Angelika/Mike Schilli |
Angelika Am 2. November finden wieder einmal Kongresswahlen hier in den USA statt, und die letzte Phase der politischen Schlammschlacht hat begonnen. Im Repräsentantenhaus stehen 435 Sitze zur Wahl und im amerikanischen Senat ein Drittel der 100 Sitze. Experten sagen voraus, dass die Demokraten mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Mehrheit in beiden Häusern verlieren werden und Obama dann, wie schon einmal Clinton, einem ihm politisch feindselig eingestellten Parlament gegenüberstehen wird. Das wäre das Aus für weitere Reformversuche. Das Land ist polarisiert und viele Bürger sind verärgert. Dem linkeren Flügel der Demokraten gingen Obamas Reformen nicht weit genug und die Republikaner blockieren mittlerweile jeglichen Vorschlag der Demokraten aus Prinzip. Die Wirtschaft erholt sich nur sehr schleppend und die Arbeitslosenquote beträgt immer noch fast 10%, in Kalifornien sogar 12%.
Nun gehört es zur amerikanischen Tradition, dass sich auch schillernde Personen um politische Ämter bewerben. Eine Zeitlang schien es ja in Kalifornien zum Beispiel zum guten Ton zu gehören, nach der Schauspielerkarriere in die Politik zu gehen. Mittlerweile etabliert sich in unserem Sonnenstaat aber ein neuer Trend: Ehemalige Firmenchefs wollen nach Sacramento oder Washington. Meg Whitman, die das Internetsauktionshaus eBay leitete, tritt für den kalifornischen Gouverneursposten für die republikanische Partei an. Sie steckte dabei 140 Millionen aus ihrem Privatvermögen in die Wahlkampagne, was dazu geführt hat, dass jedes Mal, wenn wir den Fernseher einschalten, ein Werbespot von ihr läuft. Und noch ein zweiter ehemaliger CEO ist im Rennen: Carly Fiorina, die ehemalige Hewlett-Packard-Chefin und ebenfalls eine Republikanerin, will Kalifornien im Senat vertreten.
Interessanterweise treten die beiden ehemaligen Firmenchefs gegen demokratische Vollblutpolitiker an. Jerry Brown, der mittlerweile 72 Jahre alt ist, bekam die politische Karriere schon in die Wiege gelegt. Sein Vater Pat Brown hatte den Governeursposten bereits inne und der Sohn folgte in seine Fußstapfen und war kalifornischer Governeur von 1975 bis 1983. Es folgten die Ämter des Bürgermeisters von Oakland (1999 bis 2007) und seit 2007 des Justisministers von Kalifornien (Attorney General). Carly Fiorina steht hingegen der Demokratin Barbara Boxer gegenüber, die 10 Jahre Abgeordnete im Repräsentantenhaus war und seit 1993 durchgehend im Senat sitzt.
Es stellt sich nun die Frage, ob die Position des Firmenchefs einen darauf vorbereitet, ein effizienter und guter Politiker zu sein. Man darf sich sicher sein, dass Jerry Brown und Barbara Boxer alle politischen Tricks in Sacramento und Washington kennen. So versuchen denn auch Meg Whitman und Carly Fiorina, sich von der alten politischen Garde abzugrenzen und werben damit, dass sie die verkrusteten Strukturen aufbrechen wollen. Nur sind daran schon viele gescheitert, nicht zuletzt Arnold Schwarzenegger, und ganz zu schweigen von Barack Obama.
Denn weder eine Senatorin noch ein Gouverneur agieren im luftleeren Raum und können als großer Zampano auftreten. In Kalifornien liegen die Fehler im System bzw. in der kalifornischen Verfassung: Zum Verabschieden des Haushalts oder von Steuererhöhungen braucht es eine Zweidrittelmehrheit im kalifornischen Parlament. Auch die überaus populären Volksbegehren ("Propositions") beuteln den Bundesstaat, denn deren Ergebnisse schränken den Handlungsspielraum des Parlaments oft massiv ein, entweder weil sie vorschreiben oder einschränken, wofür der kalifornische Staat Steuergelder ausgibt.
