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| Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Seit dem 1. Oktober ging es hier ein wenig zu wie in einer Bananenrepublik. Die Damen und Herren Politiker in Washington konnten sich im September nicht auf einen neuen Bundeshaushalt einigen und gingen deshalb beleidigt nach Hause, während wir Bürger erst einmal in die Röhre guckten. Ohne verabschiedeten Haushalt wurden die Bundesausgaben eingefroren, und die US-Verwaltung lief nur noch auf Sparflamme. Ämter und Behörden schlossen oder boten nur noch stark eingeschränkte Dienstleistungen an.
Viele Staatsangestellte wurden unbezahlt nach Hause geschickt. Andere, die für die Grundversorgung oder die Sicherheit zuständig sind -- etwa Fluglotsen --, mussten weiterarbeiten, allerdings ohne Gehalt. Vielen stank das natürlich gewaltig, und Krankmeldungen stiegen sprunghaft an. Einige suchten sich sogar Nebenjobs, etwa als Paketzusteller für Amazon. Denn viele Menschen in den USA haben kaum Rücklagen, leben von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und ihre Ausgaben bleiben ja bestehen, egal ob die Regierung zusperrt oder nicht.
Wie kam es nun zu diesem sogenannten "Government Shutdown"? Der Haushalt der USA muss sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat verabschiedet werden. Im Senat braucht es dafür 60 von 100 Stimmen. Präziser gesagt braucht es 60 Stimmen, um den sogenannten Filibuster im Senat zu beenden. Hinter Filibuster verbirgt sich die Strategie der Opposition, durch Dauerreden eine Abstimmung zu verhindern oder zu verzögern. Die Republikaner stellen zurzeit zwar eine knappe Mehrheit im Senat, kommen aber nur auf 53 Stimmen, d.h. sie brauchten für die Verabschiedung des Haushalts auch Stimmen der Demokraten. Diese verweigerten jedoch ihre Zustimmung, weil sie forderten, dass im Haushalt Mittel für die staatlichen Zuschüsse zu den Obamacare-Versicherungsbeiträgen erhalten bleiben. Diese Zuschüsse laufen offiziell zum neuen Jahr aus, was für viele Bürger, die sich über Obamacare krankenversichern, deutlich höhere Beiträge bedeuten wird.
Das führt mich gleich wieder zu meiner Themenreihe "Was ist schwierig im amerikanischen politischen System und sollte dringend geändert werden?" In vielen anderen Demokratien bleibt der alte Haushalt nämlich so lange gültig, bis ein neuer beschlossen ist, um Stabilität zu gewähren. Gesetzliche Grundlage des ganzen Dramas in den USA ist der sogenannte Antideficiency Act. Dieses schon aus dem 19. Jahrhundert stammende Gesetz verbietet es Bundesbehörden, Geld auszugeben oder Mitarbeiter zu bezahlen, wenn der Kongress keinen Haushalt beschlossen hat. Allerdings wurde es bis 1980 nicht so streng ausgelegt und Ausgaben wurden weiter gezahlt. Präsident Jimmy Carters Generalstaatsanwalt schob dieser Praxis einen Riegel vor und verfügte: Ohne Haushalt wird der Geldhahn zugedreht. Seit dieser Zeit kommen "Government Shutdowns" immer wieder vor. Sie häufen sich aber in letzter Zeit und dauern immer länger, denn in Zeiten, in denen sich keiner mehr einigen und Kompromisse schließen kann, werden sie als politisches Druckmittel verwendet.
In der Bevölkerung kommt es verständlicherweise nicht so gut an, wenn die eigene Regierung nicht mehr für die Bürger arbeitet, obwohl die Kongressabgeordneten und Senatoren ja von deren Steuergeldern bezahlt werden. Oft wird die Partei, die als treibende Kraft des "Shutdowns" gilt, in späteren Wahlen dafür abgestraft. Die Kongressabgeordneten und Senatoren selbst bekommen ihr Gehalt übrigens weiterhin, das ist geregelt in Artikel 1, Sektion 6 der amerikanischen Verfassung. Kein Wunder, dass manch einer sich fragt, warum es nicht zu größeren Protesten kommt. Seit 2019 erhalten Staatsbedienstete immerhin garantierte Rückzahlungen ihrer nicht gezahlten Gehälter sobald der Shutdown vorbei ist.
Nach 35 Tagen halfen die Stimmen von acht Demokraten, den vorläufigen Haushalt zu beschließen, allerdings ohne die Zusicherung der Obamacare-Zuschüsse. Nachdem der Flugverkehr zum Schluss schon sehr beeinträchtigt war, da viele Flüge wegen mangelnder Fluglotsen gestrichen werden mussten, machte sich doch Unruhe bei vielen Politikern breit, auch bei den republikanischen. Denn Thanksgiving stand wie jedes Jahr Ende November vor der Tür, an dem traditionell gefühlt jeder Amerikaner nach Hause fliegt, um seine Familie zu sehen. Und das ist der hochheiligste der amerikanischen Feiertage und keiner wollte riskieren, den Zorn der Bürger komplett auf sich zu ziehen.
Einige Staatsangestellte reihten sich bei gemeinnützigen Einrichtungen in die Ausgabeschlange für Lebensmittel ein, und als diese Bilder durch die Presse gingen, erhöhte sich der Druck. Dann kam das Hin und Her bezüglich der Lebensmittelhilfen, genannt SNAP (Supplement Nutrition Assistance Program), für Menschen am Existenzminimum. Erst wurden die Zahlungen eingestellt, dann auf Druck teilweise wieder freigegeben. Der vorläufige Haushalt ist bis Ende Januar 2026 in Kraft und dann muss schon wieder abgestimmt werden.
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