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Rundbrief
  Rundbrief Nummer 64  
San Francisco, den 24.11.2006
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Rundbrief


Abbildung [1]: Der Mormonentempel in Salt Lake City, Utah

Abbildung [2]: Downtown Salt Lake City, Utah

Als wir ankamen, war es schon recht spät und wir fragten an der Hotelrezeption, wo man in der näheren Umgebung noch etwas zu beißen ergattern könnte. Zu unserer Überraschung fragte uns der Portier sofort, ob wir dazu auch Alkohol trinken wollten, was wir lachend bejahten.

Das Kreuz mit dem Alk

Michael Mormonen trinken ja bekanntlich keinen Alkohol und keine koffeinhaltigen Getränke. Und im Mormonen-Bundesstaat Utah wird diese religiöse Verordnung von der Regierung sogar rechthaberisch auf Nicht-Mormonen ausgedehnt.

Supermärkte dürfen grundsätzlich keinen Wein oder Schnaps verkaufen. Nur spezielle Liquor-Stores dürfen es, allerdings gibt es davon so wenige, dass wir auf unserer gesamten Reise keinen einzigen gesichtet haben. Ganze 37 "Full Service Liquor Stores" und 97 "Package Agencies" (mit kleinerer Auswahl) gibt's im ganzen Bundesstaat Utah! In anderen Bundesstaaten gibt es ja ebenfalls Regelungen, die den Verkauf von Alkohol im Supermarkt untersagen, aber da ist dann wenigstens der Liquor-Store meist gleich nebenan.

Und, noch schlimmer: An Sonntagen gibt's in Utah auch kein Bier im Supermarkt. Über dem Bierregal eines von uns besuchten Ladens hing am Sonntag folgendes Schild: "Die städtische Verordnung von XYZ untersagt uns leider, am Sonntag Bier zu verkaufen. Wir bitten um ihr Verständnis." Und die schäumenden Kehlenkühler standen den ganzen Sonntag unnütz im Kühlregal herum, bis die Nicht-Mormonen sie am Montag wieder kaufen konnten. Denn unter der Woche erlaubt der Mormonen-Klüngel den Verkauf großzügig. Und in Gaststätten mit entsprechender Lizenz ist's auch noch nicht verboten, selbst am Sonntag nicht.

Abbildung [3]: Lizenz zum Saufen: Express-Mitgliedschaft im Spencer's für 4 Dollar.

Dabei wird in Utah streng zwischen Bars und Speiselokalen unterschieden. Serviert ein Etablissement kein Essen, erhält der Laden nur eine Lizenz als "Private Club". Und in dem muss man "Mitglied" werden, bevor man dort einkehren darf. So geschehen im "Spencer's Steak and Chops", ein Speiselokal mit angeschlossener Bar, wo Angelika und ich zum Schlagerpreis von $4 eine dreiwöchige temporäre Mitgliedschaft erhielten, damit wir die legendären Steaks nebst zwei Gläsern Wein/Bier probieren konnten. Die Steaks (sehr zu empfehlen: das 12 Oz. New York Strip Steak zu $34) waren aber auch wirklich erstklassig, das muss sogar ich als Grillmeister zugeben. Insgesamt hat Utah etwa 300 dieser "Private Clubs".

Bis vor kurzem war es in Utah auch noch illegal, wenn zwei alkoholische Getränke gleichzeitig vor einem Gast standen. Hatte ein Schlemmer zum Beispiel seinen Weißwein noch nicht ganz ausgetrunken, aber für den zweiten Gang schon einen Rotwein bestellt, musste der Kellner darauf bestehen, das Weißweinglas abzuräumen, bevor das Rotweinglas auf den Tisch kam. Allerdings ist Utah, schätzungsweise seit der Winterolympiade vor einigen Jahren, moderner geworden und dieses absurde Gesetz fiel weg. Der USAToday-Artikel "What's up with Utah's liquor laws?" bietet eine amüsante Zusammenfassung der bizarren Situation.

In Salt Lake City gibt es sogar den guten Brewpub "Squatters", der ausgezeichnetes Bier braut und ausschenkt. Bier in Utah darf nur 4% Alkohol enthalten, während im Rest des Landes 6% üblich sind. Die Etiketten auf den Flaschen deuten mit Augenzwinkern auf die prekäre Lage im Bundesstaat hin: Das Porter Ale heißt "Polygamy Porter" und spielt wohl auf einige Extrem-Mormonen an, die mehrere Frauen heiraten, und das Pilsner heißt "Provo Girl", in Anspielung auf den Salt Lake City vorgelagerten Ort Provo, in dem viele konservative Mormonen wohnen.

