Angelika/Mike Schilli |
Michael Neulich fuhren wir routinemäßig an unserem auf der Straße geparkten Zweitauto Perly Perlman vorbei und ich traute meinen Augen nicht: Perly war nicht mehr an der Stelle wo ich ihn zwei Tage vorher geparkt hatte.
Was tun in dieser unangenehmen Situation? Wie in dem Referenzwerk "Finding the Sweet Spot - Parking in SF" (Abbildung 2) von David LaBua ausführlich erklärt, ruft der Mann von Welt in dieser prekären Situation den sogenannten "Tow Desk" unter (415) 553-1239 an und erkundigt sich, ob das Auto abgeschleppt wurde. Falls ja, fährt man zur städtischen Abschleppstelle der Firma AutoReturn auf der 7th Street, Hausnummer 450, direkt gegenüber dem Justizpalast. Reagiert man sofort, kostet es etwa 400 Dollar, aber nur vier Stunden Aufbewahrung sind kostenlos, für die nächsten 20 Stunden verlangen die Gauner $50 und danach $60 für jeden weiteren Tag und alle möglichen irrsinnigen Gebühren und Aufschläge. Schnelles Reagieren spart also eine Menge Geld. Falls das Auto gestohlen wurde, ruft man die Polizei in San Francisco unter (415) 553-0123 an und meldet den Vorgang.
Parkt man zum Beispiel am Straßenrand vor einer Garageneinfahrt, kann der Garagenbesitzer erst eine städtische Strafzettelwespe beim "San Francisco Department of Traffic" (SFDPT) anfordern, die dann feststellt, ob das Auto wirklich die Einfahrt blockiert. Ist das der Fall, wird der Tow-Truck gerufen, der das Auto dann abschleppt.
In unserem Fall war die Sachlage noch komplizierter, denn der Tow Desk teilte mir mit, dass Perly von einer privaten Abschleppfirma namens "Golden Gate Tow" von Privatgrund (!) entfernt worden war. Wir fuhren zu deren Garage im Viertel Bayview und durften Perly Perlman zum Takt von 490 Dollar Schlepp- und Aufbewahrungsgebühren wieder heimfahren. Der Inhalt des Handschuhfachs war über den gesamten Innenraum verteilt und das Zündschloss ohne Schlüssel halb rumgedreht.
Da waren wohl einige Jugendliche aus sozialen Brennpunkten ins Auto eingestiegen, hatten mit einem Dietrich das Zündschloss rumgedreht, fuhren eine Runde durch die Gegend und stellten es dann einen Kilometer weiter ab, direkt auf der Einfahrt vor der Doppelgarage eines unbescholtenen Mitbürgers.
Mein Spezialversteck fürs GPS, einen Hängebeutel im Kofferraum, fanden die Knallchargen nicht. Die Jugend von heute kann nichts richtig, selbst zum Einbrechen sind sie zu blöd! Der Abschleppdienst hatte vor dem Abschleppen vorschriftsmäßig geprüft, ob das Auto gestohlen gemeldet war, doch zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nichts von Perly Perlmans unfreiwilliger Spritztour. Vorschriftsmäßig fotografierte der Schlepper Perly vor der Einfahrt und schickte mir die Abzüge auf meine Anfrage hin per Email (Abbildung 5).
Auf dem Abschlepphof hielt übrigens ein fetter Kampfhund Wacht, und ich musste die Gebühr (immerhin nahmen sie Kreditkarten) durch einen Schlitz in einer dicken Panzerglascheibe bezahlen. Auch den Namen des Anrufers durfte man mir aus Sicherheitsgründen nicht nennen, solche Hasenfüße!
Interessanterweise brach nur zwei Wochen später ein offenbar Geistesgestörter erneut in Perly Perlman ein und entwendete das Radio, das ich für 65 Dollar mal bei Amazon gekauft habe. Wie bekloppt sind die Diebe dieser Stadt eigentlich?
Angelika Morgen am 6. März findet der sogenannte "Super Tuesday" statt, da in einer Vielzahl von Bundestaaten, u.a. Ohio, Vorwahlen der republikanischen Partei auf das Präsidentschaftsamt durchgeführt werden. Mittlerweile sind noch die Kandidaten Mitt Romney, Rick Santorum, Newt Gingrich and Ron Paul im Rennen, wobei sich in Ohio nach Meinungsumfragen Rick Santorum und Mitt Romney ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.
