Angelika/Mike Schilli |
Angelika Michael spielt ja seit frühester Kindheit leidenschaftlich gern Fußball. Hier in San Francisco spielt er jeden Dienstag und da kann kommen, was will, der Fußballdienstag ist ihm heilig. Im Juni kam Michael allerdings fluchend wie ein Kesselflicker schon früher von einem Fußballspiel zurück. Er hatte sich einmal wieder voll eingesetzt, war gestürzt und auf die Schulter gefallen. Michael meinte gleich, dass das Schüsselbein gebrochen sei, denn er hatte sich schon früher einmal beim Judo diesen delikaten Knochen verletzt, auf der gegenüberliegenden Seite, er sprach also aus Erfahrung. Also riefen wir am nächsten Tag unseren Hausarzt an, der sagte, dass das geröntgt werden muss und wir gleich in die Notfallaufnahme ("Emergency Room" genannt) fahren sollen.
Besuche im amerikanischen "Emergency Room" vermeiden wir eigentlich unter allen Umständen, denn die Wartezeiten dort sind lang, es herrscht Chaos und man trifft dort im wahrsten Sinne des Wortes alle Krüppel, Lahmen, Heimatlosen und Verrückten dieser Stadt an. Interessant für soziale Studien, aber nicht gerade so erbauend, wenn man sich selbst nicht so wohl fühlt. Unter Obamacare sollten Patienten die Notfallaufnahme wirklich nur im Notfall aufsuchen, und die Auslastung deutlich zurückgehen, denn der "Emergency Room" war ja lange Zeit die medizinische Anlaufstelle für Menschen ohne Versicherung, die nicht zu einem regulären Arzt gehen konnten.
Aber das Gegenteil ist der Fall, denn in den USA fehlen Hausärzte, man schätzt mehr als 20.000 bis zum Jahr 2020. Durch die höhere Anzahl der Versicherten braucht das Land aber mehr Ärzte und der Patient kann mit einer akuten Erkrankung, auch wenn die nicht unbedingt lebensbedrohlich ist, nicht vier bis sechs Wochen auf einen Termin warten, also geht er dann doch wieder in den "Emergency Room". Auch haben viele Bundestaaten ihr Sozialprogramm "Medicaid" unter Obamacare erweitert. Es stellt staatliche Krankenkassenleistungen für die Ärmsten der Armen zur Verfügung. Allerdings weigern sich viele Ärzte, Medicaid-Patienten zu betreuen, da der Satz, denn sie für ihre Leistungen erhalten, unter Medicaid besonders niedrig ist und dann bleibt diesen Patienten ebenfalls oft nur der "Emergency Room" als Anlaufstelle.
Aber zurück zu Michael: Über San Francisco verstreut liegen eine ganze Reihe von Emergency Rooms und wenn man noch in der Lage ist, ohne Krankenwagen hinzugelangen, steht man vor der Qual der Wahl, welchen man nun ansteuert. In einer Handvoll der Notaufnahmen San Franciscos kann der Patient, der noch nicht auf dem Zahnfleisch daherkommt, einen kurzfristigen Termin ausmachen. Allein der Gedanke ist schon etwas absurd, denn das Konzept des Termins und das des Notfalls passen irgendwie nicht so recht zusammen. Wir entschieden uns schließlich für den Emergency Room in der Nähe des Castroviertels, den sogenannten Davis Campus, denn da geht es in der Regel ruhiger zu und er ist nur etwa 10-15 Autominuten von uns entfernt.
Da Michael ja nicht lebensbedrohlich krank war, mussten wir natürlich zunächst warten, bis sich endlich jemand erbarmte und die Röntgenaufnahme machte. Während Michael und ich warteten, wurden nicht nur zwei Notfälle per Krankenwagen eingeliefert, sondern sogar eine Obdachlose machte es sich auf den Stühlen neben uns bequem. Sie hatte ihre sämtliche Habe dabei und legte sich erst einmal quer über die Stühle. Der Sicherheitsdienst des Krankenhauses wurde gerufen und es stellte sich heraus, dass die obdachlose Frau einen Platz zum Schlafen im Obdachlosenheim brauchte. Die Sicherheitsbeamtin versprach ihr dann, irgendwo anzurufen, um ihr damit zu helfen. Es scheint also öfter vorzukommen.
