Angelika/Mike Schilli |
Neue Bay Bridge: Endlich fertig
Briefwahl aus dem Ausland
Weirdstuff Wertstoffhof
People Behaving Badly
Venice Beach
Poke
Toppprodukt: Das Jawbone Up-Band
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Angelika Vor etwa 24 Jahren, genauer am 17. Oktober 1989, rüttelte ein Erdbeben der Stärke 6,9 San Francisco durch. Zum Opfer fiel ihm ein Teil der Bay Bridge, die San Francisco mit Oakland verbindet. Ein Stück der oberen Fahrbahn krachte dabei auf die untere und eine Autofahrerin kam dabei auf der Brücke zu Tode. Es war gleich nach dem Erdbeben klar, dass die Brücke die nächste Schockwelle nicht mehr überstehen würde und deswegen dringend ersetzt werden musste. Und damit begann der Streit, um eine neue Brücke: Kosten, Design, Hängebrücke, ein- oder wieder doppelstöckig, mit Fahrrad- und Fußgängerweg oder ohne? Um Alles und Jedes wurde gefeilscht. Erschwerend kam hinzu, dass zwei Städte, nämlich San Francisco und Oakland, sich einigen mussten. In beiden regierten Bürgermeister mit überdimensioniertem Geltungsbewusstsein, Willie Brown in San Francisco und Jerry Brown, der jetzige Gouvernor von Kalifornien und damalige Bürgermeister von Oakland. Aber am Dienstag, dem 3. September 2013, nach fast 24 Jahren Baudrama, eröffneten die Verantwortlichen schließlich die neue Brücke.
Nur der östliche Teil ist neu, also der Abschnitt der Oakland mit Yerba Buena Island in der Mitte verbindet. Der westliche Teil, der den Autofahrer dann wieder übers Wasser nach San Francisco leitet, blieb bestehen. Dieser ürsprüngliche Brückenteil stammt aus den 30er Jahren, als die Brücke eröffnet wurde, allerdings wurde er erdbebensicherer gemacht. Ingenieure tauschten zum Beispiel tragende Stahlelemente aus. Im Januar 2002 begann der Neubau des neuen östlichen Brückenabschnitts, der parallel zu der alten Brücke verläuft. Und das Drama ging weiter: 2009 fanden Ingenieure bei Kontrollen Risse in einem Stahlträger (Rundbrief 11/2009), worauf heftige Diskussionen entbrannten, ob es sich bei dem Stahl für den neuen Teil, der aus China kam, um ein Billigprodukt "Made in China" handelte. Kurz vor der Fertigstellung der Brücke entdeckten Ingenieure, dass die riesigen Stahlbolzen, die die neue Brücke im Fall eines Erdbeben stabilisieren sollen, bereits Risse aufwiesen. Die Bolzen kamen allerdings dieses Mal nicht aus China sondern von einer amerikanischen Firma. Wieder gab es Streit: Kann man die Brücke überhaupt eröffnen oder müssen die defekten Bolzen erst repariert werden? Man einigte sich schließlich, dass es gefährlicher wäre, während eines Erdbebens über die alte Brücke zu fahren, als über die neue mit den defekten Bolzen, auch wenn deren Reparatur Monate in Anspruch nehmen wird. Nicht gerade vertauenserweckend, das ganze Unternehmen. Wegen der Misere sagte man allerdings kurzerhand die groß geplante Eröffnungsfeier ab, was ich persönlich sehr schade fand.
