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  Rundbrief Nummer 9  
San Francisco, den 04.07.98


Arbeiten in Amerika

Neulich war bei AOL der halbjährliche "Performance Review", die Leistungsüberprüfung, die darüber bestimmt, ob man eine Gehaltserhöhung kriegt oder nicht. Da musste ich aufschreiben, was ich das letzte halbe Jahr über in der Firma gemacht und geleistet habe, natürlich echt amerikanisch, also bloß keine falsche Bescheidenheit! Dann musste mein Chef, der Tom, das Ganze durchsehen, seinen Kommentar dazuschreiben und meine Leistungen bewerten, dann musste ich wiederum dazu Stellung nehmen und dann ging das Ganze eine Hierarchiestufe höher zu Gregg, Toms Chef (in der Firma nennt jeder jeden beim Vornamen und auch wenn Steve Case, der Boss von AOL, mal vorbeikäme, wäre es einfach "Steve"). Ich habe ziemlich gut abgeschnitten, aber das Lustige an ihren Kommentaren war, dass sie als einzigen negativen Punkt angemerkt haben, dass ich in meinen E-Mails öfter mal etwas schroff und sarkastisch sei, was hier in Amerika nicht üblich ist. Wenn etwas nicht funktioniert heißt es nicht: "Wieso funktioniert der Scheiß nicht?" sondern "Great! Nur noch eine Kleinigkeit: Es wäre doch suu-per, wenn es auch funktionieren würde!". Mittlerweile bin ich ja schon viel gemäßigter, ein wichtiges amerikanisches Prinzip ist es nämlich, dass man immer das Positive an einem Sachverhalt herausstellt und das Negative so nebenbei erwähnt, nur nicht die Leute entmutigen! So wird auch in der Schule sparsam mit schlechten Noten umgegangen und auch wer nur den High-School-Abschluß (also so 'ne Art Gesamtschule) schafft, kriegt schon einen Doktorhut. Ein Amerikaner würde auch niemals sagen "das schaff' ich nicht", probiert wird's in jedem Fall, und ich denke schon, dass das ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolges hier im Silicon Valley ist. Gerade in der Software-Industrie sehen Dinge manchmal endlos schwierig aus, wenn man sie anpackt, ohjemine! würde da der Herr beim Siemens sagen und das Projekt sausen lassen, aber der Entwickler hier legt fröhlich drauflos und probiert mal zwanglos alles Mögliche aus -- und irgendwann klappt's dann schon. Zwar nicht auf Anhieb, aber schließlich kann man Liefertermine verschieben.

Auch ein wichtiges amerikanisches Prinzip, über das man sich in Deutschland nicht scheuen sollte, nachzudenken, ist, dass Feiertage, die auf das Wochenende fallen, nicht einfach verloren sind, neinnein! Ärgern sich die Deutschen mal wieder, dass der 1. Mai auf einen Sonntag fällt, können die Amerikaner darüber nur lachen -- fällt nämlich heuer der amerikanische Nationalfeiertag, der 4. Juli, auf einen Samstag, ist dafür der Freitag frei. Hurra! Feiertage werden natürlich in erster Linie zum Einkaufen genutzt -- wann sonst hat man mal richtig Zeit? Die Läden haben selbstredend den ganzen Tag auf und ködern die Leute mit Super-Schlager-Angeboten -- und schicken zur ordnungsgemäßen Vorbereitung Prospekte, bis die Mailbox kracht.

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Letzte Änderung: 04-Apr-2017