Dann kam eine furchtbare stöhnende Frau durch die Tür und ein weiterer Sicherheitsbeamter fragte sie gleich ganz besorgt, was los sei, worauf die Frau fröhlich Smalltalk mit ihm begann und das Stöhnen dabei völlig vergaß. Dann hüpften noch 4 junge britische Touristinnen um uns herum, die alle super munter und sehr gesund aussahen. Der Arzt in der Notfallaufnahme war dann auch sichtlich genervt von ihnen. Weiter beschwerte sich ein Krankenpfleger lauthals am Telefon über einen Arzt, der ihn schlecht behandelt hatte. Und so ging es immer weiter, bis Michael endlich dran war, geröntgt wurde, und der Arzt ihn Minuten später mit der glorreichen Erkenntnis entließ, dass das Schüsselbein tatsächlich gebrochen war. Da ein gebrochenes Schüsselbein in der Regel von selbst heilen muss, bekam er noch eine Armschlinge, die wir auch in jedem x-beliebigen Drogeriemarkt erhalten hätten. Weiter gab es eine Überweisung zum Orthopäden für die Nachbehandlung und dann wollte man Michael noch eine Schmerztablette in den Mund schieben, die er aber nicht annahm. Wochen später kam die erste Abrechnung, und wiederum einige Tage später die zweite.
Die Notfallaufnahme stellte unserer Krankenkasse für die generische Ibuprofen-Schmerztablette, die in der Drogerie ein paar Cent kostet, satte $19.41 in Rechnung, denn schließlich stand ein ganzes Ärzteteam auf Abruf, das Michael notfalls ruckzuck durch einen CT-Scanner bugsiert hätte. Insgesamt verlangte die Notfallaufnahme, wie ihr in den Abbildungen 3 und 4 sehen könnt, $3.306,41, das ist der Betrag, der einem Touristen in Rechnung gestellt worden wäre. Da aber diese Notaufnahme im Netzwerk unserer Krankenkasse ist, beide also vorab feste Sätze für bestimmte Leistungen ausgehandelt haben, berappte die Krankenkasse insgesamt nur $1.883.35. Wir selbst mussten $75 als Praxisgebühr entrichten, sowie $300 an Selbstbeteiligung. Zum Vergleich: Der anschließende Besuch beim Orthopäden kostete die Krankenkasse nur $177.24 und uns $30 Praxisgebühr, einschließlich einer weiteren Röntgenaufnahme. Sinnvoller und kostengünstiger wäre es also gewesen, gleich beim Orthopäden vorzusprechen, da gibt es aber keine kurzfristigen Termine. Selbst als Michael mit der Überweisung vom Emergency Room in der Hand beim empfohlenen Orthopäden anrief, teilte ihm die Sprechstundenhilfe mit, dass der Facharzt erst in vier Wochen einen Termin frei hätte. Wir fanden dann einen weniger ausgebuchten Arzt in der gleichen Praxis, mit nur einer Woche Wartezeit.
Durch diese anhaltenden maroden Zustände im amerikanischen Gesundheitssystem greifen, wie so oft in diesem Land, innovative Menschen zu kapitalistischen oder technisch basierten Lösungen, um die Situation zu verbessern. Einer dieser Trends sind derzeit die sogenannten Boutique- oder Concierge-Hausarztpraxen. Der Patient zahlt aus der eigenen Tasche einen jährlichen, monatlichen oder vierteljährlichen Mitgliedsbeitrag und erhält dadurch verbesserte Leistungen wie zum Beispiel Termine am gleichen Tag oder am Samstag, verkürzte Wartezeiten in der Praxis, mehr Zeit mit dem Arzt. Die Ärzte, die sich diesem Modell anschließen, haben weniger Patienten und sind deshalb in der Lage, sich mehr um den einzelnen Patienten zu kümmern.