Nun musste aber noch der neue östliche Teil mit dem alten westlichen Teil verbunden werden. Um dies zu vollbringen, schloss man kurzer Hand die gesamte Brücke über das verlängerte Labor-Day-Wochenende für schlappe fünf Tage. Es war ein Wunder, dass nicht alles zum Erliegen kam, denn schließlich fahren täglich 240.000 Autos über die Bay Bridge. Ab Mittwoch, den 28. August durfte ab 20 Uhr kein Fahrzeug mehr auf die Brücke, egal in welche Richtung. Da ich an diesem legendären Mittwoch in der East Bay arbeitete, fuhr ich gegen 6 Uhr abends noch ein letztes Mal drüber. Dabei kam bei mir tatsächlich ein bisschen Sentimentalität auf. Während ich über die Brücke brauste, warteten schon schwere Baufahrzeuge am Straßenrand. Nach fünf Tagen Schließung war es am Dienstag in den frühen Morgenstunden dann soweit: die Polizei ließ die ersten Autofahrer auf den neuen östlichen Teil. Auch ich kam am Dienstag gleich in den Genuss. Die neuen weißen Brückenpfeiler strahlten dabei mit der Sonne um die Wette.
Das absolut Beste ist aber, dass Fußgänger und Radfahrer jetzt tatsächlich Zugang zum neuen östlichen Teil der Brücke haben. Ein Fuß- und Radweg macht es möglich. Das mussten Michael und ich natürlich letztes Wochenende gleich ausprobieren. Der Fußmarsch ist nicht ohne, denn der Weg zieht sich schon über 3 Kilometer hin bis man überhaupt die Brücke erreicht. Hin und zurück brachten wir es auf weit über 13 Kilometer. Gegenüber von Ikea in Emeryville geht der Weg los, führt dann durch rustikal aussehende Industriegebiete und Autobahnbrücken auf die Bay Bridge. Der Parkplatzwart tobt natürlich ein wenig, weil viele auf dem Ikea-Parkplatz parken, um sich auf die Wanderung zu begeben, aber ich behaupte, dass das ein Bombengechäft für Ikea ist, denn auch wir sprangen nach dem Fußmarsch schnell noch zu Ikea rein, nach dem Motto: Wenn wir schon einmal da sind. Ein weiteren Zugang führt von Oaklands Maritime Street auf die Brücke.
Die Wanderung bietet tolle Ausblicke auf das Wasser, San Francisco und die alte Brücke, die jetzt während der nächsten paar Jahre stückweise abgebaut wird. Wir staunten, wieviele Leute unterwegs waren: Eltern mit Kinderwagen, Kinder auf Rollern, Fahrradfahrer, Jogger und Fußgänger. Zur Zeit endet der Fußweg noch kurz vor Yerba Buena Island. Deshalb nennen wir Einheimischen ihn auch liebevoll "Steg", denn die alte Brücke muss erst weg, bevor der Fuß- und Radweg an Yerba Buena Island andocken kann. Allerdings geht er dann immer noch nicht weiter bis nach San Francisco, aber es hat sich schon eine Lobby dafür gebildet. Alex Zuckermann von der East Bay Bike Coalition haben wir für den Fuß-und Radweg zu danken. Er kämpfte sein Leben lang in politischen Gremien dafür, die Bay Bridge für Fahrradfahrer zugänglich zu machen. Leider starb er 2007 in Alter von 86 Jahren und kam deshalb nicht mehr dazu, die Bay Bridge zu erradeln. Aber der Fuß-und Radweg ist nach ihm benannt und er hätte sicherlich seine helle Freude daran gehabt, zu sehen, wie beliebt er bereits ist.
Angelika Da wir ja nur eine amerikanische Greencard besitzen und nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft, dürfen wir in den USA nicht wählen. Aber Deutsche mit Wohnsitz im Ausland können per Briefwahl an der Bundestagswahl in Deutschland teilnehmen. Dazu muss man nach Vollendung des 14. Lebensjahrs mindestens 3 Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben und dies darf noch nicht länger als 25 Jahre her sein. Oder es ist nachzuweisen, dass man sich persönlich mit den politischen Verhältnissen in Deutschland auskennt, wobei ein Merkblatt extra darauf hinweist, dass es dabei nicht ausreicht, deutsche Medien im Ausland zu konsumieren.
