Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Im Juni fällte der Supreme Court, also das oberste Gericht der USA, zwei wichtige Entscheidungen bezüglich der Homo-Ehe. Eine Privatperson namens Edith Windsor hatte gegen den sogenannten "Defense of Marriage Act" (abgekürzt DOMA) geklagt. Im Jahr 1996 von Clinton unterschrieben, entband es die Bundestaaten der USA von ihrer Pflicht, Ehen zwischen gleichgeschlechlichen Partnern anzuerkennen, obwohl die Ehen legal geschlossen worden waren (z.B. in anderen Bundesstaaten). Die Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern wurden durch DOMA somit rechtlich nicht den Ehen zwischen Mann und Frau gleichgestellt, weil DOMA die Ehe als rechtliche Verbindung zwischen Mann und Frau definierte.
Dies hatte empfindliche Auswirkungen für die bislang getrauten gleichgeschlechtliche Ehepaare, denn damit wurden ihnen wichtige Vergünstigungen auf Bundesebene verwehrt, wie zum Beispiel eine gemeinsame Steuererklärung als Verheiratete abzugeben, höhere Erbschaftssteuerfreibeträge, automatische Familienversicherungen bei der Krankenkasse und den Bezug von Witwen- oder Witwerrente. Auch die amerikanische Einwanderungsbehörde erkannte Homo-Ehen wegen DOMA nicht an, so dass gleichgeschlechtliche Eheleute bis dato kein Visum oder die Greencard durch den Ehepartner erwerben konnten.
Edith Windsor hatte ihre Partnerin Thea Spyer 2007 in Kanada geheiratet. Die beiden lebten aber im Bundesstaat New York. Als Thea starb, vermachte sie Edith ihr gesamtes Vermögen. Das amerikanische Finanzamt erkannte aber ihre in Kanada legal geschlossene Ehe nicht an und Edith musste über 360.000 Dollar Erbschaftssteuer zahlen, weil sie den Verheiratetenfreibetrag nicht geltend machen konnte.
Der Supreme Court gab ihr jetzt Recht. Er legte dar, dass DOMA gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ("due process clause") des 5. Zusatzartikels (5th amendment) der amerikanischen Verfassung verstösst und DOMA somit verfassungswidrig ist. Dieses Urteil ist historisch und bahnbrechend. Allerdings betonte der Supreme Court auch, dass weiterhin die einzelnen Bundesstaaten entscheiden, ob sie die Homo-Ehe legalisieren oder nicht. Dies wird zunächst zu beträchtlichen Verwirrungen führen, denn die unterschiedlichen Behörden arbeiten mit verschiedenen Regeln und Modellen, wenn es darum geht, Leistungen auf Bundesebene ("federal benefits") zu begründen.
So richtet sich die Einwanderungsbehörde zum Beispiel nach dem Grundsatz, dass Ehepartner und Familienangehörige wie zum Beispiel Kinder ebenfalls ein Visum oder eine Greencard erhalten. Dabei ist nur maßgebend, dass die Ehe legal geschlossen wurde, egal, ob in den USA oder einem anderen Land. Ihr erinnert euch vielleicht, dass Michael seine Greencard durch den Arbeitgeber erhielt und ich, weil ich mit ihm verheiratet bin, ebenfalls eine bekam. Dies gilt ab sofort auch für alle legal geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen.
Allerdings verfährt das amerikanische Finanzamt und die amerikanische Rentenkasse ("Social Security Administration") nach anderen Regeln. Hier gilt nämlich der Wohnsitz als entscheidend, um Leistungen zu erhalten, was bedeuten würde, dass nur die gleichgeschlechtlichen Ehepaare Leistungen erhalten, die in einem Bundestaat leben, in dem Homo-Ehen erlaubt sind. Ihr seht schon, dass da noch viele Fragen zu klären sind und es wahrscheinlich noch zu der ein oder anderen Klage kommen wird, bis endlich alle gleich behandelt werden.
Der zweite Fall, den der Supreme Court entschieden hat, beschäftigte sich mit dem kalifornischen Volksentscheid, der sogenannten Proposition 8 (Rundbrief 11/2008). Er legte 2008 die Homo-Ehe in Kalifornien auf Eis, denn durch den Volksentscheid definierte sich die Ehe in Kalifornien abermals ausschließlich zwischen Mann und Frau. Allerdings klagten die Gegner der Proposition 8 sofort und schon 2010 gab ihnen der Richter Vaughn Walker des US District Courts (Bezirksgericht) Recht. Die Proposition 8 sei diskriminierend und verstoße somit gegen die kalifornische Verfassung.
Das hatte allerdings nicht zur Folge, dass gleichgeschlechtliche Paare in Kalifornien wieder heiraten durften, denn die Behörden und Gerichte warteten geflissentlich ab bis sich der Rechtsfall den Weg durch die höheren Instanzen bahnte. Auch das Ninth Circuit Court of Appeals, das u.a. für Kalifornien in der höheren Instanz zuständig ist, stimmte im Februar 2012 zu, dass Proposition 8 verfassungswidrig sei und deshalb landete der Fall schließlich vor dem obersten Gericht der USA. Die Richter dort erklärten sich allerdings für nicht zuständig, denn der Staat Kalifornien trat nicht als Kläger auf, um Proposition 8 zu verteidigen (dies war schon der Fall bei der Entscheidung vor dem Ninth Circuit Court) sondern nur die Befürwörter der Proposition 8. Der US Supreme Court entschied, dass nur der Staat Kalifornien als Kläger auftreten kann bei einer Grundsatzfrage, die die kalifornische Verfassung betrifft und Privatleute nicht als offizielle Vertreter des Bundesstaates anzusehen sind. Es hob dadurch auch die Entscheidung des Ninth Circuit Court of Appeals auf, da dort ebenfalls der Staat Kalifornien nicht als Kläger auftauchte. Unangefochten bleibt deshalb die Entscheidung der ersten Instanz (Perry vs. Schwarzenegger), und da der Richter dort Proposition 8 als verfassungswidrig erklärt hatte, heiraten seit Ende Juni gleichgeschlechtliche Paare wieder fröhlich in Kalifornien. Der erste dieser Hochzeiten fand natürlich in San Francisco statt.
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