Verschiedene Geschäftsmodelle sind im Umlauf. So kann es sein, dass der Patient die Gebühr bezahlt und sich damit die aufgeführten Zuckerln erkauft, aber die normale Behandlung und andere Untersuchungen wie Bluttests stellt der Arzt weiterhin der Versicherung des Patienten in Rechnung. In einem anderen Modell deckt der Mitgliedsbeitrag, der in der Regel dann höher ist, eine gewisse Anzahl von Leistungen wie zum Beispiel das Gespräch mit dem Arzt oder Vorsorgeuntersuchungen. Andere Leistungen wie Impfungen oder Röntgenaufnahmen muss der Patient aus der eigenen Tasche bezahlen. Mitgliedsbeiträge rangieren je nach Modell zwischen $150 bis $5.000 pro Jahr.
In San Francisco bietet die allseits präsente "One Medical Group" diese Concierge-Medizin an. Auch bei uns um die Ecke steht eine solche Arztpraxis. Kritiker dieser Idee bemängeln natürlich zurecht, dass diese Praxen zu einer Zweiklassenmedizin führen, denn nicht jeder kann sich den jährlichen Mitgliedsbeitag leisten und da die Ärzte in diesen Praxen weniger Patienten annehmen, baut sich der Ärztemangel weiter aus.
Ein ganz neuer Trend ist die sogenannte Telemedizin, die die Idee der Videokonferenzen nutzt, die heutzutage durch die Technologie von Smartphones und Tablets einer breiten Masse jederzeit zugänglich sind. Bei "Doctor on Demand" ("Arzt auf Abruf") lädt sich der Patient eine App zum Beispiel auf sein Handy und kann dann mit einem Arzt, der in dem Bundestaat, in dem der Patient lebt, praktizieren darf, eine Videokonferenz schalten, ohne dass er sich in eine Arztpraxis begeben oder tagelang auf einen Termin warten muss.
Der Patient tippt einfach seine Symptome sowie mögliche Allergien und eingenommene Medikamente ein und wird dann mit einem Arzt verbunden. Der Arzt, der per Videokonferenz zugeschaltet ist, kümmert sich in der Regel um die typischen Krankheiten, die auch ein Hausarzt in einer regulären Praxis untersucht (Grippe, starke Erkältungen, Durchfall, Ausschläge). Ärzte bei "Doctor on Demand" dürfen keine ernsthaften Krankheiten behandeln, für diese muss sich der Patient auch weiterhin in eine Arztpraxis begeben, aber sie können Rezepte ausstellen. Die virtuelle medizinische Konsultation und Behandlung kostet pro Sitzung pauschal $40. Da das wesentlich günstiger ist als ein Arztpraxenbesuch, hat eine der größten amerikanischen Krankenkassen, nämlich "United Healthcare", die virtuelle Konsultation in ihren Leistungskatalog aufgenommen, bezahlt also dafür. Auch psychologische Beratung ist über "Doctor on Demand" erhältlich. Der Vorteil dieser Art von Arztbesuch ist natürlich, dass der Patient nicht mit lauter kranken Leuten im Wartezimmer sitzen muss, und sofort einen Termin bekommt ohne lange Anfahrtswege zur Arztpraxis. Nachteile sind freilich, dass der Arzt den Patienten nicht anfassen kann und die persönliche Beziehung zwischen Patient und Arzt verloren geht. "Doctor on Demand" ist übrigens eine Firma aus San Francisco. Wir sind aber auch weiterhin unserem guten alten Hausarzt treu und begeben uns brav in seine Praxis.
