Michael Als wir, 16 Jahre ist es mittlerweile her, hierher nach San Francisco kamen, suchte ich lange nach einem handwerklich solide ausgebildeten Herrenfriseur. Da ich damals im italienischen Viertel North Beach arbeitete, stieß ich dort eines Tages zufällig auf den kleinen Friseurladen in der Columbus-Street, lernte die Frisierkunst des "Barbers" dort schätzen und blieb ihm treu, auch als ich später beruflich ins 50km südlich gelegenen Silicon Valley wechselte.
Es war zwar jedesmal ein Akt, von uns mit dem Auto quer durch die Stadt nach North Beach zu fahren (nur erfahrene Taxifahrer und ich schaffen das in 20 Minuten), aber sowohl der Haarschnitt als auch die dabei ausgetauschten Informationen waren es immer wert. So besitzt der Regisseur Francis Ford Coppola ("Der Pate", "Apocalypse Now") ein Lokal gegenüber und ließ sich ebenfalls im Friseurladen die Haare schneiden. Eines Tages kamen ein paar Google-Fritzen vorbei, mieteten den Laden für ein paar Stunden und schossen Fotos für irgendein Webprodukt, weil die roten Polsterstühle und die Einrichtung so richtig original aussahen.
Allerdings kaufte vor ein paar Monaten ein neureicher Schnösel das alte Gebäude mit dem unten eingelassenen Friseurladen und nun musste der Friseur weit jenseits der 60 eine neue Bleibe suchen. Er fand sie um die Ecke, in einem neumodischen Haarsalon, wo er sich einen Stuhl mietete. Ich war noch nicht dort, aber ich habe Abbildung 1 vergrößern und rahmen lassen, und werde es ihm beim nächsten Besuch überreichen.
Aber die Geschichte zeigt, wie sich die Stadtviertel verändern: Aus dem alten Friseursalon wird wahrscheinlich ein weiteres deppertes Wohnungsmaklerbüro. Neues Geld zieht ein, Originalität und Geschmack bleiben auf der Strecke.