29.11.2025   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 160  
San Francisco, den 29.11.2025


Abbildung [1]: Mal was anderes: Ein Fahrradweg in der Straßenmitte.

Michael Nachdem ich vor einiger Zeit über das teuerste Klo Amerikas bei uns im Stadteil Noe Valley berichten durfte (Rundbrief 10/2024), fahre ich in dieser Ausgabe mit dem absurdesten Fahrradweg fort. Dazu muss ich erklären, dass durch unseren Nachbarstadteil "Mission" die "Valencia Street" läuft. Die war bis vor ein paar Jahren vierspurig, mit auf beiden Seiten eingezeichneten Fahrradwegen.

Abbildung [2]: Michael genießt die Fahrt auf dem Luxusradweg in der Mitte.

Nun dachten sich die Stadtplaner von der SFMTA (San Francisco Municipal Transportation Agency) in Zusammenarbeit mit örtlichen Fahrradgruppen: "Heute hau'n wir auf die Pauke! Wir nullen zwei Autospuren und alle Parkplätze, und bauen einen fünf Meter breiten Luxusfahrradweg in die Mitte der Straße! Das wird die depperten Autofahrer Mores lehren!" Und da unser Steuersäckel prall gefüllt für irrsinnige Projekte ist, wurde flugs erstmal eine gigantische Straßenbaustelle errichtet und das Projekt nahm langsam Gestalt an.

Abbildung [3]: Der Kneipenwirt behauptet, dass er nun zusperren kann.

Abbildung [4]: Auch das mexikanische Restaurant denkt, dass die Kunden wegen des Mittelradweges dem Etablissement fernleiben.

Nach der anfänglichen Freude über die neue luxuriöse "Center Bike Lane" stellte sich aber bald Ernüchterung ein. Wie biegt man denn als Fahrradfahrer rechts in eine Seitenstraße ab, wenn rechts neben dem Radweg noch Autos fahren? Neue verwirrende Ampelschaltungen wurden ersonnen und den Autofahrern das Linksabbiegen auf der gesamten Strecke verboten. Ja, und wenn pro Fahrtrichtung nur noch eine Autospur offen ist, wie kommt dann ein Feuerwehrauto im Einsatz an stehenden Autos vorbei? Kein Problem, dann fährt das Feuerwehrauto halt auf dem Radweg in der Mitte! Einmal fuhr ich dort mit dem Rad und so ein typisches San Franciscoer Riesenfeuerwehrauto (Abbildung 5) kam mir mit Blaulicht auf dem Radweg entgegen. Ich wäre fast aus dem Sattel gefallen vor Schreck.

Abbildung [5]: Typisches Feuerwehrauto in San Francisco

Abbildung [6]: Valencia Street: Vermummte Radaubrüder machen Krach.

Und auch die Kneipen und Läden entlang der Valencia Street schlugen Alarm. Angeblich kamen viel weniger Kunden, wohl wegen der gestrichenen Parkplätze. Ich persönlich habe den Luxusradweg in der Mitte zwar geschätzt, aber beim Abbiegen musste ich immer aufpassen wie ein Haftelmacher, damit mich kein Auto über den Haufen gefahren hat. Außerdem bogen einige Auto- und Scooter-Fahrer trotz des Verbots links ab und es kam zu einigen Unfällen mit verletzten Radlern. Und natürlich zog die Fahrradautobahn alles mögliche Gschwerl an, elektrisierte Kampfradler und sogar die in der Mission leider üblichen sogenannten "Dirt-Biker", die auf Geländemotorrädern und ohne Kennzeichen dort verkehrswidrig herumrasen.

Abbildung [7]: Den Bauarbeitern kann's wurscht sein, die Stadt zahlt's ja.

Um es abzukürzen, die Verantwortlichen bei der Stadt entschlossen sich, das "Pilot-Projekt", wie sie es nun nannten, einzustellen und die Straße erneut in eine Dauerbaustelle zu verwandeln, um wieder normale Radwege links und rechts am Fahrbahnrand zu installieren. Da dort aber mittlerweile alle 50 Meter irgendeine Kneipe ein sogenanntes Parklet stehen hat, überdachte Holzkonstrukte mit Tischen und Stühlen für die Außengastronomie, muss man als Radler nun ständig im Zickzack fahren, den der Radweg schlängelt sich auf völlig irre Weise an den Hüttlein vorbei.

Abbildung [8]: Der restaurierte alte Radweg geht jetzt im Zickzack am Fahrbahnrand entlang.

Abbildung [9]: Teilweise für der neue Radweg sogar über Sprungrampen.

Unterm Strich verläuft jetzt der alte Radweg wieder am Fahrbahnrand, zwar mit gewaltigen Rissen im Asphalt und sogar Schlaglöchern. Die Straße bietet weiterhin nur eine Spur pro Fahrtrichtung, aber ein paar Parkplätze kamen zurück und großzügige Sperrflächen zieren nun den Rest. Die verpulverten Millionen für das sinnlose Bauprojekt kommen auch nicht wieder, aber wenigstens ist die Stadt um eine Erfahrung reicher. Kost' ja nix!

Grüße aus St. Bürokratius!

Angelika und Michael

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Letzte Änderung: 23-Dec-2025