22.12.2021   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 141  
San Francisco, den 22.12.2021


Abbildung [1]: Im Ofen zuhause selbstgebackene Pizza

Michael Was Pizza anbelangt, bin ich wie viele von euch mit dem durchschnittlichen Angebot in Deutschland aufgewachsen, was nicht schlecht ist, aber als ich als junger Spund das erste Mal in New York City war, und mitten in der Nacht, vom Hunger getrieben, aus der Jugendherberge raus und quer über die Straße zu einer Filiale der Kette "Roy's Pizza" lief, um ein Achtel zu holen, fiel ich fast in Ohnmacht, weil dieses Stück Pizza um Größenordnungen besser war als alles das, was ich je in Deutschland unter dem Namen "Pizza" vertilgt hatte.

In Amerika schmeckt die Pizza naturgemäß auch viel besser als im Ursprungsland Italien, wo das Gericht hauptsächlich an ahnungslose Billigtouristen verfüttert wird, die sich sich kein Essen in den nobleren Restaurants mit richtigem italienischem Essen leisten können. In Amerika, und eigentlich hauptsächlich in New York City, rangiert Pizza allerdings unter den Gerichten, bei denen die Einheimischen keinen Spaß verstehen oder schluderhafte Kochkünste akzeptieren würden. Der "New York Style" ist im ganzen Land bekannt für seine hauchdünne, knusprige Kruste, und, was die Zutaten anbelangt, ist außer Tomatensauce, Mozarella-Käse und vielleicht noch Anchovies (Sardellen) eigentlich nichts erlaubt. Etwas anderes zu verlangen wäre ungefähr so peinlich wie in einem Straßencafe in Paris Rotwein mit Eis im Glas zu bestellen.

Abbildung [2]: Im Ofen leitet der Pizza-Stahl die Hitze besser an die Pizza weiter als ein Pizza-Stein.

In San Franciscos Pizzerien ist mir die Pizza oft zu teigig. Dabei will ich gar nicht den "Chicago-Style" erwähnen, was für den Mann von Welt gar keine Pizza, sondern eine Quiche ist, aber darüber sind unterschiedliche Leute unterschiedlicher Meinung. Und noch etwas: Tiefgefrorene Pizza ist eine Zumutung, und jeder, der sich zuhause eine heiß macht, sollte sich überlegen, ob er nicht im Leben schon auf eine Einbahnstraße gebogen ist, an deren Ende ein Schild mit der Aufschrift "Bankrott" steht. Auch die labbrige Pizza vom Bringdient ist kein Ersatz, und wer zuhause Pizza essen will, dem bleibt eigentlich nur, den Teig selber zu kneten, auszuziehen, Pizzasauce aus der Dose (Don Peppino ist ganz gut) und geraspelten Käse (erst ein wenig Parmesan, dann ein Haufen Mozarella) draufzumachen, und mit Hilfe des hauseigenen Backofens irgendwie zu backen.

Abbildung [3]: Der Stahl wird so heiß, dass sich auf der Unterseite der Pizza angebrannte Flecken zeigen.

Um die Hitze des heimischen Herds, dessen Bratröhre meist bei 550F (290 Grad Celcius) aufgibt, gut in die Pizza weiterzuleiten, kaufen viele einen sogenannten Pizza-Stein, eine Platte aus Keramik, die man erst eine gute halbe Stunde im Ofen erhitzt und auf einem gewaltigen Schieber die platte Pizza darauf lanciert. Das funktioniert ganz ordentlich, allerdings gibt der Stein die Hitze nicht so gut an die Pizza weiter wie ein Stück Stahl, das gleich heiß ist. Warum? Die Hitzeleitfähigkeit von Stahl ist höher als die von Keramik. Dementsprechend schickt ein gleich heißer Stahl mehr Hitze in den darauf liegenden Pizzateig, der unten leicht anbrennt. Er entwickelt dunkelbraune Flecken an der Unterseite, das sogenannte "Leoparding", das dem Teig den unverwechselbaren pizza-typischen Geschmack verpasst. Problem an der Sache ist freilich, dass ein ein Zentimeter dickes Stück Stahl im Format 40cm x 40cm ungefähr soviel wiegt wie ein Kleinwagen und in Sekunden zu rosten anfängt, wenn man es unabgetrocknet herumstehen lässt. Wie bei einer gusseisernen Pfanne darf man auch kein Spülmittel zum Säubern verwenden, sondern sollte hin und wieder eine Lage Kochöl draufmachen, damit der Teig bei der nächsten Pizza nicht festpappt.

Abbildung [4]: Alternative: Ein 500 Grad heißer gasbetriebener Pizzaofen für den Balkon.

Zugegeben, wie im 500 Grad heißen Holzofen einer Pizzeria gebacken schmeckt auch dieser Teig nicht, aber für den heimischen Ofen ist das Ergebnis doch akzeptabel, jedenfalls um Längen besser als mit herkömmlichen Methoden. Wer dennoch daheim einer Pizzeria Konkurrenz machen will, kann sich einen portablen Gas- oder Holzofen der Firma "Ooni" kaufen, Gewährsleute haben mir versichert, dass die Pizzen aus den kleinen aber heißen Dingern tatsächlich Pizzeria-Qualität aufweisen. Leider haben wir keinen Platz, und so ein Öfchen muss wegen der Abgase draußen stehen!

Grüße aus San Franscisco:

Angelika und Michael

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