Nun ja, 25 Jahre sind wir ja dann doch noch nicht hier, also haben wir heuer per Briefwahl gewählt. Ich hatte schon einmal berichtet, dass wir nicht etwa einfach die Briefwahlunterlagen beim deutschen Konsulat in San Francisco abholen können (Rundbrief 09/2002). Nein, nach den Wahlinformationen für Auslandsdeutsche mussten wir zunächst einen Antrag zur Aufnahme ins Wählerregister stellen. Dazu lädt man einfach von obiger Webseite den Antrag als PDF-Dokument herunter. Neben dem Namen, Geburtsdatum, der Passnummer und der aktuellen Adresse im Ausland musste auch die Adresse drauf, unter der wir zuletzt in Deutschland gemeldet waren, mit dem Abmeldedatum.
Wie gut, dass ich immer alles aufhebe und abhefte. Dann mussten wir natürlich noch versichern, dass wir schon 18 und somit wahlberechtigt sind und die oben genannten Bedingungen erfüllen, um als Deutsche im Ausland wählen zu dürfen. Dann schickten wir unsere Anträge an das Wahlamt unseres letzten Wohnsitzes, was bei mir München war, und bei Michael lustigerweise Augsburg. Stichtag für den Eingang des Antrags war dieses Jahr übrigens schon der 2. September, denn das Ganze muss schließlich bearbeitet werden. Wir hatten schon Bedenken, ob irgend jemand unsere Anträge überhaupt ernst nehmen würde, aber deutsche Amtsstuben arbeiten nach wie vor wie die Uhrwerke, denn zu unserem Erstaunen kamen von beiden Wahlämtern nach einigen Wochen richtig frankierte und adressierte Umschläge mit den Wahlunterlagen in San Francisco an!
Also zückten Michael und ich die Kugelschreiber, um unsere Kreuze zu machen, und tüteten alles wieder in die entsprechenden farbigen Briefumschläge ein. Dabei kommt der Wahlzettel in einen anonymen Umschlag, den man zupappt und in den Rückumschlag steckt. Das stellte sich bei den Augsburger Wahlunterlagen als schwierig heraus, da der Rückumschlag genauso groß wie der Wahlumschlag war! Die Münchner hatten die Umschläge so dimensioniert, dass der kleine Wahlumschlag in den etwas größeren Rückumschlag passte.
Richtig frankiert ($1.10) schickten wir die ausgefüllten Unterlagen wieder auf den Weg zurück über den großen Teich. Hoffen wir mal, dass sie gut angekommen sind. Wir haben im Spiegel gelesen, dass es mittlerweile als salonfähig gilt, nicht zu wählen. Wir hoffen ihr gehört nicht dazu. Also an die Wahlurnen, denn jede Stimme zählt!
Michael Bis vor wenigen Jahren gingen Amerikaner mit Umweltschutz oder Recycling eher achselzuckend um, aber mittlerweile ist es extrem angesagt, "Green" zu sein. In früheren Rundbriefen haben wir schon darüber berichtet, wie man alte Fernseher los wird (Rundbrief 12/2010) oder unsere Mülltonnen (Rundbrief 02/2006) in San Francisco getrennt belädt.
Für Computerschrott steht im Silicon Valley in der Stadt Sunnyvale (direkt um die Ecke bei Yahoo) in einem Lagerhallenviertel an der Adresse 384 West Caribbean Drive ein unscheinbares Geschäft namens Weirdstuff. Arbeiter nehmen am Hintereingang nicht mehr benötigte Komponenten an, und der Laden vorne bietet noch brauchbare Teile schön sortiert in langen Regalen für kleines Geld feil.
Ich bastle bekanntlich gerne und schraube schon mal exotische Komponenten zu neuen Erfindungen zusammen. Wenn man dazu Komponenten oder auch nur Metallteile wie Halterungen im normalen Computerladen kauft, zahlt man richtig dick dafür. Meist tut's aber auch ein gebrauchtes Teil, das ich dann in der Mittagspause bei Weirdstuff kaufe. In dem Laden geht's auch nicht so genau zu, da pappt auf einer Ware schon öfter mal kein Preisschild und wenn man es zur Kasse trägt, fragt mich der Verkäufer etwa "2 Bucks okay?" worauf ich "Sure" sage und ihm zwei Dollar plus Tax (2 Dollar und 18 Cents) gebe. Fertig ist der Lack, das Teil hätte neu sicher 10 Dollar gekostet.
