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Rundbrief
  Rundbrief Nummer 70  
San Francisco, den 25.10.2007
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Abbildung [1]: Der unerschrockene Rundbriefreporter auf dem "Extraterrestrial Highway".

Michael Habt ihr den Film "Independence Day" gesehen? Erinnert ihr euch an die Szene mit dem geheim gehaltenen Labor, in dem Forscher ein in den 60er- Jahren aus Versehen auf der Erde gelandetes UFO untersuchen? Solche Verschwörungstheorien gibt es zuhauf in Amerika: Der Regierung traut der Amerikaner so ziemlich alles zu. Auch dass längst Außerirdische auf der Erde gelandet sind, aber dass die üble Polittruppe aus Washington diese Tatsache vor der Bevölkerung geheim hält und insgeheim deren UFO-Technologie untersucht.

Wenn dergleichen auf dem Radarschirm der Rundbriefreporter auftaucht, gibt's natürlich kein Halten mehr und eine Expedition nimmt ihren Anfang. Als wir neulich in Las Vegas waren, fuhren wir eines Tages kurzerhand 100 Meilen nach Norden, um die geheimnisvolle "Area 51" zu erkunden.

Um dieses militärische Forschungsgebiet ranken sich unzählige Legenden. Es liegt mitten in der Wüste, und man munkelt, dass das US-Militär dort neue Waffen ausprobiert. Angeblich wurden dort schon vergrößerte Exemplare des auf Radarschirmen unsichtbaren Stealth Bombers F-117 gesichtet. Auch unbekannte Flugobjekte, die sich mit atemberaubender Geschwindigkeit bewegen und orangefarbenes Licht abstrahlen, wurden auf Amateurvideos festgehalten.

Abbildung [2]: Volle Pulle aus Las Vegas raus, nach Norden.

Wegen diesen vermuteten Begegnungen der zweiten Art heißt der Highway 375 in Nevada "Extraterrestrial Highway", also "Autobahn der Außerirdischen". Zwischen den Meilensteinen 34 und 35 auf dem Extraterrestrial Highway (nachfolgend ET Highway genannt) geht Richtung Südwesten die sogenannte "Groom Lake Road" ab, ein ungeteerter Feldweg. Er führt an einer Ranch vorbei, die einem gewissen Steve Medlin gehört. Dessen Mailbox, die einige Meilen südlich auf einem Feldweg steht, ist höchstwahrscheinlich der meistfotografierte Briefkasten der Welt. Vor dem 27. März 1996 war er schwarz und sah richtig unheimlich aus. Dann wurde er durch den weißen Kasten in Abbildung 3 ersetzt, der unten noch ein Extrafach aufweist, in das man Post für die Außerirdischen ablegen kann.

An diesem Briefkasten scheinen die UFOs nur so vorbeizuzischen, denn es gibt massig Berichte, nach denen Leute, die dort vorbeifuhren oder parkten, UFOs gesehen haben. Es existieren sogar einige dort aufgenommene Amateurvideos, in denen orange glühende Objekte herumfliegen!

Abbildung [3]: Der Briefkasten der Medlin-Ranch

Fährt man insgesamt etwa 15 Meilen auf der "Groom Lake Road" nach Westen, stößt man plötzlich an eindeutige Warnschilder, die dringend anraten, dass man nicht weiterfährt. "Deadly Force authorized" (Schusswaffengebrauch) klang ziemlich überzeugend, und so drehten wir um. In einiger Entfernung sahen wir Patrouillenfahrzeuge privater Sicherungsdienste, die angeblich verdammt sicherstellen, dass niemand unbefugt weiterfährt. Es gibt aber keinen Zaun, nur eine imaginäre Grenze, die durch Schilder im 50-Meter-Abstand bezeichnet ist.

Abbildung [4]: Schilder am Eingang von Area 51

Fährt man auf dem ET-Highway etwas weiter nach Norden, kommt man nach "Rachel", einem abgelegenen Nest mit ein paar Wohnwagen. Das Nest hieß früher Tempiute Village, Shady Grove und Sand Springs, wurde aber in "Rachel" umbenannt, als das erste Baby dort geboren wurde, das "Rachel Jones" hieß. In einer Baracke ist die Dorfkneipe, die "Little A'le'Inn" heißt. Der Name spielt auf "Aliens" an, also Außerirdische, und vor dem Laden parkt auch glatt für die Touristen ein Abschleppwagen mit einem UFO im Schlepptau!