Mormonen

Abbildung [4]: Im Besucherzentrum des Mormonentempels

Michael Salt Lake City ist ja das Mekka der Mormonen. Falls ihr mit dieser Religion nicht vertraut seid, ist hier eine Kurzfassung: Die Mormonen, in Amerika "The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints" genannt, glauben an alles, was in der Bibel (altes und neues Testament) steht, haben aber ihren eigenen Propheten.

Dem ersten Mormonen-Propheten und Gründer der Mormonen-Kirche, Joseph Smith, erschien im Jahre 1823 ein Engel namens Moroni. Dies passierte auf dem amerikanischen Kontinent, im Norden des Bundesstaates New York. Der Engel verriet Joseph Smith das Versteck einiger goldener Tafeln, die in einer alten Sprache abgefasst waren. Smith übersetzte sie und verfasste daraus das "Book of Mormon", die Zusatzbibel der Mormonen.

Die Geschichte beginnt mit einem Mann namens Lehi, der 600 Jahre vor der Geburt Christi von Jerusalem per Schiff nach Nordamerika fuhr. Er hatte zwei Söhne, Nephi und Laman, die aber nicht miteinander klarkamen und zwei Stämme gründeten, die Nephiten und die Lamaniten. Nach tausend Jahren Hickhack schlugen die Lamaniten die Nephiten im Jahre 400 Anno Domini und rotteten sie aus. Der Führer der unterlegenen Nephiten war ein Mann namens Mormon gewesen, der einen Sohn namens Moroni hatte -- und dieser erschien Joseph Smith 1400 Jahre später als Engel.

Die Religion fand durch Joseph Smith sofort viele Anhänger und nach einigen Umwegen im Bundesstaat Illinois und einigem Hickhack, bei dem Joseph Smith erschossen wurde, ließen sich die Mormonen in einer Wüstengegend im Bundesstaat Utah nieder -- und aus dieser Siedlung entstand die heutige Salt Lake City.

Die Mormonen haben immer einen lebenden Propheten. Stirbt der alte Prophet, rückt automatisch der älteste einer Gruppe von zwölf Aposteln nach.

Abbildung [5]: Adam und Eva im Besucherzentrum. Man beachte, wie glattrasiert Adam ist.

Mormonen werben stets aktiv um neue Mitglieder und so wurden wir bei unserem Besuch des Mormonen-Tempels in Salt Lake City mehrfach aufgefordert, unsere Adresse in ein Formular einzutragen, was wir natürlich dankend ablehnten.

Aber wir durften an einer Führung teilnehmen, zwar nicht hinein in den Tempel (der ist Members-only) aber doch ins Besucherzentrum, wo wir im Kuppelsaal die Stimme von Jesus Christus vorgespielt bekamen.

Ahnenforschung

Abbildung [6]: Die Family History Library der Mormonen in Salt Lake City

Michael Die Mormonen glauben ja, dass jeder, der nicht mormonisch getauft wurde, unweigerlich zur Hölle fährt. Um ihren bereits verstorbenen Vorfahren diese Unannehmlichkeit zu ersparen, werden diese einfach in Abwesenheit post mortem im Tempel getauft. Deshalb schreiben die Mormonen Stammbaumforschung groß. Jeder verfolgt seine Vorfahren mindestens bis zu den Urgroßeltern zurück, viele sogar noch weiter.

Abbildung [7]: Deutsche Bücher in der Bücherei der Family History Library.
Um diese zeitraubende Suche zu erleichtern, bietet die "Genealogical Society of Utah" in Salt Lake City computergestützten Zugriff auf allerlei alte Datensammlungen, anhand derer man die Namen, Lebensdaten und Verwandschaftsbeziehungen seiner Vorfahren ermitteln kann.

In der von der Mormonenkirche betriebenen Bücherei finden sich hunderte von Computerterminals, die jedermann offenstehen, man muss kein Mormone sein. Wir ließen uns zunächst einen Einführungsfilm vorführen, um dann von einer freundlichen Helferin an einen Computer geleitet zu werden.