Eines der berüchtigsten Volksbegehren in Kalifornien ist die sogenannte Proposition 13, die 1978 in Kraft trat und letztendlich dafür sorgt, dass Hausbesitzer kaum Grundsteuern ("Property Taxes") zahlen, was sich verheerend auf den kalifornischen Haushalt auswirkt. Es wäre durchaus sinnvoll, die Proposition 13 zurückzurollen, aber kein Politiker wird mit solchen Vorstößen jemals eine Wahl gewinnen. Und so bleibt alles beim Alten. Allerdings gab es nach dem letzten Haushaltsdebakel im Jahr 2009 Vorstöße, doch etwas grundlegend zu verändern. Es bildeten sich Bürgerinitiativen wie "Repair California" die eine Veränderung der kalifornischen Verfassung anstrebten, um Kalifornien wieder regierbar zu machen. Leider ging der Bürgerinitiative das Geld aus.
Die Kongresswahlen befinden sich des weiteren im Würgegriff der sogenannten Tea-Party-Bewegung. Diese rechtskonservative Protestbewegung scheint auf alles und jeden wütend zu sein, und den Staat, Steuern und alle Sozialprogramme möglichst abschaffen zu wollen. Den Namen der Bewegung wählten ihre Anhänger in Anlehnung an die Boston Tea Party von 1773. In Boston war es damals zum Aufstand der Bürger gekommen, die sich gegen die Steuerpolitik der britischen Kolonialmacht zur Wehr setzten und wütend den hoch zu versteuernden Tee in den Bostoner Hafen warfen. Der Kolumnist Thomas Friedman taufte die Tea-Party-Bewegung in der New York Times allerdings ironisch "Tea Kettle Movement", weil ihn die Anhänger an einen Teekessel erinnern, der Dampf ablässt. Auch New Yorks Bürgermeister Bloomberg erwähnte in einem Interview, dass wütende Parolen allein nicht reichen, um Politik zu machen. Nun könnte man die Bewegung als Machwerk einiger Spinner abtun. Leider gewannen aber viele Tea-Party-Sympathisanten die Nominierung der republikanischen Partei und setzten sich bei den Vorwahlen gegen moderate Kandidaten der Partei durch (z.B. im Bundesstaat Alaska und Delaware). Sarah Palin, die ehemalige Vizepräsidentsschaftskandidatin, ist mittlerweile zum Idol der Bewegung aufgestiegen.
Die Bewegung rückte während Obamas Konjunkturprogramm das erste Mal ins Rampenlicht, denn sie protestierte massiv gegen die erneuten Staatsausgaben, die das Haushaltsdefizit wachsen ließen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Auch die Finanzspritzen für die Banken waren ihnen ein Dorn im Auge und die Gesundheitsreform sowieso. Nach neuesten Umfragen stehen mittlerweile fast 20% der amerikanischen Bevölkerung der Tea Party nahe. Ihre Anhänger sind in der Regel weiß, männlich, verheiratet und über 45. Es sind aber keine Bestrebungen im Gange, eine dritte Partei neben den Republikanern und Demokraten zu etablieren, dafür setzt sich die Bewegung aus zu vielen Einzelgruppierungen zusammen.
Lustigerweise hat der durch seine Daily Show zur Kultfigur aufgestiegene Satiriker Jon Stewart eine Art Gegenbewegung gestartet. Er organisiert zur Zeit eine Kundgebung, die am 30. Oktober in Washington stattfinden wird und unter dem Motto läuft: "Rally to Restore Sanity" ("Kundgebung zur Wiederherstellung der Vernunft"). Er macht damit seinem Unmut über die Tatsache Luft, dass ungefähr 20% der Bevölkerung mit ihren extremen Ansichten die Politik und Fernsehnachrichten in den USA bestimmen. Das Ganze startete zunächst als Reaktion auf die von dem konservativen Fernseh- und Radiokommentator Glenn Beck am 28. August durchgeführte Demonstration "Restoring Honor" ("Wiederherstellung der Ehre") in Washington. Beck steht natürlich der Tea-Party-Bewegung nahe. Nun könnte man Jon Stewarts Bestrebungen als reine komödiantische Show abhandeln, aber Jon Stewart erfreut sich größter Beliebtheit in liberalen Kreisen und kann sich sicher sein, dass viele am 30. Oktober entweder live in Washington dabei sind oder die Kundgebung im Fernsehen verfolgen. Zu hoffen ist, dass das Spektakel viele der demokratischen Partei nahestehenden Wähler aus ihrer Lethargie reißt und sie am 2. November an die Wahlurnen führt.