Am Hintereingang abgegebene unbrauchbare Teile leitet Weirdstuff dann vermutlich an ein Recycling-Center weiter, das Monitore auseinander nimmt und Platinen zerschnetzelt und getrennt entsorgt. Alte Komponenten, die noch funktionieren, verkauft Weirdstuff dann im Laden vorne weiter. Die Jungs arbeiten anscheinend kostendeckend, den der Betrieb brummt und immer kruschteln Kunden in den Grabbelkisten. Eine Win-Win-Situation für alle!
Angelika Wenn man wie wir in einem Metropolengebiet lebt, braucht man oft viel Geduld, um den Alltag durchzustehen. Denn wenn zu viele Menschen enggepfercht zusammen leben, gibt es immer ein paar Idioten, die meinen, sie wären allein auf der Welt und für die Rücksichtnahme ein Fremdwort ist. Ich stehe mit dieser Meinung scheinbar nicht allein da, denn der lokale Fernsehsender Kron 4 strahlt während der lokalen 8-Uhr-Nachrichten immer ein Segment mit dem schönen Titel "People Behaving Badly" (also: Leute, die sich daneben benehmen) aus.
Der Reporter (Stanley Roberts) ist dabei mit seiner Kamera in San Francisco und Umgebung unterwegs und filmt Leute, die sich wenig um Gesetze oder die Regeln des Zusammenlebens scheren. Oft dreht es sich dabei um die verrückten Autofahrer in der Bay Area, so zum Beispiel Leute, die frech mit ihrem Auto an Bushaltestellen anhalten oder bewußt links abbiegen, obwohl sie wissen, dass es an der Kreuzung nicht erlaubt ist. Viele senden an der Ampel stehend schnell eine SMS, obwohl dergleichen in Kalifornien schon lange verboten ist. Das ist eine Unsitte, die mir auch jedes Mal den Blutdruck in die Höhe treibt, weil die Autofahrer absolut unkonzentriert sind und bei Grün entweder nicht in die Gänge kommen oder schon bei Rot losfahren.
Auch Hundebesitzer nimmt der Reporter gerne ins Visier, zum Beispiel dann wenn sie ihre Hunde in Naturschutzgebieten und Parks frei herumlaufen lassen, obwohl Leinenpflicht besteht. Die neue Bay Bridge scheint einigen auch zu Kopf gestiegen zu sein, denn Stanley Roberts erwischte reihenweise Autofahrer dabei, wie sie mit einer Hand munter Fotos schossen oder Videos drehten, während sie mit ungefähr 80kmh über die Brücke preschten. Einige hatten sogar einen Beifahrer neben sich sitzen. Hmmm, da fragt man sich schon, wo's hakt. Der Reporter arbeitet manchmal mit der Polizei zusammen und das Kamerateam filmt dann, wie der Polizist den Strafzettel ausstellt und atemraubende Ausreden aufgetischt bekommt.
Stanley Roberts nimmt ausschließlich Leute aufs Korn, die Dinge tun, die eigentlich illegal sind, aber über die sich nach ungeschriebenen kalifornischen Gesetzen erstaunlicherweise kaum ein Amerikaner sonderlich aufregt. Irgendwie wurmt es die Leute aber dann doch, und insgeheim schauen sie sich Stanley Roberts an, weil der als einziger vorwurfsvoll den Zeigefinger hebt.