Der Aufstieg des Rick Santorums in diesem Wahlkampf hat viele überrascht, denn er galt eigentlich als chancenlos, da seine politischen Ansichten als zu extrem gelten. So hält er Verhütungsmittel für gefährlich und beäugt öffentliche Schulen und Universitäten mit Argwohn, da sie angeblich die heranwachsende Generation mit unmoralischen Ideen füttern. Seine Kinder unterrichten seine Frau und er dann auch zu Hause ("Homeschooling"). Die Klimaerwärmung hält er für erfunden und die strikte, in der amerikanischen Verfassung verankerte Trennung von Kirche und Staat würde er gern aufweichen. Der Mann wirkt ein wenig als wäre er in den 50er-Jahren stecken geblieben. Oder er hätte lieber eine Kirchenkarriere im konservativen Vatikan einschlagen sollen als eine politische Laufbahn. Santorum ist praktiziernder Katholik, aber kommt päpstlicher als der Papst daher. Seine Einstellung zu Verhütungsmitteln begründet er dann auch mit den Lehren der katholischen Kirche, lässt aber geflissentlich unter den Tisch fallen, dass die katholische Kirche den Irak-Krieg ablehnte und gegen die Todesstrafe ist. Beides befürwortet Santorum. Mitt Romney reibt sich währenddessen die Hände, denn niemand hinterfragt mehr, dass er der mormonischen Kirche angehört, weil die Presse sich lieber auf den antiquierten Katholiken stürzt.
Nun muss sich jeder rational denkende Mensch fragen: wie kann es jemand wie Santorum soweit in einem Vorwahlkampf um das wichtigste Amt im Land bringen? Denn sowohl innen- als auch außenpolitisch kommt es nicht auf ultrakonservative Fragen wie Verhütung, gleichgeschlechtliche Ehe oder die Trennung von Staat und Kirche an, sondern es geht um Arbeitsplätze, Sozialsysteme, die am zusammen brechen sind oder gar nicht erst existieren, die Überschuldung und Krisen wie die Atomwaffenambitionen im Iran. Man kann dies alles mit dem amerikanischen Hang zu schillernden, extremen Persönlichkeiten abtun, aber das wäre etwas zu einfach gedacht. Die republikanische Partei steckt in einer tiefen Krise, weil die moderaten Stimmen in der Partei immer mehr zu einer Minderheit verkommen. So warf erst vor kurzem Olympia Snowe, eine moderate, republikanische Senatorin von Maine, das Handtuch, weil sie es satt hatte, mit ihren extremen Parteigenossen zusammen zu arbeiten. Auch bei den republikanischen Vorwahlen bleibt mittlerweile der moderate Wählerstamm zu Hause und lässt den extremen Wählern den Vortritt. In einer Demokratie geht es allerdings nicht ohne Kompromisse und mit extremen Ansichten allein funktioniert irgendwann gar nichts mehr. Während sich die republikanischen Kandidaten gegenseitig zerfleischen, freut sich Obama, denn seine Popularitätswerte sind gestiegen, seitdem sich die Republikaner bei den Vorwahlen eine Schlammschlacht liefern. Mitt Romney bemerkt dann auch immer zurecht, dass Santorum keine Chance gegen Obama hat. Ob die republikanischen Wähler das genauso sehen, wird sich morgen zeigen.
Angelika San Francisco ist bekanntlich ein teures Pflaster, vor allen Dingen wenn es um Häuserkauf und Mieten geht. Nichts Neues für unsere langjährigen Rundbriefleser, doch in letzter Zeit schießt der Mietmarkt den Vogel ab und wir nähern uns New-York-City-Manhattan-Niveau an. Eine Dreizimmerwohnung in unserem Viertel kostet laut dem Mitspiegel unserer Stadtteilzeitung Noe Valley Voice mittlerweile zwischen $2100 und $6000 Miete und die durchschnittliche Miete lag im Januar diesen Jahres bei $3525 monatlich. Im Januar 2011 betrug der monatliche Durchschnittspreis in unserem Viertel noch $2745.
