Angelika/Mike Schilli |
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Angelika San Francisco und die Bay Area verfügen ja über ein einigermaßen gut funktionierendes öffentliches Verkehrssystem. Es gibt Busse, Strassenbahn und U-Bahn. Die U-bahn-ähnliche BART (Bay Area Rapid Transit) fährt nicht nur in der Stadt und zum San Francisco Flughafen, sondern verbindet gerade die East Bay (Oakland, Richmond, Berkeley, Pleasanton usw.) mit San Francisco, wobei die Züge die Bay in einem Unterwassertunnel durchqueren.
Da San Francisco von Wasser umgeben ist, stößt man über kurz oder lang immer auf irgendeine Brücke, die zu überqueren ist, was zu Hauptverkehrszeiten dazuführt, dass die Brücken hoffnungslos verstopfen. Auf der Bay Bridge, die San Francisco mit Oakland, also der East Bay, verbindet, reihen sich Auto an Auto zu Stoßzeiten und der entnervte Autofahrer steht stundenlang im Stau. Die BART ist deshalb für viele eine prima Alternative. Mittlerweile benutzen an Wochentagen ungefähr 400.000 Menschen pro Tag die BART, was meiner Meinung nach immer noch zu wenige sind, aber das Fahrgastaufkommen hat sich über die letzten 15 Jahre immerhin verdoppelt. Was für ein wichtiges Transportmittel BART mittlerweile ist, bekamen wir in den letzten Wochen deutlich zu spüren. Die BART-Mitarbeiter streikten nämlich vom ersten bis zum vierten Juli.
Streiks kommen in Amerika relativ selten vor, da die Gewerkschaften völlig ausgehöhlt wurden. Der letzte BART-Streik ist zum Beispiel 16 Jahre her. Dennoch gibt es sie noch. BART-Angestellte sind, etwas vereinfacht ausgedrückt, Angestellte des öffentlichen Dienstes des Bundesstaates Kaliforniens. Die BART finanziert sich nämlich neben dem Fahrkartenverkauf aus Steuergeldern, ist also keine private Firma.
Worum ging es den Streikenden? Natürlich zunächst einmal um Gehaltserhöhungen, aber auch um Sozialleistungen (in Amerika "benefits" genannt). Das wird euch jetzt vielleicht stutzig machen, aber da in den USA viele der Sozialleistungen nicht gesetzlich geregelt sind (z.B. der Jahresulaub), gibt es gravierende Unterschiede, was die einzelnen Firmen ihren Mitarbeitern anbieten. BART will zum Beispiel, dass ihre Mitarbeiter mehr Krankenkassenbeitrag zahlen und einen Eigenanteil zur betrieblichen Rentenkasse. Momentan zahlt der Arbeitgeber den vollen Betrag ein. Zur Zeit zahlt ein BART-Mitarbeiter 92 Dollar im Monat Krankenkassenbeitrag, egal wieviele mitversicherte Familienmitglieder (zum Beispiel Kinder) er hat.
Es ist in den USA üblich, dass gute Firmen fast den gesamten Beitrag zur Krankenkasse zahlen und der Mitarbeiter nur einen geringen Obulus berappt. Dies ist gängige Praxis bei Firmen wie Apple, Google, Yahoo, da man so gute und zufriedene Mitarbeiter an Land ziehen kann. Mein Arbeitgeber zahlt hingegen fast gar nichts dazu, obwohl unsere Gehälter gering sind. Ich bin deswegen lieber über Michael krankenversichert, obwohl ich selbst Vollzeit arbeite.
BART-Mitarbeiter verdienen relativ gut in Vergleich zu anderen Branchen, in denen man nur einen High-School-Abschluss für die meisten Stellen braucht. Allerdings schwanken die Aussagen bezüglich der durchschnittlichen Jahresgehälter total, je nachdem ob die Mitarbeiter oder BART-Manager befragt werden. Die Zahlen bewegen sich von über $60.000 bis zu $80.000 Grundgehalt im Jahr, zuzüglich einem undurchsichtigen System aus Überstundengeld plus Sozialleistungen.
Das führte dann auch zu etwas Unmut in der sonst doch relativ liberalen Bay Area. Viele fanden, dass der Streik nicht gerechtfertigt war. Ich finde ja, dass es an der Zeit wäre, bessere Konditionen für alle Arbeitnehmer zu schaffen in den USA, zum Beispiel gesetzlich geregelte Krankheitstage und Mutterschutz, aber das sind natürlich Luftschlösser, denn die Politiker haben sich ja schon bei der nationalen Krankenkasse zerfleischt. Auf jeden Fall fährt die BART seit 5. Juli wieder, denn der alte Traifvertrag wurde für 30 Tage verlängert. Es kann also sein, dass in einem Monat nochmals die Züge nicht mehr rollen, wenn sich die Parteien bis dahin nicht einigen können.
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