27.04.2007   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 67  
San Francisco, den 27.04.2007


Abbildung [1]: Die Kraftfahrzeugmeldebehörde ermahnt die Leute, ihre Autos zu versichern.

Angelika Wir haben gerade unsere Auto- und Hausratsversicherung gewechselt und da dieses Thema viele Auswanderer interessiert, habe ich einmal die wichtigsten Fakten zusammengestellt. So ein Versicherungswechsel ist ja immer ziemlich nervig, aber Michael lag mir schon seit Jahren in den Ohren, dass uns unsere Versicherung abzockt, denn obwohl wir nie einen Schaden gemeldet oder ein Strafmandat bekommen haben, stiegen die Prämien jedes Jahr munter weiter.

Ratet einmal wer bei den verschiedenen Versicherungsgesellschaften anrief und sich Angebote einholte? Richtig, ich telefonierte mir die Finger wund. Nun muss man bei solchen Angeboten darauf achten, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Eine Autoversicherung setzt sich aus Standardbausteinen zusammen, die einzeln abgeschlossen werden können. Sie sind denen, die Autovermietungsfirmen zum zusätzlichen Schutz anbieten, übrigens recht ähnlich, wie Michael schon einmal beschrieben hat (Rundbrief 02/2002).

Zunächst gibt es die sogenannte "Collision" (Vollkasko). Sie bezahlt Schäden am eigenen Auto, die durch Verkehrsunfälle entstehen, unabhängig von der Schuldfrage. Ein weiteres Paket, das "Comprehensive" (Teilkasko), schließt Diebstahl, sowie Schäden durch Brand und Sturm mit ein. Üblicherweise gibt es bei beiden eine Selbstbeteiligung. Da unser Auto, der Perlman, schon recht in die Jahre gekommen ist und auf dem Papier leider nicht mehr viel wert ist, brauchen wir weder "Collision" noch "Comprehensive".

Eine Haftpflichtversicherung ("Liability") braucht man allerdings unbedingt. Sie splittet sich in Personen-("Bodily Injury") bzw. Sachschäden ("Property Damage"). Bis auf ein paar abgedrehte amerikanische Bundesstaaten schreiben fast alle die Autohaftplicht per Gesetz vor. Nur sind die vorgeschriebenen Deckungssummen extrem niedrig: In Kalifornien zum Beispiel 15.000 Dollar pro verletzter Person, 30.000 Dollar für alle Personenschäden pro Unfall. Und 5.000 Dollar für Sachschäden. Ein absoluter Witz.

Meldet man in Kalifornien ein Auto an, muss der Autobesitzer nachweisen, dass eine Haftplicht besteht. Und jedes Jahr, wenn die KFZ- Steuern fällig sind, muss man wieder eine Bescheinigung vorlegen oder per Post einschicken. Neuerdings meldet die Versicherung den Status des Vertrags oft elektronisch an die Führerscheinstelle. Seit Oktober 2006 gilt weiter, dass die Zulassung entzogen wird, wenn die Haftpflichtversicherung aus irgendwelchen Gründen nicht mehr besteht. Andere Bundesstaaten sind da wesentlicher lascher.

Wer schlau ist, kauft natürlich eine Haftplichtversicherung mit höheren Deckungssummen, 500.000 Dollar sind angemessen. Außerdem habe ich mittlerweile kapiert, dass jeder in diesem verückten Land noch ein weiteres Paket kaufen sollte: die "Uninsured and Underinsured Motorist Coverage". Diese Versicherung springt dann ein, wenn der andere Autofahrer, der den Unfall verursacht, keine Haftplicht hat, Fahrerflucht begeht oder unterversichert ist. Das passiert wegen der niedrigen Mindestdeckungssummen laufend.

Unterm Strich kauft man die Versicherung also für den anderen, verantwortungslosen Autofahrer, damit man auch dann, wenn dieser nicht zahlen kann, Schäden wie langzeitige Arbeitsunfähigkeit abdecken kann. In Kalifornien muss man bedenken, dass viele illegale Immigranten oft ohne Führerschein fahren und meist auch nicht versichert sind. Scheinbar gibt es immer einen Weg, die gesetzlichen Bestimmungen zu unterwandern. Die meisten empfehlen, für die "Uninsured Motorist"- Versicherung die gleiche Deckungssumme wie die normale Haftplicht zu führen, also 500.000 Dollar.

Dann kann man noch so etwas wie eine Auto-Krankenversicherung ("Medical Payments") kaufen, die alle medizinischen Ausgaben im Falle eines Autounfalls für einen selber und die Insassen zahlt, egal wer Schuld ist. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn man, wie viele Amerikaner, ohne Krankenkasse durchs Leben geht.

Die amerikanische Hausratversicherung heißt "Homeowners" oder "Renters Insurance", je nachdem ob man Hausbesitzer oder Mieter ist. Sie sieht zunächst ähnlich wie die deutsche aus. Der Hausrat wird bei Einbruch, Diebstahl, Feuer oder Wasserschäden nach einer Selbstbeteiligung ersetzt. Erdbeben sind in Kalifornien von der Hausratversicherung ausgenommen, das wäre sonst viel zu riskant für die Versicherungsunternehmen! Dafür gibt es separate Erdbebenversicherungen.

Interessant ist nun, dass in der Hausratversicherung eine Haftplicht mit eingeschlossen ist. Wenn der Besuch sich in einer Wohnung die Knochen bricht, weil er über etwas stolpert, zahlt die Hausratversicherung. Das liegt an der merkwürdigen Tatsache, dass Amerika keine eigenständigen Privathaftplichtversicherungen kennt. In Deutschland sind diese ja recht günstig und mit hohen Deckungssummen zu haben.

Das Äquivalent einer Privathaftpflicht mit hoher Deckungssumme erhält man in Amerika nur durch einen Trick: Zusätzlich zur Hausrats- und Autoversicherung schließt man eine sogenannte "Personal Liability Umbrella Insurance" (Privathaftpflicht-Schirm-Versicherung) ab.

"Umbrella" (Schirm) heißt die Versicherung deshalb, weil sie dem Einzelnen einen gewissen Rundum-Schutz gewährt und wie ein Schirm über den anderen Versicherungen aufgespannt ist. Sollte der Katastrophenfall eintreten und die Autoversicherung stößt zum Beispiel an die abgeschlossene Haftpflichtdeckungssumme, springt die "Umbrella"-Versicherung ein.

Allerdings kriegt ihr den Regenschirm nur, wenn ihr eine Autoversicherung und eine Hausratversicherung habt. Ich habe allerdings keine Ahnung, was derjenige macht, der kein Auto besitzt. Außerdem verlangen die Versicherungen meist bestimmte Mindesthaftplichtgrenzen für Auto- und Hausratversicherung, bevor sie eine "Umbrella"-Versicherung verkaufen.

Ein Beispiel: Schließt man die Haushalts-Haftpflicht auf $300.000 ab und die Autohaftpflicht auf $500.000, kann man einen "Umbrella" von 1 Million Dollar oder höher erwerben. Den Umbrella brauchen wir dringend, schließlich fährt Michael jeden Tag wie ein Verrückter Fahrrad und war schon als Kind für seine waghalsigen Manöver bekannt.

Wir leben gefährlich:

Michael und Angelika

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Letzte Änderung: 26-Nov-2012