Zugegebenermaßen ist Noe Valley ein begehrtes Wohnviertel und bei der 6000-Dollar-Wohnung handelt es sich sicher um ein Luxusobjekt, aber Wohnungen, die in Noe Valley zur Zeit für $3000 monatlich weggehen, sind mitnichten super ausgestattet oder groß, oft muss der Mieter die Garage sogar extra bezahlen oder es gibt keine Garage. Aber auch in anderen Vierteln in San Francisco explodieren die Mieten. Der Durchschnittspreis für eine Dreizimmerwohnung liegt stadtweit zur Zeit bei fast $3000. Viele reden schon von einem neuen Technologie-Boom. Nicht nur neue Start-Up-Unternehmen werden gegründet sondern auch Firmen wie Facebook, LinkedIn und Yelp gehen an die Börse und schaffen, wenn alles gut läuft, ein paar Tausend Millionäre, die dann auf den Häuser-und Mietmarkt drängen und nicht auf den Preis schauen müssen.
Andere gut etablierte Firmen wie Google und Apple zahlen ihren Mitarbeitern ebenfalls nette Gehälter und diese zucken nicht mit der Wimper, wenn sie $3500 für eine Wohnung hinzublättern haben. Mittlerweile fangen schon wieder so unschöne Parktiken an, dass Mieter freiweilig höhere Mieten zahlen, nur um eine begehrte Wohnung zu bekommen. Der Markt ist mittlerweile so dicht, dass es überhaupt nur 3% freie Wohnungen in der Stadt gibt. Auch modeln viele Vermieter ihre Häuser oder Wohnungen in Ferienwohungen um, die sie dann wochenweise vermieten, was ihnen höhere Einnahmen verspricht. Was sind wir froh, dass wir in einer Wohnung mit Mietpreisbindung wohnen (Rundbrief 08/2000).
Michael Neulich ging ich die 24ste Straße hinunter und bemerkte erstaunt einen Proteststand, auf dem ein Obama-Bild prangte, das den Präsidenten mit Hitlerbart zeigte. Angeblich bringt Obamas Gesundheitsreform hitlerartige Zustände nach Amerika. Im Rahmen der in den USA geltenden Meinungsfreiheit darf so etwas jeder sagen und die meisten Leute ignorierten den Stand einfach schmunzelnd.
Im Internet fand ich heraus, dass die Kampagne von einem rechten Spinner namens Lyndon LaRouche finanziert wird, der behauptet, in einem staatlichen Gesundheitssystem gäbe es unweigerlich Bürokraten der Krankenkassen, die darüber entschieden, wer welche ärztlichen Leistungen in Anspruch nehmen könne und wer nicht. Folglich, so das LaRouche Political Action Committee sei das nichts anderes als die sogenannte Aktion T4, mit der die Nazis ab 1940 sogenanntes "lebensunwertes Leben" vernichteten. Freilich ein gewagtes Argument, denn irgendjemand entscheidet bei einem Krankenkassensystem immer über Leben und Tod, und das gegenwärtige Gesundheitssystem der USA bildet da keine Ausnahme. Aber wie gesagt, in einer freien Gesellschaft darf jeder jeden Schmarren daherreden, da habe ich nichts dagegen.
Deutsche Politiker erscheinen im Vergleich dazu relativ zart besaitet und rufen sofort Papa Staatsanwalt zu Hilfe, falls jemand ihnen verletzend auf den Schlips tritt. Der geschasste deutsche Bundespräsident Wulff hat zum Beispiel gegen einen unbekannten Blogger Klage eingereicht, weil dieser ein Foto, auf dem Frau Wulff mit erhobenem rechten Arm zu sehen war, bissig kommentierte. Dass Wulff nach Gutsherrenart sogar die Regenbogenpresse zu manipulieren suchte, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt.
Michael Sieht jemand in den USA auch ohne Brille scharf wie ein Adler, spricht man von "20/20 Vision". Der erste Zwanziger gibt beim Sehtest die Entfernung der Person von der Sehtafel in Fuß an. "20" steht also für 20 Fuß, also etwa 6 Meter. Der zweite Zwanziger gibt die Entfernung von der Sehtafel an, bei der ein scharf sehender Mensch die Buchstaben der jeweils gelesenen Zeile (deren Größe ja variiert) noch lesen kann. Das ist, für die Wissenschaftler unter euch, die Entfernung, in der die Zeilenhöhe genau einer Winkelminute entspricht.