Michael Falls man in Amerika als Politiker, im Verkauf, am Schalter oder als Wohnungsmakler arbeitet, ist es absolut notwendig, dass man kerzengerade und weiße Zähne blitzen lässt. Wer mit gelblichen oder krummen Zähnen einen Lebenspartner sucht, kann das gleich abhaken oder nur mit vorgehaltener Hand lachen.
Mir fällt beim Abspielen der Tagesschau im Internetfernsehen immer auf, was für grässliche Hauer Finanzminister Schäuble ungeniert in die Kamera reckt. So jemand käme in Amerika niemals in ein Amt, die Wähler würden sich vor Ekel vor dem Fernseher krümmen!
Man sollte es nicht für möglich halten, aber sogar Erwachsene in meinem doch schon fortgeschrittenen Alter tragen in Amerika noch Zahnspangen. Die drahtigen Ungetüme des letzten Jahrhunderts sind beinahe unsichtbaren "Invisiline"-Plastikschienen gewichen, und so merkt man unter Umständen gar nicht, dass ein Arbeitskollege sich die Zähne geradebiegen lässt.
Auch meine Zahnschrubberin, die in der Praxis immer die Beläge von den Zähnen kratzt bevor der Doktor kommt (macht in Amerika der sogenannte "Hygienist" und nicht der Zahnarzt selbst), hat schon vorgeschlagen, meine leicht verbogenen Zähne doch richten zu lassen. Ich erwiderte lachend, dass ich mir das echt überlegen würde, falls ich noch auf Partnersuche wäre. Als dann später der Zahnarzt reinkam, und ohne von unserer vorhergegangenen Konversation zu wissen, auch eine Zahnspange vorschlug, platzte ihm die Hygienistin sofort ins Wort: "I already told him, but he likes the European look!" ("Ich habe es ihm schon gesagt, aber er mag den europäischen Look!").
Auch das von Showgrößen zur Schau getragene Ultraweiß im Zahnbereich ist längst bei Otto Normalverbraucher als Standard eingekehrt. Kaum eine Zahnpasta verkauft sich mehr ohne Weißmacher und Drogerien bieten allerlei Bleichprodukte feil, die man über Nacht auf die Zähne klebt. Professionelle Bleichverfahren trifft man längst nicht mehr nur in Zahnarztpraxen an. Neulich fiel mir in einer Shopping-Mall ein Stand auf, an dem die Shopper in aller Öffentlichkeit auf Sesseln Platz nahmen, um einen UV-Licht abstrahlenden Schlauch in den Mund zu nehmen! Als nächste Stufe erwarte ich den mobilen Bleich-Truck, der durch die Wohnviertel fährt und die Leute mit Slogans wie "Dreimal Bleichen, zweimal Zahlen" zum vergünstigten Zähneweißeln einlädt.
Michael Über das Labor-Day-Wochenende düsten wir runter nach San Diego, um die dort gut fünf Grad wärmere Wassertemperatur im Ozean zu testen (statt 13 Grad schon annehmbare 18). In einem Surfshop liehen wir uns Hippie-Fahrräder aus, um zwei Stunden gemächlich an der Strandpromenade entlangzuradeln. Nach der Tour gaben wir die Räder zurück und entdeckten, dass der Laden auch Surfkurse anbot, für $80 konnte man anderthalb Stunden mit einem erfahrenen Surfer die Kunst des Wellenreitens erlernen, Wet-Suit (Neopren-Anzug) und Surfboard inklusive.
Angelika war etwas skeptisch, aber ich meldete mich gleich für den nächsten Tag um 11 Uhr an. Mein Surflehrer stammte aus Barbados, einer Karibik-Insel bei Puerto Rico und redete genau wie Ali G. in der gleichnamigen Fernsehserie ein jamaikanisches Englisch zum Totlachen. Nach einer theoretischen Einführung in die Historie des Surfens (Hawaiianer habens erfunden) und Boardkunde (langes Brett ist leicht anzupaddeln und stabil, kurzes nur für Könner) ging's raus an den Strand zur Trockenübung: Der Länge nach kerzengerade auf das Board legen, die Arme abwechselnd und nahe am Board durchs imaginäre Wasser ziehen, dann rechts und links am vorderen seitlichen Boardrand festhalten und mit einem Satz in die Hocke springen. Dreimal probiert, dann ging's ab ins Wasser.
Der Wellengott meinte es gut an jenem Tag, denn alle 30 Sekunden kamen gleichmäßige 1.5m-Wellen herangefahren. Ich legte mich aufs Board, der Surflehrer drehte mich in Richtung Strand, rief "Paddle, paddle, paddle!" und ich paddelte los.