Michael Einwohner der Stadt San Francisco und der umliegenden "Bay Area" können Los Angeles ja auf den Tod nicht ausstehen, aber wir stehen bekanntlich über solchen Vorurteilen und fahren hin und wieder runter. Dazu muss man sagen, dass der Amerikaner, wenn er "Los Angeles" sagt gar nicht nur die Innenstadt selbst meint, sondern eine Ansammlung von ein paar Dutzend Vororten, die sich lose zu einer Metropole zusammenkoppeln, in der 20 Millionen Menschen leben. Jeder dieser Vororte ist komplett anders, und wer Los Angeles queerbeet pauschal beurteilt, hat schlichtweg keine Ahnung.
Wir fühlen uns zum Beispiel in "Venice" sehr wohl. Diese Gegend von L.A. kennt ihr vielleicht wegen dem "Muscle Beach", an dem bekanntlich schon Arnold Schwarzenegger in den Achziger-Jahren seine Muskeln in dem öffenlichen Freiluft-Fitnesscenter am Strand stärkte. Heutzutage stemmt dort kaum noch jemand Hanteln, aber wir haben uns Fahrräder gemietet und sind am breiten Sandstrand entlang fast bis hoch nach Malibu gefahren. In Abbildung 16 seht ihr Angelika mit einem sogenannten Cruiser-Fahrrad, einer Art Hollandfietze mit extra breitem Sattel und bequem montierten Lenker zum langsamen Entlangdüsen an der Strandpromenade. Hat schlappe $20 pro Tag und Fahrrad gekostet. Zum Vergleich: Mietautos in Los Angeles kriegt man ebenfalls oft schon für $20 am Tag! Im Korb von Angelikas Fahrrad in Abbildung 16 liegt übrigens, wenn ihr das Bild vergrößert und genau hinseht, ein Rucksack mit einem unauffälligen "Y!"-Logo. Das ist, sagt's nicht weiter, das geheime Erkennungszeichen eines Yahoo-Mitarbeiters. Neulich hat uns in Las Vegas jemand deswegen im Hotelaufzug angesprochen.
Die Strandpromenade ist heutzutage eine interessante Mischung aus Touristen, gestrandeten Existenzen, zwielichtigen Gestalten und Obdachlosen. Im Winter braucht ihr da nicht hinzufahren, aber im Sommer ist dort echt die Hölle los. Am Strand kann sich jeder, der eine Trommel besitzt, den Trommlern von Venice Beach anschließen und stundenlang heiße Rhythmen hämmern. Händler bieten allen möglichen Krimskrams vom Henna-Tattoo bis zu bemalten Totenköpfen feil, in den Läden an der Promenade steht ein breites Sortiment zum Verkauf, von Touri-Läden mit T-Shirts mit anzüglichen Aufdrucken, über Tätowier-Studios, oder Doktoren, die für $40 ein Rezept für medizinisches Marihuana ausstellen, bis zum Haschpfeiferlgeschäft ist da eigentlich alles dabei.
Das Ganze ist nicht immer ganz aufgeräumt, die nicht gerade für ihre Zimperlichkeit bekannte Bullerei von L.A. ist ständig präsent und schreitet hin und wieder ein wenn eine verkrachte Existenz durchdreht, aber alles läuft erstaunlich gewaltfrei ab. In den dunklen Gassen abseits der Promenade sollen angeblich öfter Leute ausgeraubt werden, allerdings sind wir noch nie auch nur in eine annähernd brenzlige Situation geraten. Gut, gut, hin und wieder muss man mal über einen verrückten Obdachlosen steigen, der sich quer auf den Gehweg hingelegt hat oder ein Irrer schreit irre rum, aber wir sind aus San Francisco ja einiges gewöhnt und machen uns da weiter keinen Kopf.
Dann ist da noch die Nobelecke von Venice, von der der Ort seinen Namen hat: Das Viertel mit den kleinen Venedig-gleichen Kanälen. Dort stehen hauptsächlich Ferienhäuser der Superbonzen, die allerdings die meiste Zeit leer stehen, sodass das Ganze einen etwas gespenstischen Eindruck macht, obwohl die Häuser wirklich geschmackvoll gebaut und eingerichtet sind.