Michael In Deutschland führen viele Supermärkte diese zusammenfaltbaren Plastikboxen und sie kosten selten mehr als drei, vier Euro. Alte Einkaufsfüchse lagern sie flach im Kofferraum ihrer Autos, und wenn sie den Einkaufswagen voller Lebensmittel zurück zum Parkplatz rollen, entfalten sie die Box und schwupps nimmt sie alle Waren auf, schon wieder eine Plastiktüte gespart.
Aber Amerika kennt diese Boxen nicht. Angelika nennt sie immer "Körberkisten", meint wahrscheinlich "Curver-Kisten" aber das sind solide Plastikteile, die sich nicht zusammenfalten lassen. Vor geschätzten 15 Jahren fand ich aber im "Daiso", der japanischen Version von "Rudi's Reste Rampe" in South San Francisco eine orange-schwarze Plastikfaltbox zum Schlagerpreis von 6 Dollar, kaufte erst eine, dann noch eine, und jedes Mal, wenn ich sie im Lebensmitteldiscounter "Trader Joe's" an der Kasse entfaltete, konnten sich die Kassierer kaum noch einkriegen: Ja sowas, so praktisch, wie ging das nochmal, ob ich sie nochmal zusammen- und dann wieder auseinanderfalten könne zu Illustrationszwecken?
Das ging so wie gesagt gut zehn bis fünfzehn Jahre, aber in letzter Zeit ließ die Stabilität dieser Boxen wegen Altersschwäche stark zu wünschen übrig. Ich schaute wieder beim japanischen Resterudi in South San Francisco vorbei, aber der hatte die Wunderschachtel nicht mehr im Sortiment. Also leimte ich die kaputten Boxen immer wieder zusammen, bis ich letztes Wochenende zufällig bei Costco eine neue, viel stabilere Version namens "Clever Crates" (Kluge Tragel) zum Haute-Volé-Preis von $12.89 entdeckte, und wieder zwei kaufte, auf dass sie mir bis 2030 beim Lebensmitteleinkauf zur Seite stehen. Bei Costco enden die Preise übrigens immer auf .99 Cent, und wenn etwas $xx.89 kostet, heißt das gemäß dem streng geheimen aber mir bekannten Preisschlüssel, dass es sich um Restware handelt, die nach dem Motto "alles muss raus" schleunigst an den Mann gebracht wird. Um Himmels willen deckt euch ein, die Chance ergibt sich nur alle fünfzehn Jahre!
Michael Kaum eine Powermutti hat mehr Zeit, abends zu kochen und deswegen schießen die Bringdienste bei uns wie Pilze aus dem Boden. Und natürlich isst die Hipsterfamilie von Welt heutzutage nicht mehr irgendwelche Hamburger oder Produkte der Pizzakettenindustrie, sondern nur noch Erzeugnisse von glücklichen Landwirten aus der Kategorie vollwertig, nachhaltig, glutenfrei und detoxirierend. Da es nicht jede Wald-und-Wiesen-Wirtschaft geregelt kriegt, eine Bestellseite aufs Internet zu stellen, die auch noch mit dem neuesten Mobiltelefon funktioniert, sowie eine Horde wildgewordener Fahrradkuriere bei Laune zu halten, springen immer mehr Dienstleister in die Lücke. So liefert zum Beispiel die Firma Doordash Gerichte von Restaurants aus, die selbst keinen Bringdienst anbieten. Oder die Firma Sprig.com, die gesunde Gerichte mit Broccoli und wenig Fett kocht und in ökologisch unbedenklichen Pappkartons ausliefert.