Die meisten Abfragen laufen über die Webseite familysearch.org, die ihr auch zuhause ausprobieren könnt. Sucht man nach Orten, zeigt der Computer oft eine Nummer an, die auf ein Buch in ein nebenstehendes Regal oder einen Mikrofilm in einer von tausenden von Schubladen verweist.

Wir suchten in der internationalen Abteilung und trauten unseren Augen nicht: Es waren massenhaft deutsche Geburts-, Sterbe- und Heiratsregister aus dem 19. und 20. Jahrhundert verfügbar! Ich untersuchte einen Mikrofilm mit handgeschriebenen Einträgen aus dem Heimatdorf meiner Sippe, Langerringen, einem 3000-Seelen-Nest in der Nähe von Schwabmünchen bei Augsburg! Ich konnte tatsächlich einige Einträge unter dem gesuchten Namen finden.

Abbildung [8]: Das Mikrofilm-Archiv

Den Mikrofilm holt man sich eigenhändig und ohne Aufsicht aus der Schublade. Er sieht aus wie eine dicke aufgewickelte Filmspule von etwa 10cm Durchmesser, etwa so breit wie ein Fotonegativ. Die Rolle legt man dann in ein mannshohes Gerät ein, spult den Film etwas ab und führt das lose Ende durch eine gläserne Projektionsplatte in eine Auffangspule auf der anderen Seite. Mit einer Kurbel an der Seite des Apparats dreht man dann, und die Einzelbilder werden von einer oben angebrachten Halogenlampe angeleuchtet und auf eine etwa 60x60cm große waagrechte Fläche projeziert. Geht man durch die Reihen, sieht man Leute, die gschaftig an den Kurbeln drehen, Einträge untersuchen und sich Notizen machen.

Will man eine Kopie eines gerade betrachteten Bildes ziehen, nimmt man den Mikrofilm mit beiden Spulen aus der Maschine und stellt sicher, dass das gerade betrachtete Bild aufgeschlagen bleibt. Dann trägt man ihn rüber zum Kopierraum, legt ihn in eine Kopiermaschine, und zahlt 23 Cents für eine Papierkopie.

Abbildung [9]: Ein altes Sterberegister aus dem 19. Jahrhundert auf dem Mikrofilm-Viewer

Die Bücher in der Bibliothek sind ebenfalls umwerfend. Es gibt sogar Ausgaben der alten Nazizeitschrift "Ahnenerbe - Bund für Sippen- und Wappenforschungshilfe, Erbkunde und Rassenpflege". Und was ich auch noch nicht wusste: 1529 lagen die Türken vor Wien und die Verteidigung des Abendlandes wurde im Deutschen Reich mit der sogenannten "Türkensteuer" finanziert. In der Sammlung der "Family History Library" fand ich in Buch, in dem das Türkensteuerregister von 1584 nachgedruckt steht. In Abbildung 10 seht ihr, wer wann wieviel zahlte, und falls nicht, warum. Falls ihr euch mit altertümlichen Währungen nicht auskennt: Ein Gulden (fl. = Floreniner) zählte damals 15 Batzen (b.), der Batzen wiederum 4 Kreuzer (kr.).

Abbildung [10]: Das Türkensteuerregister aus dem Jahr 1584

Die Suche läuft anonym ab, kostet (außer dem Kopieren) keinen Cent und man kann selbständig und ohne belästigt zu werden nach Herzenslust herumstöbern -- ein echt guter Service der Mormonenkirche. Wir waren so in unsere Forschungen vertieft, dass wir gar nicht merkten, wie die Zeit verging. Als wir schließlich auf die Uhr schauten, waren fünf Stunden vergangen. Vom Rest der Stadt sahen wir deshalb leider nicht viel, denn es wurde bald darauf dunkel und wir hatten noch nicht einmal etwas gegessen!

Capital Reef National Park

Abbildung [11]: Touristin samt Mietauto im Capital Reef National Park

Angelika Mit dem Bundesstaat Utah verbinden die meisten deutschen Touristen allerdings nicht die Hochburg der Mormonen sondern die der atemberaubenden Nationalparks. Arches, Bryce Canyon, Zion und auch Canyonlands stehen meist auf einer klassischen Rundfahrt im Programm. Der "Capitol Reef National Park" gehört, obwohl er auch in Utah liegt, zu den weniger bekannten und besuchten Parks.

