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Angelika Während der Wahlkampf um die Präsidentschaft in seine schmutzigste Phase geht, kämpft unser "Governator" Arnold Schwarzenegger in Kalifornien seinen ganz eigenen Kampf: Denn das Parlament unseres Sonnesstaates schaffte es bis vor kurzem nicht, ein Haushaltsbudget zu verabschieden.
Der Haushalt muss eigentlich immer am 1.Juli, an dem das Finanzjahr in Kalifornien beginnt, unter Dach und Fach sein. Aber erst diese Woche, also über 80 Tage später, einigten sich die Politiker mit Arnie auf einen Kompromiss. Zur Verabschiedung des Haushalts braucht es in Kalifornien eine Zweidrittelmehrheit, sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus des Bundesstaates. Es geht also zur Zeit nicht ohne überparteiliche Zusammenarbeit.
Der Streit drehte sich darum, wie das 15.2 Milliarden Dollar umfassende Haushaltsloch zu stopfen sei. Die Demokraten wollten unsere kalifornische Verkaufssteuer ("sales tax"), die in Kalifornien bei mindestens 7.25 % liegt auf 8.25% erhöhen (San Francisco: von 8.5% auf 9.5%). Die Republikaner, die Steuererhöhungen als eines der größten Übel der Menschheit ansehen, konnten sich mit diesem Gedanken allerdings überhaupt nicht anfreunden. Ihre Lösung bestand dann in Kürzungen staatlicher Gelder und der Beleihung zukünftiger Erlöse aus der staatlichen Lotterie.
Schwarzenegger, der, wie ihr alle wisst, selbst der republikanischen Partei angehört, fand die vorgeschlagene Steuererhöhung der Demokraten zwar okay. Allerdings wollte er die Erhöhung nur über drei Jahre zulassen, um dann im vierten Jahr die Verkaufssteuer geringfügig unter den gegenwärtigen Satz von 7.25% zu senken. Das wiederum ließ die Demokraten toben.
"Lass die sich in Sacramento ruhig die Köpfe einschlagen", dachte sich da so mancher. Allerdings bedeutet ein nicht verabschiedeter Haushalt, dass der Bundesstaat Kalifornien seinen Verpflichtungen u.a. gegenüber Altenheimen und öffentlichen Schulen nur noch ungenügend nachkommt. Die Schulen bekamen wegen des fehlenden Haushalts nämlich nur ungefähr 70% von dem, was ihnen eigentlich zusteht. Studenten warteten vergeblich auf ihre kalifornischen Studentendarlehen (also das Bafög des Bundesstaates) und die Angestellten des Bundesstaates Kaliforniens mussten eine vorübergehende Gehaltskürzung auf den nationalen gesetzlichen Mindestlohn ("federal minimum wage") von $6.55 pro Stunde hinnehmen.
Die Gewerkschaft der ebenfalls betroffenen Angestellten im Strafvollzug erzürnte dies gleich so, dass sie eine "Recall"-Aktion (Abberufung) gegen Gouverneur Schwarzenegger ins Leben rief. Dies ist nun fast wieder komisch, denn Arnie hat ja anno 2005 unseren damals amtierenden Gouverneur durch einen "Recall" aus dem Amt vertrieben (Rundbrief 10/2003). Allerdings stieß die Aktion der Gefängniswärter bei der Bevölkerung Kaliforniens auf taube Ohren.
Aber zurück zum Haushalt. Am 16. September fand sich endlich eine Zweidrittelmehrheit für einen vierten Vorschlag. Neben Kürzungen sollte das Loch durch vorgezogene Steuereinkünfte gestopft werden. Kalifornien erzielt seine Steuereinkünfte hauptsächlich durch Abgaben auf Einkommen oder Gewerbe. Deswegen wollten die Politiker ab 1. Januar 2009 ganze 10 Prozent mehr kalifornische Steuer vom Gehalt und Betrieben einbehalten. Allerdings ohne den Steuersatz effektiv zu erhöhen, denn der Steuerzahler bekäme zu viel Gezahltes, wenn er Monate später die kalifornische Steuererklärung einreicht, wieder zurück. Es handelte sich also letzendlich um einen buchhalterischen Trick und ein zinsloses Darlehen der Bürger an den Staat Kalifornien. Die Politiker rechtfertigten ihn mit dem Argument, dass die meisten Steuerzahler in Kalifornien zu wenig Steuern vorauszahlen und erst mit der Steuererklärung nachentrichten.
Mehr Geld in die Kassen bringt das letzendlich aber auch nicht. Schwarzenegger tobte unter anderem wegen der Absurdität der finanztechnischen Mätzchen in dem Vorschlag und drohte sein Veto einzulegen, also den Haushalt nicht zu unterschreiben. Daraufhin schrieen die Abgeordneten, sie würden sein Veto dann wieder rückgängig machen, wozu in Kalifornien wiederum eine Zweidrittelmehrheit nötig ist.
Dazu kam es dann aber doch nicht. Das vorgezogene Einbehalten von kalifornischer Einkommenssteuer durch erhöhte Abzüge vom Gehalt ist vom Tisch. Allerdings sollen Unternehmen empfindliche Strafen zahlen, wenn sie nicht genug kalifornische Steuern vorauszahlen. Auch stellte Schwarzenegger sicher, dass der "Rainy Day Fund" (also der Topf, in dem Rücklagen für schlechte Zeiten liegen) gestärkt wird und es strengere Regeln gibt, wann dieser angezapft werden darf. Das Beleihen von voraussichtlichen Erlösen aus der Lotterie blieb im Haushalt enthalten, braucht allerdings noch die Zustimmung der kalifornischen Wähler. Manchmal glaubt man, wir leben in einer Bananenrepublik und nicht in dem Bundesstaat, der zur Zeit als achtgrößte Wirtschaftsnation der Welt gilt.
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