Und was mich persönlich fasziniert: Alle Webseiten und Apps wurden anscheinend von Leuten gemacht, die tatsächlich etwas von Webseiten und Apps verstehen. Das Bestellen geht ruck-zuck, und es ist auch sicherheitstechnisch nichts Gravierendes einzuwenden. Sieht man sich zum Vergleich die Apps von, sagen wir mal, der deutschen Zeitschrift "Der Spiegel" an, wird klar, dass in Deutschland im IT-Sektor hauptsächlich per zweiwöchiger ABM-Maßnahme vom Einkaufswagenschieber zum gewerkschaftlich organisierten App-Programmierer umgeschulte Laien arbeiten. Solche Schluderei und Wurstigkeit wäre in Amerika im Internetsektor undenkbar, die allseits lauernde Konkurrenz würde Firmen mit solch schlechten Angestellten schlichtweg plattmachen.
Um einen Tisch in einem Restaurant zu reservieren muss man heutzutage nicht mehr dort anrufen, sondern wird meist von der Webseite zu einem Service namens Open Table dirigiert. Dort kriegt man fünf Knöpfe auf den Schirm, auf denen Uhrzeiten wie 17:00, 17:30, 18:00 stehen und die drückt man dann, lässt das Telefon anschließend automatisch Name und Telefonnummer ausfüllen und fertig ist der Lack. Wir haben mal während einer Wanderung in Point Reyes per Handy einen Tisch für eine Stunde später reserviert, setzten uns am Ende des Trails ins Auto, fuhren dorthin und wurden sofort an einen Tisch gesetzt, obwohl Leute im Eingangsbereich warten mussten. Für Gäste kostet Open Table nichts, und das Restaurant zahlt eine monatliche Grundgebühr von $199 sowie pro Gast und Buchung $0.25, falls der über die Webseite der Wirtschaft reinkam oder $1.00 über die Seite von Open Table.
Natürlich gibt es auch in der hiesigen Gastronomieszene ewiggestrige Jammerer, die sich aufregen, dass Opentable angeblich sein Geld nicht wert ist, aber wer mit seinem Laden nicht genug Umsatz macht, dass er 25 Cent pro Gast wieder reinholt, kann eh bald zusperren, was der eben zitierte Jammerer ironischerweise vor nicht allzu langer Zeit getan hat. Ja mei, die traditionelle Restaurantszene ist hart umkämpft, viele denken, sie könnten's, schmeißen ein Jahr lang ihr Geld zum Fenster raus und geben dann auf. Rundbriefleser sind jetzt schlauer.
Oder das Problem mit zugestellten Paketen: In Rundbrief 12/2014 haben wir mal darüber berichtet, dass sich bei uns im Viertel untertags ein Haufen Nichtsnutze herumtreibt, die die Pakete klauen, die die Paketdienste äußerst leger auf der Eingangstreppe "zustellen", also unbeaufsichtigt liegen lassen. Jetzt bietet ein Jungunternehmer, der auch schon mal in der Fernsehsendung Shark Tank war, mit der Firma Doorman einen Dienst mit flexibleren Zustellungszeiten als die etablierten Zusteller an. Für $3.99 pro Paket oder einer Flatrate von $19 pro Monat für beliebig viele Pakete lässt man sich seine Online-Einkäufe nicht mehr nach Hause schicken, sondern adressiert sie an Doorman, der dann Bescheid gibt, falls die Sendung da ist und sie zwischen 18:00 und Mitternacht zustellt. Riesenidee, würde ich vielleicht auch machen, falls ich nicht eh schon alles in die Firma schicken würde. (Anmerkung der Redaktion: Die Firma Doorman konnte sich nicht halten und schloss am 6. Oktober 2017 ihre Pforten).
Angelika Dass Kalifornien seit vier Jahren mit einer schlimmen Trockenperiode kämpft, weil es im Winter nicht genug regnet oder schneit, ist welweit bekannt. Mittlerweile spüren wir das auch immer mehr im Alltag. Durch die Trockenheit brennt es zur Zeit überall im Bundesstaat (17 aktive Brände lodern momentan in Kalifornien) und unsere Luft dieses Wochenende roch nicht nur nach Rauch, sondern es war auch extrem diesig.
