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Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Während sich in San Francisco und Umgebung die meisten Schüler an öffentlichen Schulen seit März mit dem Distanzunterricht herumquälen, haben private Schulen hier wieder ihre Tore geöffnet. Schulpolitik spielt sich in den USA auf lokaler Ebene ab, sodass es durchaus sein kann, dass zwar der Bundestaat Kalifornien trotz Pandemie Schulöffnungen erlaubt, aber die einzelnen Landkreise sich trotzdem sperren.
Trotz niedriger Infektionszahlen im September und Oktober bewegte sich in San Francisco nichts bei den öffentlichen Schulen. Die Schule, an der ich arbeite, liegt aber nicht in San Francisco sondern im benachbarten San Mateo. Aber auch in San Mateo sind bis jetzt nur private Schulen zum Präsenzunterricht zurückgekehrt. Warum können nun private Schulen wieder Schüler auf den Schulgelände begrüßen, aber bei den öffentlichen klappt es nicht?
Private Schulen verfügen in der Regel über mehr Geld und eine bessere Ausstattung, denn sie finanzieren sich ja aus Schulgeldern und nicht aus staatlichen Geldern. Sie operieren oft flexibler, denn es handelt sich meist um eine einzelne Schule und nicht um ganze Schulverbände, die die lokale Schulbehörde verwalten und unter einen Hut bringen muss. Die Angestellten sind nicht gewerkschaftlich organisiert, sodass Arbeitsverträge nicht mit den Lehrerverbänden verhandelt werden müssen. Die Lehrergewerkschaft ist in den USA erstaunlichlicher Weise sehr einflussreich, obwohl Gewerkschaften in den USA außer in einigen Schlüsselindustrien keine so große Rolle spielen. Bei den Schulöffnungen wollen die Gewerkschaften natürlich mitmischen, um ihre Mitglieder, die Lehrer, zu vertreten. Es gibt viele Streitpunkte: Was ist sicher? Wer stellt die Schutzmasken zur Verfügung? Welche Alterstufen kehren zuerst wieder zurück in die Schule? Was passiert mit den Lehrern, die einer Risikogruppe angehören?
In privaten Schulen geht es da oft unbürokratischer zu. Wir erhielten zum Beispiel 50 Dollar pro Mitarbeiter, damit wir uns Schutzmasken kaufen konnten. Die Kinder bringen ihre eigenen Masken mit. Es gibt Notvorräte von Masken, die die Schule bezahlt. Auch die anderen Schutzmaßnahmen wurden aus dem Etat der Schule gezahlt, was aber nicht erst durch irgendwelche Gremien laufen musste.
Ihr merkt schon, meine Schule (Rundbrief 12/2018) hat seit September wieder auf. Wir beantragten eine Sondergehmigung beim Staat Kalifornien, was unser Gouverneur Newsom im Sommer in erster Linie für den Grundschulbereich erlaubte. Wir mussten ein Sicherheitskonzept ausarbeiten, das die Pandemieauflagen der lokalen und amerikanischen Gesundheitsbehörden (Center for Disease Control, CDC) abdeckte. Dieses Konzept reichte unsere Leitung dann zunächst bei der lokalen Gesundheitsbehörde in San Mateo ein, die es nach Durchsicht an die kalifornische Behörde (California Department of Public Health) weiterleitete. Ende August erhielten wir die Zusage zur Wiederöffnung.
Allerdings kamen uns dann noch die verheerenden Waldbrände dazwischen. Die schlechte Luft zwang die Schule nochmal in die Knie und wir mussten die Öffnung ein weiteres Mal verschieben. Aber Mitte September war es dann endlich soweit. Nach unendlich zermürbenden Monaten des Distanzlernens sahen wir unsere Schüler jetzt nicht mehr auf einem Bildschirm, sondern wieder im Klassenzimmer sitzend. Da wir ja eine sehr kleine Schule mit ganz wenigen Schülern in den Klassen sind, konnten wir die Auflagen gut umsetzen. Jeder Schüler hat sein eigenes Pult, das mit Plexiglas umrundet ist. Auch mein Schreibtisch, an dem ich, wenn die Kinder da sind, sowieso kaum sitze, und der Schreibtisch meiner Kollegin sind mit Plexiglas abgeschirmt. Ich komme mir dann immer vor wie bei der Geldausgabe der Bank.
