Angelika/Mike Schilli |
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(Angelika) Die amerikanische Green Card ist im Gespräch, seit Bundeskanzler Gerhard Schröder angekündigt hat, ausländische Computerexperten ins Land zu holen. Doch auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gilt es, viele Hürden zu überwinden, bevor man das begehrte Papier in seinen Händen hält.
Wieder voll Spannung zum Briefkasten gerannt. Wird dieses Mal der ersehnte Brief dabei sein? Nur wenige Sekunden später macht sich Enttäuschung breit. Leider nichts gewonnen. Aber vielleicht morgen. Noch ist Hoffnung.
Wir warten nicht etwa auf den Hauptgewinn in einem Preisausschreiben, sondern auf Post von der amerikanischen Einwanderungsbehörde. Denn wir haben schon das dritte Mal auf unser Glück gehofft und an der Green-Card-Lotterie teilgenommen. Ja, die Amerikaner lassen einen seine unbefristete Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung, die so genannte Green Card, auch in der Lotterie gewinnen. Jedes Jahr werden 55.000 dieser gar nicht mehr grünen Karten unter Bewerbern derjenigen Ländern verlost, die nur wenige Einwanderer in die USA stellen. Auch Deutschland fällt unter diese Kategorie. Allerdings erhält kein einzelnes Land mehr als 7% der Gesamtmenge über die Verlosung. Die Chancen sind dennoch nicht schlecht, vor allen Dingen, wenn man verheiratet ist, da beide Ehepartner unabhängig voneinander mitspielen dürfen. Gewinnt der eine die Green Card, bekommt der andere sie automatisch. Man gibt sich da ganz familienfreundlich. Auch das Mitspielen ist nicht schwer und kostet nur eine Briefmarke, um das Los per Post auf den Weg zu schicken. Gespielt werden darf sowohl von Deutschland als auch von den USA aus. Einsenden muss man kaum mehr als seinen Namen, sein Geburtsdatum, das Land, in dem man geboren wurde, und eine gültige Adresse. Auch ein Passbild muss dabei sein. Kleine Fallen sind natürlich schon eingebaut, so einfach will man es den Bewerbern nun auch nicht machen. So darf die Bewerbung nur über den normalen Postweg in einem genau festgelegten Zeitraum abgeschickt werden. Der Briefumschlag darf eine bestimmte Größe nicht überschreiten, auch das Passbild hat genau vorgeschriebene Maße. Nur diejenigen Briefe, die den Formvorschriften entsprechen, werden angenommen und dann lost ein Computer die glücklichen Gewinner aus. Aber selbst wenn man gewinnt, kann man noch nicht aufatmen. ``Gewinnen'' bedeutet nur, dass die amerikanische Einwanderungsbehörde prüft, ob man überhaupt würdig ist, eine Green Card zu erhalten. Hierzu gehört eine abgeschlossene Schulbildung, die dem amerikanischen High-School-Abschluss entspricht -- zwölf Schuljahre in Deutschland oder zwei Jahre Berufserfahrung innerhalb der letzten fünf Jahre in einem Beruf, der mindestens ein zweijähriges Training voraussetzt. Man darf weder HIV-infiziert sein noch an ansteckenden Krankheiten leiden und muss ein makelloses polizeiliches Führungszeugnis vorweisen. ``Give me your tired, poor, your huddled masses?'', das war einmal. Gemeinerweise lost die Behörde auch mehr als 55.000 potentielle Gewinner aus, da ein Teil erfahrungsgemäß doch plötzlich zurücktritt oder die Bedingungen nicht erfüllt. Bloß ist das natürlich schlecht abzuschätzen. Und so gibt es Pechvögel, die gewannen, alle Voraussetzungen erfüllten und doch leer ausgingen, da die magische Zahl 55.000 erreicht wurde.
Nun ist die Lotterie nicht die einzige Möglichkeit, eine amerikanische Green Card zu erhalten. Einerseits kann ein mit dem Applikanten verwandter amerikanischer Staatsbürger eine Green Card bei der amerikanischen Einwanderungsbehörde beantragen. Und hat man gerade keinen amerikanischen Verwandten zur Hand und auch kein Glück im Spiel, kann auch der amerikanische Arbeitgeber, für den man bereits in Amerika arbeitet, eine Petition einreichen. Allerdings prüft die Einwanderungsbehörde erst in einem äußerst umständlichen Verfahren, ob auch wirklich kein Amerikaner den Job erledigen kann. Dies führt nur bei Berufen zum Ziel, für die Amerika händeringend Leute sucht. Und hier schließt sich der Kreis, denn an Computerexperten herrscht vor allen Dingen in dem an San Francisco angrenzenden hochtechnologischen Silicon Valley starker Bedarf.