Los Angeles zeichnet sich vor allem durch eine Vielzahl von absoluten Weltklasserestaurants aus. Auch wenn auf den Straßen nicht immer alles blitzblank gewienert ist, unterliegt auch jede noch so kleine Spelunke dem strengen Gesundheitsamt der Stadt, das in regelmäßigen Abständen durch strenge Kontrollen sicherstellt, dass nach strikten Hygienevorschriften gekocht und serviert wird. Jedes Etablissement muss die vom Gesundheitsamt vergebene Sauberkeitsnote (von A-C) groß und breit im Fenster aushängen (Rundbrief 03/2009). Ich habe dort noch nie etwas anderes als ein "A" gesehen, alles andere würden die verwöhnten Einwohner von Los Angeles vermutlich niemals betreten.
Und das Essen ist tatsächlich spektakulär. Besonders in der Kategorie "Sushi" müsst ihr euch das so vorstellen: Sushi-Restaurants in der Bay Area rund um San Francisco sind im Schnitt ungefähr zehmal besser als in Deutschland. Was in Deutschland an Sushi serviert wird, würde man in der Bay Area nicht mal einem Hund vorsetzen. Fährt man dann runter nach Los Angeles, ist das Sushi auf einmal nochmal zehnmal so gut, unvorbereitete deutsche Touristen würden einen bleibenden Sushischock erleiden! Und wer jetzt meint "mein Gott, der Alte ist ja völlig übergeschnappt, mein superteurer Edeljapaner in München produziert erstklassiges Sushi", der schaut sich am besten die Dokumentation "Jiro -- Dreams of Sushi" an und lernt, dass zu erstklassigem Sushi weit mehr gehört, als frischen Fisch (den es in München ja nicht mal eingeflogen gibt!) in Scheiben zu schneiden. Rundbriefleser wissen mehr.
In Los Angeles herrscht eine gnadenlose Konkurrenz zwischen den Restaurants, es gibt so viele gute, dass die Leute total verwöhnt sind und sofort herummäkeln, wenn irgend etwas nicht hundertprozentig schmeckt. Das spornt auch den Betreiber der kleinsten Spelunke an, denn falls das Essen nichts taugt, spricht sich das schnell auf Internetseiten wie Yelp herum, und er kann den Laden wegen gähnender Leere dichtmachen.
Und natürlich schmeckt in einem brodelnden Topf gemischter Nationen wie Los Angeles internationales Essen allgemein ganz hervorragend. Ob das nun Sandwiches vom Miniladen um die Ecke sind, der Spanier in der kleinen Gasse oder ein deutsch angehauchtes Wurstetablissement namens "Wurstküche", in dem der Barmann Kellerbier der Firma "Zwickl" aus Bayreuth ausschenkt: Immer ist irgendein besonderer Kick dabei, damit sich ein Laden aus der unüberschaubaren Masse abhebt.
Angelika Poke haben wir schon vor geraumer Zeit bei einer unserer Reisen nach Hawaii entdeckt und da wir ja beide absolute Fans von rohem Fisch und japanischer Küche sind, traf dieses delikate hawaiianische Gericht gleich wohlwollend auf unsere Geschmacksnerven. Poke isst man seit Jahr und Tag auf Hawaii und das Gericht erfreut sich so großer Beliebtheit, dass man in jedem beliebigen Supermarkt auf Hawaii eine Poke-Theke findet, vergleichbar mit den Wurst- oder Käsetheken in Deutschland.
Poke bedeutet übersetzt "in kleine Stücke schneiden". Traditionell besteht es aus rohem, in Würfel geschnittenem Thunfisch, der mit Soßen und Gewürzen wie zum Beispiel Sojasoße, Sesamöl, Seesalz, oder hawaiianischem Seetang (limu) angereichert wird. Auch Mauizwiebeln, die sehr mild und fast etwas süßlich schmecken oder Knoblauch findet der Feinschmecker in dem Gericht. Es werden auch andere Fischsorten wie zum Beispiel Tintenfisch ("Tako Poke") zu Poke verarbeitet.
