monate damit verbracht hat, mit Hobos durchs Land zu reisen und seine Erlebnisse in Buchform festzuhalten.

Abbildung [16]: Ein sogenannter Foamer fotografiert den durchfahrenden Güterzug

Dabei freundete er sich mit der Hobo-Celebrity "Shoestring" an und begleitete den Hardcore-Penner auf Frachtzug-Trips durch die endlosen Weiten Amerikas, die sich Shoestring durch Betteln an Supermarkteingängen in Kleinstädten auf Zwischenstationen finanzierte. Ohne Frage eine kaputte Welt! Aber das Buch ist sehr spannend zu lesen, und sei hierbei dringenst zum Kauf empfohlen!

Charleston und Savannah

Abbildung [17]: South Carolinas traditionelles Nummernschild

Angelika Schon lange wollte ich die Südstaaten der USA bereisen, und zwar genauer gesagt Charleston in South Carolina. Ich interessiere mich nicht nur für Geschichte sondern auch für Städte, die Geschichten erzählen können, also Orte mit Charme und alten architektonisch interessanten Gebäuden. An der Westküste der USA findet sich derlei kaum.

Abbildung [18]: Typischer Baustil im Südosten der USA.

Die Ostküste bietet in dieser Hinsicht schon wesentlich mehr. Bei der Reisevorbereitung wurde mir schnell klar, dass wir uns nicht nur Charleston sondern auch Savannah anschauen sollten. Savannah liegt zwar nur 150km südlich von Charleston, aber doch schon wieder in einem anderen Bundesstaat, nämlich in Georgia.

Abbildung [19]: Alte Häuser und schwere Pickups in Charleston, South Carolina.

Abbildung [20]: Im Süden wohnt ein rustikaler Menschenschlag.

Es scheiden sich die Geister, ob nun Charleston oder Savannah schöner ist. Beide bieten viel und Ähnliches, letztlich ist es Geschmackssache, doch beide sind einen Besuch wert. Charleston ist etwas älter und etwas größer als Savannah. Es wurde 1670 gegründet und hat mittlerweile etwas über 150.000 Einwohner, während Savannah erst 1733 entstand und jetzt mit 147.780 Einwohnern aufwartet.

Abbildung [21]: Urwald und Sümpfe zur Genüge.

Durch meine Anstellung an der deutschen Schule verfüge ich jetzt nicht mehr nur über eine Woche Osterferien, sondern gleich zwei, wie im deutschen Schulsystem üblich. Das war perfekt für unseren Südstaatenurlaub. Wir flogen über Charlotte in North Carolina nach Charleston in South Carolina ein, blieben zunächst einige Tage dort, bevor es weiter nach Savannah ging, und dann schließlich weiter an die Küste nach Jekyll Island.

Abbildung [22]: Pompöses altes Herrschaftshaus in Charleston.

Auf uns wirkte Charleston touristischer als Savannah. Es fielen gleich die Pferdekutschen auf, die Touristen durch den historischen Teil kutschierten. Die Altstadt bietet wunderschöne alte, liebvoll restaurierte Gebäude, und teilweise Straßen mit Kopfsteinpflaster. Schließlich ist das 1670 gegründete Charleston eine der älteren amerikanischen Städte. Die Geschichte der Stadt spiegeln die unterschiedlichen architektonischen Stile wieder. Gefühlt gibt es an jeder Ecke eine Kirche, manchmal auch zwei. Die Nähe zum Atlantischen Ozean sorgt für hohe Luftfeuchtigkeit und ein mildes (aber im Sommer heißes) Klima.

Abbildung [23]: Bei Regen überschwemmt's die Straßen von Savannah.

Abbildung [24]: Schnappschuss durch ein Frisörfenster

Savannah steht Charleston architektonisch nicht nach. Was besonders charmant ist in Savannah sind die vielen Plätze und Parks, die an Paris erinnern und die Stadt besonders grün erscheinen lassen. Was in Charleston die Kirchen, sind in Savannah die alten historische Friedhöfe, über die sich schön streunen lässt. Der Bonaventure-Friedhof, der etwas außerhalb des Stadtzentrums liegt, hat mir besonders gut gefallen. Er ist 40 Hektar groß, und viele der Grabstätten sind mehr als 100 Jahre alt.