Sieht jemand, der ebenfalls 20 Fuß von der Sehtafel entfernt steht, nur unscharf, kann er vielleicht nur die doppelt so großen Buchstaben lesen, die ein Normalsehender schon von 40 Fuß Entfernung erkennen könnte. Dann beträgt die Sehschärfe nicht mehr 20/20, sondern 20/40. Ein Mensch mit Adleraugen, der doppelt so scharf sieht wie ein Normalbürger, besitzt die Sehschärfe 20/10, denn er kann schon von 20 Fuß aus Buchstaben erkennen, die ein Normalsehender nicht weiter als 10 Fuß entfernt entziffern kann.
Anders als in Deutschland, wo man auch noch als Halbblinder im hohen Alter mit einem Führerschein aus der Jugendzeit autofahren darf, müssen Kalifornier alle 5 Jahre zum Sehtest, um ihren Lappen zu verlängern. Bei der Kraftfahrzeugbehörde DMV hängen deshalb hinter den Schaltern große Sehtafeln, und wenn der Bearbeiter beim Führerscheinverlängern dazu auffordert, die Buchstaben der dritten Zeile auf der zweiten Tafel von links abzulesen, sollte man dies fehlerfrei können. Falls nicht, muss man sich eine Brille besorgen und den Test damit nochmal absolvieren. Im Führerschein vermerkt der DMV-Mann dann, dass man nur mit Brille fahren darf.
Als ich den Test neulich machte, fiel mir allerdings auf, dass die Buchstaben aller Zeilen und aller Tafeln einem leicht merkbaren Muster folgen. Es handelt sich immer um dieselbe Sequenz, die aber durchrotiert. So steht in einer Zeile vielleicht "Z F T P A G K" und in der nächsten "P A G K Z F T". Wer bei Intelligenztests über 100 punktet, findet sicher schnell das Schema heraus. Das macht der DMV wahrscheinlich aus Effizienzgründen, damit die Mitarbeiter sich nur eine Reihenfolge merken müssen und das Gesagte leicht verifizieren können ohne sich umzudrehen und auf die Tafel zu blicken.
Michael Wir leben in einer Stadt, in der gnadenlos um Parkplätze gekämpft wird. Eine Parklücke sehe ich schon aus 500 Metern Entfernung. Mit den Jahren merkt man sofort, dass ein Fußgänger nicht nur einfach so dahinschlendert, sondern auf ein geparktes Auto zugeht, und man steigt reifenquietschend in die Eisen, wendet eventuell blitzschnell, und setzt sich mit eingeschaltetem Blinker sofort dahinter, bis der andere wegfährt und man selbst in die Parklücke einmanövrieren kann. Ich parke auf engstem Raum, auf bis zu 30% steilen Straßen, in Einbahnstraßen auch gerne links, und notfalls sogar direkt vor schlafenden Pennern oder einem Wohnprojekt im sozialen Brennbereich. Immer wenn wir im Urlaub mit einem Mietauto in einer Stadt herumfahren, in der weniger brutal gekämpft wird, tun mir die anderen Parkplatzsucher schon beinahe leid, wenn sie den Kürzeren ziehen, weil ich mein Großstadtrepertoire durchziehe. Nur vor New Yorkern habe ich Respekt, seit ich das Video eines Superparkers gesehen habe.
Zurück zum oben erwähnten Parkbüchlein: Der Autor beschreibt auch noch die irrsten Parktricks, wie zum Beispiel den, dass man so lange parken darf wie man will, falls das nächste die Parkdauer begrenzende Straßenschild weiter als 100 Fuß vom geparkten Auto weg ist. Der Autor fährt nach eigenen Angaben nie ohne Rollmaßband im Handschuhfach und hat in verschiedenen Stadtvierteln eine Reihe dieser güldenen Parkplätze entdeckt. Dort parkt er, falls er länger als eine Woche in Urlaub fährt. Die schon einmal besprochene 72-Stunden-Regel (Rundbrief 03/2009) verfolgt das Strafzettelministerium nämlich nur, falls sich ein Anwohner beschwert.
