Das heißt allerdings nicht, dass es einen Mangel an Bürokratie gäbe: Bei Einrichtungen wie der Kraftfahrzeugmeldebehörde (DMV), dem Steueramt (IRS) und der Einwanderungsbehörde (INS) wiehert der Amtsschimmel, schlimmer, jawohl schlimmer als in Deutschland. Das realisieren viele Deutsche nicht, die annehmen, in Amerika sei alles effizienter und weniger bürokratisch.
Ähnliches gilt für Zeitabsprachen. Wer zu einer zwanglosen Party zur vereinbarten Zeit auftaucht, dem öffnen verständnislos blickende Leute mit Lockenwicklern im Haar die Türe. Natürlich ist das Essen noch nicht fertig und alles ist furchtbar peinlich. Also: Immer eine Stunde zu spät kommen. Oh, und wenn man eine Woche vorher zugesagt hat und dann am Tag zuvor nicht mehr anruft und bestätigt, dass man tatsächlich kommt, wird niemand mehr mit dem Erscheinen rechnen. Kommt man dann ohne Bestätigung tatsächlich wie zugesagt, ist kein Bier im Kühlschrank.
Als AOL im Jahr 2000 Netscape kaufte und wir auf dem Campus einzogen, prallten zwei Welten aufeinander: Bei Netscape war es üblich, zu Meetings 15 Minuten zu spät zu erscheinen. Teilweise war das dann so, dass ich allein im Besprechungszimmer saß, mit den Gesprächspartnern in Dulles per Telefon alles durchsprach und teilweise schon das Gespräch beendet hatte, als die ersten Netscapeler eintrudelten. Da machte ich mir natürlich einen Spaß daraus, demonstrativ "Alles bereits erledigt, Meeting beendet" zu sagen und in mein Cubicle zurückzumarschieren. Genützt hat's allerdings nicht viel.