Abbildung [25]: Alter Friedhof in Savannah.

Ich traf dort auf einen netten Mann, der mir gleich bereitwillig etwas über die alten historischen Gräber erzählte. Er verfügte über enormes Wissen. Als ich diesbezüglich nachfragte, erzählte er mir, dass er sich für Geschichte und Friedhöfe interessiere und oft mit seinem Hund über den Friedhof laufe, um Touristen sein Wissen zu vermitteln. Ihr seht schon, Geschichte ist immer präsent in Charleston und Savannah.

Abbildung [26]: Typisches Südstaaten-BBQ.

Kulinarisch geht es in den Südstaaten eher rustikal zu, verschmortes Barbeque-Rindfleisch mit Krautsalat ist legendär, zart und rauchig. Michael hatte es auch "Shrimp and Grits" angetan, Garnelen auf Grießbrei. Dann natürlich frische Austern und Fisch, und selbst moderne Luxusküche probierten wir aus.

Abbildung [27]: In diesen Häuschen wohnten früher die Sklaven.

Die Südstaaten der USA kennt man auch durch den dort bis 1865 schwunghaft geführten Sklavenhandel und den damit verknüpften amerikanischen Bürgerkrieg. Die Aufarbeitung der Sklaverei ist immer noch ein heikles Thema, und es wird viel um das Wie gestritten, gerade in den Südstaaten. Auch Charleston und Savannah hat einige Museen und Stätten, die den damaligen Sklavenhandel thematisieren und versuchen aufzuarbeiten. In der Nähe von Charleston besuchten wir eine alte Baumwollplantage, die McLeod Plantation. Dort wird den Besuchern die Geschichte der Plantage aus der Perspektive der Sklaven näher gebracht. Sehr interessant!

Abbildung [28]: Baumwolle zu pflücken ist harte Arbeit.

Abbildung [29]: Mit einem Boot fahren wir durch den Okefenooke-Sumpf.

Angelika Mystische Landschaften, in denen eine gewisse Nostalgie mitschwingt, ziehen mich magisch an. Die Südstaaten der USA haben diesbezüglich einiges zu bieten. In Charleston und besonders in Savannah gibt es ganze Alleen mit uralten Eichenbäumen, die ihre Äste ausladend ausbreiten und wohltuenden Schatten spenden. Von den Ästen hängt dann üppig das sogenannte spanische Moos, das typisch für diese Region ist und den Eichen einen ganz eigenen Charakter verleiht. Die Eichenbäume sind eine ganz besondere Sorte, auf Englisch "Live Oak" genannt, da die Bäume ihre Blätter im Herbst nicht verlieren.

Abbildung [30]: Michael deutet auf einen Alligator im Wasser.

Von meiner Lieblingsfotografin Sally Mann gibt es ein wunderschönes Fotobuch mit dem Titel "Deep South". Sally Mann fängt wie keine andere die Stimmung dieser geschichtsträchtigen Landschaft ein und fotografierte für ihr Projekt wie immer mit alten antiken Kameras. Und ein weiteres Buch erweckte in mir die Sehnsucht, die Südstaaten der USA genauer zu erkunden, nämlich "Where the Crawdads Sing" ("Der Gesang der Flusskrebse"), in dem die Protagonistin Kya allein auf sich gestellt in der Sumpf- und Marschland der Südstaaten (North Carolina) lebt. Die Landschaft ist prägend für das Mädchen und mir gefielen die Sätze, die beschreiben, wie sie mit ihrem Boot durch die Marschlandschaft gleitet.

Abbildung [31]: Mitten auf unserem Wanderweg: Ein Alligator

Nun besteht natürlich immer die Gefahr, dass die im Kopf zurecht gelegten Bilder dann nicht der Wirklichkeit entsprechen, aber ich muss sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde. Der Okefenokee Sumpf, der in Georgia ganz nah an der Grenze zu Florida liegt, übertraf alle unsere Erwartungen. Wir sahen Bäume, die aus dem Wasser ragten und nur durch ihr besonderes Wurzelgeflecht bedingt nicht davon schwimmen. Alligatoren lugten aus dem Wasser und Eulen beäugten uns mißtrauisch aus den Baumkronen. Im Sumpf entdeckten wir riesige fußballfeldgroße Flächen mit Wasserlilien soweit das Auge reichte, samt anderen Wasserpflanzen, die wir noch nie in unserem Leben gesehen hatten. Ich hätte mich null darüber gewundert, wenn uns plötzlich ein Dinosaurier begegnet wäre.

