08.12.2009   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 83  
San Francisco, den 08.12.2009


Abbildung [1]: Angelika bei den Niagara-Fällen.

Michael Die Niagara-Fälle, das gewaltige Naturschauspiel, bei dem drei Millionen Liter Wasser pro Sekunde eine 54 Meter hohe Wand hinunterrauschen, sollte man sich nicht entgehen lassen. Allerdings denken zwölf Millionen Besucher jährlich ähnlich und das touristische Drumherum in dem Städtchen "Niagara Falls" im kanadischen Bundesstaat Ontario ist ziemlich abartig. Zum Glück war Ende Oktober schon Nachsaison und der Rummel hatte sich gelegt, aber auch viele Verkaufsstände und Restaurants waren geschlossen.

Abbildung [2]: Niagara: Links die "American Falls", rechts die halbkreisförmigen "Horseshoe Falls".

"Niagara" wird auf Amerikanisch übrigens "Nei-jähgra" mit Betonung auf dem "jäh" ausgesprochen. Das Wort stammt von den amerikanischen Ureinwohnern, in deren Sprache es "Donnerndes Wasser" bedeutet. Die Ureinwohner Amerikas betrachteten die Niagara-Wasserfälle als heilige Stätte und erst 1678 bekam sie ein europäischer Jesuitenpater zu sehen. 1801 reisten dann die ersten Flitterwochen-Touristen an, und heutzutage bieten Spielcasinos, ein Rummelplatz mit Riesenrad, ein Turm mit Speiserestaurant, Golfplätze und allerlei organisierte Attraktionen den perfekten Tagesausflug für die amerikanische Familie.

Abbildung [3]: Wegen der Nachsaison bereits stillgelegte Verkaufsstände in Niagara Falls.

Alles ist auf Gewinnmaximierung angelegt. Um vom Städtchen runter zu den Fällen zu gelangen, kann man entweder ein absichtlich mit Absperrungen in die Länge gezogenes Labyrinth von Straßen ohne rechte Wegweiser erkunden oder 2 Dollar zahlen, um mit einer kleinen Bergbahn etwa 50 Meter schräg runter zu fahren. Natürlich ist daneben keine Treppe. Kauft man ein Ticket für den Aufzug, der runter in die ausgesprengten Gänge gleich neben dem Wasserfall führt, gibt's die Karten im Doppelpack mit einer Filmvorstellung günstiger. Wieder oben angekommen, preist ein geschäftstüchtiges Fotografenteam für 20 Dollar vorher geschossene und nun bereits auf 18x24 vergrößerte Bilder an, auf denen die Teilnehmer in lustigen gelben Regenmänteln mit digital eingeblendetem Wasserfall (eins bei Tag, eins bei Nacht) zu sehen sind. Ende Oktober standen an allen Attraktionen nur jeweils eine Handvoll Besucher an, in der Hauptsaison ist die Gegend wahrscheinlich so eine Art Vorhölle.

Abbildung [4]: Das Fass eines Dare Devils namens John Munday, der sich damit 1993 die Niagara-Fälle runterfallen ließ.

Zwischen 1901 und 2003 gibt es 16 dokumentierte Fälle von "Dare Devils" ("Teufelskerlen"), die sich zur Gaudi die Fälle hinunterstürzten. Etwa zwei Drittel überlebten. Den Anfang machte 1901 eine 64-jährige Schullehrerin, die sich damals ein 1,60 Meter hohes Fass anfertigen ließ, es mit einer Matratze auspolsterte, mitsamt ihrer Katze hineinschlüpfte, sich von der Strömung in die Fälle ziehen und hinunterstürzen ließ. Das Fass blieb erstaunlicherweise heil; die Lehrerin überlebte und wurde anschließend von angeheuerten Helfern erst aus dem Fluss und dann aus dem Fass gezogen.

Abbildung [5]: Wird auch der Rundbriefreporter in einem Fass die Niagara-Fälle hinunter schwimmen?

Der Versuch eines Engländers im Jahre 1920 schlug fehl, weil der Übermütige in seinem Faß zu Balancezwecken einen 50kg schweren Amboss an seinen Beinen befestigte. Das Fass überstand den Sturz, doch der Amboss sauste mit dem Engländer in die Tiefe. Nur sein rechter Arm blieb im Fass.

Abbildung [6]: Geldstrafen für Niagara-Springer im Spiegel der Zeit.