San Francisco hat zwar noch keine Zwangsmaßnahmen zum Wassersparen ergriffen, aber auf Schritt und Tritt werden wir zum Sparen angehalten. Der neueste Slogan ist "Brown is the new Green!" (Braun ist das neue Grün!), denn die Stadt bewässert Grünflächen nicht mehr und fordert den Bürger auf, das Gleiche zu tun.
In vielen Restaurants bekommt man das obligatorische Wasserglas nur noch auf Nachfrage auf den Tisch gestellt. Ich hoffe, dass sich dies allgemein durchsetzen wird, Dürre hin oder her. Die öffentlichen Strandduschen an allen kalifornischen Stränden wurden abgestellt, sodass der Strandgänger jetzt mit sandigen Füssen heimgehen muss. Viele Hobbygärtner bestücken ihre Gärten neuerdings auch mit Pflanzen, die wenig Wasser brauchen.
Manch ein Hobbygärtner wässert auch mit wieder aufbereitetem Abwasser. Einige städtische Aufbereitungsanlagen geben dieses trübe nicht zum Trinken geeignete Produkt kostenlos ab und die Leute holen es in großen Kanistern mit dem Auto ab. Das Programm ist mittlerweile so beliebt, dass nur noch Einwohner des jeweiligen Bezirks das Wasser bekommen.
Es fasziniert mich dabei immer wieder, wie Leute plötzlich ihr Verhalten ändern und zu Umweltschützern mutieren, wenn sie müssen. Auch unsere Autowaschanlage schließt jetzt immer mittwochs, um Wasser zu sparen. Einige Leute sind zu so eifrigen Wassersparern geworden, dass dies wieder zu neuen Absurditäten führt, zum Beispiel das die Wasserwerke ihre Preise erhöhen (einige bis zu 30%), weil sie zu wenig Wasser verkaufen durch die Einsparungen. Nun hoffen alle darauf, dass der angekündigte El-Nino-Winter endlich den ersehnten Regen bringen wird.
Selbst der Schauspieler Tom Selleck, bekannt aus der Fernsehserie "Magnum" in den 80er-Jahren, ist nun in einen Wasserskandal verwickelt. Dem Wasseramt des Landkreises Callegues bei Los Angeles kam es spanisch vor, dass ein privater Tanklastwagen mehrmals wöchentlich an einem öffentlichen Hydranten Wasser abzapfte und es auf das Grundstück des Schauspielers karrte. Sie heuerten für 20.000 Dollar einen Privatdetektiv an und fanden heraus, dass Magnum es zur Benetzung seiner weitflächigen Grünanlagen nutzte. Und das, während seine Nachbarn verzweifelt auf ihre eigenen braunen Grasnarben starren mussten, weil sie das Wasser wie vorgeschrieben rationierten! Es kam zur Anzeige, aber Magnum einigte sich mit dem Wasseramt außergerichtlich und erstattete die Kosten für den Privatdetektiv sowie eine unbezifferte Schadensersatzsumme.
Michael So eine Tüte Salzbrezeln ist ja eigentlich kein Feinschmeckersnack, bei dem man auf die Marke achten müsste, aber was mich an den Rold Gold Salzbrezeln fasziniert ist das klassische 50er-Jahre-Design der Tüte, das aussieht wie aus einer Episode von "Mad Men". Die Brezeln sind größer und dünner als die anderer Marken und man kann zu einem Glas Bier mühelos einen Teller davon leeren. Gerne stelle ich mir dabei vor, wie ein Arbeitnehmer der Mittelschicht sich nach Feierabend erst mal auf das Sofa plumpsen lässt, und "I love Lucy" in Schwarz-Weiß anschaut, während er von oben Salzbrezeln einwirft. Was Angelika übrigens tierisch aufregt, weswegen ich es immer heimlich machen muss.
