Michael Als ich aufwuchs, wählte ich im Fasching immer ein von zwei möglichen Kostümen: Cowboy oder Indianer. Ich habe mal in meinem amerikanischen Freundeskreis nachgefragt, und einige haben bestätigt, dass das früher im ländlichen Amerika auch so war, aber dass es seit etwa den 1960ern nicht mehr geht, sich als Indianer zu verkleiden, da die Vertreibung der amerikanischen Ureinwohner vor 200 Jahren als eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Landes gilt.
Auch als "Neger" kann man übrigens nicht gehen, denn mit der Hautfarbe scherzt der Amerikaner nicht. Ein schwarzer Arbeitskollege hat mir einmal lachend erzählt, dass er zur Faschingszeit in Schweden war und seinen Augen nicht traute, als er auf eine Gruppe ausgelassener Skandinavier mit schwarz angemalten Gesichtern und Ghetto-Perücken traf.
Vor kurzem wies die Sprecherin einer lokalen Nachrichtensendung in San Francisco nun auf eine Posterkampagne mit dem Titel "We're a culture, not a costume" hin, die aus aktuellem Anlass, kurz vor dem Kostümfest Halloween, an irgendeiner drittklassigen amerikanischen Uni läuft. Die Plakate zeigen junge Leute, die traurige Gesichter machen und Bilder mit Halloweenkostümen in der Hand halten, die ihren Kulturkreis veräppeln. Das japanische Mädchen hält ein Foto von einer Faschings-Geisha, und der junge Mann aus dem mittleren Osten einen Partygänger mit einem Ölscheichkostüm und Bombenzünderknopf. Finde ich persönlich überzogen, sich über so etwas aufzuregen, aber bitte, wir leben in einem freien Land. Solange ich kein Plakat mit einem lederhosentragenden Almödi hochhalten und ein trauriges Gesicht machen muss natürlich.