Abbildung [5]: Das Schild vom Little A'le'Inn

Abbildung [6]: Ein Truck mit fliegender Untertasse im Schlepptau

In der Kneipe steht eine superrabiate alte Schranze hinter der Theke, die mich auf meine Frage "What kind of beer do you have?" gleich mit "What kind of beer do you want?" anherrschte. Ich hätte natürlich sagen können, dass ich Augustiner Edelstoff bevorzuge, aber dass sie diesen Kennertrunk wohl in ihrer Prollkneipe nicht führe, aber dann wäre ich wahrscheinlich rausgeflogen, vom Geheimdienst verschleppt worden und müsste auf meine alten Tage noch in einem schlechtsitzenden orangefarbenen Overall herumlaufen. Lieber nicht!

Außerdem war die gesamte Bar (Abbildung 8) mit Aufklebern mit Republikaner-Sprüchen aus der Clinton-Ära bepflastert. Beispiele: "Yeah! You can have my gun -- bullets first!" ("Ja, du kannst meine Waffe haben -- die Kugeln kriegst du zuerst!"), "Send Clinton to Mexico - not my job!" ("Schickt Clinton nach Mexiko, nicht meinen Job!"), "Hillary's National Health Service = Efficiency of Postal Service and Compassion of I.R.S. at bargain prices of the Pentagon" ("Hillary Clintons staatliche Krankenkasse = Effektiv wie die Post, mitfühlend wie das Finanzamt, und zu Schlagerpreisen wie im Verteidigungsministerium").

Abbildung [7]: Der Little A'le'Inn im Ort "Rachel"

Abbildung [8]: Die Bar des Little A'le'Inn

Unten seht ihr das Satellitenbild der Area 51 auf Google Maps. Der weiße Fleck ist ein riesiger eingetrockneter Salzsee, der "Groom Lake". Südlich des Salzsees befinden sich allerlei Hangars, Tanks und kasernenähnliche Gebäude. Weiter südlich ist ein hügeliges Gelände, der "S-4" genannte Sicherheitsbereich. In die Hügel sind getarnte Hangars eingebaut. Dort stehen die abgefahrensten Flugobjekte, manche Leute vermuten UFOs. Wenn ihr auf der Landkarte etwas rauszoomt, seht ihr gleich darunter einen weiteren Salzsee, den "Papoose Lake".

Im linken Teil des Groom Lake sieht man eine graue Linie, die von links oben nach rechts unten verläuft. Wenn ihr auf Google Maps reinzoomt, seht ihr, dass das eine etwa 9km lange Landebahn ist. Man sieht sogar den gestrichelten Mittelstreifen! Selbst das Space Shuttle braucht nur etwa die Hälfte der Strecke zum Landen, auf dem Groom Lake können also Flugobjekte mit affenartiger Geschwindigkeit landen.

Abbildung [9]: Der "Groom Lake" auf dem Satellitenfoto.

Die Angestellten der Area 51 werden übrigens täglich von Las Vegas eingeflogen. Auf dem dortigen McCarren-Airport gibt es ein kleines von der Öffentlichkeit abgeriegeltes Terminal namens "Janet", von dem pro Tag mehrere Boeings abheben und zur Area 51 fliegen. Angeblich sollen dort mehrere tausend Leute beschäftigt sein.

Abbildung [10]: Rundbriefreporter an der Bar des Little A'le'Inn

Abbildung [11]: Das von Chuck Clark handsignierte Buch zur Area 51

In dem spiralgebundenen Heftchen "Area 51 & S-4 Handbook" von Chuck Clark kann man für $15 jede Menge pikanter Details zum geheimniskrämerischen Treiben des Militärs nachlesen. Unsere Ausgabe (Abbildung 11), die wir an der Bar des "A'le'Inn" erstanden, war sogar vom Autor handsigniert! Auf der Website der Hull UFO Society könnt ihr weitere Informationen zum Thema Area 51 einholen.