Auch wir hatten den Park auf unserer großen Amerikareise 1987 ausgelassen. Er liegt schon ziemlich in der Pampa, eben jenseits der großen Metropolen. Salt Lake City ist ca. 220 Meilen weit weg und Las Vegas 360. Auch sind viele der schönsten Ecken des Nationalparks nur über ungeteerte Staßen oder zu Fuß zu erreichen.

Abbildung [12]: Fels im Capitol Reef National Park in Utah

Trotz dieser Abgeschiedenheit siedelten sich um das Jahr 1880 Mormonen im heutigen Park an und gründeten u.a. die klitzekleine Siedlung "Fruita", eine Anspielung auf die Früchte bringenden Obstbäume, die sie im von Felsen eingerahmten Tal pflanzten und die auch heute noch die karge Wüstenlandschaft begrünen. Indianer vom Stamme der sogenannten "Fremont Culture", waren natürlich schon vor den Mormonen da, aber verließen aus bisher ungeklärten Gründen die Gegend wieder.

Der Park verdankt seinen etwas ungewöhnlichen Namen der Tatsache, dass eine Felsformation der Kuppel des Kapitols in Washington ähnelt und die Pioniere bei der Überquerung der steil aufragenden Felsen auf Schwierigkeiten stießen, die sie an die Unüberwindlichkeit eines Riffs (= reef) erinnerten. Die Besonderheit des Parks ist die sogenannte Wassertaschen-Falte (Waterpocket Fold), eine geologische Verschiebung der Erdkruste an einer Spalte. Diese Wassertaschen-Falte kennen die Geologen als klassischen "Monokline", d.h. eine Falte an der die Gesteine an der einen Seite steil aufragen und sonst horizontale Schichten aufweisen.

Abbildung [13]: Auf dem "Burr Trail Loop"

Als wir den Park am späteren Nachmittag erreichten, ließ die tiefer stehende Sonne das Rot, Gelb und Orange der Felsformationen besonders dramatisch erscheinen. Die Sicht war gigantisch, und wir hätten das Fallen einer Stecknadel sicher gehört, so leise war es. Die nächsten Tage wanderten wir durch tiefe Felsschluchten zu entlegenen Wasserlöchern und fuhren mit unserem altmodisch aussehenden Mietauto den "Burr Trail Loop", der schlappe 120 Meilen (davon 30 ungeteert!) durch eine scheinbar unberührte Landschaft führt. Wir begegneten kaum jemandem und fühlten uns wie in einer anderen Welt. Ich sinniere in solchen Momenten immer darüber, wie klein und unbedeutend wir Menschen doch sind.

Übrigens hält der Vertrag der Mietautofirma in der Regel fest, dass man ja nicht auf ungeteerten Straßen mit dem Gefährt herumkutschiert. Klar, denn die wollen einen nicht aus irgendwelchen Schlammlöchern in einer gottverlassenen Gegend ziehen. Nun sind viele ungeteerte Straßen aber ohne Probleme mit einem normalen Auto zu befahren, sodass wir uns dieser Regel schon oft widersetzt haben (macht uns das ja nicht nach, liebe Kinder).

Abbildung [14]: Der "Chimney Rock" im Captial Reef National Park

Ich frage aber immer noch im Besucherzentrum bei einem Ranger nach, wie die Straßenverhältnissse aussehen. So auch dieses Mal. Der Ranger bestätigte: "Alles kein Problem, denn das ungeteerte Stück wurde erst gestern begradigt." Also fuhren wir unerschrocken los, bis wir vor dem ersten Schlammloch standen. Unser geliebter "Perlman" hätte die Durchquerung des Flüsschens natürlich ohne Probleme gemeistert, aber der stand ja in San Francisco in der Garage.

Und das Mietauto war ein Pontiac Vibe, der wie eine moderne Fassung der alten Taxis in England daherkommt und mit seinen kleinen Reifen so gar nicht in die rauhe Wüstenlandschaft von Utah passt. Aber Michael, der Schrecken der Straße, ließ sich nicht beirren und manövrierte uns durch das Wasser, ohne stecken zu bleiben. Weitere Überraschungen blieben uns dann Gott sei Dank erspart. Nur hatte sich der rote Sand in jede Ritze des Autos verkrochen. Der Mann bei der Autovermietungsfirma wird sich sicher seinen Teil gedacht haben.