Abbildung [32]: Eule im Sumpf

Die Sumpflandschaft erschließt sich einem nur, wenn man sie per Boot erkundet, was wir natürlich taten. Man kann sich auch Kajaks leihen und selber durch den Sumpf paddeln, aber für den Anfang entschlossen wir uns doch für eine geführte Bootstour. Die Boote waren klein genug, dass wir uns nicht wie in einer Massentourismusveranstaltung fühlten. Unser Bootsführer war ein netter junger Mann und völliger Outdoor-Enthusiast. Bald stellte sich heraus, dass er als kleiner Junge immer seine Sommerferien in dem "Okefenokee Swamp" verbracht hatte, da sein Großvater hier Ranger war.

Abbildung [33]: Ein Vogel auf einem Baumstamm im Sumpf.

Sein Großvater war völlig eingenommen von der Schönheit und der Besonderheit dieser Landschaft und übertrug diese Begeisterung auf seinen Enkel, der dann als Erwachsener beschloss, von Chicago wieder in den "Okefenokee Swamp" zurückzukehren. Dass diese einzigartige Sumpflandschaft nicht dem Wahn und der Gier der Holzindustrie zum Opfer gefallen ist oder gar trockengelegt wurde, ist übrigens nur der Weitsicht von Präsident Roosevelt zu verdanken, der Okefenokee 1937 unter Naturschutz stellte.

Barrier Islands

Angelika Neben Marsch- und Sumpflandschaften warten die Bundesstaaten Georgia und South Carolina auch mit diversen Inseln auf, die langgestreckt parallel zum Festland liegen und somit eine Barriere zwischen Atlantischem Ozean und eben diesem Festland bilden. Sie heißen deswegen schlicht "Barrier Islands". Einige sind durch Brücken angekoppelt und auch recht dicht besiedelt, andere, wie Cumberland Island, sind nur per Fähre zu erreichen und praktisch unbewohnt.

Abbildung [34]: Auf der Terasse mit Fliegennetz kann man abends schön sitzen.

Treue Rundbriefleser hatten uns Jekyll Island in Georgia empfohlen. So mieteten wir uns ein Airbnb in dem nicht weit von Jekyll Island entferntem kleinen Städtchen Brunswick. Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich so gewisse Bilder im Kopf hatte, wie ich mir die Marschlandschaften vorstellte. Als ich dann ein Haus auf Airbnb in Brunswick ein bisschen außerhalb vom Stadtzentrum fand, das genau diesen Bildern entsprach, gab es kein Halten mehr. Das Haus war nicht nur riesig, sondern auch zu einem vernünftigen Preis zu mieten. Das Beste war die Veranda, die gleich an die Küche anschloss, und einen Wahnsinnsausblick auf die dem Garten vorgelagerte Marschlandschaft hatte.

Wir aßen jede Mahlzeit auf der Veranda und genossen die fantastischen Sonnenuntergänge. Michael kam gleich ins Schwärmen, dass er auf der Veranda sitzend ein Buch schreiben könnte. Allerdings musste er diese Pläne zunächst aufschieben, da wir uns ja die Gegend anschauen wollten. Die Insel Jekyll Island gehört dem Bundesstaat Georgia. Fährt man auf die mit einer Brücke verbundenen Insel auf, muss man jedes Mal $10 Eintritt zahlen. Aber es lohnt sich.

Abbildung [35]: Angelika am Driftwood Beach auf Jekyll Island.

Abbildung [36]: Auch am Driftwood Beach auf Jekyll Island geht die Sonne im Westen unter.

Uns faszinierten vor allen Dingen die Strände, an denen wir stundenlang spazieren gingen und nur wenig Menschen sahen, dafür aber Fischreiher, kleine Schildkröten und riesige Muscheln fanden. Unsere beiden Favoriten waren: St. Andrews Beach an der Südspitze der Insel und der Driftwood Beach (also Treibholzstrand) in der nördlichen Ecke. An dem Strand liegen und stehen Hunderte von entwurzelten Bäumen und Baumstämmen, die wie Skulpturen aussehen und dem Strand eine surreale Note verleihen und das Herz eines jeden Fotografen höherschlagen lassen.