Verfolgt man die Diskussion des Schröder-Vorschlags, erhält man den Eindruck, in Amerika werde einem die Green Card hinterhergeworfen. Weit gefehlt. Eine Green Card mit Hilfe eines amerikanischen Arbeitgebers zu erhalten, ist ein langwieriger, nervenaufreibender und extrem bürokratischer Prozess. Hat man zudem das Pech, den Antrag in Kalifornien stellen zu müssen, einem der Bundesstaaten mit den höchsten Einwanderungszahlen in den USA, kann man momentan mit Wartezeiten bis zu sechs Jahren rechnen. Da die meisten ausländischen Computerexperten in den USA auf einem so genannten H-1B-Visum arbeiten, das hochqualifizierten Arbeitskräften für maximal sechs Jahre eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung gewährt, ist man praktisch auf verlorenem Feld: Das Visum läuft aus, bevor die Einwanderngsbehörde den Antrag auf die Green Card fertig bearbeitet hat -- selbst wenn gleich der Antrag gestellt wird, sobald man seinen Fuß auf amerikanischen Boden setzt. Hinzu kommt, dass die Firmen nicht in jedem Fall bereit sind, gleich die Green Card zu beantragen, wollen sie doch erst sicherstellen, dass der ausländische Arbeitnehmer auch gute Dienste leistet. Darüber hinaus hat das H-1B-Visum einen entscheidenen Vorteil für den Arbeitgeber: Die Arbeitsgenehmigung gilt nur für eine ganz bestimmte Firma -- ein Jobwechsel setzt die gewaltige bürokratische Mühle wieder in Gang.
Die Green Card gewährt hingegen freie Stellenwahl. Die Firmen verlieren so die Visumsbindung des Arbeitnehmers, aber bedingt durch den extremen Mangel an Computerspezialisten scheuen die meisten Firmen diesen Schritt nicht mehr. Egal wie, sie wollen qualifizierte Mitarbeiter. Selbst der zur Zeit stattfindene amerikanische Wahlkampf zum Präsidentenamt hat dieses Thema aufgegriffen. Eine Verkürzung des Green-Card-Prozesses für Computerexperten ist noch nicht im Gespräch, aber die verschiedenen Kandidaten brüsten sich damit, dass man doch noch einmal die Obergrenze der jährlich ausgegebenen H-1B-Visa erhöhen könnte. Zur Zeit sind dies 115.000 pro Jahr. Sind sie vergeben, bleibt einem Antragsteller nichts weiter übrig als zu warten. Das können unter Umständen Monate sein.
Zurück zur Green Card. Stellt der amerikanische Arbeitgeber die Petition für die Green Card, gilt es, drei Schritte zu durchlaufen. Vor allen Dingen die Beantragung des so genannten ``Certification of Labor'', zieht den Prozess in die Länge. In diesem ersten Schritt muss die amerikanische Firma in einem höchst komplizierten Verfahren nachweisen, dass sie keinen amerikanischen Staatsbürger für den ausgeschriebenen Job finden konnte und dies mit Stellenangeboten in Zeitungen und geführten Bewerbungsgesprächen belegen.
Allein dieser Prozess kann in Kalifornien bis zu zwei Jahren dauern. Erst nach Erhalt des heißbegehrten Zertifikats kann die Petition bei der Einwanderungsbehörde eingereicht werden. Wieder dauert es bis zu einem Jahr, bis der Antrag bearbeitet wird. Der dritte Schritt heißt ``Adjustment of Status'' und bezeichnet den Wechsel vom Nicht-Immigranten zum Immigranten. Wartezeit in Kalifornien zur Zeit: zwei bis drei Jahre! Macht fünf bis sechs Jahre für alle drei Schritte. Erschwerend hinzukommt, dass man in dieser Zeitspanne weder seinen Arbeitgeber wechseln kann noch entlassen werden darf. Geschieht dies selbst ganz kurz vor dem Ziel, heißt es: zurück zum Ausgangspunkt! Gnadenlos.
Mit einem Lotterietreffer ginge es natürlich etwas schneller. Dieses Jahr gewonnen, könnte die Green Card schon Ende 2001 im Briefkasten liegen. Mit etwas Glück -- oder, falls nicht: Man hört, dass auch in Deutschland wieder Computerspezialisten gesucht werden ...
Angelika Schilli lebt seit drei Jahren mit ihrem Mann in San Francisco, Kalifornien.
Wir hoffen, ihr hattet Spaß am Rundbrief -- lasst was hören und schaltet wieder ein -- bis die Tage!
Angelika & Michael
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