Immer wieder Las Vegas

Abbildung [12]: Blick aus dem Hotelzimmer

Michael An unserem Hochzeitstag fahren wir ja bekanntlich gerne nach Las Vegas, weil wir uns dort vor langer, langer Zeit kennengelernt haben. Vor zehn Jahren konnte man dort noch Hotelzimmer der Super-Luxus-Klasse (siehe Rundbrief 01/2001) mieten, ohne dass sich gleich die Kreditkarte vor Schmerzen krümmte.

Abbildung [13]: Ein Turm des MGM Signature Hotels

Heutzutage ist das nicht mehr so einfach, aber hin und wieder findet man ordentlich Luxus für's Geld: Wir waren diesmal im MGM-Signature, in einem der drei neuen Türme, die ein paar hundert Meter hinter dem MGM-Koloss aus dem Boden gestampft wurden. Unsere Butze war nicht nur mit einer Küche ausgerüstet (eine Absurdität sondergleichen in Las Vegas) sondern hatte auch den abgefahrendsten Balkon, den ich je gesehen habe.

Abbildung [14]: Keine schlechte Bude, das MGM Signature.

Abbildung [15]: Beleuchtete Palmen am Eingang des MGM Signature

Ich bin ja relativ schwindelfrei und habe bisher nur zweimal in meinem Leben das Gefühl gehabt, dass es mir höhenbedingt den Boden unter den Füßen wegzieht: Auf Angel's Landing, dem schwindelerregenden Berggrat im Zion-Nationalpark (Rundbrief 12/2003) und auf dem offenen (!) Balkon dieser Suite im 23. Stock, etwa 80 Meter über dem Swimming Pool. Normalerweise kann man in Las Vegas nirgends auch nur ein Fenster öffnen, zu groß ist wohl die Angst der Hotelbetreiber vor Millionenklagen oder schlechter Presse. Aber im MGM Signature öffnet man einfach die Tür und steigt aus dem klimatisierten Zimmer raus auf den Balkon. Man traut sich kaum bis ganz vor ans Geländer, spürt die immer noch fast 40 Grad heiße Wüstennacht und schaudert ob der Höhe.

Abbildung [16]: Der Zauberer Hans Klok tritt mit Pamela Anderson auf

Wir haben es bislang immer noch nicht geschafft, uns in Las Vegas eine Show anzusehen, als einzige Neuigkeit können wir deshalb berichten, dass der mir bislang unbekannte Zauberer Hans Klok nun mit der Baywatch-Größe Pamela Anderson auftritt. Statt dem Glitzerkram der Wüstenstadt nachzulechzen erforschten wir dieses Mal die Halb- und Unterwelt des Sündenpfuhls.

Anders als in Deutschland ist Prostitution in den USA ja fast überall verboten. Eines Abends sahen wir, wie eine Fahrradstreife (!) der Polizei eine auffällig aufgetakelte junge Dame mit einem auffällig älteren Herrn auf dem Gehweg des Las Vegas Boulevards stoppte und die beiden anschließend getrennt befragte.

Abbildung [17]: Ein Kartenverteiler

Abbildung [18]: Verteilte Karten

Im Bundesstaat Nevada (Motto: Alles geht) gibt es allerdings einige Counties (Landkreise), die den Betrieb von Bordellen erlauben, allerdings ist die Stadt Las Vegas davon ausgenommen. Um nun die in der Stadt verweilenden, ähm, Junggesellen in diese Betriebe einzuladen, verteilen Südamerikaner zum Niedrigstlohn am Straßenrand Kärtchen mit halbbekleideten Damen und aufgedruckten Telefonnummern. Neuerdings fahren auch Lastwagen mit riesigen Leinwänden durch die Gegend, um die Freudenhäuser mit den eindeutigen Namen "Shady Lady Ranch" und "Chicken Ranch" bekannt zu machen. Laut einem Zeitungsartikel kommt das im prüden Amerika nicht gut an, aber rechtlich ist das wohl in Ordnung.

