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  Rundbrief Nummer 63  
San Francisco, den 11.10.2006
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Abbildung [1]: Santa Fe: Zum Trocknen aufgehängte Chili-Peppers

Abbildung [2]: Die Feuerwehr von Santa Fe

Santa Fe ist nicht nur die älteste Landeshauptstadt in den USA, sondern liegt auch schlappe 7000 Fuß (ca. 2100 m) über dem Meeresspiegel. Der dort herrschende niedrige Luftdruck bewirkt, das sich die Chipstüten in den Supermärkten gleich lustig ausdehnen. Obwohl nur 65.000 Einwohner stark, verfügt es nicht nur über erstaunlich gute Restaurants und diverse Museen, sondern auch über ein Meer von Galerien, besonders auf der Canyon Road.

Abbildung [3]: Eine der unzähligen Galerien in Santa Fe

Wie San Francisco ist die ganze Stadt von einer liberalen Atmosphäre geprägt. Und da Santa Fe ursprünglich von den spanischen Eroberern beherrscht wurde, hat es sogar einen richtigen alten Marktplatz (Plaza genannt) und viele, kleine enge Straßen.

Abbildung [4]: Adobe-Haus in Santa Fe

Abbildung [5]: Typisches rundliches Adobe-Gemäuer

Das Beste sind aber die Adobehäuser, die das Stadtbild dominieren, denn die Stadt hat die Auflage, dass auch neue Häuser im alten Adobestil gebaut werden müssen. Adobe bedeutet "Lehm", und die Häuser bestehen aus Lehmziegeln (hergestellt aus Lehm, Wasser und Stroh), die zunächst zu einer Mauer aufgeschichtet werden. Dann schmiert der Maurer einen rötlich-brauner Putz darauf, verteilt ihn großzügig, und polstert so all alle Ecken aus, dass das Ganze aussieht wie ein bespanntes Sofa.

Abbildung [6]: Beim Kaminfeuer in der Butze

Eine super Isolierung ist bei dieser Bauweise garantiert. Auch unser Ferienhäuschen war im Adobestil errichtet und besaß den traditionellen Kamin, genannt Kiva.

Abbildung [7]: Der mutige Rundbriefreporter in der Hochwüstenlandschaft

Die nähere Umgebung von Santa Fe bietet schmale Canyons und weite Hochwüstenlandschaften mit gigantischen Ausblicken bis zum Horizont. Und sogar ein alpines Skigebiet gibt es, das "Taos Ski Valley".

Abbildung [8]: Las Vegas hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen.

Selbst ein eigenes kleines Städtchen namens "Las Vegas" findet man hier, das allerdings nichts mit dem Spielerparadies in Nevada gemein hat. Berühmt ist das kleine Las Vegas für seine vielen historischen Gebäude. Leider fehlt es dem kleinen Städtchen an Geld und viele Gebäude bräuchten dringend eine Renovierung. Aber Las Vegas versprüht den alten Charme des Wilden Westens, und wer das mag, ist dort gut aufgehoben.

Abbildung [9]: Bayrisches Gasthaus im "Taos Ski Valley"

Abbildung [10]: Eine Kröte auf dem Wanderweg

In dem erwähnten Skigebiet "Taos Ski Valley" gibt es dann eine weitere Kuriosität, nämlich ein bayrisches Restaurant hoch oben auf dem Berg. Im Winter gelangen die Gäste mit Skiern hin, während man im Sommer über eine lange steile ungeteerte Gebirgsstraße bis an den Restaurantparkplatz hochfahren kann. Und da man als Exildeutscher ja die merkwürdigsten Gewohnheiten annimmt, geben wir gerne zu, dass wir diese Anfahrt nicht scheuten, um uns ein Schnitzel und ein gutes Bier zu Gemüte zu führen.

