Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Ich finde es faszinierend, wie schnell und wie gerne Amerikaner komplizierte englische Wörter buchstabieren (Rundbrief 05/2003). Als deutscher Muttersprachler muss ich mich dabei immer noch sehr konzentrieren, denn "e" wird "i" ausgesprochen. Wer hätte gedacht, dass ich einmal Fan der Buchstabierwettbewerbe ("Spelling Bee") werde? Erst neulich saß ich wieder gebannt vor dem Fernseher, um mir die US-Meisterschaft, die "National Spelling Bee", die einmal im Jahr in Washington D.C. stattfindet, anzuschauen. Dort treten natürlich nur die Besten der Besten an und am Ende heimst der Gewinner 30.000 Dollar Preisgeld ein.
Um bei der Endausscheidung in Washington mitzumischen, müssen die Teilnehmer regionale Wettbewerbe gewinnen. Fast jede Schule veranstaltet Buchstabierwettbewerbe, in denen oft zunächst Klassen gegeneinander antreten. Mitmachen darf bei der Endausscheidung jeder, der noch nicht 16 Jahre alt ist und sich noch in der 8. Klasse befindet. 80% der Teilnehmer sind zwischen 12 und 14 Jahre alt. Seit 1978 dürfen Schüler aus anderen Ländern ebenfalls teilnehmen. So kommen manche Kandidaten aus Kanada, Neuseeland, aber auch Südkorea und Japan.
Schon seit 1925 finden die US-Meisterschaften jeweils Ende Mai oder Anfang Juni statt. "Bee" bedeutet übrigens nicht nur "Biene" sondern im alten Sprachgebrach auch "Zusammenkunft, um etwas Bestimmtes zu tun". Nun fragt ihr euch vielleicht, ob es nicht bombenlangweilig ist, sich 273 buchstabierwütige Kinder im Fernsehen anzuschauen, aber das Faszinierende sind die Kandidaten, ihr Eifer und ihre Eigenarten. Es gehört schon eine besondere Art Mensch dazu, sich stundenlang in Wörterbücher zu vertiefen. Kritische Stimmen behaupten dann auch immmer wieder, dass das monotone Buchstabieren von Wörtern, die fast niemand im normalen Sprachgebrauch benutzt, Schüler sprachlich nicht weiterbringt. Wer vertiefen möchte, wer warum am Buchstabierwettbewerb teilnimmt, sollte sich den sehr gut gemachten Dokumentarfilm "Spellbound" anschauen, der 8 Teilnehmer zu den US-Meisterschaften 1999 begleitete.
Der Oberschiedsrichter, Dr. Jacques Bailly, der 1980 selbst den Wettbewerb gewann, spricht ein zu buchstabierendes Wort zunächst korrekt aus. Die Kandidtaten dürfen Bailly dann um folgende festgelegte Hilfestellungen bitten: Die Definition des Wortes, ob man es eventuell noch anders ausspricht, und aus welcher Sprache das Wort ursprünglich stammt. Auch können sie Bailly bitten, das Wort in einem Satz zu benutzen. Das Webster Third International Dictionary, der Duden Amerikas, gilt dabei als Referenz. Nachdem das Wort vom Schiedsrichter benannt und korrekt ausgesprochen wurde, haben die Kandidaten 2.5 Minuten Zeit, das Wort korrekt zu buchstabieren. Häufig füllen die Teilnehmer die Zeit mit den erlaubten Fragen: Können Sie das Wort nochmal aussprechen? Können Sie das Wort in einem Satz benutzen? Von welcher Sprache stammt das Wort ab? Was ist die Definition des Wortes? Kann ich die richtige Aussprache nochmal hören? Jacques Braille antwortet dabei immer in der gleichen ruhigen Stimme.
Dieses Jahr gewann die 14-jährige Anamika Veeramani aus dem Bundesstaat Cleveland. Das letzte Wort: "Stromuhr". Das Wort stammt aus dem Deutschen und bezeichnet ein 1867 entworfenes medizinisches Gerät, das sogenannte Kapillarthermometer, mit dem der Arzt die Stärke des Blutflusses in Arterien und Venen misst.
Und lasst euch von den fremdländisch klingenden Namen der erfolgreichen Teilnehmer nicht verwirren: Die Kinder kommen fast ausschließlich aus den USA. Ihr müsst wissen, dass die Kinder asiatischer und indischer Einwanderer an amerikanischen Schulen oft zu den Klassenbesten gehören. Amerikanische Kinder blicken manchmal neidisch auf die guten Noten dieser "Ausländer" mit US-Pass, aber es ist kein Geheimnis, dass in asiatischen Einwandererfamilien ein strenges Regiment herrscht und die Eltern ihre Kinder unerbittlich zum Lernen antreiben.
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