19.12.2010   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 89  
San Francisco, den 19.12.2010


Abbildung [1]: Der Stanford-Professor Lawrence Lessig erzählt bei Yahoo warum Amerika überhöhte Telefon- und Kabelgebühren zahlt.

Michael Warum zahlen wir in Amerika $60 im Monat für Telefon und Internet, müssen $2.50 pro Minute für Anrufe nach Deutschland berappen, falls wir vergessen, eine Sondernummer einzugeben oder einen Spezialplan abzuschließen und blechen $60 obendrauf für einen Kabelanschluss mit Premiumprogrammen? In europäischen Ländern kostet ein vergleichbares Paket etwa ein Drittel.

Im Mai dieses Jahres war der Stanford-Professor Lawrence Lessig bei Yahoo und hat's uns erklärt. Anders als man es von einer High-Tech-Nation erwarten würde, belegt Amerika im weltweiten Vergleich in punkto Internetverfügbarkeit nur Platz 15. Sogar in Bukarest ist die Abdeckung besser als in Chicago! Das Problem ist mangelnde Konkurrenz unter den Anbietern, denn die Inhaber der Telefon- und Kabelnetzwerke operieren als vom Staat akzeptierte Quasi-Monopolisten.

Wie sind die USA in diese verfahrene Situation geraten? Im Jahr 1996 bestimmte der Telecommunication Act, dass die Telefongesellschaft AT&T ihr Netzwerk auch Drittanbietern überlassen musste, ohne dafür exzessive Preise zu verlangen. Für das Fernsehkabelnetzwerk galt das nie, Firmen wie Verizon und Comcast mussten keinen Konkurrenten Zugang zu ihrer einst für teures Geld gebauten Kabelinfrastruktur gewähren. Diese Ungleichbehandlung führte zu endlosen Querelen zwischen den Telekom- und Kabelfirmen, und im Jahr 2000 entschied der Supreme Court indirekt, dass der Staat auch die Telefongesellschaften nicht mehr zum Öffnen ihrer Netze zu diktierten Konditionen verdonnern konnte. Die teilweise staatliche Regulierung wich also einem nur den Gesetzen des Monopolmarktes unterliegenden Verfahren.

Ganz anders in Europa: Dort griff der Staat in den 90ern massiv in die Wirtschaft ein, zwang die Telekombetreiber zur Entbündelung, also dazu, ihre Serviceleitungen auch Drittanbietern zu nicht überhöhten Preisen anzubieten, "entbündelt" von eigenen Telekomleistungen. Ziel des Verfahrens war es, die Konkurrenz zu stärken, die technische Entwicklung voranzutreiben und auf längere Sicht die Preise für den Endverbraucher zu senken.

Rückblickend handelt es sich also um ein ab dem Jahr 2000 geführtes wirtschaftsgeschichtliches Experiment, das auf zwei Kontinenten mit unterschiedlichen Spielregeln ablief. Welches Verfahren bringt dem Verbraucher auf Dauer die besseren Konditionen? Welches treibt die technische Entwicklung am schnellsten voran? Sollte der Staat eingefahrene Monopole regulieren oder eingesessene Firmen gewähren lassen? Für die Regulierung der Monopolisten spricht das damit verbundene Ankurbeln der Konkurrenz. Als Gegenargument brachten die eingesessenen Monopolhalter damals vor, dass staatlicher Eingriff zukünftige Investitionen zügele und den technischen Fortschritt zum Erliegen bringe.

Das Ergebnis ist heute offensichtlich: Amerika hinkt im Telekomsektor Europa nicht nur technologisch signifikant hinterher, sondern fordert dem Endverbraucher auch noch höhere Gebühren für schlechteren Service ab. Wir blicken neidisch auf eure preisgünstigen Internet-, Telefon- und Kabelangebote. Den Lessig-Vortrag auf Video könnt ihr euch kostenlos im Internet ansehen, er dauert allerdings 54 Minuten. Der Teil über die amerikanischen Probleme mit Telefon- und Kabelmonopolen beginnt ab Minute 6:48.

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