Wenn wir auf Hawaii sind, essen wir jeden Tag Poke und hier fehlt uns der leckere Fischsalat dann. Allerdings entdeckte Michael neulich, dass sein geliebter Costco in San Francisco doch tatsächlich frisch gemachtes Poke verkauft. Zwar nicht in der Auswahl und Vielfalt, die wir von Hawaii gewohnt sind, aber immerhin. So gibt es jetzt des öfteren bei uns am Wochenende Poke zum Mittagessen. Lecker!
Michael Den ganzen Tag nur im Büro zu sitzen ist ungesund, Bewegung tut gut und wirkt dem sonst unausweichlichen Trend zur Wampenbildung entgegen. Aber wieviel Schritte geht man tatsächlich so am Tag, waren es schon genug, oder sollte man im Fitnessstudio noch schnell eine halbe Stunde laufen oder einen Abendspaziergang drauflegen? Um das herauszufinden trage ich seit Anfang August das Armband in Abbildung 27.
Dieses sogenannte Up-Band von der Firma Jawbone misst wieviele Schritte ich pro Tag gehe und wie lange ich jede Nacht schlafe. Auf meinem Smartphone sehe ich dann in bunten Grafiken wieviele Kalorien ich verbrannt habe, wie lange ich untätig herumgesessen bin, und wie oft ich nachts aufgewacht bin. Außerdem kann ich das Band so einstellen, dass es mich mit leichtem Vibrieren weckt, wenn es ungefähr Zeit zum Aufstehen ist, aber ich nicht gerade im Tiefschlaf schlummere, sondern eh schon leicht herumzappele. Dann soll das Aufstehen angeblich weniger grausam sein.
Da Angelika ebenfalls ein Up-Band trägt, ihre Daten in ihr Mobiltelefon füttert, und sie für mich freigibt, kann ich ihre sportlichen Aktivitäten auf meinem Telefon mitverfolgen und bissige Kommentare abgeben, falls ihr Zähler am Abend immer noch nicht auf 10.000 steht. Das ist die empfohlene Anzahl der täglich zu absolvierenden Schritte, wer mehr oder weniger leisten möchte, kann dies entsprechend einstellen. Mit mehreren Leuten in einem "Team" spornt die Konkurrenz zu erstaunlichen Höchstleistungen an, jeder möchte den anderen überbieten. Bei Yahoo drehten die Leute tatsächlich extra morgendliche Jogging-Runden oder absolvierten am Wochenende Gewaltmärsche, um die Führung im Kollegenkreis zu übernehmen.
Das Up-Band misst lediglich die Beschleunigungsdaten während man beim Gehen oder Laufen mit den Armen schlenkert, kümmert sich also nicht darum, ob man tatsächlich von der Stelle kommt. Es funktioniert deswegen auch auf einem Fitnesstrainer oder Laufband einwandfrei. Die gemessenen Kilometer stimmen so ungefähr, und falls sie von der tatsächlich zurückgelegten Strecke abweichen, lässt sich das Band mit GPS-Daten vom Smartphone nachkalibrieren. Natürlich könnte man das Band leicht überlisten, indem man es an einem Haustier oder einem krabbelndem Kleinkind festbindet, aber das wäre ja dann Betrug!
Das neumodische Gadget ist mit $130 nicht ganz billig, und auch noch technisch nicht ganz ausgereift. Im Kreis meiner Arbeitskollegen gaben manche Bänder nach einer Weile den Geist auf. Aber das ist bekanntlich der Preis dafür, auf jeder Modewelle mitzureiten und neue Trends als Erster auszuloten. Das Band ist außerdem ein Hingucker, da fragen die Leute auf Parties gleich neugierig nach. Toppprodukt!
Grüße aus Europas Zukunft:
Angelika & Michael
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