Die Pulte der Kinder sind alle mindestens 2 Meter voneinander entfernt. Die Luft wird gefiltert von einem extra angeschafften Superfilter. Jeder Schüler hat soweit möglich seine eigenen Materialien. Ansonsten desinfizieren wir. Alle Schüler (und natürlich auch Mitarbeiter), egal wie alt, tragen Masken und zwar immer und überall, im Klassenzimmer, auf dem Spielplatz, auf der Toilette. Die Kinder dürfen ihre Masken in der Regel nur zum Essen oder Trinken abnehmen, und das auch nur draußen, an dafür vorgesehenen Tischen, an denen die Abstandsregeln eingehalten werden können. Die Plätze sind mit grünen und roten Kreisen markiert, so dass die Schüler wissen, wo sie zum Essen sitzen können.
Draußen ist vor jedem Klassenzimmer auch ein Bereich abgetrennt, in dem Schüler eine Maskenpause machen können. Sie dürfen dort, auf einem Stuhl sitzend, die Maske abnehmen. Der Schulbeginn und das -ende sind für jede Klasse gestaffelt, desgleichen die Pausen, sodass unsere Schüler nicht mit anderen Schülern aus anderen Klassen zusammentreffen. Fieber wird jeden Morgen gemessen, sowie ein Fragenkatelog mit Covid-Symptomen abgefragt, bevor die Kinder das Schulgelände betreten. Auch haben wir alle schon ganz raue Hände vom vielem Händewaschen. Wann immer die Kinder das Klassenzimmer betreten oder verlassen, wie zum Beispiel vor und nach der Pause, heißt es Händewaschen. Gott sei Dank haben wir gleich am Eingang ein großes Waschbecken. Sobald ein Kind ein Covid-Symptom wie eine laufende Nase zeigt, darf es nicht mehr in die Schule kommen, bevor ein negativer Covid-Test vorliegt. Alle Mitarbeiter müssen mindestens alle vier Wochen zum Covid-Test, wenn keine Symptome vorliegen. Bei Symptomen gilt es, Zuhause zu bleiben und sofort einen zu Test machen.
Das Ganze hört sich jetzt sicher schrecklich reglementiert an. Ich gestehe, dass ich große Bedenken hatte, ob meine Schüler das packen mit all den Regeln, denn ich arbeite ja mit Kindern, die nicht so ganz einfach sind. Aber die Kinder haben mich eines Besseren belehrt. Keiner beschwert sich über das Maskentragen oder das dauernde Händewaschen. Die Kinder waren alle so froh, dass sie wieder in die Schule durften, dass sie alle Reglementierungen in Kauf nahmen. Nichts ist schlimmer für sie, als isoliert vor dem Computer zu sitzen, und das bei einer Generation, die Videospiele liebt. Irgendwie tröstet mich das auch, dass der persönliche Kontakt so hoch im Kurs steht bei ihnen. Die Auswirkungen der Isolierung von Kindern unter Covid wird meines Erachtes völlig heruntergespielt. Bis jetzt sind wir trotz enorm steigender Zahlen im ganzen Land an der Schule ganz gut durch die Krise gekommen. Nach den Winterferien machen wir wieder mindestens eine Woche Distanzlernen, weil wir ja nicht richtig kontrollieren können, was die einzelnen Schüler und Mitarbeiter in den Ferien so treiben. Halten sie sich an die Auflagen oder Kontaktbeschränkungen? Während der ersten Woche des Distanzlernens muss jeder zum Test, und ohne negativen Test darf keiner zurück in die Schule. Trotz erneutem Lockdown in San Francisco und Umgebung dürfen Schulen, die bereits auf sind, auch weiterhin aufbleiben.
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