Oder wusstet ihr, dass ein Supermarkt erst nach einer Stunde den Abschlepper rufen darf, wenn jemand verbotenerweise auf dem Privatparkplatz parkt? Laut Parkparagraph 22953 des "California Vehicle Code" (CVC) muss der Supermarktparkplatzwächter erst eine Stunde warten, auch wenn er vor Wut platzt. Diese Regel eröffnet völlig neue Möglichkeiten des sogenannten "Walk-Off", einer Großstadttechnik, bei der man vor einem Laden parkt und sich dann von dannen schleicht, um irgendwo anders einzukaufen. Allerdings darf man nicht auf einem Behindertenparkplatz parken oder einen Hydranten blockieren, sonst kommt der Schlepper unverzüglich.
Das Buch erklärt auch die weißen, gelben, grünen und roten Randsteinfarben, welche selbst Einheimische in San Francisco oft nicht zu deuten wissen und deshalb sogar kostenlose Parkplätze in sonst völlig zugeparkten Hipstervierteln ausschlagen! Ist der Randstein rot, darf man dort nicht parken.
Ist er gelb, handelt es sich um eine Ladezone und ein Aufdruck gibt an, von wann bis wann der Parkplatz für Warenlieferungen reserviert ist. Außerhalb dieser Ladezeiten und meistens auch am Sonntag darf man dort oft unbeschränkt parken! Grüne Randsteine weisen auf Kurzparkzonen hin, zum Beispiel vor einem Tante-Emma-Laden, wo Fahrzeuge, entsprechend dem gelben Aufdruck, schnell 10 Minuten parken dürfen, um Besorgungen zu erledigen (Abbildung 16). Weiß angemalte Randsteine reservieren eine Parklücke zum Abladen von Leuten, zum Beispiel vor Nachtclubs. Auch sie weisen mit einem Aufdruck auf die Gültigkeitsdauer der Einschränkung hin, vor Nachtclubs kann man nachmittags oft herrlich parken!
Michael Seinen Internet-Provider zu wechseln ist riskant, denn ohne Internet dazustehen geht heutzutage nicht mal mehr für ein paar Tage. Aber nachdem die Telefongesellschaft AT&T mich jahrelang damit verärgert hatte, $10 allein dafür zu verlangen, mir die anrufende Nummer mitzuteilen (Caller-ID), wartete ich förmlich darauf, dem eingeschlafenen Monopolverein eins auszuwischen.
Aus der North-Bay drängte vor einiger Zeit eine Firma namens Sonic.net auf den Markt, die auf der "letzten Meile" die Telefonleitung von AT&T least und darauf zum Schlagerpreis Telefon- und Internetservice anbietet. Gibt's ein Problem, bekommt man statt skriptlesender AT&T-Dronen aus Indien beim Kundenservice bei Sonic.net richtige Kalifornier an die Leitung, die keinen Kappes daherreden sondern technisch versierte Antworten geben.
Statt für eine Telefonlandleitung mit 1.5Mbit-Internet 80 Dollar im Monat zu berappen, und absurde Dollar-Beträge (!) pro Minute für Anrufe nach Deutschland zu latzen, zahlen wir nun $50 im Monat für alles zusammen und bekommen dieselbe Landleitung, kostenlose Anrufe innerhalb der USA, einen Tarif von $0.04 pro Minute nach Deutschland, und 12Mbit Internet.
Am vereinbarten Termin schalteten die Sonic-Leute die Leitung beinahe nahtlos um und nach einigen kleineren Problemen, die der Kundenservice mühelos behob, brausen wir nun fast zehnmal so schnell im Internet herum und sparen $30 im Monat. Sehr zu empfehlen, diese Sonic-Leute. Und nach einem kürzlich erschienenen Zeitungsartikel testen sie sogar noch hundert Mal schnellere Internetverbindungen. Wenn sie sich damit nur nicht überheben, mir reicht mein Anschluss völlig!
Michael In der Zeitung "New York Times" stand neulich ein interessanter Artikel über Kundenforschung bei der Kaufhauskette Target. Da Amerikaner oft mit Kreditkarte zahlen, weiß Target, welche Produkte Kunden über lange Zeiträume kaufen, und kann daraus Schlüsse über deren Lebensumstände ziehen. Kauft eine Frau zum Beispiel schlagartig viel mehr unparfümierte Lotion und Wattebällchen, ist sie laut den Mathematikern bei Target zu 80% schwanger.
