(Angelika) Dabei stand in San Francisco alles Kopf. Nachdem Ari Fleischer, der mittlerweile zurückgetretene Pressesprecher des Weißen Hauses, lapidar mit einem kleinen Sätzchen am 19. März die Öffentlichkeit darüber informiert hatte, dass die ersten Bomben im Irak fielen, zog es am nächsten Tag Tausende von Kriegsgegnern in San Francisco auf die Straße. Ziviler Ungehorsam war angesagt. Gruppen von Demonstranten legten durch Sitzblockaden und Menschenketten den Verkehr an wichtigen Kreuzungen lahm, ab 6 Uhr morgens im Financial District. Zwei Tage lang ging nichts mehr in dieser Stadt.
Am ersten Tag der Aktionen verhaftete die Polizei in San Francisco vorübergehend 1300 Menschen. An den Piers an der Bay wurden vorläufige Gefängnisse eingerichtet. Auf der Market Street, der Hauptverkehrsader durch die Innenstadt, gab es kein Durchkommen mehr, nicht einmal für die öffentlichen Verkehrsmittel. Im abendlichen Berufsverkehr versuchten die Demonstranten schließlich, auf die Bay Bridge zu gelangen. Die Bay Brigde verbindet San Francisco und Oakland und auf ihr kommt man schon an normalen Tagen nur schleppend vorwärts. Fußgänger und Fahrradfahrer sind auf der Brücke nicht erlaubt.
Die Polizei bildete nun ihrerseits Menschenketten, um den Demonstrierenden den Zugang zur Brücke zu verwehren, wohlwissend, dass schon eine Hand voll Leute auf der Brücke genügt, um den Verkehr stundenlang lahmzulegen. Dieses Mal setzte sich die Polizei durch. Die Aktivisten wollten erreichen, dass das Leben in San Francisco nicht seinen gewohnten Gang geht, während sich unschuldige Zivilisten im Irak den Konsequenzen eines Krieges gegenübersehen. Ich finde, das Argument hat was. Es gab natürlich auch Kommentare von genervten Autofahrern, die das Ganze nicht so witzig fanden. Unser Bürgermeister Willi Brown erzürnte sich, dass diese Art von zivilem Ungehorsam der Stadt San Francisco wegen des erhöhten Polizeiaufgebots jeden Tag 400.000 Dollar kostete. Das ließ die Demonstranten allerdings kalt, denn das ist der Preis für eine einzige Tomahawk-Rakete, von denen im Irak täglich tausende abgefeuert wurden.