17.10.2010   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 88  
San Francisco, den 17.10.2010


Abbildung [1]: Die Strandpromenade in San Diegos Stadteil "Pacific Beach"

Michael Über das Labor-Day-Wochenende düsten wir runter nach San Diego, um die dort gut fünf Grad wärmere Wassertemperatur im Ozean zu testen (statt 13 Grad schon annehmbare 18). In einem Surfshop liehen wir uns Hippie-Fahrräder aus, um zwei Stunden gemächlich an der Strandpromenade entlangzuradeln. Nach der Tour gaben wir die Räder zurück und entdeckten, dass der Laden auch Surfkurse anbot, für $80 konnte man anderthalb Stunden mit einem erfahrenen Surfer die Kunst des Wellenreitens erlernen, Wet-Suit (Neopren-Anzug) und Surfboard inklusive.

Abbildung [2]: Auf einem Cruiser-Bike lässt sich's gut am Strand entlang radeln.

Angelika war etwas skeptisch, aber ich meldete mich gleich für den nächsten Tag um 11 Uhr an. Mein Surflehrer stammte aus Barbados, einer Karibik-Insel bei Puerto Rico und redete genau wie Ali G. in der gleichnamigen Fernsehserie ein jamaikanisches Englisch zum Totlachen. Nach einer theoretischen Einführung in die Historie des Surfens (Hawaiianer habens erfunden) und Boardkunde (langes Brett ist leicht anzupaddeln und stabil, kurzes nur für Könner) ging's raus an den Strand zur Trockenübung: Der Länge nach kerzengerade auf das Board legen, die Arme abwechselnd und nahe am Board durchs imaginäre Wasser ziehen, dann rechts und links am vorderen seitlichen Boardrand festhalten und mit einem Satz in die Hocke springen. Dreimal probiert, dann ging's ab ins Wasser.

Abbildung [3]: Zuerst die Trockenübung mit dem Surflehrer ...

Der Wellengott meinte es gut an jenem Tag, denn alle 30 Sekunden kamen gleichmäßige 1.5m-Wellen herangefahren. Ich legte mich aufs Board, der Surflehrer drehte mich in Richtung Strand, rief "Paddle, paddle, paddle!" und ich paddelte los.

Abbildung [4]: ... dann ein paar missglückte Versuche ...

Die bereits zusammenbrechende Welle erfasste das Board kurz darauf, beschleunigte es erstaunlich gut und ich sprang erst in die Hocke und dann auf, und fuhr ein paar Meter in der auslaufenden Welle. Angelika hatte noch nicht einmal den Fotoapparat eingestellt. Dann folgten viele Fehlversuche mit spektakulären Stürzen ins Wasser, aber nach einer Weile klappte es zuverlässig.

Abbildung [5]: ... und nach einer Stunde bereits auf dem Board!

Mit dem Wet-Suit kann man es in San Diego (zumindest im September) übrigens gut im Ozean aushalten. Nur mit Badehose bekleidet braucht man 10 Minuten, um mehr als bis zur Hüfte einzutauchen, der Kälteschock ist nicht von Pappe. Beim Eintauchen meint man, es trifft einen der Schlag. Springt man dann in den Wellen herum, ist's gut auszuhalten, aber nach 20 Minuten erstarren dann doch die Beine. Ein Wet-Suit lässt hingegen nur eine dünne Wasserschicht zwischen dem Neopren des Anzugs und der Haut zu, die der Körper mühelos erwärmt. Außerdem heizt die Sonne den schwarzen Anzug auf und man kann wirklich stundenlang in 18 Grad kaltem Wasser herumplanschen.

Abbildung [6]: Die Penner an der Strandpromenade dürfen nur ein paar Stunden verweilen, dann werden sie aufgescheucht.

Im Sommer herrschen in San Diego bis in die tiefe Nacht hinein Temperaturen von fast 30 Grad. Wie in Städten mit angenehmem Klima üblich, siedeln sich auch in San Diego haufenweise Penner an, die dann dort am Strand herumlungern. Die Ordnungsbehörde sieht das natürlich nicht gern, denn zuviele Penner schrecken Touristen ab. Deshalb fahren Uniformierte mit Elektroautos den ganzen Tag Patrouille und scheuchen die Penner auf, wenn etwa zwei Stunden abgelaufen sind. In San Francisco malen die Politessen einen Kreidestrich auf die Reifen parkenden Fahrzeuge, um in Zonen ohne Parkuhr festzustellen, wer gerade erst angekommen ist und wer schon die Höchstparkdauer von zwei Stunden überschritten hat. Vielleicht nutzen die Penneraufscheucher ja ein ähnliches Verfahren, wir sind aber leider nicht dahinter gekommen.

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