Damit die Kundin dann mehr Babyprodukte bei Target und weniger bei der Konkurrenz einkauft, schickt der Konzern ihr in diesem Fall Coupon-Heftchen, die verbilligte Babyprodukte anpreisen. Die Werbestrategen räumten ein, dass die ursprüngliche Strategie, die für jeden Haushalt personalisierten Werbeheftchen bei schwangeren Frauen mit Babyprodukten vollzupflastern, die die um ihre Privatsphäre besorgten Kundinnen verstörte. Mittlerweile fügen sie absichtlich auch einige unpassende Produkte wie Weingläser oder Rasenmäher hinzu, damit die Empfängerinnen sich nicht ausspioniert fühlen.
Es geht aber noch weiter: Kombiniert Target die persönlichen Kaufdaten seiner Kunden mit extern gekauften Informationen wie Alter, geschätztem Einkommen, oder ob jemand verheiratet ist, lassen sich ganz neue Schlüsse ziehen und Kunden gezielt bewerben und die Läden treiben.
Viele Amerikaner wissen dies nicht und würden, falls sie es denn wüssten, der Datensammelei auch keine große Bedeutung zumessen. Es fehlt der breiten Bevölkerung das Verständnis um die Gefahren des Datenmissbrauchs und deswegen existiert keine nennenswerte Lobby für den Datenschutz, die entprechende Vorschriften per Gesetz durchdrücken könnte.
Michael Aus der Zeit des wilden Westen scheint der Brauch zu stammen, zu feierlichen Anlässen aus Übermut Pistolenschüsse in die Luft abzugeben. Dies ist heutzutage jedoch zumindest in Kalifornien verboten, denn die abgeschossenen Kugeln kommen wieder herunter und haben schon Verletzte und Tote gefordert.
In einer Episode der Fernsehsendung "Mythbusters" demonstrierten die beiden Laboranten allerdings, dass von senkrecht herunter fallenden Gewehrkugeln wegen der geringen Fallgeschwindigkeit keine Gefahr ausgeht. Durch den Luftwiderstand erreicht das Projektil nur eine Endgeschwindigkeit von 320 km/h, was normalerweise nicht zum Durchdringen der Haut bei eventuellen Einschlagopfern reicht. Zum Vergleich: Eine Revolverkugel vom Kaliber 9mm fliegt mit etwa 1.100 km/h, also mehr als dreimal so schnell aus dem Lauf.
Leider feuern viele Übermütige allerdings nicht exakt senkrecht in die Luft, sondern weichen bis zu 45 Grad ab, was der Kugel eine horizontale Komponente verpasst, die ihr auch noch auf einige Entfernung eine tödliche Wirkung verleiht. Um die wildgewordenen Cowboys zu fassen, hat die Stadt Redwood City im Silicon Valley seit letztem Jahr ein System namens "Shot Spotter" installiert, das Schüsse aus Feuerwaffen stadtweit registriert und nach einem ausgeklügelten Verfahren den genauen Ort des Abfeuerns bestimmt. Ballert also jemand in Redwood City in die Luft, steht Minuten später die Polizei auf der Matte und klimpert mit den Handschellen.
Angelika Jedes Mal wenn wir von San Francisco aus irgendwo hinfliegen, spielt sich folgendes Ritual bei der Sicherheitskontrolle ab: Nachdem wir Rucksäcke und dergleichen aufs Laufband verfrachtet haben, alles aus den Hosentaschen herausgepfrümelt und die Schuhe ausgezogen haben, wollen uns die Beamten der TSA (Transportation Security Administration) mit dem Ganzkörperscanner, im Volksmund auch Nacktscanner ("Body Scanner") genannt, durchleuchten.