Abbildung [11]: Die lustigen Hutfelsen

Überhaupt fuhren wir in New Mexico auf mancher ungeteerten Straße, um zum Wandern in abgelegene Parks zu gelangen. Wer bizarre Gesteinsformationen und schmale Canyons mag, sollte die so genannten Tent Rocks (offiziell "Kasha-Katuwe Tent Rocks National Monument"), nicht verpassen. Die Formationen erinnern an Zelte, deshalb der Name.

Indianerreservate

Abbildung [12]: Hier wird Indianerschmuck verkauft.

Angelika Jeder, der sich schon einmal mit amerikanischer Geschichte beschäftigt hat, kommt um das traurige Kapitel der Aussrottung und Unterdrückung der Ureinwohner Nordamerikas nicht herum. Bis heute kämpfen die Indianer um Anerkennung, Gleichberechtigung und Landrückgabe. Der Hunger der weißen Siedler nach Land und Bodenschätzen führte im 19. Jahrhundert zur systematischen Vertreibung und Umsiedlung der Indianer in Reservate, die zumeist in völlig abgelegenen, wenig fruchtbaren Gegenden (sprich: in der Wüste) entstanden.

Abbildung [13]: Indianercasinos entlang der Hauptstraße

Ich werde nie vergessen, wie wir 1987 das erste Mal durch die Weiten des Südwesten Amerikas fuhren und immer wieder Indianerreservate passierten: Eine Staße, die sich den Weg schnurgerade durch die Wüstenlandschaft bis zum Horizont bahnt und rechts und links in der Landschaft verteilt kleine, einfachste Hütten, die schon bessere Tage gesehen hatten. Auf dem Weg zum Monument Valley nahmen wir damals einen Indianer, der auf dem Reservat lebte, als Anhalter mit. Er wollte zum nächsten Supermarkt, der einige Meilen entfernt mitten in der Pampa lag. Schon damals fragte ich mich, wie die Indianer in dieser Isoliertheit ohne nennenswerte Infrastruktur überleben konnten und wunderte mich nicht mehr über die hohe Prozentzahl der Arbeitslosen, Alkoholabhängigen und vom Existenzmimimum Lebenden in den Reservaten.

Bei unseren Touren durch New Mexico fuhren wir ständig durch irgendwelche Indianerreservate. Straßenschilder zeigen wie Ortsschilder dabei an, wann das Indianerreservat anfängt und wenn man es wieder verlässt. Das ist durchaus relevant, denn Indianerreservate sind selbstverwaltet und die Stammesregierung hat im eingeschränkten Rahmen Rechtshoheit. Alkoholverbot auf dem Reservat ist zum Beispiel keine Seltenheit. Auch sahen wir ständig Autos mit der Aufschrift Tribal Police (= Stammespolizei) auf den Straßen herumsausen.

Vielleicht habt ihr euch als aufmerksamer Amerikatourist schon so manches Mal gewundert, warum es mittlerweile auf fast jedem Indianerreservat ein Kasino gibt. Die Indianer nutzen hier den besonderen Rechtsstatus auf dem Reservat aus und betreiben Kasinos, in der jeder (also auch jeder Nicht-Indianer) nach Lust und Laune spielen kann. Das bringt gut Geld und ist vielerorts zur stabilen Einnahmequelle für die auf dem Reservat lebenden Indianern geworden. Oft ist die Eröffnung eines neuen Kasinos mit lautstarken Protesten aus der Bevölkerung verbunden. Ich finde das ja ziemlich heuchlerisch: Erst nimmt man den Indianern ihr Land, pfercht sie in ein gottverlassenes Reservat, beschwert sich dann auch noch, dass die Indianer nichts aus ihrem Leben machen, sobald sie aber selbst etwas auf die Beine stellen und damit Erfolg haben, ist es auch wieder nicht recht.

Abbildung [14]: Wer hier unerlaubt parkt, kommt an den Marterpfahl.