Abbildung [15]: Der Krämerladen macht am 28. Oktober für den gesamten Winter zu.

Der Capitol Reef National Park ist übrigens ganzjährig geöffnet. Wir fragten uns bloß, wie man im Winter noch etwas zu essen kriegt. Denn nicht nur, dass ein Restaurant nach dem anderen Ende Oktober zumachte, sondern auch der Krämerladen klappte die Bordsteine hoch und sogar einige Motels schlossen ihre Tore bis zum Frühling. Der Ober in einem der noch offenen Restaurants sagte dann auch, dass Torrey, der kleine Ort, in dem man unterkommt, wenn man den Park besucht, im Winter einer Geisterstadt gleicht.

Abbildung [16]: Ein Jäger transportiert einen erlegten Hirsch heim.

Auf unserer Rückfahrt nach Salt Lake brach dann glatt der Winter herein. Die Temperatur sackte laut Autoaußenthermometer auf 32 Grad Fahrenheit (also 0 Grad Celsius) ab und es fing an zu schneien. Als tatsächlich etwas Schnee auf der Straße liegen blieb, geriet der sonnenverwöhnte kalifornischen Fahrer etwas ins Schwitzen! War aber halb so wild, in Salt Lake City war wieder Sonnenschein.

Spannungsunterschiede

Abbildung [17]: Amerikanische Stromstecker

Michael Wenn ihr schon mal mit eurem deutschen Rasierapparat oder Föhn in den USA wart, werdet ihr festgestellt haben, dass deren deutsche Stecker nicht in die amerikanischen Steckdosen passen. Denn statt der in Deutschland üblichen runden Stöpsel, der sogenannten Schukostecker, finden sich an amerikanischen Steckern flache Metallplättchen.

Amerikanische Adapter für die deutschen Stecker kauft ihr am besten in Deutschland. In den USA gibt es meist nur die umgedrehte Variante, also Stecker für die Geräte amerikanischer Globetrotter, die ihre flachen Stecker an die runden Buchsen in Europa anpassen müssen. In Elektronikfachmärkten wie Fry's oder Radio Shack gibt's in den USA allerdings auch Adapter für deutsche Stecker an amerikanische Dosen, allerdings zum Exotenpreis, das muss euch klar sein. Ein raffinierter Globetrottertrick ist es übrigens, nur einen Adapter zu kaufen, aber eine Vielfachsteckdose aus dem Heimatland mitzuführen, und so gleich mehrere Geräte gleichzeitig anzuschließen.

Und es gilt zu beachten, dass nicht nur die Stecker unterschiedlich sind. Die Spannung im amerikanischen Stromnetz beträgt nur 110 Volt, gerade mal halb so viel wie die im deutschen Stromnetz üblichen 220 Volt.

Das bedeutet, dass wenn man ein deutsches Gerät mit einem Adapter an eine amerikanische Steckdose anschließt, nur halb so viel Saft eingespeist wird. Ohne spezielle Maßnahmen werkeln deshalb Föhne oder Rasierapparate nur sehr lahm vor sich hin, wenn sie überhaupt funktionieren.

Abbildung [18]: Ein Föhn, der sich umstellen lässt.

In Abbildung 18 seht ihr unseren Reiseföhn, der sich mittels einer in einen Schlitz gesteckten Münze von 230V (220 oder 230V, so genau geht's nicht) auf 110V umstellen lässt. Wer dies tut, kann den Föhn (einen entsprechenden Steckeradapter vorausgesetzt) ohne Probleme in den USA betreiben. Vergisst man allerdings, den Schalter in Deutschland wieder zurückzustellen, zerreißt's das Teil unter Umständen in tausend Fetzen, falls man es unter 220V ins deutsche Stromnetz einstöpselt.

Ganz ausgefuchste Geräte, wie zum Beispiel manche Laptop-Netzteile, Desktop-Computer oder Monitore, können sogar beide Spannungen, 110V und 220V, ohne Umstellung verarbeiten. Das steht dann auf dem Netzteil vermerkt. Einfach mit Steckeradapter einstecken und fertig ist der Lack.

Es gibt auch die Möglichkeit, die 110V aus der amerikanischen Steckdose auf 220V hoch zu transformieren. Allerdings ist das ein altmodisches Verfahren aus dem letzten Jahrhundert, das dicke Metallkerne mit vielen Kabelwindungen erfordert und erschreckende Energieverluste produziert.

