Angelika/Mike Schilli |
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Beim "Live Scan", einem schon lange gängigen Verfahren, werden die Fingerabdrücke nicht mehr mit Hilfe von Tinte produziert. Die einzelnen Fingerkuppen werden auf einen Scanner gelegt, die Fingerabdrücke erscheinen auf dem Bildschirm, und schwupps leitet man sie elektronisch zum FBI weiter.
Da wir unsere Fingerabdrücke auch schon für unsere Greencard hinterlassen mussten, dachte ich mir auch nichts Böses dabei, dass ich dieses Mal zur Polizeistation im Gerichtsgebäude in der Bryant Street gebeten wurde. Schließlich hatte ich ja - wie mein neuer Arbeitgeber mir auftrug - die 1-800-Nummer der Firma "Identix Identification Services" gewählt und einen Termin ausgemacht. Gut gelaunt ließ ich also eines schönes Morgens den Sicherheitscheck im Gerichtsgebäude über mich ergehen und bahnte mir den Weg zur Polizeistation.
Dort angekommen schaute ich etwas dumm aus der Wäsche, denn ich stieß nicht nur auf einen Urwald von aufgehängten Hinweisschildern, sondern auch auf einen langen Tresen hinter dem ein etwas düster drein blickender junger Mann mit vielen Tätowierungen Geld für Strafmandate von den vor dem Tresen in der Schlange Stehenden eintrieb. Rechts saßen auf diversen Stühlen Leute vor einer Tür mit der Aufschritt "Fingerprinting". Es schockte mich etwas, dass neben den Stühlen ein Obdachloser zusammen gerollt schlief, schließlich befand ich mich auf einer Polizeistation. Ich dachte wirklich, ich wäre in eine Hollywood-Produktion geraten. Mutig fragte ich einen der Wartenden in der Schlange für die Fingerabdrücke, ob er wüsste, wo ich mich melden müsste, wenn ich einen Termin hätte oder ob ich eine Nummer aus dem allseits bekannten Nummernspender ziehen sollte, worauf dieser mir antwortete, dass er hier nicht arbeiten würde. Danke, sehr freundlich.
Also versuchte ich mein Glück mit einem uniformierten Polizisten, der aus einer der diversen Türen auftauchte. Er erklärte mir, ich müsse dem Mann hinter dem Tresen mit den Strafmandaten Bescheid geben. Ich fand dies etwas merkwürdig, aber tat wie mir befohlen, und tatsächlich, der besagte Mann kam hinter seinem Tresen hervor, führte mich an der Schlange der Wartenden vorbei, die mir ein paar böse Blicke zuwarfen, und öffnete die Tür, indem er einen Code eingab.
Schwupps war ich in den heiligen Hallen der Polizeistation. Ein riesiger Raum mit Aktenschränken, Büropflanzen und hier und da das Klappern von Schreibmaschinen (kein Witz!) breitete sich vor mir aus. Ich glaubte mich in der Krimiserie "Cagney & Lacey" zu befinden. Eine freundliche Schwarze begrüßte mich und bat mich, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Sie offenbarte mir gleich, dass es etwas dauern könnte, da der für die FBI-Sachen zuständige Computer gerade zusammen gebrochen wäre. So fertigte sie erst den nett ausschauenden jungen Mann vor mir ab, der sich vor eine große graue Wand für ein Foto zustellen hatte und den sie freundlich nach seinem Bewährungshelfer fragte. Erwähnte ich bereits, dass über dem Schreibtisch der Angestellen ein Schild mit der Aufschrift "Sex Crime Unit" (Sexualdelikte) hing? Ich kam auf jeden Fall ins Grübeln.
Zwischenzeitlich hämmerte der Typ, den ich wegen der Geflogenheiten bezüglich der Fingerabdrücke angesprochen hatte, wie verückt auf das Fenster neben der Tür ein und schrie herum, dass er schon ewig warten würde. Er kam tatsächlich als nächster an die Reihe und musste sich auch vor die ominöse Wand zum Foto stellen. Als die Angestellte ihm nach seinem Geburts- und Wohnort fragte, stellte sich heraus, dass der Mann obdachlos war und schon seit über einem Jahrzehnt auf der Straße lebte. Sie schob dann gleich die Frage nach: "What's your location?" (also sein üblicher Aufenthaltsort). Er antwortete: "24th and Mission!" Ah ja, die U-Bahn Station in der Nähe unserer Wohnung. Ich hätte gerne noch stundenlang dieses Schauspiel beobachtet, doch leider war ich nun an der Reihe, und es ging alles problemlos über die Bühne.
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