1987 bestätigte der oberste amerikanische Gerichtshof, dass Indianer in ihren Reservaten Glücksspiele unabhängig von bundesstaatlichen Regulierungen betreiben dürfen. Der Kongress schob dann allerdings 1988 das Gesetz "Indian Gaming Regulatory Act" nach, das genau festlegt, wie das Ganze auszusehen hat. Es gewährt den Bundesstaaten teilweise ein Mitspracherecht. Allgemein können Kasinos auf Indianerreservaten nur dann eröffnet werden, wenn das Glücksspiel nicht prinzipiell verboten ist in dem jeweiligen Bundesstaat.

Indianerdorf "Taos Pueblo"

Abbildung [15]: Angelika hilft einer alten Indianerin in Taos Pueblo die Treppe hoch.

Angelika Ich habe wohl damals in meinem jugendlichen Leichtsinn zu viele "Winnetous und Old Shatterhands" im Fernsehen angeschaut, denn bisher meinte ich, dass die meisten Ureinwohner Amerikas durchs weite Land zogen und ihre Zelte immer dort aufschlugen, wo es genug zu erjagen gab. Nun sollte man sich bekanntlich nicht auf Karl Mays Erzählungen, die mehr seiner Fantasie als historischen Fakten entsprangen, verlassen, wenn es um Indianer und Nordamerika geht.

Abbildung [16]: Bandelier National Monument: Ruinen eines alten Pueblos

Unsere Ausflüge in New Mexico räumten auch gleich mit der romantischen Vorstellung des durch die Prärie reitenden Indianers auf. In dem heutigen Bundesstaat New Mexico wohnten die so genannten Pueblo-Indianer schon zu Urzeiten in Dörfern und betrieben Landwirtschaft. Gut erhaltene Ruinen wie die im Bandelier National Monument beweisen es. Über diverse Leitern kletterten wir dort sogar zu dem Ceremonial Cave, ein Felsvorsprung hoch oben im Berg, in dem die Indianer aus für mich unerklärlichen Gründen - schließlich muss der Aufstieg damals nicht von Pappe gewesen sein - lebten.

Abbildung [17]: Noch mehr altes Gemäuer

Aber ich schweife ab, denn eigentlich wollte ich von dem noch bewohnten Indianerdorf "Taos Pueblo" erzählen. Der Begriff "Pueblo" kommt übrigens aus dem Spanischen und bedeutet "Dorf". Die spanischen Kolonialherren brachten den Begriff nach New Mexico.

Abbildung [18]: Indianerin auf dem Weg in ihre Höhle

Im Taos Pueblo leben etwa 2000 Indianer, davon ca. 50 Familen in den dreistöckigen und 1000 Jahre alten Adobehäusern. Bis heute gibt es in diesen kein fließendes Wasser und keinen Strom. Die restlichen Dorfbewohner leben allerdings in modernen Häusern. Auf dem Dorfplatz befindet sich auch eine katholische Kirche, was euch jetzt vielleicht überrascht. Schuld sind natürlich wieder die schon erwähnten spanischen Eroberer, die den Indianern ihren katholischen Glauben aufzwangen. Auch heute noch sind die in dieser Ecke lebenden Indianer in der Regel katholisch.

Abbildung [19]: Katholische Indianerkirche in Taos Pueblo

Solltet ihr durch Zufall einmal in New Mexico herumschwirren, verpasst das "Taos Pueblo" nicht. Die Architektur des Dorfes ist absolut beeindruckend und ein Hauch von Tradition und Geschichte umweht einem auf Schritt und Tritt. Das findet übrigens auch die Unesco, die Taos Pueblo 1992 auf die Liste des Weltkulturerbes setzte.

Abbildung [20]: Sogar für's Fotografieren muss man im Pueblo bezahlen!

Etwas gewöhnugsbedürftig ist allerdings, dass der Tourist nur ins Dorf gelangt, wenn er 10 Dollar Eintritt bezahlt. Das ist gängige Praxis in den meisten Indianerdörfern New Mexicos. Denn auch Taos Pueblo ist offiziell Indianerreservat und somit selbstverwaltet.

