(Michael) Am 8. Juli werde ich den San-Francisco-Marathon mitlaufen. Jawohl, ihr habt richtig gehört: Der rasende Rundbriefreporter wird sich seine Laufschuhe umschnallen und mit ein paar tausend Verrückten 42,195 km weit quer durch San Francisco rennen. Nun bin ich zwar recht gut in Form, aber für so eine Tortur muss ein spezielles Training ran: Seit 8. März trainiere ich schon viermal pro Woche nach einem erprobten Spezialprogramm. Angefangen habe ich mit 5-Kilometer-Läufen, und steigere die Strecke wöchentlich, so dass sich die Muskeln langsam aufbauen können und keine Gefahr für Verletzungen besteht. Der längste Trainingslauf ist übrigens eine Woche vor dem San-Francisco-Marathon und 29 Kilometer lang. Die ganzen 42 läuft man also nur am Marathontag selbst und dann wahrscheinlich eine Woche lang überhaupt nicht mehr.
Beim San-Francisco-Marathon rennt man quer durch die Stadt an vielen Sehenswürdigkeiten vorbei. Wenn ihr schon mal in San Francisco wart, werdet ihr Teile der Strecke wiedererkennen: Man startet im Golden Gate Park, rennt nördlich über den Presidio zur Golden Gate Bridge, dann über Fisherman's Wharf den Embarcadero an der Bay entlang runter, bis ins Internetfirmenviertel "SoMa", dann kurz durch's mexikanische Viertel "Mission", fast bei uns zuhause in "Noe" vorbei, die Laguna-Street hoch bis zur Market und wieder ganz rauf bis zum Golden Gate Park. Quer durch den Park bis zum Ozean, wo die Wellen des Pazifiks an den Strand knallen, dann an der Strandpromenade entlang runter bis zum Lake Merced, Kehrtwendung und die gleiche Straße wieder rauf bis zum Golden Gate Park -- und ins Ziel. Also langweilig wird's bestimmt nicht, ich muss nur durchhalten. Und das ist ganz einfach: Man muss genügend Wasser trinken und darf dann einfach nicht aufhören zu laufen!
Zur Geschichte des Marathons: Ungefähr 490 vor Christus schlugen die Griechen den heranrückenden Darius (König von Persien) und seine Truppen in die Flucht -- eine erfolreiche Schlacht, ungefähr 40 Kilometer von Athen entfernt, in einer Gegend namens "Marathon". Als die Schlacht gewonnen war, setzte sich ein Läufer in Bewegung, um den Athenern in Athen die freudige Nachricht zu überbringen. Er rannte die ganzen 40 Kilometer zur Stadt, übernahm sich dabei allerdings und konnte nur noch "Sieg!" rufen, bevor er tot zusammenbrach.
Bei den ersten olympischen Spielen 1896 in Athen war denn auch der Marathon sofort eine Disziplin, weil es als beinahe übermenschlich galt, diese Distanz rennend zu überwinden. 1912 bei den olympischen Spielen in Schweden wurde dann die Distanz noch einmal auf die heute üblichen 42,195 Kilometer korrigiert, eigentlich aus Zufall, weil die Läufer genau bis zum Thron des Königs von Schweden laufen sollten.
Das Problem am Marathon sind nicht die 42 Kilometer, nur die letzten zehn sind die Hölle auf Erden. Das kommt so: Die Muskeln des Körpers beziehen ihre Energie aus Adenosintriphosphat (ATP), das der Körper während eines lockeren Dauerlaufs aus etwa 50% Kohlehydraten und 50% Fetten erzeugt. Nach etwa 30 bis 35 Kilometern sind alle Kohlenhydrate verbraucht und der Körper beginnt, Energie aus reinem Fett zu generieren. Das soll recht schmerzhaft sein und es kostet einiges an Willenskraft, diese Grenze zu durchbrechen. Auf amerikanisch heißt das "To hit the wall" (gegen die Wand knallen). Man muss langsamer laufen und seinen bleiernen Körper mühsam bis zum Ende schleppen. Nimmt man während des Laufs regelmäßig Kohlenhydrate in Form von Getränken wie Gatorade zu sich, kann man diese Grenze hinauszögern, wenn man's geschickt macht, sogar bis zum Ende des Marathons. Ich habe mehrere Bücher zum Thema gelesen und bin mir sicher, dass ich es schaffen kann. Im Juli-Rundbrief werde ich dann sicher langatmig darüber berichten und angeben wie zehn nackte Wilde, keine Sorge.