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Angelika/Mike Schilli |
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Michael In dem ganzen Trump-Rummel ist das Ergebnis der mit Spannung erwarteten Abstimmung über die Legalisierung des Haschpfeiferlgebrauchs in Kalifornien völlig untergegangen. Nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen in den Jahren 1996 und 2010 stimmten kalifornische Wähler 2016 tatsächlich für den sogenannten "recreational use of marijuana", also das Haschen zum Privatvergnügen. "Medical Marijuana" gibts bei uns ja schon ewig, wer sein THC-haltiges Cannabisprodukt in den offiziell unter staatlicher Aufsicht betriebenen "Dispensories" genannten Läden kaufen wollte, ging bisher einfach zu irgendeinem Doktor, ließ sich wegen "Rückenschmerzen" ein Rezept ausstellen, wurde dann in einer staatlichen Datenbank als Bezugsberechtiger registriert, und konnte dann am Bong ziehen bis sich seine Gehirndecke nach oben wegrollte.
Viele Leute ließen sich auf den Deal ein, und eine ganze Industrie von staatlich lizensierten Vertriebsläden, sowie Doktoren, die sich aufs Rezeptschreiben spezialisierten, schossen wie Pilze aus dem Boden. Wer schon einmal in Los Angeles am Venice Beach den Boardwalk entlanggeschlendert ist, weiß, dass dort relaxte junge Leute in leuchtend grünen Overalls Touristen ansprechen, um sie schnellstens zum "Doktor" zu führen, der seine Praxis praktischerweise gleich an der Strandpromenade hat, und mit gespitztem Bleistift und geöffnetem Rezeptblock gegen eine Gebühr von 30 Dollar die begehrte Erlaubnis gewährt.
Aber auch ohne Rezept war San Francisco immer schon eine Haschmetropole und es ist kein Geheimnis, dass ganze Landstriche wie zum Beispiel Humboldt County etwa zweihundert Kilometer weiter nördlich hauptsächlich vom illegalen Marijuana-Anbau leben. Drogenbesitz wurde seit den 90ern als Kavaliersdelikt gehandelt und nur der illegale kommerzielle Vertrieb überhaupt verfolgt. Per Gesetz war es zwar verboten, doch ein Polizist in San Francisco hätte nie jemanden vom Gehweg weg verhaftet, nur weil der einen Joint paffte, außer natürlich er hegte einen Groll und wollte der betreffenden Person eins auswischen.
Ich will hier keine Firmennamen nennen, aber vor meinem letzten Jobwechsel wurde ich bei mehreren bekannten Silicon-Valley-Niederlassungen vorstellig und füllte deren Job-Applikationen aus, bevor man mich in Job-Interviews grillte. Im Abschnitt "Vorstrafen" wurde ich als Applikant dort aufgefordert, etwaige "Criminal Records" anzugeben, und ich musste doch sehr lachen, als ich dort nicht nur bei einer Firma, sondern gleich bei mehreren las, dass man Verurteilungen im Zusammenhang mit Marijuana explizit auslassen sollte.
Bei der Abstimmung am 9. November zur California Proposition 64 nun befürworteten die Wähler mit 57 zu 43 Prozent die 2015 beim Attorney General von Kalifornien eingereichte Initiative, und damit kann jetzt jeder auch ohne Rückenschmerzen soviel Joints qualmen wie er möchte. Doch was bedeutet das neue Gesetz nun genau in der Praxis, zum Beispiel für deutsche Touristen, die zweifelsfrei scharenweise wie früher nach Amsterdam nun nach San Francisco, dem Mekka des Drogenkonsums, pilgern werden?
Der Text der Proposition sieht vor, dass Konsumenten erst Anfang 2018 in speziellen Läden legal ihre Haschprodukte erwerben können. Eine extra erhobene Verkaufssteuer von 15 Prozent spült dann Geld in die Bundesstaatskassen. Weiter müssen Hanfanbauer pro Unze (28g) geernteter Blüten 9.25 Dollar und 2.75 pro Unze für Blätter und Stängel entrichten. Gerechnet wird mit einem Umsatz von vier Milliarden Dollar bis 2020.
Gerade diskutiert Kalifornien, ob Marijuana-Produzenten auf großen Litfaßsäulen entlang der Freeways ihre Produkte anpreisen dürfen oder ob das Produkt dem bei Tabakwaren üblichen Werbeverbot unterliegt. Die Bundesstaaten Alaska, Washington DC, Washington, Oregon, und Colorado haben die Legalisierung schon hinter sich und werkeln schon eine Weile an den legalen Details. Alaska und Oregon arbeiten noch an der Vertriebsstrategie. In Colorado gibt es bereits entsprechende Läden. Privater Anbau von bis zu sechs Pflanzen ist erlaubt, außer in Washington, da dürfen nur lizensierte kommerzielle Anbauer pflanzen.
Der Privatbesitz von Cannabisprodukten ist Erwachsenen ab 21 gestattet, und zwar bis zu einer Unze pro Person. Verschenken erworbener oder geernteter Produkte (ebenfalls bis zu einer Unze) ist ebenfalls erlaubt. Verkaufen dürfen sie nur offizielle Stellen, privater Verkauf ist strafbar. Verbraucher dürfen Marijuana-Produkte nicht auf der Straße oder in Parks konsumieren, sondern je nach Bundesstaat nur in Privaträumen oder auf dem Balkon, mancherorts darf's niemand anders sehen, wenn's die Leute aufregt.
Da die Rechtslage ziemlich kompliziert ist, so lese ich derzeit in den Nachrichten, könnte sich der Verkaufsstart allerdings noch bis 2019 verzögern. Kalifornische Mühlen mahlen traditionsgemäß langsam.
Grüße aus dem Zentrum des Hippietums:
Angelika und Michael
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