Möchte man fotografieren in Taos Pueblo, zahlt man weitere 5 Dollar, und zwar pro Kamera. Natürlich verdienen die Indianer so ihren Lebensunterhalt, und das ist ja auch okay, aber wir waren am Anfang doch etwas gehemmt und fühlten uns wie Eindringlinge. Die Bewohner des Dorfes zeigten sich dann allerdings sehr freundlich und aufgeschlossen. Auch sind nicht alle Bereiche für Touristen zugänglich. In den uralten Adobehäusern haben viele Indianer kleine Läden, in dem sie ihr Kunstgewerbe wie Schmuck, Holzschnitzereien und gewebte Waren verkaufen.

Abbildung [21]: Eine Indianerin bäckt im Ofen Brot

Der Hit waren aber die leckeren Backwaren, die zum Kauf angeboten wurden, die traditionell in einem Adobeofen gebacken werden, der sich meist draußen vor dem Haus befindet und wie ein großer Ameisenhügel mit Loch aussieht.

Abbildung [22]: Bewohnte Lehmhäuser im Taos Pueblo

In Taos Pueblo fiel uns auch auf, dass viele Geschäfte mit dem Begriff "Indian" warben. Normalerweise heißt es in "politisch korrekten" Kreisen aber immer "Native American", wenn es sich um die Ureinwohner Amerikas dreht (Rundbrief 02/2002). Der Reiseführer klärte uns auf: Im Bundesstaat New Mexico finden die meisten Indianer es völlig in Ordnung, die Bezeichnung "Indian" zu wählen. Selbst Museen, die sich mit der Geschichte oder Kunst der Indianer auseinander setzen, heißen zum Beispiel "Museum of Indian Arts and Culture". Trotzdem würde ich euch als Tourist raten, beim "Native American" zu bleiben, da macht man nichts falsch. Weiße werden in New Mexico übrigens häufig als "Anglos" bezeichnet, während im übrigen Land "Caucasian" korrekt ist.

Hetch Hetchy

Abbildung [23]: Die Marin Headlands and der Golden Gate Bridge im Winter ...

Michael Schon oft haben wir erwähnt, dass es in San Francisco von März bis Oktober keinen Tropfen regnet. Da fragt man sich: Woher bekommen die Stadt und das Umland genug Süßwasser zum Überleben?

Abbildung [24]: ... und auch die Wiesen sind satt grün ...

Alles, was in San Francisco grün ist, wird im Sommer bewässert. Die Palmen auf der Dolores Street, und die vielen grünen Parks wären undenkbar ohne Sprinkleranlagen. Gebiete, die nicht künstlich berieselt werden, wie der Bernal-Heights-Hügel oder die weitläufigen Marin Headlands nördlich der Golden Gate Bridge, dörren dann total aus und verfärben sich bräunlich.

Abbildung [25]: ... aber im Sommer verdorrt alles, was nicht künstlich bewässert wird.

Etwa 200km östlich von San Francisco befindet sich der Yosemite-Nationalpark, eine alpenähnliche Landschaft mit tollen Klettermöglichkeiten, in der auch die beiden rasenden Rundbriefreporter schon rumgestiefelt sind. Am westlichen Ende liegt das so genannte Hetch-Hetchy-Valley. "Hetch-Hetchy" bezeichnet in der Sprache der dort früher ansässigen Sierra-Miwok-Indianer eine Grasart mit essbaren Samen. Nach dem Erdbeben im Jahre 1906 forderte die Stadt San Francisco Wasserrechte im Park ein, um dort einen Staudamm zu bauen, das Hetch-Hetchy-Tal zu fluten und so ein Wasserreservoir anzulegen.

Die Natürschützer, geführt von John Muir, standen Kopf. Ein sieben Jahre dauernder Rechtsstreit entbrannte, und am Ende sprach ein Bundesgericht im "Raker Act" ein Machtwort. Der O'Shaughnessy-Staudamm wurde errichtet, und der ins Tal hineinfließende Tuolumne River füllte das Tal bis zum Rand mit Wasser auf. Das kostbare Nass gelangt über ein komplexes System von Pipelines und Tunnels nach San Francisco und die umliegende Bay Area. Auf der Webseite des Wasserwerks könnt ihr genau sehen, wie das Ganze funktioniert.

