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  Rundbrief Nummer 36  
San Francisco, den 01.02.2002


Amerikanische Rasterfahndung

Was dem Deutschen die Rasterfahndung, ist dem Amerikaner das so genannte "racial profiling". Darunter versteht man, eine Person allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe oder Nationalität herauszupicken. Theoretisch ist das "racial profiling" verboten. Die Polizei darf deshalb nicht einfach jemanden aufgrund seiner Hautfarbe verdächtigen, anhalten oder festnehmen. In der Praxis hört man aber immer wieder von Fällen, dass dies gerade schwarzen jungen Männern passiert. "Racial profiling" ist wieder in aller Munde, seitdem Justizminister Ashcroft anordnete, 5000 Ausländer, die sich auf Touristen-, Geschäfts- oder Studentenvisum in den USA aufhalten, im Zusammenhang mit den Terroranschlägen zu befragen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Männer zwischen 18 und 33 Jahren, die aus dem Nahen Osten stammen. Ashcroft betonte zwar gleich vorbeugend, dass die Interviews auf freiwilliger Basis stattfinden und dass die Männer nicht als Verdächtige gelten, aber das macht es gerade zum "racial profiling", denn nur die Natitionalität bestimmte, wem man zum Interview einlud. Kritik gegen dieses Vorgehen kam aus ungewöhnlicher Ecke. Der Polizeichef von Portland (Bundesstaat Oregon) weigerte sich, 200 Männer, die in seiner Region zu befragen waren, ausfindig zu machen, da die angeordneten Interviews seiner Meinung nach nicht mit den Gesetzen seines Bundesstaates konform gingen. In Oregon ist es der Polizei nämlich untersagt, eine Person nach ihren politischen oder religiösen Ansichten zu befragen, es sei denn, die Person ist eines Verbrechens verdächtigt und die Fragen könnten helfen, dieses aufzuklären. Die angeordneten, standardisierten Interviewfragen zielten aber darauf ab, politische und religiöse Ideen herauszukitzeln. Ashcroft erwartet u.a. Auskunft darüber, wie sich die betreffende Person fühlte, als sie von den Anschlägen am 11. September hörte und ob sie mit den Flugzeugentführern sympathisierte. Eine andere Frage zielt darauf ab, herauszubekomen, welche Städte und Sehenswürdigkeiten die Personen in den USA besuchten. Wie man aus dieser Antwort auf möglichen Terrorismus schließen kann, ist mir ein Rätsel. Denn jeder der z.B. New York besuchte, fuhr auch auf die Aussichtsplattform des World Trade Centers. Der Polizeichef von San Francisco verweigerte übrigens ebenfalls die Mithilfe bei den Interviews.

Aber nicht nur die Peitsche schwingt man hierzulande bei der Terrorismusbekämpfung, auch mit dem Zuckerbrot winkt man: Ausländer, die nützliche Hinweise zu der Ergreifung der Terroristen liefern, lockt man mit der möglichen Einwanderung in die USA. Dafür gibt es schon seit 1994 eine spezielle Visumskategorie, die es einem erlaubt, für drei Jahre im Land zu bleiben, selbst wenn man sich illegal in den USA aufhält. Die Überlegung ist nicht dumm, denn Personen, die unerlaubter Weise im Land sind, schweigen aus Angst, deportiert zu werden. Justizminister Ashcroft versicherte, dass auch Personen, die sich zur Zeit nicht in den USA aufhalten, ein Anrecht auf dieses spezielle Visum haben: Sachdienliche Hinweise hinsichtlich der Terroristen nehme jede amerikanische Botschaft entgegen. Und obwohl das Visum nur drei Jahre gilt, stellte Ashcroft sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft auf lange Sicht für die Informanten in Aussicht. Wie das zu bewerkstelligen ist, blieb allerdings im Dunkeln.

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Letzte Änderung: 26-Nov-2012