Verbraucht ein Gerät nur so um die 50 Watt, kann man für wenig Geld (etwa $7) einen kleinen Trafo bei Fry's kaufen, der aus den 110V der amerikanischen Stromleitung sowohl 220V macht, als auch die richtigen runden Buchsen für deutsche Elektrogeräte bereitstellt.

Ein Rasierapparat oder eine elektrische Zahnbürste arbeiten unter der 50-Watt-Marke und lassen sich so problemlos anschließen. Aber selbst ein kleiner Föhn verbraucht mindestens das 10-fache, also 500 Watt und aufwärts. Schließt man so ein Teil an den kleinen Trafo an, überhitzt sich dieser und kann böse Probleme verursachen. Trafos für Elektrogeräte bis 1000 Watt kosten um die $30 und sind sehr schwer. Das lohnt sich nur in Ausnahmefällen. Und, wie gesagt, ein kleiner Trafo verbraucht selbst im Ruhezustand Strom und heizt sich auf. So etwas ging in den 60er Jahren noch ungestraft durch, aber heutzutage ist das völlig unmöglich.

Abbildung [19]: Der 7-Dollar-Billigtrafo von Fry's, der 110V auf 220V hochtransformiert.

Die Frequenz, mit der der Wechselstrom aus der Steckdose hin- und herschwingt beträgt in Europa 50Hz und in den USA 60Hz. In den Achziger-Jahren gab es noch Radiowecker, die diese Schwingung ausnutzten und deshalb mit der falschen Frequenz nicht richtig funktionierten, aber heutzutage ist das irrelevant.

Wie bei deutschen Schukosteckern gibt es bei den nordamerikanischen Steckern dreipolige Varianten (mit runder Erdung) und solche, die nur zwei Kontakte aufweisen. Superlästig ist das, wenn zum Beipiel das amerikanische Laptopnetzteil einen dreipoligen Stecker hat aber die Steckdose im Hotel nur zwei Pole bereitstellt, was durchaus vorkommt. Für solche Fälle habe ich einen wahrscheinlich illegalen neongrünen Adapter von einem zurückliegenden Japanurlaub (Japan hat die gleichen Steckdosen), der aus drei Polen zwei macht.

Bei den zweipoligen ist meist eines der Metallkontaktplättchen etwas breiter (für die Fachmänner: das ist der neutrale Pol, im Gegensatz zur dünneren Phase), sodass man den Stecker nur in einer Richtung reinkriegt.

Der Wikipedia-Eintrag zum Thema Power Plug stellt alles Wissenswerte zum Thema nordamerikanische Steckdosen schön zusammen.

Simpsons veräppeln die US Army

Abbildung [20]: Zwei Recruiter der US Army mühen sich in einer Shopping-Mall ab.

Michael Neulich schaute ich mir wie gewohnt die neueste Folge von "The Simpsons" an und traute meinen Augen nicht: Dort wurde doch tatsächlich die US Army veräppelt, die momentan wegen der desolaten Situation im Irak arge Probleme hat, neue Rekruten anzuwerben.

Und das auf dem rechtslastigen Regierungspropagandasender FOX, das muss man sich mal vorstellen! Wie man in dem Film "Outfoxed - Rupert Murdoch's War on Journalism" erfährt, arbeiten die FOX-Mitarbeiter unter der Leitung des finstren Medienmoguls Rupert Murdoch mit unseriösen Methoden, um Nachrichten im einem bestimmten Licht darzustellen.

In Deutschland hat die Bundeswehr ja ebenfalls keinen guten Ruf, aber eine derartige Negativhaltung kannte der Amerikaner bislang nicht. Bis vor etwa einem halben Jahr überwog in Amerika die Solidarität mit den kämpfenden Truppen, allerdings fängt diese in letzter Zeit zu bröckeln an.

So hat der demokratische Ex-Präsidentenkandidat John Kerry neulich behauptet, dass, wer zu dumm zum lernen sei, nicht aufs College könne und dann im Irak an der Front lande. Dies löste Proteste der Army im Irak aus, und einige US-Soldaten fertigten ein lustiges Spruchband an und schickten es als Gruß nach Hause.