Wir lehnen das jedes Mal stur ab. Das ist völlig legal, und man wird dann um den Scanner herumgelotst und zum Ende des Fließbands geleitet, wo ein TSA-Beamter einen sogenannten "Pat Down" (Abtasten mit dem Handflächen) durchführt. Das Abtasten, das eigentlich nicht länger als 2 Minuten dauern sollte, zieht sich immer einige Minuten hin, weil der Abtaster erst umständlich jeden einzelnen Schritt erklärt, welche Regionen er wie abtastet. Er oder sie fragt auch noch, ob man lieber in einem abgeschotteten Raum abgetastet werden möchte, doch das lehnen wir immer dankend ab. Auch wartet man am Flughafen oft ein wenig herum, denn Frauen dürfen nach den Regeln der TSA nur von Frauen und Männer nur von männlichen Beamten abgetastet werden. Das ist natürlich gerade in San Francisco absurd, aber Vorschrift ist Vorschrift.
Umständliche Erklärungen sind aus rechtlichen Gründen gang und gäbe in den USA. Ihr kennt das ja zum Beispiel aus amerikanischen Fernsehsendungen. Bei jeder Verhaftung werden erst die sogenannten Miranda-Rights runtergebetet, die den in Polizeigewahrsam Genommenen über seine Rechte aufklären.
Die TSA-Beamten sind schon immer leicht genervt, dass wir den Scanner verweigern und wenn wir auf die Frage, warum wir den Scanner ablehnen, brav antworten: aus gesundheitlichen Gründen, kommt prompt die Rückantwort, dass der Scanner aber keine Radioaktvität zum Durchleuchten des Körpers benutzt. In San Francisco an der Sicherheitskontrolle zeigt in der Regel eine Infotafel an, welche Art von Scanner im Einsatz ist: der "Millimeter Wave Scanner", der elektromagnetische Strahlung benutzt, oder der Röntgenscanner ("Backscatter X-ray"), der mit Röngtenstrahlen arbeitet.
Angeblich ist der erst genannte ohne jeglichen Gesundheitsrisiken und der zweite bestrahlt den Reisenden nur gering. Als ich neulich etwas pampig erwähnte, dass der Röngtenscanner in Europa an den Flughäfen mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zum Einsatz kommt und ich nur darauf warte, dass der andere Scanner auch in Verruf gerät, bekam ich nur zur Antwort, dass sie nicht wüssten, was die Europäer machten. Michael sagt zwar immer, dass er aus gesundheitlichen Gründen den Scanner verweigert, hält die Scanner aber in Wirklichkeit für wirkungslosen Sicherheitszirkus. Und wer weiss, was die TSA mit den Daten macht? Angeblich wird weder das Bild noch irgendwelche anderen Daten gespeichert, aber der in vielen Bereichen nicht vorhandene amerikanische Datenschutz lässt diesbezüglich Zweifel aufkommen.
An unserem Flughafen SFO steht mittlerweile an fast jedem Sicherheitscheck ein Nacktscanner. Rühmliche Ausnahme ist das Terminal 3, von wo die meisten inneramerikanischen Flüge mit United Airlines abgehen, denn da ist kein Platz für die Scanner in der Sicherheitszone.
Angelika Neulich verbrachten wir einmal wieder 10 Tage auf der hawaiianischen Insel Oahu, um uns im herrlichen tropischen Klima zu erholen. Als wir uns im Costco (ja, auch auf Hawaii gibt es einen Costco) mit Sonnencreme und derglichen eindeckten, entdeckten wir einen Verkaufsstand, der ein rötliches Fruchtsaftgetränk namens Kona Red anpries. Als die freundliche Verkaufsdame, die aussah, als wäre sie gerade mit ihrem Surfboard den Wellen entstiegen, uns aufklärte, dass der Saft aus der Frucht der Kaffeepflanze gewonnen wird, gab es für mich kein Halten mehr. Ich bin ja bekanntlich ein absoluter Kaffeefan und und liebe besonders den aus 100% Kona-Bohnen gebrannten, der noch dreimal besser zu schmecken scheint wenn man auf Hawaii Urlaub macht. Der Kona-Kaffee kommt allerdings nicht direkt aus Oahu sondern von der Insel Big Island (auch Hawaii genannt). Wie der Wein "Bordeaux" nur Bordeaux genannt werden darf, wenn er aus der französischen Region stammt, so kommt der echte Kona-Kaffee nur aus der Konaregion der Insel Big Island. Durch die vulkanische, fruchtbare Erde und das milde Klima dort fühlen sich Kaffeepflanzen in dieser Region besonders wohl.