Abbildung [19]: Auto als fahrende Litfaßsäule

Abbildung [20]: Zeitungsartikel über die fahrenden Plakate

Die Südamerikaner haben übrigens eine spezielle Methode, die Kärtchen an den Mann zu bringen: Sie schnalzen mit den Fingern kurz auf die Karte, und strecken diese dem durch das Geräusch aufmerksam gewordenen Passanten zu. Nur mit größter Selbstbeherrschung kann man sich zurückhalten!

Notary Public

Abbildung [21]: Der Beglaubigungsstempel eines "Notary Public"

Michael Braucht man in Amerika eine beglaubigte Kopie, muss man nicht in irgendein Amt, sondern sucht einen sogenannten "Notary Public" auf. Das sind in Kalifornien ganz normale Leute, die einen 6-stündigen Schnellkurs gemacht, einen Test mit Zertifikat bestanden haben, und danach für zwei Jahre mit einem Stempel und ihrer Unterschrift Dokumente beglaubigen können.

Bei AOL brauchte ich vor vielen Jahren mal eine beglaubigte Kopie eines Zeugnisses für die Einwanderungsbehörde und ich fragte herum, wo ich das erledigen könne. Zu meinem Erstaunen verwies man mich auf die Sektretärin, die auch glatt einen Stempel aus ihrer Handtasche zog, ihn auf das Dokument setzte und unterschrieb. Danach trug sie in einem kleinen Heftchen ein, wann und was sie gerade beglaubigt hatte. Sie fügte augenzwinkernd dazu, dass manche "Notary Publics" dafür einen geringen Betrag nehmen ($5 oder so) aber dass ich, weil sie mich kenne, die Serviceleistung umsonst bekäme, höhö!

Bei Yahoo hängt auf dem Intranet eine Liste aus, auf der alle Mitarbeiter verzeichnet sind, die die Lizenz zum Stempeln haben. Wenn man was braucht, geht man einfach zum Cubicle des Mitarbeiters und lässt den Kram abstempeln. Auch in unserem Viertel in San Francisco haben wir einen Paketversand, der nebenbei Notary-Public-Leistungen anbietet. Bei deutschen Dokumenten, die sie nicht verstehen, stellen sich zwar manche Notary Publics an, aber mit ein bisschen Glück gerät man an einen, dem das alles wurscht ist und der nach dem Motto "Passt scho!" trotzdem unterschreibt.

Urbane Abkürzungen

Abbildung [22]: Was bedeuten diese Abkürzungen?

Michael Und hier einige englischsprachige Abkürzungen, die im Internetzeitalter entstanden sind, und die ihr wahrscheinlich nicht kennt, wenn ihr nicht mit dem Internet auf du und du steht. Diese Akronyme finden vor allem in Chat-Sessions Anwendung, aber auch in Emails kommen sie häufig vor.

YMMV heißt "Your mileage might vary" ("Ihr Kilometerstand ist vielleicht unterschiedlich"). Wenn man zum Beispiel eine Taktik empfiehlt, deren Anwendung zum Erfolg geführt hat, aber ausdrücken möchte, dass das Ergebnis eventuell anders ausfallen könnte, falls der Ratsuchende es selbst ausprobiert, sagt man YMMV. Der "Kilometerstand" ist also nicht wörtlich gemeint, sondern steht eher für eine Art "Endergebnis". Hat man zum Beispiel mit ausgefeilten Methoden in einem Laden den Preis runtergehandelt, und berichtet über diesen Geniestreich, setzt man YMMV hinzu, um auszudrücken, dass das bei weniger ausgeprägtem Verhandlungsgeschick eventuell nicht zum gleichen Ergebnis führt.

Gibt man rechtlich relevanten Rat, ist aber kein Anwalt, empfiehlt es sich, IANAL ("I am not a lawyer", "Ich bin kein Anwalt"), dazuzusetzen, um sicherzustellen, dass es sich um eine Empfehlung eines Laien handelt, der die Feinheiten der Gesetzgebung nicht so zuverlässig wie ein professioneller Rechtsverdreher auslegt.

IMHO ("In my humble opinion", "Meiner bescheidenen Meinung nach") oder etwas weniger prätentiös IMO ("In my opinion", "Meiner Meinung nach") geben an, dass der nachfolgende Text nur als Meinung des Schreibers zu verstehen ist und keinesfalls als unanfechtbares Faktum. AFAIK steht für "As far as I know" ("Soweit ich weiß") und besagt ähnliches. IIRC ist die Abkürzung für "If I remember correctly" ("Soweit ich mich erinnern kann").