Und jetzt fallen in der Simpsons-Serie Sätze wie "Even the dumbest teens in the dumbest town in the dumbest state know better than to join the Army" ("Sogar die dümmsten Teenager in der dümmsten Stadt im dümmsten Bundesstaat sind so schlau, nicht der Army beizutreten"). Da fragt euer rasender Rundbriefreporter: Quo vadis, Verteidigungsministerium?

Wer will, kann den Ausschnitt aus der Simpsons-Episode auf alternet.org einsehen.

Wahlen in den USA

Abbildung [21]: Ein Wahlplakat wirbt für einen Abgeordneten im US-Kongress.

Angelika Ich hatte ja die Hoffnung schon aufgegeben, aber Bush bekam bei den Kongresswahlen am 7. November endlich einen Denkzettel für seine Politik. Nicht nur das Repräsentantenhaus ("House"), das sich seit 1994 in den festen Händen der Republikaner befand, sondern auch der Senat ("Senate") gingen nach langer Zeit wieder an die Demokraten.

Das Volk hat gesprochen und sich auf die goldene Mitte besonnen. Zwar wurden ultrarechte christliche Gruppierungen mobilisiert, doch deren geschmacklose Propaganda-Wahlspots zeigten nicht die erwünschte Wirkung. Moderate bis konservative Demokraten eroberten Stimmen. Der Irak-Krieg kommt nicht mehr gut bei der Bevölkerung an und da keine Präsidentschaftswahlen anstanden, konnten die Wähler Bush nur indirekt strafen, in dem sie für die demokratische Partei stimmten.

Das Repräsentantenhaus ("Congress") besteht in den USA aus 435 Abgeordneten, die alle zwei Jahre direkt gewählt werden. Wieviele Abgeordnete auf die einzelnen Bundesstaaten entfallen, richtet sich nach der Einwohnerzahl des jeweiligen Bundesstaates. So wählt das bevölkerungsreiche Kalifornien 53 Repräsentanten, während der Mini-Bundesstaat Maine nur ganze zwei entsenden darf.

Innerhalb eines Bundesstaates gibt es für jeden zu wählenden Repräsentanten einen Wahlkreis, den sogenannten "congressional district". Diese Wahlkreise sind aber keineswegs immer an Stadtgrenzen angelehnt und sehen manchmal geradezu willkürlich gezogen aus. So umfasst der "8th Congressional District" fast ganz Francisco, mit Ausnahme des Stadtteils "Sunset". Dieses überwiegend von Asiaten bewohnte Viertel fällt hingegen in den "12th Congressional District", der auch noch das gesamte Silicon Valley umfasst.

Die Grenzen der Wahlbezirke werden nämlich alle 10 Jahre nach der Volkszählung von der amtierenden Regierung des jeweiligen Bundesstaates neu gezogen, die daran interessiert ist, die Wahlkreise so aufzuteilen, dass es ihrer Partei einen Vorzug verschafft. Durch geschickte Wahlkreismanipulationen kommt es kaum zum Abwählen der Amtsinhaber des jeweiligen Wahlbezirks. Diese Unsitte wird übrigens Gerrymandering nach dem früheren Gouverneur (=Ministerpräsident) von Massachusetts Elbridge Gerry (1744-1814), der damit anfing, genannt. Der geschaffene Wahlkreis glich in seiner Form auf der Landkarte einem Salamander (Gerry+Mander = Gerrymander).

Wahlkreisgrenzen werden zum Beispiel nach Alter, Hautfarbe, Einkommen, Religion der Wähler gesteckt, so dass der Kandidat der Gegenpartei diesen gar nicht gewinnen kann und somit die Stimmen für die Opposition gleich unter den Tisch fallen.

Abbildung [22]: Sowohl die Senatsabgeordneten als auch die Repräsentanten Kalifoniens wurden neu gewählt.

Die 100 Senatoren des Senats werden ebenfalls direkt gewählt. Allerdings ist der entscheidende Unterschied, dass jeder Bundesstaat, völlig unabhängig von der Bevölkerungsdichte und der Größe des Bundesstaates, 2 Senatoren entsendet. Senatoren werden für sechs Jahre gewählt, sodass alle zwei Jahre etwa ein Drittel der Senatoren zur Wahl steht. Der "Vice President" (Vizepräsident) hat den Vorsitz im Senat inne. Die Tatsache, dass jeder Bundesstaat zwei Senatoren stellt, soll dünn besiedelten Bundesstaaten mehr Gewicht in politischen Entscheidungen einräumen.

