29.05.2006   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 61  
San Francisco, den 29.05.2006


Abbildung [1]: Satellitenbild von Alaska und die Orte, an denen wir waren.

(Angelika) Schon beim Landeanflug auf Anchorage wurde uns klar, wie menschenleer Alaska ist. Aus dem Fenster schauend, sahen wir rechts nur endlose Weite: keinerlei Häuser oder Straßen in Sicht. Links lag Anchorage mit seinen 260.000 Einwohnern. Es ist die größte Stadt Alaskas, in der 40 Prozent der Gesamtbevölkerung leben.

Ganz Alaska zählt schlappe 660.000 Einwohner und -- nach meiner Rechnung -- mindestens genauso viele Bären. Da Alaska ja von den anderen Bundesstaaten durch Kanada abgetrennt ist, sprechen waschechte Einheimische übrigens von den "Lower 48" ("die unteren 48"), wenn sie sich auf die kontinentale USA beziehen. Hawaii, der weit im Ozean liegende 50. Bundesstaat, fällt dabei unter den Tisch.

Abbildung [2]: Zugefrorener See auf der Strecke von Anchorage nach Homer

Alaska kam (anders als zum Beispiel Kalifornien) übrigens nicht als Eroberungsbeute zu den USA, sondern wurde im Jahr 1867 von den Russen für 7,2 Millionen Dollar an die Amis wie ein Grundstück verkauft. Der arme amerikanische Außenminister William Seward, der das Geschäft besiegelte, holte sich damals böse Schelte ein. Das muss damals ein Haufen Geld gewesen sein, das man sicher für "vernünftigere" Dinge ausgeben hätte wollen. Aus heutiger Sicht ist der Betrag natürlich lächerlich, es gibt Häuser in San Francisco, die soviel kosten. Der Kauf war, wie Michael mehrmals während unseres Urlaubes bemerkte, jeden Cent wert.

Abbildung [3]: Privatflugzeuge in Anchorage

Weite Teile des Landes sind nur per Flugzeug zugänglich. Deswegen gibt es in Anchorage den größten Wasserflugzeughafen der Welt. Man kann Angeltouren in Gegenden buchen, in die man mit dem Wasserflugzeug hinfliegt, ein paar Stunden angelt und dann mit hoffentlich fetter Beute wieder zurückfliegt.

Bei einem Land, in dem im Schnitt 7 Monate im Jahr winterliche Temperaturen herrschen, verbunden mit nur wenigen Stunden Tageslicht, konzentriert sich der Tourismus auf die Sommermonate Juni bis August. Das führt dann in den leichter erreichbaren Gegenden in Alaska zu einer Touristenschwemme, die der Alaska-Tourist in der Regel tunlichst vermeiden will.

Die von uns besuchte Kenai-Peninsula sollen die Wohnmobile im Sommer zum Beispiel schlicht erdrücken. Da die Gegend aber auch schon im Mai bereisbar ist, beschlossen wir, dem vielleicht noch etwas unbeständigerem Wetter zu trotzen. Ein goldrichtige Entscheidung. Es waren nämlich kaum Touristen unterwegs, und alle zeigten sich erfreut, uns zu sehen und hielten so manches längere Schwätzchen mit uns. Das Wetter zeigte sich am Anfang zwar noch von seiner etwas kühleren Seite, was Michael doch tatsächlich zu einem Mützenkauf verführte, vermutlich der ersten seit Kindertagen. Aber dann strahlte die Sonne sogar vom Himmel. Hurra!

Abbildung [4]: Wohnmobil in Homer

(Michael) Wegen des langen und harten Winters sind die Alaskaner im Frühjahr überglücklich und rennen beim ersten Sonnenstrahl (aber immer noch 5 Grad Kälte) im T-Shirt und kurzen Hosen auf der Straße herum. Die beste Reisezeit ist in vielen Gegenden im Mai oder im September. Dann ist es zwar teilweise noch (oder schon wieder) etwas kalt, aber es gibt weder Mücken- noch Touristenschwärme.

Abbildung [5]: Keine Weltstadt, aber die Leute gehen bis spät in die Nacht aus: Anchorage

Im Mai geht in Alaska die Sonne um 5:30 auf, aber erst um 22:30 unter. Und danach bleibt es noch mindestens eine Stunde hell. Das ist toll für Urlauber, denn man kann noch bis spät abends wandern, ohne Angst, den Wanderweg wegen hereinbrechender Dunkelheit nicht beenden zu können. Auch gehen die Leute in Alaska sehr spät essen. Es ist keine Seltenheit, dass man in Anchorage um zehn Uhr abends noch volle Restaurants sieht, während dies in San Francisco eher die Ausnahme ist.

(Angelika) Anchorage ist eine aus dem Boden gestampfte typisch amerikanische Stadt. Neben der schönen Lage und einigen wirklich guten Restaurants kann die Stadt mit einem super Fahrradweg aufwarten, dem "Tony Knowles Coastal Trail". Er ist 11 Meilen lang (etwa 17 Kilometer), führt immer am Wasser entlang und ist gut von jeglichem Autoverkehr abgeschirmt. Tony Knowles ist übrigens nicht, wie Michael vermutet hatte, ein berühmter Skateboarder (vgl. Tony Hawk), sondern ein ehemaliger Gouverneur von Alaska.

Abbildung [6]: Angelika mit dem Fahrrad auf dem Coastal Trail in Anchorage

Also liehen Michael und ich uns jeder ein Fahrrad aus und strampelten in die Pedale. Der Fahrradladenmann hatte uns dann gleich noch eine Route beschrieben, die das Ganze zu einem, zwar weiteren Rundweg machte, aber dafür fuhren wir dann auch noch an dem riesigen Flugplatz für Kleinflugzeuge vorbei. Hut ab, über dieses erstaunlich gute Netz von Fahrradwegen, das wir übrigens neben Anchorage sogar in der viel kleineren Stadt Homer fanden. Wer hätte das in Alaska vermutet?

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