Findet man etwas lustig, ist LOL angebracht, "Laughing out loud" ("Lauthals lachend"). Als Steigerung steht ROTFL für "Rolling over the floor laughing" ("Vor Lachen auf dem Boden kugelnd").

Wollt ihr mehr? Dann empfehlen wir das Studium der Website urbandictionary.com, die tausende dieser Kürzel ausführlich erklärt.

Lichter aus in San Francisco

Abbildung [23]: Die Pyramide ist erleuchtet ...

Angelika Nein, es war kein Stromausfall in San Francisco, und wir sind auch nicht im Dunkeln gesessen. Vielmehr hatten die Akteure der Kampagne "Lights Out" dazu aufgerufen, die Stadt freiwillig abzudunkeln. Für eine Stunde gingen die Lichter an markanten Gebäuden wie der Bay Bridge, der Golden Gate Bridge, der Transamerica Pyramid, dem Coit Tower, dem Ferry Building und dem Rathaus (Civic Center) aus. Auch einige Restaurantbesitzer beteiligten sich an der Aktion (übrigens auch die ostdeutsche Kneipe Walzwerk) und bewirteten die Gäste bei Kerzenlicht.

Der Hauptinitiator Nate Tyler kam auf diese Idee, nachdem er eine ähnliche Geschichte auf einer Urlaubsreise in Sydney erlebt hatte. "Lights Out" sollte symbolisch auf die Notwendigkeit des Stromsparens hinweisen, um besser mit der Energie hauszuhalten und damit gegen die Erderwärmung anzukämpfen. Außerdem hatten Freiwillige vorher 100.000 Energiesparglühbirnen auf den Straßen von San Francisco verteilt.

Sogar die Internetsuchmaschine Google schloß sich an und färbte ihre Hauptseite für einige Stunden schwarz. Initiator Nate Tyler war übrigens früher "Communcation Manager" bei Google.

Abbildung [24]: ... und kurze Zeit später nicht mehr.

Von unserem Balkon aus beobachteten wir, dass es lustigerweise fast 45 Minuten dauerte, bis endlich alle Lichter auf dem an die Stadt angrenzenden Teil der Bay Bridge ausgingen. Überhaupt leuchtete es überall noch ziemlich hell, aber Hut ab vor den Initiatoren, die es schafften, bürokratische Hürden zu überwinden und die Verantwortlichen zum Mitmachen zu überreden. Und sie haben noch weitere Ambitionen. Am 29. März 2008 möchten sie die Aktion amerikaweit durchziehen. 11 Städte, darunter New York und Los Angeles, haben schon zugestimmt.

Die amerikanische Rente

Abbildung [25]: Hat keine Sorgen bezüglich der Rente: Opa Meume

Angelika Schon oft haben wir im Rundbrief erwähnt, dass die amerikanische Rentenversicherung (Social Security) einige der wenigen staatlichen Pflichtversicherungen ist. Eine richtige Ausnahme in der ansonsten von privaten und marktwirtschaftlichen Systemen geprägten USA.

Der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt unterschrieb 1935 das Social-Security-Gesetz, um eine Grundsicherung im Rentenalter zu gewährleisten. Die Weltwirtschaftskrise (hier "Great Depression" genannt), die 1929 begann, und viele Privathaushalte in tiefste Armut stürtzte, hatte die Stimmung im Land verändert und ebnete den Weg für eine Sozialversicherung im europäischen Stil. Allerdings ging es von Anfang an nicht darum, mit Hilfe der Rentenversicherung den Lebensstandard zu halten, sondern das Überleben zu sichern und Altersarmut zu verhindern.

Will der Arbeitnehmer im Alter seinen gewohnten Lebenstandard nicht aufgeben, muss er die staatlichen Rentenzahlungen auf irgendeine Art und Weise aufstocken. Früher standen dabei in Amerika die Betriebsrenten im Vordergrund, die Firmen wie General Motors, Ford oder United Airlines anboten. Mittlerweile versuchen aber immer mehr Firmen durch allerlei Tricks, diese Verpflichtungen loszuwerden.