Die bereits zusammenbrechende Welle erfasste das Board kurz darauf, beschleunigte es erstaunlich gut und ich sprang erst in die Hocke und dann auf, und fuhr ein paar Meter in der auslaufenden Welle. Angelika hatte noch nicht einmal den Fotoapparat eingestellt. Dann folgten viele Fehlversuche mit spektakulären Stürzen ins Wasser, aber nach einer Weile klappte es zuverlässig.
Mit dem Wet-Suit kann man es in San Diego (zumindest im September) übrigens gut im Ozean aushalten. Nur mit Badehose bekleidet braucht man 10 Minuten, um mehr als bis zur Hüfte einzutauchen, der Kälteschock ist nicht von Pappe. Beim Eintauchen meint man, es trifft einen der Schlag. Springt man dann in den Wellen herum, ist's gut auszuhalten, aber nach 20 Minuten erstarren dann doch die Beine. Ein Wet-Suit lässt hingegen nur eine dünne Wasserschicht zwischen dem Neopren des Anzugs und der Haut zu, die der Körper mühelos erwärmt. Außerdem heizt die Sonne den schwarzen Anzug auf und man kann wirklich stundenlang in 18 Grad kaltem Wasser herumplanschen.
Im Sommer herrschen in San Diego bis in die tiefe Nacht hinein Temperaturen von fast 30 Grad. Wie in Städten mit angenehmem Klima üblich, siedeln sich auch in San Diego haufenweise Penner an, die dann dort am Strand herumlungern. Die Ordnungsbehörde sieht das natürlich nicht gern, denn zuviele Penner schrecken Touristen ab. Deshalb fahren Uniformierte mit Elektroautos den ganzen Tag Patrouille und scheuchen die Penner auf, wenn etwa zwei Stunden abgelaufen sind. In San Francisco malen die Politessen einen Kreidestrich auf die Reifen parkenden Fahrzeuge, um in Zonen ohne Parkuhr festzustellen, wer gerade erst angekommen ist und wer schon die Höchstparkdauer von zwei Stunden überschritten hat. Vielleicht nutzen die Penneraufscheucher ja ein ähnliches Verfahren, wir sind aber leider nicht dahinter gekommen.
Angelika Wie jedes Jahr haben wir uns auch in 2010 unseren Hawaii-Urlaub nicht nehmen lassen. Mitte September ging es für eine Woche nach Kailua auf der Insel Oahu. Michael versuchte natürlich, seine gerade in San Diego erlernten Surfkünste zu verbessern und übte unermüdlich aufs Brett zu springen und dort auch zu bleiben. Wir haben ja schon oft berichtet, dass Hawaii sich in vielem nicht sehr vom amerikanischen Festland unterscheidet. Gerade auf Oahu gibt es für unseren Geschmack zuviele der überall anzutreffenden Ketten und sogenannten "Big Box Stores" wie Walmart und Target, aber dann entdecken wir auch immer wieder wirklich einmalige Sachen.
Eines der offensichtlicheren typisch hawaiianischen Phänomene ist die Sprache. Englisch und Hawaiianisch gelten nämlich als offizielle Sprachen des Bundesstaates. Nun ist es nicht so, dass im normalen Alltag viel Hawaiianisch gesprochen wird, nur auf der sich in Privatbesitz befindenden Insel Niihau wird exklusiv in Hawaiianisch kommuniziert. Auf den anderen Inseln fließen aber ständig hawaiianische Begriffe ins Englische ein. Für "danke" hören wir stets "Mahalo" und zur Begrüßung "Aloha". Auch fast alle Orts- und Straßennamen sind hawaiianisch.
Da die hawaiianische Sprache über eines der kürzesten Alphabete der Welt und wenig Phoneme verfügt, klingt für uns vieles gleich oder ähnelt sich so sehr, dass wir uns Ortsnamen oft nur schwer merken können; ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es gleiche Ortsbezeichnungen auf den unterschiedlichen Inseln gibt. Wie im Deutschen gibt es häufig zusammengesetzte Wörter. Eines der besten ist: Humuhumunukunukuapua'a, ein hawaiianischer Fisch. Die Aussprache ist mit Deutschkenntnissen recht einfach. Es gibt 5 Vokale (a, e, i, o, u) und sieben Konsonanten (h, k, l, m, n, p, w) und den sogenannten 'okina. Das ist nicht etwa ein Apostroph, sondern hilft bei der Aussprache. Er zeigt an, wo der Sprecher pausieren muss. Die korrekte Schreibweise von Hawaii ist eigentlich Hawai'i, d.h. der Sprecher stoppt kurz nach Hawai (ai wird wie das deutsche ei gesprochen in diesem Fall), um nach kurzer stiller Pause das ausklingende "i" zu betonen. Ein Längsstrich über einem Vokal bedeutet, dass es sich um einen langgesprochenen Vokal handelt.
