01.05.2018   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 125  
San Francisco, den 01.05.2018


Abbildung [1]: Damit Fifi mitfliegen darf, wird er kurzerhand als "Emotional Support Animal" deklariert.

Angelika Wir fliegen ja nicht so häufig, aber immer wenn wir fliegen, stellen wir fest, dass es mittlerweile gang und gäbe ist, dass Passagiere ihren Hund ins Flugzeug mitnehmen. Dabei handelt es sich durchaus nicht immer um kleine Hunde oder Hunde, die in einer Hundereisetasche mitreisen. Nein, die Hunde spazieren an der Leine ins Flugzeug und sitzen dann auf dem Schoß des Besitzers. Fliegen ist ja mittlerweile eh zu einer reinen Qual geworden, weil die Sitze zu klein und eng sind und jeder meint, seinen halben Hausstand ins Flugzeug mitnehmen zu müssen, denn für eingechecktes Gepäck verlangen alle Fluggesellschaften mittlerweile Gebühren. Ich bin schon immer ganz genervt, wenn ich ins Flugzeug einsteige. Die Vorstellung, dass ich jetzt auch noch unter Umständen einen Hund neben mir sitzen habe, der überall rumschlabbert, verleidet mir das Fliegen noch mehr. Gut, ich bin nicht gerade ein Hundefan, aber Hundeliebhaber müssen mir jetzt auch keine bösen E-Mails schreiben. Ich habe nichts gegen Leute, die einen Hund besitzen, solange diese nicht das System ausnutzen und ihren Vierbeiner auf dem Schoß sitzend im Flugzeug mitfliegen lassen. Übrigens bin ich auch nicht die Einzige, die sich über diese Unsitte aufregt und für Fluglinien wird die Sache immer mehr zum Problem, denn einige Hunde drehen in der ungewöhnlichen Situation durch und lassen ihre Häufchen im Gang ab, bellen ununterbrochen oder beißen gar den Sitznachbarn.

Abbildung [2]: Obwohl's verboten ist, bringen die Leute ihre Hunde in Lebensmittelgeschäfte mit rein.

Wie schaffen die Hundebesitzer es nun, ihren Fifi kostenlos fliegen zu lassen? Sie erklären ihn kurzerhand zum "Emotional Support Dog" (übersetzt etwa "emotionaler Unterstützungshund"), also ein angeblicher Therapiehund, der dem Hundebesitzer seelisch zur Seite steht. Nicht zu verwechseln mit einem richtig ausgebildeten Servicehund, der zum Beispiel Blinden im Alltag hilft oder seinen Besitzer vor epileptischen Anfällen warnt. Servicehunde sind dazu ausgebildet, bestimmte Aufgaben für ihre Besitzer zu übernehmen, die diese aufgrund einer Behinderung nicht ausführen können. Diese Hunde kosten, bedingt durch das rigorose Training, viel Geld (im Schnitt $20.000). Da diese Art von Hunden lebenswichtig für den Besitzer sind, dürfen sie überall mit hin, also auch dort, wo Hunde normalerweise nicht erlaubt sind. In Kalifornien dürfen Hunde zum Beispiel nicht in den Innenbereich eines Restaurants oder in Geschäfte, wo Lebensmittel verkauft werden.

Das amerikanische Behindertengesetz ("The Americans with Disabilities Act" = ADA) sorgt nun aber dafür, dass Menschen mit Behinderungen nicht detailiert nachweisen müssen, dass ihr Hund ein Servicehund ist. Nur zwei Fragen sind erlaubt, um abzuklopfen, ob der Hund wirklich diese Funktion inne hat: "Wird das Tier gebraucht aufgrund einer Behinderung? Welche Aufgaben wurden dem Tier beigebracht zu übernehmen?" Und da jeder in Amerika gleich mit Klagen droht, kann ich gut verstehen, dass die Verantwortlichen im Zweifelsfall lieber nicht so genau nachhaken.

Abbildung [3]: Selbst Riesenhunde kriegen ihren eigenen Sitz, sobald man ein "Service Dog"-Schild draufpappt.

Der "Emotional Support Dog" ist hingegen nicht besonders ausgebildet, sondern wirkt auf seinen Besitzer beruhigend. Gibt man "Emotional Support Dog" bei Google ein, kommen eine Unzahl von Anbietern hoch, bei denen man durch einen Mausklick seinen Hund als solchen registrieren kann und dabei gleich einen Brief ausgestellt bekommt von einem Therapeuten, der bestätigt, dass der Hund für die eigene Psyche wichtig ist. Auch Westen, die den Hund als angeblichen Servicehund ausweisen, kann der Hundenarr problemlos im Internet zum Beispiel bei Amazon bestellen.

Leider ist es nun tatsächlich so, das die Fluggesellschaften durch den "Air Carrier Access Act" diese "Emotional Support Dogs" neben den richtigen Servicehunden im Flugzeug erlauben müssen. Es hat wohl keiner damit gerechnet, dass egoistische Hundebesitzer dieses Schlupfloch gnadenlos ausnutzen. Für die Menschen, die wirklich einen Servicehund brauchen, führt das zu vielen Problemen, denn keiner kann mehr den echten Servicehund vom fälschlich ausgewiesenen "Emotional Support Dog" unterscheiden. Deshalb fordern die Betroffenen schon lange, dieses Schlupfloch zu schließen.

Bei United Airlines und Delta Airlines gelten deshalb auch seit 1. März diesen Jahres strengere Bestimmungen für Hunde, die in der Passagierkabine mitfliegen. Bei Delta Airlines ist die Mitnahme von Hunden, die als Servicehunde oder "Emotional Support Dogs" ausgewiesen werden seit 2015 um 150% angestiegen und die Beschwerden über Tiere an Board sind um 84% hochgeschnellt. Der Hundebesitzer muss 48 Stunden vor Abflug neben einem Schrieb, der nachweist, warum der Hund als emotionale Stütze gebraucht wird, ein Gesundheitsattest einreichen, das zum Beispiel die Impfungen des Hundes auflistet und ein Zertifikat, dass versichert, das der Hund sich im Flugzeug benimmt. Ich bin gespannt, wie das wieder umgangen wird.

Abbildung [4]: Jemand hat diesen Mops gemopst, der vor dem Whole-Foods-Laden angeleint war.

Übrigens versuchen Passagiere nicht nur, ihren Hund als ihre seelische Stütze auszugeben, sondern bringen auch alle möglichen anderen Viecher an wie Schlangen, Papageien oder Schweine. Ganz zu schweigen von der Frau, die versuchte, mit ihrem Pfau auf einen United-Flug zu kommen, was ihr allerdings verwehrt wurde. Auch sehen wir ständig Hunde im Supermarkt, die ganz sicher keine Servicehunde sind, die Besitzer reden sich meist damit heraus, dass vor dem Laden angeleinte Hunde oft gestohlen werden (Abbildung 4). Restaurants sind da meist unnachgiebiger und lassen Hunde nur an den Tischen draußen zu (wo es legal ist), denn der Inspektor vom Gesundheitsamt würde ihnen ruckzuck die Lizenz entziehen, falls drinnen ein Hund säße.

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