11.10.2006   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 63  
San Francisco, den 11.10.2006


Abbildung [1]: Hier wird Indianerschmuck verkauft.

Angelika Jeder, der sich schon einmal mit amerikanischer Geschichte beschäftigt hat, kommt um das traurige Kapitel der Aussrottung und Unterdrückung der Ureinwohner Nordamerikas nicht herum. Bis heute kämpfen die Indianer um Anerkennung, Gleichberechtigung und Landrückgabe. Der Hunger der weißen Siedler nach Land und Bodenschätzen führte im 19. Jahrhundert zur systematischen Vertreibung und Umsiedlung der Indianer in Reservate, die zumeist in völlig abgelegenen, wenig fruchtbaren Gegenden (sprich: in der Wüste) entstanden.

Abbildung [2]: Indianercasinos entlang der Hauptstraße

Ich werde nie vergessen, wie wir 1987 das erste Mal durch die Weiten des Südwesten Amerikas fuhren und immer wieder Indianerreservate passierten: Eine Staße, die sich den Weg schnurgerade durch die Wüstenlandschaft bis zum Horizont bahnt und rechts und links in der Landschaft verteilt kleine, einfachste Hütten, die schon bessere Tage gesehen hatten. Auf dem Weg zum Monument Valley nahmen wir damals einen Indianer, der auf dem Reservat lebte, als Anhalter mit. Er wollte zum nächsten Supermarkt, der einige Meilen entfernt mitten in der Pampa lag. Schon damals fragte ich mich, wie die Indianer in dieser Isoliertheit ohne nennenswerte Infrastruktur überleben konnten und wunderte mich nicht mehr über die hohe Prozentzahl der Arbeitslosen, Alkoholabhängigen und vom Existenzmimimum Lebenden in den Reservaten.

Bei unseren Touren durch New Mexico fuhren wir ständig durch irgendwelche Indianerreservate. Straßenschilder zeigen wie Ortsschilder dabei an, wann das Indianerreservat anfängt und wenn man es wieder verlässt. Das ist durchaus relevant, denn Indianerreservate sind selbstverwaltet und die Stammesregierung hat im eingeschränkten Rahmen Rechtshoheit. Alkoholverbot auf dem Reservat ist zum Beispiel keine Seltenheit. Auch sahen wir ständig Autos mit der Aufschrift Tribal Police (= Stammespolizei) auf den Straßen herumsausen.

Vielleicht habt ihr euch als aufmerksamer Amerikatourist schon so manches Mal gewundert, warum es mittlerweile auf fast jedem Indianerreservat ein Kasino gibt. Die Indianer nutzen hier den besonderen Rechtsstatus auf dem Reservat aus und betreiben Kasinos, in der jeder (also auch jeder Nicht-Indianer) nach Lust und Laune spielen kann. Das bringt gut Geld und ist vielerorts zur stabilen Einnahmequelle für die auf dem Reservat lebenden Indianern geworden. Oft ist die Eröffnung eines neuen Kasinos mit lautstarken Protesten aus der Bevölkerung verbunden. Ich finde das ja ziemlich heuchlerisch: Erst nimmt man den Indianern ihr Land, pfercht sie in ein gottverlassenes Reservat, beschwert sich dann auch noch, dass die Indianer nichts aus ihrem Leben machen, sobald sie aber selbst etwas auf die Beine stellen und damit Erfolg haben, ist es auch wieder nicht recht.

Abbildung [3]: Wer hier unerlaubt parkt, kommt an den Marterpfahl.

1987 bestätigte der oberste amerikanische Gerichtshof, dass Indianer in ihren Reservaten Glücksspiele unabhängig von bundesstaatlichen Regulierungen betreiben dürfen. Der Kongress schob dann allerdings 1988 das Gesetz "Indian Gaming Regulatory Act" nach, das genau festlegt, wie das Ganze auszusehen hat. Es gewährt den Bundesstaaten teilweise ein Mitspracherecht. Allgemein können Kasinos auf Indianerreservaten nur dann eröffnet werden, wenn das Glücksspiel nicht prinzipiell verboten ist in dem jeweiligen Bundesstaat.

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