Hawaiianisch gehört zur Gruppe der polynesischen Sprachen. Bis zur Ankunft der Missionare in Hawaii um 1820 existierte es nur als gesprochene Sprache. Die Missionare benutzten dann das lateinische Alphabet, um sie zu verschriftlichen. Hawaiianisch war fast vom Aussterben bedroht, aber mittlerweile steigt das Interesse, die Sprache für kommende Generationen zu erhalten. Es gibt wieder Sprachkurse an der Uni und an Highschools und Kindergärten, in denen nur Hawaiianisch gesprochen wird.
Angelika Die Deutschen führen in letzter Zeit erhitzte Diskussionen bezüglich Google Street View. Die Google-Autos fotografieren Straßenzüge und Häuser ab, um die Fotos dann ins Internet einzuspeisen, wo Benutzer sie jederzeit und von überall her abrufen können. Ich muss gestehen, dass ich Google Street View andauernd benutze und es äußerst praktisch finde. Einige Reaktionen fand ich deshalb etwas überzogen. Doch kritisch zu hinterfragen, wer wie welche Daten des öffentlichen Raums nutzt, ist andererseits eine gute Idee.
Dabei fiel mir auf, wie unterschiedlich das Thema Datenschutz in den USA und Deutschland gehandhabt wird. Amerikaner gelten ja in der Regel als freiheitsliebend mit gesundem Misstrauen gegenüber staatlicher Einmischung. Es gibt kein Meldegesetz und keinen Personalausweis, wobei der Führerschein in der Praxis an die Stelle eines deutschen Personalausweises tritt. Man sollte nun meinen, dass dies dazu führt, dass Datenschutz in aller Munde ist, aber wir erleben hier immer wieder, dass keiner so richtig darüber nachdenkt.
In Arztpraxen fragen Sprechstundenhilfen immer noch beim ersten Besuch nach unserer Sozialversicherungsnummer (Social Security Number) und gucken uns schief an, wenn wir sie nicht herausrücken. Dabei blüht der Missbrauch mit den Nummern, mit denen Kriminelle sich als jemand anders ausgeben und erheblichen finanziellen Schaden anrichten können ("Identity Theft"). Daher dürfen Krankenkassen diese Nummern nicht mehr zur Identifizierung des Patienten benutzen und somit braucht der Arzt sie eigentlich auch nicht.
Seit einiger Zeit nutzen manche Unternehmen gar Fingerabdrücke zur Identifizierung ihrer Kunden. Ich staunte nicht schlecht, als unser Fitness-Center "24 Hour Fitness" neulich kleine Kästen am Eingang aufstellte. Eine freundliche Mitarbeiterin wies mich darauf hin, dass ich von nun an meine Mitgliedskarte nicht mehr mitzubringen bräuchte, wenn ich bei ihrem "Cardless Check-In" mitmachen würde. Das ginge ganz problem- und schmerzlos: Nach dem Scannen meiner beiden Zeigefinger müsste ich mir nur einen 10-stelligen Code ausdenken und dann zukünftig immer nur meinen rechten oder linken Zeigefinger auf den Scanner legen, den Code eingeben und schwupp-di-wupp ins Fitness-Center marschieren.
Dankend lehnte ich ab, denn mir reicht es schon, dass ich meine Fingerabdrücke damals für die Greencard hergeben musste und jedes Mal, wenn ich in die USA einreise, die Einwanderungsbehörde erneut meine Fingerabdrücke will. Die Mitarbeiterin bei "24-Hour-Fitness" guckte dann auch nicht mehr so freundlich, denn das Unternehmen baute zwar die Scanner für die Fingerabdrücke auf aber gleichzeitg die alten Barcode-Scanner ab, die bis dato die Mitgliedskarten lasen. Das bedeutet, dass die "24-Hour-Fitness"-Mitarbeiter die Nummern auf den Kundenkarten ab sofort von Hand in den Computer eingeben müssen.
