Michael Ist in Amerika etwas verboten, geht der Amerikaner damit eher pragmatisch um, wenn ihm das Verbot sinnlos erscheint. Das hat tiefe Wurzeln, denn schließlich ist man kein Volk von Befehlsempfängern, die deutsche Vergangenheit dient dazu oft als Lehrbeispiel. In zweiter Reihe parken? Kann man schon mal machen, wenn's keinen Parkplatz gibt. Fußgängerampel rot, aber es kommt gerade kein Auto? Geht man routinemäßig drüber. Hunde müssen am Strand an die Leine? Ach, lass den schnuckeligen Fifi doch rennen. Und Marihuana-Joints zu rauchen ist in San Francisco so allgegenwärtig, dass man meinen könnte, es wäre erlaubt. Hier gilt: Was keinen stört, das darf man auch.
Auch ist es in Kalifornien gesetzlich verboten, auf der Straße alkoholhaltige Getränke zu konsumieren. Das wird im allgemeinen brav beachtet und die Bierflasche notfalls mit einer braunen Papiertüte kaschiert, aber als letztes Jahr der Polizeimeister im Fernsehen sprach und ankündigte, dass es beim Castro-Halloween "Zero Tolerance" gegenüber Alkoholsündern gäbe, war klar, dass das Verbot ausnahmsweise auch durchgesetzt würde.
In Abbildung 1 seht ihr das Rauchverbotsschild in einem Hotelzimmer in San Diego, das darauf hinweist, dass das Verpesten des Zimmers mit Zigarettenrauch auch tatsächlich geahndet wird und man es nicht mit einer Ermahnung bewenden lässt. Im Ausdruck "Totally 100%" klingt so sehr der hilflose Versuch eines Kindskopfs durch, ernstgenommen zu werden, dass ich schon recht lachen musste. Tatsächlich behielt die Rezeption eine Kaution von der Kreditkarte ein, um dies notfalls durchzusetzen, anscheinend hatten manche Gäste geglaubt, es handle sich nur um einen gutgemeinten Vorschlag.
Mittlerweile lege ich dusslige Vorschriften ebenfalls pragmatisch aus. So ist es zum Beispiel nicht erlaubt, ein Sixpack Bier ohne Verpackung spazierenzutragen, aber für die hundert Meter vom Liquor Store zu unserer Wohnung lasse ich mir dafür keine Plastiktüte geben, obwohl es in unserem Viertel von Polizisten nur so wimmelt ("Happy Donuts"-Laden an der Ecke). Und in der Frühe schaffe ich es bis zum Yahoo-Shuttle-Bus an der Kreuzung 27th und Valencia nur dann in zehn Minuten, falls ich die vierspurige Guerrero-Street zwischen den Ampeln überquere ("Jaywalking"). In zweiter Reihe parken wir allerdings nicht, man muss ja nicht jeden Unfug mitmachen.
Grüße aus dem Tal der Gesetzlosen:
Angelika & Michael