Denn die Betriebsrenten unterliegen keinem strengen gesetzlichen Schutz in den USA. Es gibt zwar einen Sicherheitsfond, den die Organisation "Pension Benefit Gurantee Corporation", verwaltet und der wie eine Rückversicherung funktioniert, also Zahlungen garantiert, wenn Firmen zum Beispiel pleite gehen. Aber oft fallen diese Zahlungen deutlich geringer aus als die versprochene Betriebsrente.

Bleibt also nur der 401k, den Michael schon einmal in Rundbrief 08/2003, oder das traditionelle Sparen. Für viele Geringverdiener bleibt es aber utopisch, privat für ihr Renteralter vorzusorgen. Nach einer Statistik aus dem Jahr 2005 müssen 22 Prozent der heutigen Renter mit Hilfe der Zahlungen aus der Social-Security-Versicherung über die Runden kommen.

Und damit ihr eine Vorstellung habt, wieviel der durchschnittliche Renter aus der staatlichen Versicherung bekommt: 1050 Dollar waren es im Jahr 2007 laut der Statistik der "Social Security Administration", dafür bekommt ihr in San Francisco gerade einmal ein Zimmerchen.

Abbildung [26]: Die Zeit läuft: Nur wer 40 Punkte erreicht, bekommt eine amerikanische Rente.

Aber wie kommt man in den Genuss einer amerikanischen Rente? In Deutschland muss man dafür mindestens fünf Jahre in das System einzahlen. In den USA sammelt der Berufstätige sogenannte Social Security Credits (in etwa Guthabenpunkte). 40 braucht er, um seinen Rentenanspruch zu erwirken.

Jedes Jahr gibt es maximal vier Punkte (pro Quartal ein "Credit"). In diesem Jahr muss man pro Quartal mindestens 1000 Dollar (2008 erhöht es sich auf 1050 Dollar) verdient haben, um den Guthabenpunkt zu bekommen, und mindestens $4000 im ganzen Jahr.

Das bedeutet also (ihr habt es sicher schon ausgerechnet), dass es 10 Jahre dauert, um einen Anspruch zu erwerben. Ausländer, die in Amerika legal leben und arbeiten, unterliegen den gleichen Regel. Gehen diese allerdings in ihre Heimatländer zurück, überweist der amerikanische Staat nur dann die Rente ins Ausland, wenn ein Sozialversicherungsabkommen zwischen den USA und dem jeweiligen Land besteht (Rundbrief 08/2007).

Wie in Deutschland gehen die Beiträge für die Rentenversicherung direkt vom Gehalt ab. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen zu gleichen Teilen in den Topf ein, jeweils 6,2% bis zu einem Jahresgehalt von 97.500 Dollar (Stand 2007). Selbständige führen dementsprechend 12,4% ab.

In den USA ist anders als in Deutschland praktisch jeder versicherungspflichtig, und die Umverteilung geschieht anders. Geringverdiener erhalten durchschnittlich mehr im Vergleich zu Besserverdienern. Es gibt auch eine Höchstgrenze für die monatlichen Rentenzahlungen. 2008 sind es 2.185 Dollar pro Monat, dann ist Schicht im Schacht. Die abgeführten Rentenbeiträge wandern übrigens in den sogenannten Social Securtiy Trust Fund ("Treuhand-Fond"), der in U.S. Treasuary Bonds (Bundesschatzbriefe) investiert. Zur Zeit schreibt dieser noch schwarze Zahlen. Ab 2018 kehrt sich dies Hochrechnungen zufolge aber um.

In Amerika erreichen sowohl Männer als auch Frauen, die 1960 oder später geboren wurden, das volle gesetzliche Rentenalter mit 67 Jahren. Möchte man früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden, zahlt der amerikanische Staat ab 62 eine gekürzte Rente aus. Ein Pferdefuß ist allerdings, dass der Renter erst mit 67 Jahren in die staatliche Krankenversicherung für Rentner, Medicare (Rundbrief 03/2005), kommt.