Meiner Meinung nach ist das eine ganz bewusste Gängeltaktik der Firma, um möglichst viele Kunden von ihren Mitgliedskarten zu trennen, obwohl natürlich das Abgeben der Fingerabdrücke freiwillig geschieht. Das Unternehmen versichert dann auch, dass es die Fingerabdrücke nicht speichert, aber wie mein Computerfachmann Michael daheim immer betont, ist letztendlich alles knackbar. Der Perlmeister weigert sich übrigens auch, seine Fingerabdrücke "24 Hour Fitness" zur Verfügung zu stellen. Und bevor ich jetzt wieder böse Zuschriften bekomme: Ich weiß selbst, dass uns niemand zur Mitgliedschaft in diesem Fitnessstudio zwingt. Was ich aber eigentlich erzählen wollte: Es erstaunte mich sehr, wie bereitwillig die meisten Mitglieder, ohne die neue Methode zu hinterfragen, ihre Fingerabdrücke abdrückten. Zumindestens haben dies meine privaten Studien ergeben, zwei Drittel nutzen die neue Methode schon.
Und, der Oberclou: Neulich las ich in der Zeitung, dass einige Kindergärten (hier "Preschools" genannt) in der Stadt Richmond, nordöstlich von San Francisco, ihre Kleinen mit Microchips in deren T-Shirts ausstatten. Der Chip gibt darüber Auskunft, ob das betreffende Kind anwesend ist, wo es sich im Gebäude aufhält und ob es am Mittagessen teilgenommen hat. Da bin ich aber froh, dass es das zu unseren Zeiten noch nicht gab.
Michael Privat fahren wir bekanntlich zwei japanische Autos vom Typ "Acura Integra": den alternden PERLMAN und die neuere "Rakete" mit dem VTEC-Höllenmotor. Bei Fahrzeugen lege ich Wert auf sportliche Beschleunigung, sichere Kurvenlage, und stabiles Handling. Buchen wir uns einen Mietwagen, wähle ich meist den billigsten, da kaum ein Autovermieter selbst gegen vertretbaren Aufpreis andere Modelle anbietet als Exemplare die der untersten Stufe der Automobilevolution: die amerikanischen Marken Chevrolet und Dodge. Chevrolet (oder kurz "Chevy") produziert scheppernde Familienkutschen, während Dodge angsteinflößend aussehende aber leider abzuglahme Benzinschleudern fabriziert. Neulich auf Hawaii hatte Alamo kein Billigauto mehr und bot uns deshalb ohne Aufpreis ein Muskelauto ("Muscle Car") vom Typ Dodge Charger an.
Die bullig geschnittene Karosserie trifft sicher den Geschmack jugendlicher Mantafahrer und in der Tat zieht das Auto zügig von der Ampel weg und bietet recht stabiles Handling im unteren Geschwindigkeitsbereich. Tritt man allerdings bei 35mph (50 km/h) aufs Gas tut sich erst einmal gar nichts und tritt man durch, heult der Motor auf, weil die Automatik erst runterschalten muss, damit man zügig auf 65mph (100km/h) kommt. Und das bei einem 6-Zylinder mit 250 PS! Würde ich mir definitiv nicht kaufen, damit verliert man ja gegen jeden Fußballmutti-Minivan auf dem Freeway.
Und was generell bei Dodge-Autos nervt, ist der katastrophal eingeschränkte Überblick vom Fahrersitz aus. Die Motorhaube beim Charger ist so hoch und lang, dass man unmöglich das vordere Ende des Fahrzeugs absehen kann. Der linke Holm des Vorderfensters ist bei allen Dodge-Modellen gute 5 cm dick und behindert die Sicht beim Abbiegen. Das hintere Seitenfenster ist rein aus Schicklichkeitsgründen unmöglich klein und verhindert, dass der Fahrer beim Spurwechsel mit einem Blick über die Schulter den toten Winkel prüft. Es wundert nicht, dass Amerikaner mit diesen Autos wie Fahranfänger herumgurken und 5 Minuten zum Ausparken brauchen.
