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Queer Eye for the Straight Guy
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Viele sehen das auch gerne ein und holen sich professionellen geschmackstechnischen Rat -- am liebsten kostenlos in so genannten "Makeover"-Fernsehsendungen. Davon gibt es mittlerweile etwa ein Dutzend und das Strickmuster geht so: Freunde verpetzen Modemuffel oder Besitzer schlampig eingerichteter Wohnungen beim Fernsehen. Die schicken dann ein Einsatzteam von Wohnungsdesignern, Handwerkern, Friseuren, Kosmetikern, Modefachleuten, Tanzlehrern oder Kochspezialisten vor Ort, um alles umzumodeln und dann detailliert mit Vorher-Nachher-Effekt im Fernsehen auszustrahlen.
In "While you were out" wird dazu das Opfer für einige Zeit unter einem Vorwand aus der Wohnung gelockt, die es dann anschließend wunderbar renoviert wiederfindet. In "Trading Spaces" (eine Sendung, die lustigerweise ursprünglich aus Großbritannien kam, wo ähnliche Geschmacksdürre herrscht) tauschen zwei Nachbarn für 48 Stunden ihre Wohnung und bringen dann die Räume mit Hilfe von Designern und viel Eigeneinsatz auf Hochglanz. Aus meiner privaten Statistik kann ich euch mitteilen, das 95% aller erfolgreich Behandelten "Oh my Gosh!" schreien, wenn sie die Neuerungen erblicken. In fast allen Fällen hüpfen sie vor Freude, nur ganz selten gibt es lange Gesichter, weil der Designer den Bogen ein bisschen überspannt hat.
Zur Zeit schlägt eine neue Sendung alle Rekorde: "Queer Eye for the Straight Guy". Statt das zu wörtlich zu übersetzen, sage ich euch lieber, worum es geht: Ein Quintett von hippen, jungen, schwulen Großstadt-Männern, die so genannten "Fab 5", fahren als mobiles Einsatzkommando zu Problemfällen aller Art. Meist handelt es sich um Junggesellen, die in total heruntergekommenen Apartments mit verkrusteter Badewanne wohnen, Pizza essen und Dosenbier trinken, Jeans und Holzfällerhemden tragen und lebenslange Nichttänzerpässe besitzen.
Da schwule Männer sich häufiger mit Geschmacksfragen, Mode, Stil, Kunst und Körperpflege befassen als ihre heterosexuellen Artgenossen, ist das meist ein voller Erfolg, denn das Quintett zeigt dem "Slob" (Schlumper) dann ausgiebig, wie man sich bei Tisch benimmt und zum Beispiel einen Hummer verspeist, die Angebetete in die Disco schleppt und danach in das total neurenovierte Apartment einlädt. Dabei gibt's keine Tabus: Da werden behaarte Gesellen schon mal zum Kosmetiksalon geschleppt, wo ihnen die Rückenhaare abge"wax"t werden oder mit dem brandneuen Nasenhaarschneider von Norelco die "Nose Hair Situation" beseitigt.
Dabei spielen die "Fab 5" bewusst mit schwulen Klischees, besonders der Modefachmann benimmt sich manchmal echt tuntig. Aber es ist klar, dass das nicht ernst gemeint ist, sondern meist nur dazu dient, eventuell vorhandene kleinste homophobische Tendenzen beim "Straight Guy" hervorzukitzeln und ihn in Verlegenheit zu bringen. Die Sendung kommt auch in schwulen Kreisen sehr gut an, alle unsere Freunde sind begeisterte "Fab 5"-Fans. Und selbst das prüde Amerika außerhalb von San Francisco findet die Sendung toll.
Nach getaner Arbeit schließlich sitzen die Fünf jedesmal stilvoll bei einem Glas Wein zusammen und sehen sich live per Fernsehübertragung an, wie sich ihr neuer Schützling allein für einen gepflegten Abend zurechtmacht und die Freundin ausführt, die sich dann natürlich beim Heimkommen vor Freude über die neumodische Wohnung fast überschlägt. Natürlich lästern die Fünf auch ausgiebig und rollen die Augen, wenn dann jemand das vorgeschlagene Haargel nicht richtig appliziert, den Hummer mit den Händen zerreißt oder herumliegende Klamotten in der frischaufgeräumten Wohnung statt in den Schrank schnell unters Bett stopft.
Die Fernsehbilder zeigen die "Fab 5" nur bei Oprah Winfrey, die die Burschen wegen ihres bahnbrechenden Erfolgs in ihre Mega-Show eingeladen hat. Die Sendung "Queer Eye for the Straight Guy" kommt nämlich auf einem Kabelkanal, den ich vor kurzem wegen Gebührenerhöhung kurzfristig abbestellt habe. Sicher ruft bald wieder jemand bei uns zu Hause an, um ihn uns wieder zum Sonderangebot anzubieten -- aber bis dahin müssen wir darben.
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