Das amerikanische Finanzamt steht auf der Matte und hält die Hand auf, wenn das jährliche Einkommen des Renters 25.000 (bei Verheirateten 32.000) Dollar übersteigt. Zum Einkommen zählen die Hälfte (!) der Rentenbezüge, und zum Beispiel Zinseinnahmen oder Halbtagsjobs, denn viele amerikanische Renter müssen notgedrungen dazu verdienen. Großzügigerweise darf der Rentner von Seiten der "Social Security Administration" aber soviel dazu verdienen, wie er möchte, ohne Rentenkürzungen hinzunehmen, sobald er das volle Rentenalter erreicht hat.

Auch in Amerika gibt es eine Hinterbliebenenrente, die für minderjährige und/oder behinderte Kinder sowie Ehepartner sorgt, falls der Brotverdiener stirbt. Witwenrente gibt es ohne minderjährige oder behinderte Kinder im Haushalt aber frühstens ab 60. Auch geschiedene Ehepartner haben Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente, wenn sie mindestens 10 Jahre verheiratet waren. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass Rentenzahlungen auf Eis liegen, wenn der betroffene Renter rechtskräftig verurteilt wird und mehr als 30 Tage im Gefängnis sitzt.

Präsident Bush hatte es sich übrigens zum Ziel gesetzt, die staatliche Rentenversicherung zu privatisieren und ist damit am Widerstand in der Bevölkerung gescheitert. Er gab schließlich zähneknirschend auf.

iStockPhoto.com

Abbildung [27]: Auf iStockPhoto.com kriegt man schon ab einem Dollar Bilder mit Lizenz zum Publizieren.

Michael Moment mal ... das Foto mit Opa Meume und der mit der Dollarnote angezündeten Zigarre im letzten Beitrag war doch nicht aus dem privaten Fundus der Redaktion! Und das Foto mit dem Jim-Carry-Verschnitt in diesem Abschnitt doch wohl auch nicht! Richtig, denn auf dem Netz bietet jetzt iStockPhoto.com Illustrationsfotos an, die man für wenig Geld erwerben kann, um Waren anzupreisen oder Beiträge über Rentenversicherungen optisch aufzumotzen. Pro Foto fallen je nach Größe ein paar Dollar an, und dann darf man es auf seiner Webseite zeigen oder bis zu 500.000 Prospekte drucken. Einfach die Kreditkarte eintragen, 10 "Credits" für $13 kaufen und dann bis zu zehn kleine Bilder aus dem umfangreichen Fundus des Anbieters runterladen, um diese sogar auch kommerziell und ohne weitere Zahlungsverpflichtungen zu verwerten. Das ist doch ein gutes Geschäftsprinzip! Den Tipp habe ich von Guy Kawasaki, der das in dem Video "The Art of Innovation" beiläufig erwähnt hat. Ein sehr gutes Video übrigens. Hat mich volle Kanne inspiriert.

Der Rundbrief als Buch

Abbildung [28]: Das Rundbriefbuch

Michael Falls ihr zu den regelmäßigen Rundbrieflesern gehört, ist es euch sicher nicht entgangen, dass es den Rundbrief jetzt auch als Buch gibt. "Das erste Jahrzehnt" heißt der 462 Seiten starke Wälzer, professionell gebunden in bretthartem Cover. Das Buch enthält als Bonus sogar etwas mehr als zehn Jahre Rundbriefe, vom November 1996 bis zum Oktober 2007, um genau zu sein. Das Gute beim Selbstverlag lulu.com ist, dass er das Buch nur dann druckt, wenn es jemand bestellt. Und genau dort, wo es bestellt wurde. Bestellt jemand eine Ausgabe in den USA, wird sie dort gedruckt und versandt. Klickt jemand in Deutschland auf den Bestellknopf, läuft dort die Druckmaschine an und das gedruckte Werk wird für nur wenige Euro an eine deutsche Adresse verschickt.

Wir verdienen übrigens nichts (null, nada, zilch, njet, nix) an dem Unternehmen, der Gesamtbetrag geht an Lulu. Der Rundbrief ist eine kostenfreie Publikation und wird es auch bleiben. Und das gigantische PDF, aus dem das Buch besteht, bietet Lulu kostenlos zum Download an. Übrigens ein toller Laden, dieser Lulu. Amateurautoren schicken einfach elektronische Dateien ein, die Lulu druckt und verschickt, sobald sie jemand bestellt. Die Bücher werden wie bei Amazon angepriesen und von Kunden bewertet.