Neulich in Las Vegas hatte ich beim Autovermieter "Dollar" gegen Aufpreis einen Toyota Prius gebucht, nur um einmal auszuprobieren, wie dieses Hybridauto sich so fährt. In der Tiefgarage stellte sich dann heraus, dass kein Prius auf Lager war. Um meinen Ärger zu besänftigen, schlug der Adjutant vor, dass man mir am Schalter selbstverständich die Differenz zurückerstatten würde. Oder, ich könne einfach irgendein anderes Auto wählen. Angelika machte sich schon auf zum Schalter, doch ich zögerte: "Hmm ... was haben sie denn so?". Man versicherte mir, ich könne jedes Auto haben, inklusive der in der sogenannten "Hot Row" (heiße Reihe), wo ein Mercedes E300, einige amerikanische Muskelautos, SUVs, sowie ein unscheinbarer japanischer Flitzer standen. Angelika hatte Bedenken, ob unsere Kreditkarten-Teilkasko den Mercedes decken würde und so deuteten wir auf den "Infinity G37", einem Gefährt mit schlappen 300 PS, wie sich später herausstellte. Das war ein Wägelchen! Selten habe ich eine so gute Automatik erlebt, die zog ohne Motorheulen schön kontinuierlich ab. Ohne Frage ein weiterer Punkt im Wettbewerb Japan gegen USA, und der Infinity könnte durchaus unser nächstes Auto werden.
Michael Unser altes Zweitauto "PERLMAN" ist nun schon 19 Jahre alt und laut Gebrauchtwagentabelle nur noch 1.200 Dollar wert. Als es neulich Zicken machte, und ich Kühlmittel nachfüllte, tropfte letzteres gleich wieder unten raus. Klarer Fall: Undichter Kühler, und den zu erneuern kostet rund 600 Dollar in einer Autowerkstatt in San Francisco.
Ein Blick auf die Webseite der Autoteilefirma Autozone enthüllt, dass ein neuer Kühler aber nur $139 kostet und sogar eine Einbauanleitung mit Farbillustrationen kann man dort herunterladen. Die Firma "Kragen" bietet ein ähnliches Sortiment an, aber aus der Radio- und Fernsehwerbung war mir der Slogan "Get in the Zone - Autozone!" ein Begriff. Außerdem ist Kragen etwas teurer und in Großstädten verbreitet, während die nächste Autozone-Filiale etwa 20km südlich von San Francisco in dem Ort Millbrae, gleich neben dem SFO-Flughafen, liegt. Dort kaufte ich nicht nur den Kühler sondern auch noch eine kleine Wanne zum Auffangen des Kühlmittels.
Dann nahm ich mir sicherheitshalber einen Tag Urlaub, denn die Reparatur musste abgeschlossen werden, konnte ich doch Perly Perlman nicht ohne Kühler herumstehen lassen. Unter dem Licht einer Campinglampe, die den Motorraum erhellte, ließ ich dann die Kühlflüssigkeit durch das Auslassventil in die Wanne ab, schraubte den am Kühler befestigten Lüfter ab und entfernte die zu- und ablaufenden Kühlschläuche. Heraus kam der alte Kühler, und eine Stunde später war der neue reingeschraubt und angeschlossen.
Den abgewrackten alten Kühler nahm der Autozone-Laden tags darauf klag- und kostenlos zum Entsorgen entgegen, und Perly Perlman läuft nun wieder wie ein junges Fohlen. Dergleichen Reparaturen sind heutzutage leider nur bei Autos älterer Baujahre möglich. Mit dem ganzen Computerquatsch im Motorraum heutiger Modelle braucht man wahrscheinlich schon zum Ölmessen ein Spezialgerät, das selbstverständlich nur die Wucherwerkstatt des Vertragshändlers parat hat. Und die sogenannten Aftermarket-Teile, also nicht originale aber kompatible Ersatzteile wie mein neuer Kühler, bei denen öfter mal ein paar Schrauben mehr dran sind, weil sie auf mehrere Fahrzeugtypen passen, können die Billigfabrikanten nur herstellen, wenn sie nicht geheimniskrämerisch computerisiert sind.
Das rief vor einiger Zeit die Bürgerinitiative Right To Repair auf den Plan. Der Computerschnickschnack hält nicht nur Hobbybastler vom Reparieren ihrer Mühlen ab, sondern treibt auch preiswerte unabhängige Autowerkstätten in den Ruin, denn für diese lohnt es sich nicht, allerlei Spezialwerkzeug und -software für hunderte verschiedener Fahrzeugtypen anzuschaffen. Die Initiative sammelt Unterschriften für eine Petition und auf der Webseite kann man den beiden kalifornischen Senatoreninnen Feinstein und Boxer, sowie dem Präsi gleichzeitig mit einem Klick eine geharnischte Email senden. Obama, hilf!