Laut Verpackungsaufdruck ist die Marke seit 1917 im Umlauf, gehört aber heute nicht mehr dem ursprünglichen Eigentümer "American Cone and Pretzel Company", sondern dem Monsterunternehmen Frito Lay und ist laut Wikipedia keineswegs "America's No. 1 Pretzel", wie es auf der Verpackung großspurig tönt. Der Marktführer Snyder's of Hanover setzt mehr Brezeltüten um.
Nicht überliefert ist meines Wissens leider, ob "Rold Gold" die Marke Salzbrezeln ist, von denen George W. Bush im Jahr 2010 eine verschluckt hat, um darauf ohnmächtig zusammenzusacken, mit dem Kopf auf den Boden seiner Holzterasse zu knallen und am Tag danach der erstaunten Presse die Herkunft einer Schürfwunde an seiner Schläfe zu erklären.
Michael Welcher Hobbyheimwerker erfreut sich nicht an seiner Werkzeugsammlung! Ich habe mir schon von Jugendjahren an immer das teuerste Werkzeug gekauft und liebevoll gepflegt. So stecken in meiner Werkzeugtasche zum Beispiel immer noch zwei circa 30 Jahre alte Zangen von der Firma Bernstein, die ich damals in zartem Alter in München bei Bürklin in der Schillerstraße zu einem exorbitanten Preis erworben habe. Oder die Schraubenzieher der deutschen Firma Wiha, gekauft letztes Jahr bei einem Deutschlandbesuch zu einem Fantasiepreis: die liegen so gut in der Hand, dass das Reparieren gleich doppelt Spaß macht.
Genau wie in Deutschland findet man aber in den Regalen eines typischen amerikanischen Baumarkts praktisch nur noch Werkzeug aus China. Das ist im Prinzip nichts Schlechtes, denn auch in diesem Segment findet der Heimwerker teilweise ausgezeichnet verarbeitete Stücke, falls er nicht gerade in der Grabbelkiste sucht. Kleinere Werkzeugläden, zum Beispiel die Firma "Ace Hardware" bieten allerdings auch mehr traditionell in den USA gefertigte Werkzeuge an. Die strahlen eine besondere Anziehungskraft auf mich aus mit ihrem ausladend, klobig und überkonstruierten Design. Viele national angehauchte Kunden kaufen grundsätzlich nur Werkzeug "Made in USA" und auch auf Amazon.com liest man in den Kundenempfehlungen immer wieder erboste Kommentare, in denen sich Leute darüber beschweren, dass ein traditionell in den USA hergestelltes Teil nun in China gefertigt wird und die Qualität massiv abgesackt ist.
Mir gefällt dieses hausbackene Design traditionell in den USA gefertigter Werkzeuge, das sich scheinbar seit den 50er-Jahren nicht weiterentwickelt hat. Dass die alteingesessenen Firmen immer noch Materialien wie Gusseisen verwenden, schränkt den Einsatzbereich mancher Werkzeuge zwar ein, aber ich erfreue mich einfach an ihrem Aussehen und daran, wie sie in der Hand liegen. Die mächtige Rohrzange der Marke "Ridgid" (Abbildung 22) habe ich mir allerdings in der Aluminium-Ausgabe gekauft für schlappe 50 Dollar, aber das Teil fühlt sich an als könnte es einem Atomschlag standhalten. Das Design der Lochzange der Firma Osborne (Abbildung 23) könnte noch aus der Zeit des Wilden Westens stammen, und kein Schuster oder Lederverarbeiter würde sich mit etwas weniger Solidem zufrieden geben.
Amerikanische Hämmer sind übrigens lustigerweise immer sogenannte Zimmermannshämmer mit einer Vorrichtung zum Nägelherausziehen am hinteren Ende, obwohl ich damit glaube ich noch nie auch nur einen einzigen Nagel entfernt habe. "Craftsman" ist übrigens die Hausmarke des Kaufhauses "Sears", was der größte Saftladen Amerikas ist, in dem ich nur in allerhöchster Not einkaufen würde, zum Beispiel wenn alle anderen Länden von einer Zombiehorde überrannt worden wären und ich dringend einen Hammer bräuchte.