Abbildung [26]: Lage des O'Shaughnessy-Staudamms, der das Wasser für San Francisco im Yosemite-Nationalpark aufstaut.

Im Sommer leert sich das Becken dann zunehmend, aber der Winterregen füllt das Reservoir wieder auf. Vor ein paar Jahren hat es mal im Winter nicht viel geregnet und prompt war daraufhin im Sommer das Wasser knapp. Damals wurden Empfehlungen herausgegeben, nur einmal am Tag zu duschen und den Rasen nur am späten Abend zu sprengen.

Pick-Up-Fußball

Abbildung [27]: Die deutsche Nationalmannschaft in San Francisco

Michael Während meiner Jugendzeit habe ich bekanntlich unzählige Stunden damit verbracht, auf der Straße Fußball zu spielen. Und während des Studiums in München gab es jeden Tag in der so genannten ZHS (Zentraler Hochschulsport) ein Fußballspiel, zu dem man einfach ohne Anmeldung erschien.

Nun sind die USA ja eine Diaspora des Fußballs und es ist gar nicht so einfach, Leute zu treffen, die tatsächlich Fußball spielen können. Aber als nun kürzlich unser 17-jähriger Neffe zu Besuch kam, fiel mir ein, dass im nahegelegenen Dolores-Park öfter mal ein so genanntes "Pick-Up Game" läuft, und so rannten wir eines Tages abends nach der Arbeit hinunter und spielten einfach mit.

Zunächst fiel uns auf, dass erstaunlich viele Frauen mitspielen. Und das Spielniveau der Männer ist, ähm, nicht gerade Weltklasse. Aber es war sehr lustig und ich erfuhr, dass man sich heutzutage zum Gelegenheitsfußball auf dem Internet zusammenfindet: Auf der Seite http://socster.com wählt man zunächst die Region aus, dann einen der eingetragenen Plätze und schon kann man in Diskussionsforen ausmachen, wann und wieviel Leute zusammen kommen.

Abbildung [28]: Pickup-Spiele über's Internet organisieren: socster.com

Das klappt hervorragend, und letzten Dienstag habe ich mich mal einem Spielchen angeschlossen, das war ganz große Klasse! Typisch auch die Zusammensetzung: auffallend viele Exil-Deutsche, -Italiener, und -Franzosen. Ich spiele natürlich im Trikot der deutschen Nationalmannschaft, das ich vor vielen Jahren mal bei einem Deutschlandbesuch gekauft habe, damit die Leute wissen, woher der Wind weht.

Barber: Traditionelle Friseure

Abbildung [29]: Der "Barber's Pole", das Zeichen für einen Friseurladen

Michael Wenn ein amerikanischer Mann einen Haarschnitt braucht, geht er zum so genannten "Barber". Das sind meist winzige Läden und drinnen steht ein rot gepolsterter Lederstuhl mit Fußstütze. Ein steinalter, vom Leben gezeichneter Mann hält eine Schere und einen Rasierapparat in der Hand. In San Francisco gibt es einen, der spielt sogar Saxophon, wenn gerade kein Kunde da ist. Termin macht man beim Barber natürlich keinen aus, man schneit einfach vorbei.

Einen Barberladen erkennt man von außen an dem so genannten Barber's Pole einem aufrecht stehenden Zylinder mit weiß-rot-blau gestreiften Spiralen. Die Geschichte dieses Symbols lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen, als Barber mit Blutegeln an ihren Patienten Aderlässe vollführten. Und es ist noch gar nicht solange her, da zogen die Barber noch Zähne oder führten leichte Operationen mit Whiskey-Narkose durch.

Die weißen Streifen des Zylinders symbolisieren Verbände, die roten Blut, und für die blauen gibt es unterschiedliche Interpretationen: Entweder venöses Blut (im Gegensatz zum roten arteriellen) oder einfach zur Unterscheidung von Chirurgen (rot) und Friseuren (blau). Oder einfach zur Komplettierung der amerikanischen Nationalfarben, so sicher ist man sich da nicht.