Und ich brauche euch wohl nicht zu erzählen, daß das Rundbriefbuch das ideale Weihnachtsgeschenk für eure Liebsten ist. Wenn sie das Buch am Weihnachtsabend aus dem geschmackvollen Geschenkpapier wickeln, das ihr natürlich besorgt habt, werden eure Liebsten große Augen machen und rufen: "Ich werd' verrückt vor Freude, das Rundbriefbuch! Wo doch jeder weiß, dass das 68 Euro kostet. Schatz, das wäre doch nicht nötig gewesen, dass du dich so in Ausgaben stürzt! Ah, ich wusste doch, wieviel ich dir wert bin ... (Kuschelgeräusche)." Na bitte. Achtet aber darauf, dass das Teil eine zeitlang zum Drucken braucht, nachdem ihr den Bestellknopf gedrückt habt, also spätestens Anfang November bestellen, damit das Teil auch pünktlich auf dem Gabentisch liegt. Auf der Rundbriefseite auf dem Internet findet ihr Links zum Rundbriefbuch auf Lulu Deutschland und dem Rundbriefbuch auf Lulu USA.

Blue Angels und der Airbus

Abbildung [29]: Sechs F/A 18 Hornets fliegen über San Francisco.

Angelika Seit 1981 findet jedes Jahr im Oktober die sogenannte Fleet Week (Flottenwoche) zu Ehren der Jungs und Mädels der Marine und Küstenwache in San Francisco statt. Eine etwas ungewöhnliche Feierlichkeit für das pazifistisch, linke San Francisco. Große Kriegsschiffe docken an den Piers von San Francisco an und lassen Marineoffiziere in lustigen Matrosenuniformen an Land. Die Blue Angels, eine Einheit der Marine, bilden mit ihrer Flugshow mit sechs F/A 18 Hornet Jets für viele den Höhepunkt der Feierlichkeiten. Für andere sind sie das größte Ärgernis schlechthin, denn ihre halsbrecherischen Manöver über den Dächern von San Francisco gelten als gefährlich und zu laut.

Dieses Jahr machte der Stadtrat Chris Daly sogar den Vorstoß, das Fliegen der Blue Angels aus Sicherheitsgründen zu verbieten, nachdem im April bei einer Flugshow in South Carolina einer der Piloten abgestürzt war. Das Stadtparlament schmetterte dies zwar ab, aber die rechte amerikanische Presse wetterte tagelang über das anti-militärische San Francisco.

Abbildung [30]: Waghalsige Manöver über einer dichtbesiedelten Stadt.

Denn während in Deutschland die Bundeswehr keinen guten Ruf hat und jeder über sie lästert, mag es der Amerikaner nicht, wenn man in irgendeiner Form gegen die Männer und Frauen in Uniform wettert. Die Blue Angels sollen durch ihre Flugakrobatik das Interesse an der Marine wecken und Freiwillige für die amerikanische Berufsarmee anlocken. Piloten in blauen Jets machen sich halt besser für Werbezwecke als Heimkehrer aus dem Irak.

Abbildung [31]: Der Airbus A-380 auf Werbetour in San Francisco

Auch der neue Airbus A-380 schaute in San Francisco bei einem seiner Testflüge vorbei. Der Zufall wollte es, dass das Riesenflugzeug zeitgleich mit den Blue Angels in der Stadt war. So kam irgendjemand auf die Idee, dass es doch nett wäre, wenn auch der Airbus einen Tiefflug über San Francisco absolvierte, kurz vor den Trainingsflügen der Blue Angels. Plötzlich tauchte also der Riesenvogel vor unserem Fenster auf und Michael, der gerade von zu Hause arbeitete, schoß munter ein paar Fotos. Schon Wahnsinn, was alles über unseren Köpfen herum fliegt.

Fehlt nur noch die Marschmusik. Mit beinahe militärischen Grüßen:

Angelika und Michael

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Letzte Änderung: 27-Apr-2019