Ich habe schon Sachen bei Sears Online bestellt, wurde per Email zum nächsten Laden dirigiert, um ein Teil abzuholen, um dann festzustellen, dass es gar nicht da war. Der Laden ist so bodenlos schlecht, dass es mich nicht wundern würde, wenn er demnächst pleite geht. Aber der Hammer in Abbildung 24 mit seinem 50er-Jahre-Nussbaum-Stiel ist einfach zu schön, und den habe ich wahrscheinlich eh bei "Ace Hardware" gekauft, einem Franchise-Laden mit vielen vielen lokalen Niederlassungen auch in den abgelegensten Dörfern, in dem noch aufrechte Verkäufer arbeiten, die tatsächlich noch Bescheid wissen. Die verkaufen sogar noch einzelne Schrauben für 10 Cent! Ich sage, unterstützt diese Läden, wenn's eines Tages nur noch "Home Depot" und "Lowes" gibt, werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen, also drückt auch mal ein Auge zu, zahlt ein paar Dollar mehr für ein größeres Trumm, ihr spart eh das Benzin zum nächsten Vorort-Baumarkt.
Michael Was erwidert man auf ein "Thank you"? Bereits am ersten Tag im Englischkurs lernt man in Deutschland, dass "Bitte" in diesem Fall nicht "Please" sondern "You're welcome" heißt. "Sure" kann man ebenfalls sagen oder "no problem".
Aber heute lernt ihr von uns, den ausgefuchstesten unter den eingefleischten Englisch-Experten auf dem amerikanischen Kontinent, was der Amerikaner in diesem Zusammenhang sagt, wenn er leger aber dennoch freundlich rüberkommen möchte, nämlich "Uh huh". Das hört man oft, wenn sich jemand wegen trivialer Leistungen wie dem Aufhalten einer Eingangstür mit "Thank you" bedankt. Ein "You're Welcome" wäre in diesem Zusammenhang fast schon affig. Das "Uh-huh" spricht man im Amerikanischen fast wie "äh-hä" aus, aber wenn ihr's ganz genau wissen wollt, befindet sich der Laut phonetisch etwa zwischen "a" und "o". Hebt man die Stimme gegen Ende an, ist das freundlicher, fällt sie hingegen ab, kann auch etwas Sarkasmus reinspielen. Manche äußern auch mit geschlossenem Mund "m-hm", das ist ebenfalls freundlich gemeint.
Der Laut "Huh?" allein hingegen meint ein eher respekloses "Hä?", wenn jemand so zusammenhangslos erzählt, dass der Zuhörer nicht folgen kann. Ohne Fragezeigen hingegen drückt "Huh" mildes Erstaunen aus, nach dem Motto "Wer hätte das gedacht?". Streng formell ist übrigens keine dieser Floskeln, wer einem knorkigen Anzugträger gegenüber sitzt, sollte lieber die althergebrachten Sätze aus dem Englischkurs verwenden, um keinen Rüffel einzufangen.
Michael Und noch eine Meldung in eigener Sache: Nach mehr als zehn Jahren bei Yahoo musste ich mir überlegen, ob ich auf die goldene Uhr warten und dann in Rente gehen sollte, aber das war mir mit knapp fünfunddreißig (hihi) ja noch zu früh. Also rappelte ich mich noch einmal auf, um eine neue, atemberaubende Karriere zu starten, ja, um eine mächtige Dulle ins Universum zu hauen! Ich wurde mit dem famosen Telefon- und Laptophersteller handelseinig, und fahre seitdem in der Frühe nicht mehr jeden Tag nach Sunnyvale, sondern mit dem Werksbus in eine andere Stadt im Silicon Valley, deren Name so ähnlich wie Kupfertino klingt.
Grüße aus dem Land der Geheimnistuer:
Angelika & Michael
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