Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Obwohl die nächste Präsidentschaftswahl erst im November 2016 stattfindet, stecken wir ein Jahr vorher schon wieder einmal voll im Wahlkampf. Das liegt an dem langwierigen Prozess der Vorwahlen in den USA, also dem Auswahlverfahren, mit dem die beiden Parteien, die Republikaner und Demokraten, jeweils ihren Kandidaten bestimmen. Diese müssen dazu ihre eigene Basis mobilisieren und geben sich oft radikaler in dieser Phase als sie eigentlich sind, denn so können sie punkten und sich in dem noch sehr unübersichtlichen Gemenge von ihren Konkurrenten absetzen.
In der deutschen wie auch in der amerikanischen Presse steht bei der republikanischen Partei Donald Trump ganz im Mittelpunkt. Durch seine laute und provokative Art, aber wohl auch durch seinen Bekanntheitsgrad hat er sich bei den republikanischen Kandidaten an die Spitze gesetzt. Jeder Politikwissenschaftler und auch viele Journalisten in renommierten Zeitungen wie der New York Times hielten das Phänomen Trump zunächst für einen schlechten Witz, der bald enden würde, aber Trump hielt sich und verärgerte dadurch auch das Establishment seiner eigenen Partei. Er lenkt von anderen Kandidaten ab, die auf nationaler Ebene eine größere Chance hätten, das Präsidenschaftsamt für die Republikaner zu sichern.
Trump als Spinner abzutun, ist ein wenig zu einfach. Ja, der Mann gebärdet sich unmöglich und gibt nur Platitüden von sich, aber unterschätzen sollte man ihn auch nicht. Selbst wenn er letztendlich geringe Chancen auf eine Nominierung hat, denn dafür hat er große Wählergruppen einfach zu sehr vor den Kopf gestoßen, heizt er den Wahlkampf an und drängt andere republikanische Kandidaten in den Schatten. Vor allen Dingen seine radikalen Ansichten zu illegalen Immigranten werden sich wahrscheinlich irgendwann rächen. Nicht nur seine Idee, eine Grenzmauer zwischen Mexico und den USA zu bauen und alle illegalen Immigranten zu deportieren, ist völlig unrealistisch. Hinzu kommt, dass die republikanische Partei die Stimmen der lateinamerikanischen Bürger braucht, die mittlerweile amerikanische Staatsbürger sind, um die Wahl zu gewinnen.
Aber Trump hat viele gründlich vergrault mit seinen Behauptungen, dass die meisten Illegalen Verbrecher wären. Noch dazu ist dies komplett falsch, denn die Kriminalitätsrate bei illegalen Einwanderern ist niedriger als bei der Durchschnittsbevölkerung. Das leuchtet ein, denn wenn man ohne legale Papiere im Land ist, will man möglichst wenig auffallen. Außerdem pflegen die Amerikaner mit lateinamerikanischer Herkunft weiterhin Verbindungen in ihre Herkunftsländer und finden es durchaus nicht lustig, wenn ihre Landsleute alle als kriminell eingestuft werden.
Doch wieso hat Trump überhaupt Erfolg? Er spricht scheinbar die republikanischen Wähler an, die völlig desillusiniert von Politikern in Washington sind und sich betrogen fühlen. Das ist die Gruppe der unteren Mittelschicht und der kleinen mittelständischen Firmenbesitzer, die ihre Jobs durch Immigration und Globalisierung bedroht sehen. Aber durchaus auch das rechtsradikalere Lager, das den Untergang der USA vorhersagt, weil sie sich als Weiße immer mehr in der Minderheit sehen. Trump ist der Außenseiter, der wie Ben Carson und Carly Fiorina, die ebenfalls auf eine republikanische Nominierung hoffen, noch nie ein politisches Amt inne hatte und gerade das macht ihn (wie auch Ben Carson und Cary Fiorina) für viele attraktiv. Sie vergessen dabei allerdings, dass auch Trump nicht wie eine Bulldogge im Weißen Haus agieren kann, denn es gibt immer noch einen Senat und ein Repräsentantenhaus und einen demokratischen Prozess, der Kompromisse verlangt.
Übrigens wollte Trump zunächst als Unabhängiger kandidieren und entschloss sich später für die republikanische Partei. Ich glaube ja immer noch, dass seine ganze Kampagne ein PR-Aktion ist und Trump auf einen erneuten guten Fernsehdeal wie damals bei der Hitshow "The Apprentice" (Rundbrief 05/2004) hofft, bei dem er dann mehr Geld herauspressen kann.
Bei den Demokraten hat sich auch ein Außenseiter ins Rampenlicht gekämpft, nämlich Bernie Sanders. Die Presse schenkt ihm weit weniger Aufmerksamkeit als Trump, aber seine Fangemeinde wächst stetig. Bei den Demokraten spricht er den eher linkeren Flügel an, also die Wähler, die zutiefst enttäuscht von Barack Obama sind, aber auch keine erneute Clinton-Dynastie wollen. Auch viele junge Leute begeistern sich für den 74-Jährigen. Im Gegensatz zu Trump glaubt er an den demokratischen Prozess und ist kein Neuling in Washington. Seit 2007 vertritt er den Bundesstaat Vermont im amerikanischen Senat. Von 1991 bis 2007 war er Kongressabgeordneter im amerikanischen Repräsentantenhaus. Auch als Bürgermeister agierte Bernie Sanders schon, nämlich in der Stadt Burlington in Vermont. Erst seit 2015 gehört er der demokratischen Partei an. Zuvor hatte er alle sein politischen Ämter als Unabhängiger bekleidet.
Seit über 40 Jahren kämpft er für soziale Gerechtigkeit und bezeichnet sich selbst als einen demokratischen Sozialisten, ein Wort, das in Amerika oft wie ein Schimpfwort benutzt wird. Bernie Sanders will gerechtere Löhne für alle, gerechtere und bessere Arbeitsbedingungen (zum Beispiel gesetzlich festgelegte Krankheitstage), eine universelle Krankenkasse und vor allen Dingen auch weniger Einfluss der Ultrareichen auf die Politik durch Parteispenden. Er lehnt deshalb auch Gelder von den sogenannten Super-Pacs ab (Rundbrief 11/2012) und finanziert seinen Wahlkampf durch kleine Spenden (unter $200) von ganz normalen Bürgern. Es bleibt spannend, wie weit es Bernie Sanders in der Vorwahlenrunde schaffen wird. Die Clinton-Maschinerie wird alles daran setzen, eine Sanders-Nominierung zu verhindern. Paradoxerweise liegt er nicht gerade vorn bei den Minderheiten, obwohl seine Politik positive Auswirkungen auf diese Bevölkerungsschichten hätte. Im fehlt einfach der Bekanntheitsgrad in diesen Kreisen.
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