Angelika/Mike Schilli |
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Michael Wegen des großen Erfolges der Verkehrsrubrik Ende letzten Jahres lege ich noch eine Spezialausgabe über absurde kalifornische Verkehrsregeln nach. So ist es zum Beispiel nach der kalifornischen Straßenverkehrsordnung verboten, die Räder beim Anfahren übergebührlich laut quietschen zu lassen. Diese sogenannte "Exhibition of Speed" (Zurschaustellung von Geschwindigkeit) wird mit empfindlichen Geldstrafen und Führerscheinentzug bestraft.
Ganz streng verboten ist es, auf öffentlichen Straßen Rennen zu fahren. Bei den beliebten Spielchen "Welches Auto zieht am schnellsten bei Grün von der Ampel weg" und "Wer bremst verliert" sollte man sich nicht von der Polizei erwischen lassen. Und bei organisierten "Speed Contests" (Straßenrennen, auch "Drag Races" genannt), stehen auch Handlangerdienste und sogar bloßes Zuschauen unter Strafe. Die Verordnung 23109 stellt dafür sogar einen Gefängnisaufenthalt in Aussicht!
Der Bruder eines Arbeitskollegen bekam mal ein Ticket, weil er hinter einem Schleicher, der nicht abbiegen wollte, zu hupen anfing. Ein Polizist in seinem Lichtorgelauto hörte dies, hielt ihn an und schrieb einen Bußbescheid wegen "Road Rage", also Aggressivität im Straßenverkehr, aus.
Auch als Fußgänger muss man aufpassen. So darf man die Straße nicht einfach irgendwo zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ampelkreuzungen überqueren, sondern muss eine Ampel nehmen. Alles andere nennt der Gesetzgeber "Jaywalking" und kassiert dafür $25. Mit den im letzten Rundbrief erklärten Strafzuschlägen beläuft sich der Bußbescheid dann auf $108! Zur Herkunft des Wortes: Ein "Jay" ist ein bauernhafter Tölpel, also jemand, der sich in der Stadt nicht stadtgemäß benimmt. Allerdings schreitet die Ordnungsmacht bei derartigen Vergehen nur dann ein, wenn ihr steinlangweilig ist oder sie einen Grund sucht, der betreffenden Person eins auszuwischen. In San Francisco kommt das aber praktisch nie vor, ich habe sogar einmal, mit dem Fahrrad fahrend, ein Polizeiauto übersehen und bin routinemäßig durch ein Stoppschild gefahren -- keine Reaktion.
Noch ein interessantes Thema: Darf man mit dem Fahrrad auf dem Gehsteig fahren? Kommt auf den Landkreis an. Zum Beispiel erlaubt es die Fahrradverordnung der Silicon-Valley-Stadt Sunnyvale Personen über 62 und Kindern unter 13 Jahren, falls sich der Gehweg nicht gerade vor einer Schule oder einem Geschäft befindet. Und jeder darf in Sunnyvale auf dem Gehweg fahren, falls, wie das Gesetz es recht schwammig formuliert, die Straße für Radfahrer zu gefährlich ist.
In Deutschland darf man an extra ausgewiesenen Ampeln bei Rot rechts abbiegen, wenn dies gefahrlos möglich ist. In Amerika gilt dies generell, es sei denn, ein Schild verbietet es explizit wie in Abbildung 4. Geheimtipp: Gehen zwei Spuren nach rechts ab, darf man auch auf der linkeren Spur bei Rot abbiegen. Und, was viele nicht wissen: Bei Rot darf man auch nach links abbiegen, falls man am linken Rand einer Einbahnstraße steht und nach links in eine weitere Einbahnstraße einfährt. Ich habe es in San Francisco mit seinen vielen Einbahnstraßen schon oft eiskalt verifiziert, teilweise während auf der Nachbarspur Polizeiautos standen -- kein Problem, falls man schön artig vorher kurz stoppt!
Stellenweise steht auf den Verbotsschildern auch noch eine Uhrzeit, und manchmal sogar eine Ausnahmeregelung. So darf man auf der Mission-Street im mexikanischen Stadteil, wie in Abbildung 5 zeigt, zwischen 16 und 18 Uhr nicht links abbiegen. Am Sonntag ist Linksabbiegen allerdings erlaubt, was Englischsprecher dem darunter stehenden "Except Sun" entnehmen können. Im mexikanischen Stadtteil sprechen aber viele nur Spanisch, was dazu führt, dass kaum jemand das verkehrstechnische Schlupfloch am späten Sonntagnachmittag nutzt.
Noch einige weitere Kuriositäten: Doppelt durchgezogene, gelbe Linien in der Straßenmitte bedeuten keineswegs, dass man nicht nach links in eine Seitenstraße oder eine Einfahrt abbiegen darf. Das ist nur dann untersagt, falls sich dort vier (!) durchgezogene Linien befinden. Zwei durchgezogene gelbe Linien bedeuten lediglich, dass man dort nicht überholen darf. Ein U-Turn (gesprochen "Juh-Törn"), also eine 180-Grad-Wende, ist laut dem California Driver Handbook in diesem Fall ebenfalls erlaubt, falls er nicht explizit anderweitig verboten ist.
In Wohngebieten darf der Fahrer aber nur dann wenden, wenn sich kein anderes Fahrzeug innerhalb von 60 Metern nähert. Verboten sind U-Turns allerdings in sogenannten "Business Districts", zu denen auch Gegenden mit Kirchen, Wohnblöcken, Diskotheken und öffentlichen Gebäuden zählen. Interessanterweise weist das Handbuch auch darauf hin, dass der U-Turn in Einbahnstraßen untersagt ist. Da mal drüber nachdenken, gell!
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