Der Unterschied zwischen einem Barber und einem Hairdresser ist, dass der Barber auch Bärte rasiert, was heutzutage allerdings kaum noch verlangt wird. Und der Barber ist relativ preiswert, manchmal kostet ein Haarschnitt nicht mal 10 Dollar! Waschen tut der Barber die Haare allerdings nicht, das ist wohl den Fancy-Schmancy- Salons vorbehalten.

Abbildung [30]: Ein typisch amerikanischer Männerfriseurladen.

Es gibt übrigens diese Billigkette "Supercuts", das sind Hairdresser, die ebenfalls recht billig sind, und sowohl Männer- als auch Frauenschöpfe trimmen. Allerdings ist Supercuts der McDonald's unter den Friseuren, und ich habe gehört, dass die Ausbildungszeit des Personals bei etwa einer Woche liegt. Die Haarschnittsqualität kann also schwanken.

Mein Friseur im italienischen Viertel North Beach kommt aus Puerto Rico und wohnt im südamerikanischen Viertel Mission. Er schneidet nicht nur meine Haare und rasiert die Koteletten mit einem richtigen Messer, sondern schnallt sich nach getaner Arbeit, wenn er gut gelaunt ist, auch noch ein vibrierendes Gerät auf den Handrücken, um mit der dann bebenden Hand die Kopfhaut zu massieren. Sehr angenehm! Wenn man dabei allerdings redet, vibriert die Stimme lustig.

Abbildung [31]: Der Barber verpasst dem Kunden einen traditionellen Herrenhaarschnitt.

Trinkgeld gibt man beim Friseur etwa 20%. Das sind bei einem teuren Damensalon schnell mal $20-$30! Und kurz vor Weihnachten, so will es die Sitte, ist dieser Betrag einmal zu verdoppeln. Da ächzt der Geldbeutel!

Topprodukt

Abbildung [32]: Der Super-Staubsauger "Hoover Fusion"

Michael Neulich wurde auf einer internen Yahoo-Mailingliste gefragt, was wohl der beste derzeit erhältliche Staubsauger sei. Lacht nicht! So etwas kommt häufig vor, und es ist in der Tat sehr hilfreich, Alltagstipps von einigermaßen gebildeten Leuten zu erhalten. Die einschlägige Antwort: der Dyson. Das ist so ein neumodischer, futuristisch aussehender Staubsauger, der angeblich eine derart infernalische Saugkraft entfesseln soll, dass er jedes bislang dagewesene Gerät in den Schatten stellt. Ein Dyson-Modell hat sogar den treffenden Namen "Animal". Allerdings hat das Teil seinen Preis: 400 Dollar und aufwärts.

Wir lassen ja bekanntlich nach wie vor unseren Saugroboter Roomba (Rundbrief 02/2006) sausen, aber manchmal verschüttet man was oder will eine Tiefenreinigung, da muss ein richtiger Saugrüssel ran. Für ein Gerät, das man nur einmal im Monat anstellt, 400 Dollar auszugeben, ist natürlich absurd, und als ich feststellte, dass die alteingesessene Staubsaugerfirma Hoover einen Dyson-Klon für $110 produziert, bestellte ich ihn kurzerhand Online und ließ ihn mir ins Office schicken.

Und das Teil ist tatsächlich phänomenal! Ich habe zwar keine Ahnung, ob der Dyson noch besser ist, aber bei einem Viertel des Preises nehme ich diese Ungewissheit gerne in Kauf. Jeden Tag sauge ich einen Teil der Wohnung, soviel Spaß macht das!