Abbildung [37]: Kaum Touristen am St. Andrews-Strand.

Der Name des Strandes ist etwas missverständlich, denn bei den Bäumen handelt es sich nicht um an den Strand geschwemmtes Treibholz. Im Gegenteil, die über Jahrzehnte stattfindende Erosion hat Bäume entwurzelt, die Teil eines Waldes waren. Da die Tide nicht hoch genug ist an dem Strand, um die Bäume aufs Meer hinaus zu tragen, blieben sie einfach am Strand stehen oder eben liegen. Sonne, Salz und Wind blichen und schmirgelten die Bäume ab, sodass der skulpturenartige Eindruck entsteht.

Abbildung [38]: Irre Muscheln findet man direkt am Strand.

Abbildung [39]: Fischreiher in freier Wildbahn am Strand.

Jekyll Island ist natürlich auch eine Ferieninsel. Es gibt Restaurants, Hotels, Ferienwohnungen und Geschäfte und einen alten historischen Teil mit geräumigen alten Villen, der mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Wie kamen die Villen auf die Inseln? Reiche und berühmte amerikanische Familien wie J.P. Morgan, Joseph Pulitzer, William K. Vanderbilt und Marshall Field wollten Jekyll Island als Winterzufluchtsort nutzen und traten dem exklusiven Jekyll Island Club bei, der 1886 die Insel für diesen Zweck kaufte. Das imposante Clubhaus ist mittlerweile ein Hotel. Durch die wirtschaftlichen und weltpolitischen Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs bedingt schloss der Jekyll Island Club aber 1942 seine Tore. 1947 kaufte dann der Bundesstaat Georgia die Insel, um sicherzustellen, dass auch heute noch jeder Jekyll Island genießen kann.

Dattel-Mania

Abbildung [40]: 5 Pfund Datteln für 20 Dollar vom Straßenstand.

Michael Als wir vor einiger Zeit im südlichsten Süden Kaliforniens unterwegs waren, fiel uns abseits der Straße ein Palmenhain auf, der sich als Plantage für die Dattelernte herausstellte. An der nächsten Seitenstraße fuhren wir rechts ab, und dort stand am Straßenrand in der prallen Sonne ein Dattelmann, dessen Gesicht vom vielen in-der-Sonne-stehen auch schon ganz dattelförmige Falten hatte.

Abbildung [41]: Nach einer Woche war die Schachtel leer.

Bekanntlich bin ich ja ein ausgesprochener Dattelfreund und hielt am Straßenrand an, um die Lage auszubaldowern. Ich stieg aus, näherte mich dem Tapeziertisch, auf dem der Mann riesige rote Schachteln aufgestapelt hatte. Wortlos bot er mir eine offene Schachtel an, ich pickte eine Dattel mit den Fingern heraus und aß sie. "How much?" fragte ich, und der Mann sagte "20 Dollars!" und ich fischte einen Zwanziger aus meiner Hosentasche, gab ihn dem Mann und bekam eine volle Schachtel überreicht. Ich kann euch sagen, das waren die besten Datteln der Nordhalbkugel. Die Medjool-Dattel ist die ja Königin der Datteln, und wer sie frisch bekommt, sollte sofort zuschlagen. Die fünf Pfund waren in einer Woche weg. Angelika hatte schon Bedenken geäußert, dass mir bald Mund oder Magen zusammenpappen würden.

Abbildung [42]: Auf Youtube zeigt ein Video die Dattelernte von A bis Z.

Die Medjool-Datteln waren dunkelbraun und fleischig und saftig, und wohl erst kurz zuvor geerntet worden. Wenn man Datteln bei uns im Supermarkt kauft, schauen sie zu 95% hellbraun und schrumpelig aus der Packung. Und schaut man aufs Packdatum, liegt das meist einen Monat zurück. Logisch, dass da der Schrumpelprozess einsetzt, Finger weg!

