01.12.2013   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 104  
San Francisco, den 01.12.2013


Abbildung [1]: Statt Urlaub am Strand tauschen einige Amerikaner ihre Erholungstage gegen Bargeld.

Angelika Ihr fiebert wahrscheinlich schon den freien Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr entgegen, denn in der Regel hat man in Deutschland während dieser Zeit frei. Wir haben ja schon des öfteren erwähnt, dass sich die USA bezüglich der Regelung von bezahltem Urlaub noch in der Steinzeit befindet, denn es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Urlaub, sodass es dem Arbeitgeber überlassen bleibt, wieviel Urlaub er seinen Mitarbeitern gönnt.

Nun bedeutet das nicht, dass niemand bezahlten Urlaub bekommt. Gerade in großen Firmen lockt man damit durchaus Mitarbeiter an. Auch ist es oft Standard, dass sich nach längerer Firmenzugehörigkeit die bezahlten Urlaubstage erhöhen. Ich arbeite mittlerweile schon 7 Jahre für meine Einrichtung und erhalte jetzt 21 Tage Urlaub, bei Michael sieht es ähnlich aus. Allerdings erhalten bei mir in der Einrichtung nur die Vollzeitmitarbeiter bezahlten Urlaub. Auch darf ich nur bis zu 80 Stunden ansparen und muss dann Urlaub nehmen, sonst werden solange keine Stunden zum Urlaubskonto dazu addiert, bis ich wieder unter 80 Stunden falle. Yahoo ist da großzügiger. Das deutsche Modell allerdings, dass der Arbeitnehmer Urlaub in eine neue Firma mitnimmt, gilt hier als völlig absurd. In der Regel fängt man bei einer neuen Firma wieder von unten an und erhält erst einmal wieder nur 10 Tage bezahlten Urlaub.

Nach einer im Mai 2013 vom "Center for Economic and Policy Research" veröffentlichten Studie hat einer von vier Arbeitnehmern keinen bezahlten Urlaub sowie keine bezahlten Feiertage in den USA. Nur 50% der Arbeitnehmer mit geringen Gehältern erhalten bezahlten Urlaub während 90% in besser bezahlten Jobs bezahlte Urlaubstage haben. Und nur 35% der Halbtagsbeschäftigten erhalten bezahlten Urlaub.

Viele Firmen unterscheiden übrigens nicht zwischen bezahlten Krankheits- und Urlaubstagen, sondern geben ihren Mitarbeitern die sogenannte "Paid Time Off" ("bezahlte Abwesenheit"). Jegliche Abwesenheit von der Arbeit geht dann von dem Paid-Time-Off-Konto ab, egal ob man wegen Krankheit fehlte oder im Urlaub war. Gehört man zu der Sorte Mensch, die öfter krank wird, schrumpfen die möglichen Urlaubstage gehörig zusammen.

Einige Firmen sind nun auf die kluge Idee gekommen, die unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu berücksichtigen, denn einige hätten lieber gerne mehr Urlaub, während andere nie Urlaub nehmen, was ich zwar nicht nachvollziehen kann, aber bitte, jedem das Seine. Also erlauben Firmen Mitarbeitern, ihre ungenutzten Urlaubstage zurück an die Firma zu verkaufen, um etwas mehr Geld auf der Gehaltsabrechnung vorzufinden und andere Mitarbeiter, die mehr Urlaub wollen und brauchen, können zusätzliche Urlaubstage kaufen. Das Modell ist zugegebenermaßen noch selten (etwa 10% der Firmen, die bezahlten Urlaub für ihre Mitarbeiter haben, bieten es an), aber passt zum Pragmatismus der Amerikaner.

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