Michael Amerikanische Schokolade ist ja nicht so mein Ding, ich mag lieber aus Deutschland importierte Milka Noisette. Doch mit einer neuen Erfindung haben die amerikanischen Schokomagnaten die deutschen jetzt zumindest in einem Marksegment hinter sich gelassen: Die flüssige Schokolade von Hershey's, die nach wenigen Sekunden an der Luft erstarrt.
Ein bisschen Schokosauce aus der Flasche auf die Eissorte "French Vanilla" von Trader Joe's getropft, und nach kurzer Zeit umhüllt ein brüchiger Schokoladenmantel das milchige Eis und ist ist eine Lust, mit dem Löffel darin herumzustochern, abgebrochene Stücke in den Mund zu schieben und dort schmelzen zu lassen oder darauf herumzuknuspern. Statt Schoko ist auch eine Flasche mit Erdnussbuttersoße (Marke "Reese") im Handel, die ich allerdings noch nie probiert habe.
Für diese Erfindung verdienen die Schokoforscher von Hershey's eigenlich den Nobelpreis. Die Rundbriefredaktion lässt sich nicht lumpen und vergibt für "Hershey's Shell" die begehrte Toppprodukt-Trophäe!
Michael Unsere Abteilung bei Yahoo wurde vor einem halben Jahr in eines der drei großen Gebäude direkt neben dem Great-America Vergnügungspark an der 101-Autobahn verlegt. Das bietet den Vorteil, dass man, während man vom Parkplatz zum Büro läuft, achterbahnfahrende Leute kreischen hört, zog aber den Nachteil mit sich, dass die Kantine dort leider nicht meinen hohen Ansprüchen genügt.
Aus diesem Grund finden sich in der Mittagspause oft kleine Grüppchen zusammen, um zu nahegelegenen Restaurants zu fahren und dort regionale Spezialitäten zu schnabulieren. Ein Geheimtipp: Der mongolische Grill am El Camino 3380. Dort wählt man an einem Buffet rohes Fleisch und Gemüse aus, legt alles auf zwei verschiedene Teller, und fügt ein paar Löffel verschiedener Soßen (Soja-, Chili-, Knoblauch-, Barbequesauce, sowie Sesamöl) hinzu. An der Wand stehen einige bewährte Rezepte für unerfahrene Kunden, samt der Versicherung, dass es der Laden schon "recht" machen würde, falls ein Kunde seine Zutaten mit einer völlig unmöglichen Soßenkombination in eine ungenießbare Pampe verwandelt.
Am Ende des Buffets befindet sich auf einem fassartigen Tisch eine riesige kreisrunde Herdplatte. Zwei Herren stehen sich dort gegenüber, schnappen sich die Kundenteller und leeren jeweils eine Portion auf die Platte. Während sie kreisförmig und beide synchron um die Platte laufen, schubsen sie mit zwei 50cm langen Trommelstöcken die Kundenportion am Plattenrand einmal im Kreis herum, um sich dann einen frischen Teller von einem bereitstehenden Stapel zu greifen und das fertige Gericht kunstvoll mit den zwei Trommelstöcken von der Platte auf den Teller zu ziehen. Das Wasser läuft einem im Munde zusammen!
Das Restaurant betreiben ein koreanischer Professor mit seiner Frau, die jeden Tag so gut gelaunt sind, dass man glauben könnte, es gäbe keinen erfüllenderen Beruf, als ein Grillrestaurant zu betreiben. Es liegen Prospekte aus, auf denen man die Lebensgeschichte der beiden nachlesen kann, samt Ausführungen darüber, dass ihre Tochter professionell auf irgendeinem klassischen Kratzinstrument herumgeigt.
Das Grillgericht kostet mit einem Getränk so ungefähr $10, und angeblich darf man so oft nachfassen, wie man will. Statt zwei Tellern mit Zutaten nehmen wir uns übrigens immer gleich drei, da sagt niemand was. Nochmal der Name des Ladens, damit ihr ihn auch findet: El Camino Mongolian BBQ, 3380 El Camino Real, Santa Clara. Guten Appetit aus der Gourmet-Zone Kaliforniens wünschen
Angelika & Michael
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Fernsehen: | Survivor, The Shield, Curb your Enthusiasm, Hogan's Heroes, Queer Eye for the Straigth Guy, Mythbusters, The Apprentice, The Daily Show, Seinfeld |
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