22.12.2012   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 99  
San Francisco, den 22.12.2012


Abbildung [1]: Bei der Versteigerung einer Garageneinheit in "Storage Wars" dürfen die Bieter nur kurz hineinspitzeln.

Angelika Durch Netflix Streaming entdecken wir immer wieder neue Fernsehsendungen, die wir uns unter anderen Umständen vielleicht nie angeschaut hätten (Rundbrief 12/2010). Hier ist eine Auswahl einiger amerikanischer Verrücktheiten:

Zunächst gibt es die Reality-TV-Show "Storage Wars". Ich habe ja schon einmal berichtet, dass es in den USA überall die Möglichkeit gibt, kleinere und größere containerartige Lagerräume zu mieten, um überflüssiges Gerümpel einzulagern (Rundbrief 11/2009). In Kalifornien gilt nun, dass der Inhalt des Lagerraums versteigert werden darf, wenn der Kunde die Lagerebühr drei Monate lang nicht bezahlt. Genau darum geht es in der Sendung.

Der Clou bei den Versteigerungen ist, dass die potentiellen Kaüfer die Lagerräume nur oberflächlich von außen begutachten dürfen, d.h. sie dürfen nichts aufmachen oder näher anschauen und müssen sich auf ihr Gefühl oder Erfahrung verlassen. Natürlich sind die meisten Dinge wertlos und gehören auf den Sperrmüll, aber zwischen den Dingen, die eigentlich keiner mehr braucht, mag sich ein Ordner mit wertvollen alten Baseballsammelkarten befinden oder das Gemälde im Rahmen ist echt und hat Sammlerwert. Ich finde es schon von jeher faszinierend, was Leute behalten oder wegwerfen und liebe Geschichten, dass irgendwo wertvolle Dinge auf versteckten Dachböden gefunden werden. Eine Sendung ganz nach meinem Geschmack also.

Die Versteigerungen finden hauptsächlich im südlichen Kalifornien statt. Dan und Laura Dotson sind die Auktionäre, die die Inhalte der Lageräume an den Mann bringen wollen. Die weiteren Hauptakteure sind die professionellen Käufer: Dave Hester ist der absolute Profi, der mittlerweile selber ein Auktionshaus besitzt und dem es besondere Freude macht, andere Käufer zu überbieten, manchmal einfach nur um sie zu ärgern. Darell Sheets ist ebenfalls einer der Käufer, der hauptberuflich vom Ersteigern der Sachen und dem Wiederverkauf lebt. Dann gibt es das Paar Jarrod Schulz und Brandi Passante, die einen sogenannten "Thrift Store" besitzen, also einen Laden der Second-Hand-Waren verkauft. Beide sind dann auch mehr darauf aus, typische Haushaltsgegenstände oder Möbel zu erwerben und haben in der Regel ein sehr begrenztes Budget. Barry Weiss macht das Ganze nur aus Spass an der Freud. Er hat seine Augen eigentlich nur auf Sammlerstücke oder Antiquitäten geworfen.

Die Sendung "Property Wars" geht dann noch etwas weiter. Hier werden nicht nur eingelagerte Sachen ersteigert sondern gleich ganze Häuser. Die Häuser sind alle in der sogenannten Zwangsvollstreckung ("foreclosure"). Die Sendung spielt in Arizona, wo viele Hausbesitzer dieses Schicksal ereilte, als die Häuserblase vor einigen Jahren platzte. Auch hier gilt die Regel, dass die Ersteigerer das Haus nicht von innen anschauen dürfen. Derjenige, der am meisten bietet, bekommt das Haus und hofft darauf, dass er es mit Wertsteigerung weiter verkaufen kann.

Abbildung [2]: Diese Frau hat Coupons geschnippelt, um Berge von Klopapier billig zu erwerben.

Sehr lustig, wenngleich auch etwas verrückt, ist auch die Reality Show "Extreme Couponing", in der übereifrige Sparer versuchen, ihre Lebensmittelrechnung auf möglichst Null zu bringen, indem sie alle möglichen Preisnachlässe maximieren. Michael berichtete ja schon einmal, dass Läden in Amerika für alles und jedes Coupons (Rabattmarken) ausgeben (Rundbrief 03/2002). Dabei existieren alle möglichen Varianten. Der Coupon kann dafür sorgen, dass das Produkt 50 Cent weniger kostet oder dass man ein Produkt zum vollen Preis zahlt und dann das zweite für die Hälfte oder gleich ganz geschenkt dazu bekommt. Wo bekommt der Sparfuchs jetzt die Coupons her? Auch im Zeitalter des Internets liegen sie immer noch der Sonntagsausgabe der Zeitungen bei. Auch Supermärkte wie Safeway verschicken Coupons.

Abbildung [3]: Dieses Couponheftchen landet jeden Montag in unserem Briefkasten.

Montags finden wir zum Beispiel immer ein Couponheftchen (Abbildung 3) von verschiedenen Supermärkten im Briefkasten. Alle möglichen Internetseiten bieten Couponheftchen zum Ausdrucken an, und neuerdings auch Coupon-Applikationen fürs Smartphone zum Herunterladen. Die "Extreme Couponer" beschäftigen sich nun, wie die Sendung zeigt, mit nichts anderem, als Ordner mit Coupons zu füllen und dann irgendwann, mit den Coupons bewaffnet, in den Supermarkt ihrer Wahl zum Einkaufen zu ziehen. Viele suchen sich die Supermärkte strategisch aus, denn es gibt Supermärkte, die den Couponwert verdoppeln.

Das Ganze führt allerdings nur zu extremen Ersparnissen, wenn riesige Mengen von dem gleichen Produkt eingekauft werden. So haben die Leute, die in der Sendung gezeigt werden, ganze Regale voll mit Klopapier, Deos, Chips, Erdnussbutter und Senf. Viele leiden unter Platzmangel, weil sie nicht mehr wissen, wo sie das Zeug noch lagern sollen. Es ist natürlich schon kritsch anzumerken, dass niemand wirklich 50 Deos braucht, selbst wenn man diese günstig bekommt. Ihr fragt euch jetzt vielleicht, wieso die Supermärkte so etwas mitmachen? Ganz einfach: Sie bekommen das durch den Coupon verlorene Geld vom Produkthersteller wieder. Der will nämlich, dass Kunden sein Produkt kaufen und nicht das eines anderen Herstellers, und macht es so dem Kunden mit dem Coupon schmackhaft. Über die in der Sendung gezeigten Extremsparfüchse freuen sich die Firmen wohl kaum, doch muss man bedenken, dass die kostenlose Schleichwerbung den erlittenen Verlust wahrscheinlich mehr als wett macht.

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Letzte Änderung: 20-Jul-2015