Das Fruchtsaftgetränk "Kona Red" wird nun aus der roten Frucht, die die spätere Kaffeebohne umgibt und schützt, gewonnen. Das Getränk besteht aus 100% Fruchsaft ohne Zuckerzusatz und schmeckt sehr erfrischend. Es erinnert an eine Mischung aus Kirsch-, Brombeer- und Traubensaft mit einer nicht zu süßen, leicht säuerlichen Note. Das Getränk ist tiefrot und auch noch gesund, denn die Frucht der Kaffeepflanze gilt als Superfrucht, die vollgestopft ist mit Vitamin A, E und anderen Antioxidantien. Die Firma stellt auch noch eine Variante in einer bläulichen Flasche her, die mit Kokoswasser angereichert ist.
Angelika Vom Automieten in den USA berichteten wir ja schon des öfteren. Es gibt ja einiges zu bedenken und kann für ausländische Touristen oft verwirrend sein, weil die Autovermierungsfirmen meiner Meinung nach alle etwas verbrechermäßig arbeiten und oft die Kunden über den Tisch ziehen. Aber ich schweife ab. Wenn man das Auto übernimmt, geben einem hier die meisten Autovermietungsfirmen in der Regel einen Zettel in die Hand, der ein Auto abbildet und der Kunde soll nun Kratzer, Beulen und dergleichen in die Abbildung eintragen, um festzuhalten, welche leichten Schäden schon existierten, sodass es im Nachhinein nicht zu Missverständnissen kommt. Jedes Mal fragen Michael und ich uns, was schon als Beule und Kratzer gilt oder nicht. Mietautos in den USA haben in der Regel kleinere Kratzer vor allen Dingen am Kofferraum, wo ständig Gepäck ein- und ausgeladen wird oder auch an den Stoßstangen. Amerikaner gehen allgemein etwas gelassener mit ihren Autos um und keiner schert sich so richtig darum, ob beim Aus- und Einparken die vorderere oder hintere Stoßstange Kontakt mit dem anderen Auto hat. Auch stellen wir immer wieder fest, dass verschiedene Autovermietungsfirmen verschiedene Maßstäbe an den Tag legen. So waren wir erfreut, als uns auf Hawaii der Autovermietungsmann von Alamo einen weiteren Zettel in die Hand drückte, der neben der obligatorischen Autozeichnung zum Eintragen der Schäden eine Anleitung bereit hielt, die darüber aufklärte, was einzumalen ist und was nicht. Ein ausgestanzter Kreis mit einem Durchmesser von 5 cm galt als Richtlinie: Alle Kratzer, die in den Kreis passten, waren ausgeschlossen. Über Kratzer auf den Stoßstangen brauchte man sich gleich gar keine Sorgen zu machen. Wir haben keine Ahnung, ob das Kreissystem nur bei Alamo auf Hawaii zu finden ist. Auch fragen wir uns, wieviele Kunden den Kreis wirklich benutzen werden, denn ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die meisten amerikanischen Kunden die Geduld dafür aufbringen.
Michael Wird man in Amerika zu einer Party eingeladen, trinkt man dort mit beinahe hundert Prozent Wahrscheinlichkeit aus roten Plastikbechern. Diese sehr stabilen "Red Plastic Cups" gehören zum gehobenen Standardrepertoire jeder Festivität. Ganz so grauslig wie aus weißen Plastikbechern schmecken Getränke daraus nicht, aber natürlich würde kein gebildeter Europäer seinen Gästen derartige Prolo-Gefäße zumuten.
Dass die Plastikbecher nicht gerade umweltfreundlich sind nimmt der Prolo-Sänger Toby Keith im Video "Red Solo Cup" mit der Zeile "cheap and disposable, in 14 years they are decomposable" ("billige Wegwerfware, und verrotten in 14 Jahren") auf die Schippe. Und sogar junge trendige Erwachsene besingen die Trinkbecher, wie zum Beispiel der Studentenrapper "No-ID" im Video "Red Plastic Cup". Bei uns zuhause kommen freilich nur Glasgläser auf den Tisch, schließlich stammen wir aus der alten Welt und werden nicht müde, dies zu betonen.
Grüße aus der neuen Welt:
Angelika & Michael
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