Abbildung [23]: Wiedergewählter Gouvernator: Arnie Schwarzenegger

Und auch die Wahl des kalifornischen Gouverneurs stand an, bei der unser Gouvernator Arnie Schwarzenegger mit haushohem Vorsprung gewann. Ihr fragt euch jetzt vielleicht, wie es sein kann, dass bei den Repräsentantenhaus- und Senatswahlen die Demokraten absahnten und in Kalifornien, das eigentlich stets für die demokratische Partei stimmt, der zu den Republikaner gehörige Schwarzenegger immer noch im Amt ist.

Das lag zum einen an der wenig schillernden Figur seines demokratischen Herausforderers Angelides und zum anderen an der geschickten Distanzierung Schwarzeneggers gegenüber Bush. Auch setzte Schwarzenegger auf Überparteilichkeit in den meisten seiner Werbespots, was vielen Wählern gefiel. Einige gehen mittlerweile soweit, Schwarzenegger zu einem verkappten Demokraten zu zählen, denn er befürworetet nicht nur die Stammzellenforschung, sondern will Kaliforniens Vorreiterrolle in Sachen Umweltschutz aggressiv vorantreiben. Überhaupt geht er politische Angelegenheiten recht pragmatisch an, was im legeren Kalifornien gut ankommt.

Und ein weiteres historisches Ereignis geht auf das Konto von Kalifornien, genauer gesagt San Francisco. Nancy Pelosi, 66 Jahre alt und seit 1987 San Francisco im Kongress vertretend, wird die erste weibliche Sprecherin des Repräsentantenhauses, was sie formell zur drittwichtigsten Person im Staate befördert. Pelosi zählt zu dem linkeren Spektrum der demokratischen Partei. Es bleibt allerdings abzuwarten, wieviele Kompromisse sie in ihrer neuen Position eingehen muss, aber der liberale Wind San Franciscos wird sie hoffentlich weiterhin begleiten.

Toppprodukt

Abbildung [24]: Das Rundbrief-Toppprodukt: Der "Magic Eraser" von Mr. Clean

Angelika Als Kind habe ich die Werbung von Meister Proper im Fernsehen geliebt. Ich glaube, der Ohrwurm "Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann", gefiel mir einfach. Lustigerweise heißt "Meister Proper" in Amerika "Mr. Clean", aber auch hier versucht er, mit seinen Produkten die Wohnungen blitzblank zu halten.

Ich bin ja bekanntlich nicht so der Putzteufel, aber eines macht mich wahnsinnig: Schwarze Schlieren an weißen Wänden, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Der Magic Eraser von Mr. Clean bereitet ihnen den Garaus. Das ist so ein weißes Schwämmchen, das man einfach nass macht und mit ihm ein bisschen über die Schlieren wischt, und weg sind sie. Eraser bedeutet übrigens Radiergummi, ein super Name für dieses Produkt. Angeblich entfernt der Magic Eraser allen möglichen Schmutz, das habe ich aber noch nicht ausprobiert. Mir reichen die Wände.

Schrottprodukt

Abbildung [25]: Die Mogelpackung Sudafed PE ...

Michael Als Pendant zum Toppprodukt stellen wir heute auch ein Schrottprodukt vor: Das Rachenpflaster "Sudafed PE". "Sudafed" ist in Amerika ja die Standardmedizin gegen verstopfte Nebenhöhlen, und das Zeug ist wirklich gut, damit habe ich schon mal eine Nebenhöhlenentzündung weggeblasen, um in Australien auf einen Tauchkurs zu gehen. Neulich hatte ich eine Erkältung, wollte in der Drogerie ein Sudafed kaufen, da fiel mir "Sudafed PE" auf. Es enthält angeblich denselben Wirkstoff, nur als Gaumentesafilm, wie schon mal im Rundbrief 03/2003 besprochen.

Abbildung [26]: ... und die Wahrheit über Sudafed PE kommt ans Licht.

Doch was musste ich feststellen! Beim Öffnen der Packung zeigte sich, dass der Inhalt der Schachtel zu 90% aus Luft bestand! Und von der Wirksamkeit her würde ich mal sagen, dass das Zeug dem wahren Sudafed unterlegen ist. Totaler Schrott und Schund!

Grüße aus dem Land der Kapitalgauner:

Angelika & Michael

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Letzte Änderung: 29-Apr-2017