24.06.2011   Deutsch English

  Rundbrief Nummer 92  
San Francisco, den 24.06.2011


Abbildung [1]: Der Parkplatz der City-Car-Share-Autos in unserem Viertel.

Angelika Amerikaner pflegen in der Regel ein recht entspanntes Verhältnis zu ihren Autos. Es ist ein Gebrauchsgegenstand, der einen zuverlässig und bequem zur Arbeit oder von A nach B bringt. Die meisten nehmen es nicht so genau, wenn ihr Auto einige Kratzer abbekommt und setzen ihr Auto beim Ein- und Ausparken schon mal auf die Stoßstange des vorderen oder hinteren Autos auf. Autos zu mieten ist weit verbreitet, denn um die großen Entfernungen im Land zu überbrücken, bietet sich oft das Flugzeug als schnellstes Verkehrsmittel an und dann leiht man sich eben vor Ort bei einer der großen Autovermietungsfirmen ein Auto aus. Hinzu kommt, dass es oft keine wirklichen Alternativen gibt, denn das öffentliche Verkehrssystem lässt in vielen Gegenden noch zu Wünschen übrig. Da die Konkurrenz zwischen den Autovermietungsfirmen wie Hertz, Alamo, Avis oder Dollar groß ist, kann der Kunde sich oft über gute Deals freuen. Oft kosten kleine Autos unter zwanzig Dollar pro Tag.

Abbildung [2]: Ein Car-Share-Auto, das Mitglieder einfach buchen und fahren dürfen.

Seit einigen Jahren hat sich in größeren amerikanischen Städten wie Boston, New York, Portland und San Francisco das sogenannte "Carsharing" durchgesetzt. Es wurde besonders für Leute konzipiert, die nur sehr kurzfristig (zum Beispiel für mehrere Stunden) ein Auto benötigen. Die Autos der Carsharing-Firmen sind dann auch nicht an großen zentralen Punkten wie den Flughäfen abzuholen, sondern vor Ort in verschiedenen Vierteln der Stadt geparkt. Der Autoleiher holt sich das Auto ganz unbürokratisch an der für ihn günstigsten Stelle ab, ohne sich mit irgendwelchen nervigen Autovermietungsbediensteten über den Erwerb zusätzlicher Versicherungspakete zu streiten.

Die Anmeldung erfolgt in der Regel über das Internet. Man tippt ein, wann und für wielange man das Auto will und wo man es abholt. Der Fuhrpark verfügt üblicherweise nur über eine begrenzte Auswahl an Autotypen. In San Francisco scheinen hybride Autos zu dominieren. Bei uns in San Francisco haben sich die Firmen Zipcar und "City Car Share" etabliert. Um sich bei Zipcar oder City Car Share ein Auto auszuleihen, muss der Kunde sich zunächst anmelden und Mitglied werden. Jede der Firmen hat unterschiedliche Preise und Pläne. Bei Zipcar in San Francisco kostet die Mitgliedschaft zum Beispiel 60 Dollar im Jahr ohne eine monatliche Verpflichtung, ein Zipcar zu leihen. Ein Auto auszuleihen kostet dann $7.75 pro Stunde, wobei die Versicherung, das Benzin und 180 freie Meilen im Preis mit inbegriffen sind. Bei Zipcar öffnet die Zipkarte das Auto, man hält die Karte einfach an die Windschutzscheibe und ein kleines Lesegerät liest den Kartencode ein.

Nun werdet ihr sagen: "Das ist ja alles ein alter Hut!" und ihr habt natürlich recht, die Idee des "Carsharing" kommt aus Europa und hat sich dort schon lange durchgesetzt. Ich wollte auch eigentlich von einer neuen Idee berichten. Neulich flatterte uns nämlich eine Broschüre von "Relay Rides" ins Haus. Diese schlauen Füchse dachten sich: Nicht jeder fährt sein Auto 24 Stunden am Tag, warum nicht einen Service anbieten, der Nachbarn darin unterstützt, sich gegenseitig ihr Autos auszuleihen? "Relay Rides" bringt Verleiher und Ausleiher zusammen und stellt die Versicherung für beide Seiten zur Verfügung sowie eine Technologie, damit die nervige Schlüsselübergabe wegfällt.

Abbildung [3]: Die neue Car-Sharing-Idee: "Borrow my Car"

Derjenige, der sein Auto verleihen möchte, meldet sich bei "Relay Rides" an und bestimmt, wieviel es kostet, sein Auto auszuleihen. Je älter das zu verleihende Auto ist, desto weniger darf der Autobesitzer verlangen. "Relay Rides" behält dann 15% der Summe ein plus eine weitere Gebühr für die Versicherung. Benzin sowie 20 Freimeilen pro Stunde oder 160 Meilen pro Tag sind inbegriffen.

Falls ein Unfall passiert, braucht der Autobesitzer sich keine Sorgen zu machen, dass seine Versicherungsprämie steigt, denn alles wird über die Versicherung von Relay Rides abgewickelt. Der Autobesitzer behält natürlich seine normale Versicherung bei, denn Relay Rides versichert nur die Fahrten des Autoausleihers. Damit der Autoausleiher das Auto schneller findet, kleben abziehbare große Aufkleber mit dem Slogan "Borrow my Car" auf dem Auto. Jeder kann sein Auto zur Verfügung stellen, solange es die normalen Sicherheitsbestimmungen erfüllt. Unser altes Zweitauto "Perly Perlman" können wir aber nicht mehr verleihen, denn es hat noch keine elektronische Zentraltürverriegelung. Die Türen müssen wir noch altmodisch mit einem Schlüssel öffnen und das ist nicht kompatibel mit der Technik von Relay Rides. Wir sind gespannt, ob sich diese Idee durchsetzen wird. In letzter Zeit sehen wir öfter Autos mit dem Aufkleber "Borrow My Car", das Geschäft scheint gut anzulaufen.

Grüße aus dem Land der nie versiegenden Ideen:

Angelika & Michael

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Letzte Änderung: 26-Nov-2012