PG&E

Abbildung [33]: PG&E gibt Rabatt

Angelika Letzte Woche flatterte unsere Stromrechnung von PG&E (=Pacific Gas and Electric Company) ins Haus und ich wunderte mich schon, warum diese deutlich niedriger als sonst war. Dann sah ich aber den beigelegten Zettel, der freundlich erklärte, dass jeder Kunde rückwirkend 15 % Rabatt mit dem schönen Namen "Heat Storm Bill Credit" für seine im Juli angefallene Gas- und Stromrechnung bekommt. Denn, so hieß es weiter, eine ungewöhnliche Hitzeperiode hätte im Juli Kalifornien in Schach gehalten und somit bei vielen Haushalten zu höherem Stromverbrauch (Stichwort: Klimaanlage) und Rechnungen geführt. Hä? Ich dachte eigentlich bisher, dass wir im Zeitalter der Erderwärmung leben und dass das Stromsparen und nicht das Stromverschleudern belohnt werden sollte. Diesem Prinzip blieb PG&E sonst eigentlich auch immer treu. Bei früheren Hitzeperioden wurden die Konsumenten angespornt, ihren Stromverbrauch zu drosseln, d.h. zum Beispiel die Kimaanlage herunterzudrehen, um bei beträchtlicher Einsparung später dann einen Preisnachlass zu bekommen.

In San Francisco zahlen wir übrigens nicht monatlich einen Abschlag für unseren Strom, sondern den Betrag, den wir auch tatsächlich verbraucht haben. Jeden Monat kommt der PG&E-Mann zum Ablesen des Zählers. Er führt einen riesigen Schlüsselbund mit sich, um diverse Garagentore oder ähnliches zu öffnen, um an die Zähler zu gelangen. Häufig sind die Zähler auch an der Außenseitenwand der Häuser angebracht. Kurz vor dem neuen Jahr liegt der Rechnung stets ein Kalender bei, der besagt, wann abgelesen wird. Durch dieses Prinzip kommt es natürlich dazu, dass in den Monaten, wo geheizt werden muss oder die Klimaanlage (die es in Privathäusern in San Francisco aber kaum gibt) auf Hochtouren läuft, die Rechnung höher ausfällt. PG&E bietet zwar auch die Möglichkeit an, dass jeden Monat ein Durchschnittsbetrag bezahlt wird, um die Schwankungen auszugleichen. Ich kenne aber persönlich niemanden, der das macht.

Der DVD-Film "Enron - The smartest Guys in the Room" gibt übrigens einen guten Einblick in die finsteren Machenschaften amerikanischer Stromfritzen.

Coca Mexicana

Abbildung [34]: Die echte Coca-Cola, noch mit Zucker. Am mexikanischen Taco-Wagen gekauft.

Michael Wenn man in den USA eine Flasche oder Dose Coca-Cola kauft, kriegt man ein anderes Produkt als das Coca-Cola, das vor 20 Jahren als solches verkauft wurde. Das liegt daran, dass die mächtigen Vertreiber von Corn Syrup (aus Mais hergestellter Süßschlotze) durchgesetzt haben, dass ihr amerikanisches Produkt anstatt von Zucker in limonadenähnlichen Getränken flächendeckend zur Süßung verwendet wird.

Es gibt Konspirationstheorien, nachdem das Zeug maßgeblich an der Verfettung der amerikanischen Gesellschaft verantwortlich ist. Angeblich soll der Sirup zum maßlosen Konsum von klebriger Limonade verleiten.

Ob das wahr ist, wage ich zu bezweifeln, aber Kenner kaufen ihre Softdrinks heutzutage nicht mehr im Supermarkt sondern auf dem Internet oder an mexikanischen Taco-Wohnwagen, wo es zu Fantasiepreisen (2 Dollar pro 0.33l-Fläschchen habe ich neulich bezahlt!) aus Mexiko re- importiertes Coca-Cola gibt, das die Mexikaner "Coca Mexicana" nennen. Mit Zucker, wie früher. Denn der Mexikaner lässt sich nicht verarschen. Und die Internet-Füchse im Silicon Valley stellen sich mittags brav hinter den Mexikanern am Taco-Wagen an.

Hasta la vista, Baby!

Angelika und Michael

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Letzte Änderung: 27-Apr-2019