Die Niagara-Fälle runter zu springen ist natürlich verboten, aber der Kanadier John Munday schaffte es sogar zweimal. Ein Video in einer kleinen Ausstellung vor Ort zeigt, wie seine Kumpels etwa 150 Meter vor den Fällen, mitten in der Touristenzone, einen großen Umzugs-LKW rückwärts an das Eisengeländer am Flussufer ranfahren, eine Holzplanke über das Absperrgitter legen und darüber eine gepanzerte orangefarbene Tauchkugel von 2m Durchmesser mit dem darinsitzenden Stuntman vom LKW direkt ins Wasser rollen! Die kanadischen Parkranger vor Ort können im Notfall über einen vor den Fällen liegenden Staudamm das Wasser abdrehen und haben dies tatsächlich schon getan, um Übermütige vor den Fällen zu stranden. Aber John Mundays Team war wohl doch etwas zu schnell, denn die Tauchkugel sauste plangemäß unter dem Gejohle der Touristen den Wasserfall runter. Im Jahre 2003 überstand gar ein Amerikaner den Sturz ohne jegliche Hilfsmittel, nur mit seiner normalen Kleidung am Leib. Er musste eine Strafe von $4500 zahlen und ihm wurde untersagt, Kanada je wieder zu betreten.

PDF Drucken
RSS Feed
Mailing Liste
Impressum
Mike Schilli Monologues


Auf die Email-Liste setzen

Der Rundbrief erscheint in unregelmäßigen Abständen. Wer möchte, kann sich hier eintragen und erhält dann alle zwei Monate eine kurze Ankündigung per Email. Sonst werden keine Emails verschickt.

Ihre Email-Adresse


Ihre Email-Adresse ist hier sicher. Die Rundbrief-Redaktion garantiert, die angegebene Email-Adresse nicht zu veröffentlichen und zu keinem anderen Zweck zu verwenden. Die Mailingliste läuft auf dem Google-Groups-Service, der sich ebenfalls an diese Richtlinien hält. Details können hier eingesehen werden.
Alle Rundbriefe:
2024 153 154 155
2023 148 149 150 151 152
2022 143 144 145 146 147
2021 138 139 140 141 142
2020 133 134 135 136 137
2019 129 130 131 132
2018 125 126 127 128
2017 120 121 122 123 124
2016 115 116 117 118 119
2015 111 112 113 114
2014 106 107 108 109 110
2013 101 102 103 104 105
2012 96 97 98 99 100
2011 91 92 93 94 95
2010 85 86 87 88 89 90
2009 79 80 81 82 83 84
2008 73 74 75 76 77 78
2007 66 67 68 69 70 71 72
2006 59 60 61 62 63 64 65
2005 54 55 56 57 58
2004 49 50 51 52 53
2003 43 44 45 46 47 48
2002 36 37 38 39 40 41 42
2001 28 29 30 31 32 33 34 35
2000 20 21 22 23 24 25 26 27
1999 13 14 15 16 17 18 19
1998 7 8 9 10 11 12
1997 1 2 3 4 5 6
1996 0

Rundbriefe 1996-2016 als PDF:
Jetzt als kostenloses PDF zum Download.

Spezialthemen:
USA: Schulsystem-1, Schulsystem-2, Redefreiheit, Waffenrecht-1, Waffenrecht-2, Krankenkasse-1, Krankenkasse-2, Medicare, Rente, Steuern, Jury-System, Baseball, Judentum
Immigration: Visa/USA, Warten auf die Greencard, Wie kriegt man die Greencard, Endlich die Greencard, Arbeitserlaubnis
Touren: Alaska, Vancouver/Kanada, Tijuana/Mexiko, Tokio/Japan, Las Vegas-1, Las Vegas-2, Kauai/Hawaii, Shelter Cove, Molokai/Hawaii, Joshua Nationalpark, Tahiti, Lassen Nationalpark, Big Island/Hawaii-1, Big Island/Hawaii-2, Death Valley, Vichy Springs, Lanai/Hawaii, Oahu/Hawaii-1, Oahu/Hawaii-2, Zion Nationalpark, Lost Coast
Tips/Tricks: Im Restaurant bezahlen, Telefonieren, Führerschein, Nummernschild, Wohnung mieten, Konto/Schecks/Geldautomaten, Auto mieten, Goodwill, Autounfall, Credit Report, Umziehen, Jobwechsel, Smog Check
Fernsehen: Survivor, The Shield, Curb your Enthusiasm, Hogan's Heroes, Queer Eye for the Straigth Guy, Mythbusters, The Apprentice, The Daily Show, Seinfeld
Silicon Valley: Netscape-1, Netscape-2, Netscape-3, Yahoo!
San Francisco: SoMa, Mission, Japantown, Chinatown, Noe Valley, Bernal Heights
Privates: Rundbrief-Redaktion
 

Kommentar an usarundbrief.com senden
Lob, Kritik oder Anregungen? Über ein paar Zeilen freuen wir uns immer.

In der Textbox können Sie uns eine Nachricht hinterlassen. Wir beantworten jede Frage und jeden Kommentar, wenn Sie ihre Email-Adresse in das Email-Feld eintragen.

Falls Sie anonym bleiben möchten, füllen Sie das Email-Feld bitte mit dem Wort anonym aus, dann wird die Nachricht dennoch an uns abgeschickt.

Ihre Email-Adresse


Nachricht

 
Impressum
Letzte Änderung: 26-Nov-2012