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Angelika/Mike Schilli |
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San Francisco Shantytown
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Angelika Obdachlose gehören in San Francisco leider zum Stadtbild. Die Gründe für die hohe Anzahl der Obdachlosen in dieser Stadt sind vielschichtig: Hohe Lebenshaltungskosten, kaum bezahlbare Wohnungen und zu wenig Wohnungen im allgemeinen. Verliert man den Job und hat keine Rücklagen, endet man schnell auf der Straße, weil es keine Sozialsysteme gibt, die einen auffangen. San Francisco gilt als liberal und hat trotz aller Probleme Hilfsangebote für Obdachlose. Die reichen zwar hinten und vorne nicht, aber es gibt sie wenigstens. Auch ist das nordkalifornische Klima relativ mild. Es regnet Monate nicht und Schnee gibt es nie. Fast 6.690 Obdachlose lebten Anfang 2015 in San Francisco. Seitdem wir in dieser Stadt leben, versprach jeder neu gewählte Bürgermeister, das Problem in den Griff zu bekommen. Bis jetzt ist jeder gescheitert oder setzte nach der gewonnenen Wahl wieder andere Prioritäten.
Auch dass Obdachlose Zuflucht unter Autobahnbrücken suchen, ist keine Neuheit. Oft entwickeln sich daraus dann kleine Zeltlager. An der Cesar-Chavez-Ausfahrt der Autobahn 101 gibt es zum Beispiel ein solches Lager. Ich fahre dort oft mit dem Auto vorbei und habe über die letzten Monate hinweg die Zeltsiedlung wachsen sehen. An einigen Tage der Woche teilen Nonnen Essen an die Obdachlosen aus und ich habe auch schon beobachtet, wie die Nonnen den Obdachlosen die Haare auf der Straße schneiden. Das rührt mich dann immer sehr. Ein neuerer Trend ist allerdings, dass die Zelte sich auf den Bürgersteigen der Stadt ausbreiten. So standen an der Division Street bis vor kurzem sage und schreibe 130 Zelte auf dem Bürgersteig entlang der Straße.
Über dieser Straße verläuft die Autobahn und die Hochtrasse bietet Schutz vor dem Wetter. Nun ist die Gegend nicht gerade das Topwohnviertel, aber es befinden sich dort viele Geschäfte wie zum Beispiel der Elektronikmegamarkt "Best Buy", ein Supermarkt für Büromaterial, "Office Depot", sowie der alternative Supermarkt "Rainbow" (Rundbrief 09/2005) in unmittelbarer Nähe. Nach Zeitungsberichten wurden selbst dem Rainbow-Supermarkt die Obdachlosen in der Nachbarschaft zuviel, obwohl der Laden das Image der linken Alt-Hippies heraufbeschwört und als Co-op den eigenen Mitarbeitern gehört.
Die Obdachlosen vergraulten nämlich Kunden, benutzten die Toiletten des Supermarktes als privates Badezimmer oder blockierten mit den Zelten die Zufahrtswege für die Zulieferer. Es kam wohl auch des öfteren vor, dass ein Obdachloser den Supermarkt betrat und sich entblößte oder einfach nur rumschrie. Viele der Obdachlosen sind pyschisch krank und gehörten eigentlich in betreute Einrichtungen, die aber eine Rarität sind. Die Rainbow-Mitarbeiter versuchten, unseren Bürgermeister Ed Lee auf die Dringlichkeit der Lage aufmerksam zu machen, erhielten aber zunächst keine Unterstützung. Die Rainbow-Truppe wollte die Obdachlosen nun nicht unbedingt vertreiben, sondern nur für bessere hygienische Bedingungen sorgen wie mehr Toiletten und mehr Mülleimer.
Letzte Woche nun drohte die Stadt dann auf einmal mit der Zwangsräumung der Zelte. Am Dienstag setzte sie eine Frist von 72 Stunden. Zunächst versuchten Sozialarbeiter, die Zeltbewohner dazu zu überreden, freiwillig das Feld zu räumen und in das neue temporäre Obdachlosenasyl am Pier 80 mit 150 Betten (beziehungsweise korrekter ausgedrückt: 150 Matratzen auf dem Boden) zu ziehen. Das Asyl erfreut sich aber nicht der erhofften Beliebtheit, obwohl Dinge erlaubt sind, die in anderen Obdachlosenasylen verboten sind. Man darf zum Beispiel dort seine Haustiere mitbringen sowie das gesamte Hab und Gut, und Partner müssen nicht getrennt schlafen.
Auch muss die Unterkunft am Pier 80 tagsüber nicht geräumt werden. Und die Stadt serviert drei Mahlzeiten am Tag. Viele der Obdachlosen ist der Pier 80 allerdings zu weit vom Schuss. Einige ließen sich dann doch überreden, und am Freitag hatten sich die Zelte auf ungefähr 40 reduziert. Samstag waren es dann vieleicht noch 10. Allerdings sind die meisten nur ein paar Häuserzeilen weiter gezogen. Trotz des Ultimatums kam die Polizei nicht zum Räumen der letzten Zelte. Die Stadt hofft einfach, dass die Obdachlosen, die zum Pier 80 gezogen sind, dort bleiben. Ich glaube allerdings, dass die Zelte bald wieder in großer Anzahl zurückkehren werden.
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