Der Anbau von Datteln in Plantagen ist übrigens eine Wissenschaft für sich, wie ich kürzlich in einem Youtube-Video gelernt habe. Nicht nur werden hunderte Palmen von Menschenhand und Maschinen mit Pollen bestäubt, und bis eine Palme Früchte trägt können schon mal sechs, sieben Jahre vergehen, sondern zur Erntezeit fahren spezielle Rüttler durch die Gassen der Plantage, docken an jedem Palmentstamm an, und zwei riesige Greifer rütteln die Palme, damit die reifen Datteln herunter in aufgespannte Netze fallen. Eine einzige ausgewachsene Palme liefert pro Saison bis zu 75kg Datteln, die nach der Ernte in riesigen Hallen auf Förderbändern herumsausen, wo Arbeiter die faulen aussortieren und anschließend spezielle Roboter die guten in Plastikschachteln verpacken, in denen man sie später im Supermarkt sieht. Aber, wie gesagt, Augen auf beim Dattelkauf!

Topp-Produkt: Zugsalbe "Prid"

Abbildung [43]: Die Zugsalbe "Prid" gegen eingefahrene Holzsplitter.

Michael Beim Arbeiten mit Holz habe ich mir trotz aller Vorsicht schon das ein oder andere Mal einen Spreißel eingezogen. Für diese Holzsplitter, die unter die Haut fahren und oft schwer wieder rauszukriegen sind, scheint es einen Haufen regional unterschiedlicher Ausdrücke zu geben, der Münchner sagt zum Beispiel "Schiefer", der Augsburger "Spelten". Egal, jedenfalls kann man versuchen, den unter die Haut gefahrenen Holzsplitter mit einer Pinzette herauszuziehen, aber das klappt nicht immer, weil das Teil entweder nicht mehr herausspitzelt oder beim Herausziehen abbricht.

Die nächste Eskalationsstufe ist dann, mit Hilfe einer abgeglühten Nähnadel die Hornhaut um die Einfahrstelle herum aufzurauhen, um so hoffentlich einen Teil des Splitters freizulegen und dessen Spitze dann mit einer Pinzette zu packen. Aber wenn auch das nicht klappt, was nun? Aus Kindertagen war mit aus Deutschland die sogenannte Zugsalbe bekannt, allerdings hatte ich die eher als Hokuspokus in Erinnernung.

Abbildung [44]: Eingezogene Holzsplitter können sehr schmerzhaft sein.

Eines Tages spürte ich nun einen hartnäckigen kleiner Splitter in meiner Fingerkuppe und suchte nach Lösungen. Durch Zufall fand ich bei Amazon eine sogenannte "Drawing Salve" namens "Prid" und bestellte sie. Beim Öffnen des Mini-Döschens schlug mir ein interessanter Geruch entgegen, ein Bouquet aus flüssigem Teer, Sanddorn und vielleicht Karamel?

Ich trug einen Batzen der Schlotze auf die Haut an Stelle auf, in die der Splitter eingefahren war, machte ein Pflaster drauf und, siehe da, am nächsten Morgen lag der Splitter im Polster des Pflasters. Ein Wunderwerk der Medizin! Seitdem habe ich immer ein Döschen Prid im Medizinschrank und auch auf unserer Reiseliste darf sie nicht fehlen. Topp-Produkt!

Aus für die BBG zur Staatsbürgerschaft

Abbildung [45]: Ab 27.06.2024 überflüssig: die BBG.

Michael Wisst ihr noch, wie wir in Rundbrief 11/2022 lang und breit ausgeführt haben, mit welchem Aufwand wir die deutsche Staatsbürgerschaft beibehielten, als wir die US-Staatsbürgerschaft annahmen? Damals mussten wir das schriftlich auf dutzenden Seiten begründen, mehrere Riemen an Dokumenten einreichen, ein Jahr auf die Genehmigung der sogenannten Beibehaltungsgenehmigung (BBG) warten, und dann noch 200 Dollar ans Konsulat zahlen. Ab 27.06.2024 fällt dieser Schritt nun komplett weg.

Und das kam so: Die "Ampel", also die Regierungskoalition in Deutschland, hat schon 2023 beschlossen, dass Fachkräftemangel herrscht und dass deswegen Einwanderer nach Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft auf dem kurzen Dienstweg annehmen können, ohne ihre eigene aufzugeben. Der im Staatsangehörigkeitsrecht verankerte "Grundsatz der Vermeidung der Doppelstaatsangehörigkeit" wurde hastig aufgegeben.

Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings für Deutsche, die im Ausland ihre Zelte aufschlagen, dass sie einfach eine (oder mehrere) fremdländische Staatsbürgerschaften annehmen dürfen, ohne die deutsche aufzugeben. Der Stempel des BBG-Beamten ist dazu nicht mehr notwendig. Wäre ich Detlef Schrempf, der ja vor vielen Jahren seine Staatsbürgerschaft durch einen Verstoß gegen die Regel verloren hat, würde ich mal am Konsulat anrufen. Wir kennen auch schon dutzende Deutsche in San Francisco und Umgebung, die ihre US-Staatsbürgerschaft nun beschleunigt auf den Weg bringen.

Wer übrigens meint, auf ein paar Tage käme es schon nicht an, irrt sich und liest lieber das Infoblatt des Konsulats durch, auf dem steht, dass wer die US-Staatsbürgerschaft ohne BBG vor dem Stichtag am 27.06.2024 bekommt, immer noch die deutsche Staatsbürgerschaft automatisch verliert. Ordnung muss sein!

Grüße aus der unordentlichen Stadt:

Angelika und Michael

PDF Drucken
RSS Feed
Mailing Liste
Impressum
Mike Schilli Monologues


Auf die Email-Liste setzen

Der Rundbrief erscheint in unregelmäßigen Abständen. Wer möchte, kann sich hier eintragen und erhält dann alle zwei Monate eine kurze Ankündigung per Email. Sonst werden keine Emails verschickt.

Ihre Email-Adresse


Ihre Email-Adresse ist hier sicher. Die Rundbrief-Redaktion garantiert, die angegebene Email-Adresse nicht zu veröffentlichen und zu keinem anderen Zweck zu verwenden. Die Mailingliste läuft auf dem Google-Groups-Service, der sich ebenfalls an diese Richtlinien hält. Details können hier eingesehen werden.
Alle Rundbriefe:

Rundbriefe 1996-2016 als PDF:
Jetzt als kostenloses PDF zum Download.

Spezialthemen:
USA: Schulsystem-1, Schulsystem-2, Redefreiheit, Waffenrecht-1, Waffenrecht-2, Krankenkasse-1, Krankenkasse-2, Medicare, Rente, Steuern, Jury-System, Baseball, Judentum
Immigration: Visa/USA, Warten auf die Greencard, Wie kriegt man die Greencard, Endlich die Greencard, Arbeitserlaubnis
Touren: Alaska, Vancouver/Kanada, Tijuana/Mexiko, Tokio/Japan, Las Vegas-1, Las Vegas-2, Kauai/Hawaii, Shelter Cove, Molokai/Hawaii, Joshua Nationalpark, Tahiti, Lassen Nationalpark, Big Island/Hawaii-1, Big Island/Hawaii-2, Death Valley, Vichy Springs, Lanai/Hawaii, Oahu/Hawaii-1, Oahu/Hawaii-2, Zion Nationalpark, Lost Coast
Tips/Tricks: Im Restaurant bezahlen, Telefonieren, Führerschein, Nummernschild, Wohnung mieten, Konto/Schecks/Geldautomaten, Auto mieten, Goodwill, Autounfall, Credit Report, Umziehen, Jobwechsel, Smog Check
Fernsehen: Survivor, The Shield, Curb your Enthusiasm, Hogan's Heroes, Queer Eye for the Straigth Guy, Mythbusters, The Apprentice, The Daily Show, Seinfeld
Silicon Valley: Netscape-1, Netscape-2, Netscape-3, Yahoo!
San Francisco: SoMa, Mission, Japantown, Chinatown, Noe Valley, Bernal Heights
Privates: Rundbrief-Redaktion
 

Kommentar an usarundbrief.com senden
Lob, Kritik oder Anregungen? Über ein paar Zeilen freuen wir uns immer.

In der Textbox können Sie uns eine Nachricht hinterlassen. Wir beantworten jede Frage und jeden Kommentar, wenn Sie ihre Email-Adresse in das Email-Feld eintragen.

Falls Sie anonym bleiben möchten, füllen Sie das Email-Feld bitte mit dem Wort anonym aus, dann wird die Nachricht dennoch an uns abgeschickt.

Ihre Email-Adresse


Nachricht

 
Impressum
Letzte Änderung: 17-Jul-2024