Angelika/Mike Schilli |
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Angelika Die USA befinden sich in den letzten Zügen des Wahlkampfs und die Schreiberlinge tippen sich die Finger wund. Wir sind schon ganz erschöpft von den ganzen Debatten, Analysen und Prognosen. Viele fragen uns oft nach unserer Einschätzung, da wir ja in diesem Land leben. Wer wird gewinnen, Harris oder Trump? Das hört sich jetzt vielleicht etwas lapidar an, aber die Chancen sind weiterhin 50-50 für beide. Schlauere Analysen können wir auch nicht abgeben. Es bleibt sehr knapp. Die Entscheidung, dass Biden das Feld räumte im Juli, war nötig und wichtig, kam aber leider etwas zu spät. Ich hätte mir zumindest einen offenen Parteitag der Demokraten gewünscht, indem nicht nur Kamala Harris aufgestellt gewesen wäre, sondern auch weitere Kandidaten, für die dann die Delegierten ihre Stimmen abgegeben hätten. Aber mich fragt ja keiner.
Denn es geht nicht darum, die demokratischen Wähler in Kalifornien oder New York zu überzeugen, sondern die Unentschlossenen in der Mitte des Landes. Und Kamala Harris ist nun einmal mit Bidens Politik verbunden und hatte als Vizepräsidentin zwischenzeitlich extrem schlechte Zustimmungswerte in Umfragen. Diese haben sich mittlerweile aber verbessert und liegen knapp unter 50%. Laut New York Times wusste einer von sechs Wählern im Oktober immer noch nicht, für wen er am 5. November seine Stimme abgibt. Zu dieser Gruppe gehören aber auch die Wähler, die sich schlussendlich dazu entscheiden, gar nicht zu wählen, weil sie sich weder für Harris noch für Trump erwärmen können oder aus Protest einen Quatsch-Kandidaten in den Wahlzettel eintragen. Interessanterweise steht auch noch Robert Kennedys Name auf den kalifornischen Wahlzetteln, obwohl er offiziell seine Kandidatur zurück gezogen hat, aber da waren die Wahlzettel schon gedruckt.
Unsere Wahlunterlagen liegen schon zuhause, denn in Kalifornien bekommen wir seit der Pandemie automatisch Briefwahlunterlagen zugesandt. Auch türmen sich mittlerweile Berge von Pamphleten in unserer Wohnung, und jeden Tag bekomme ich irgendwelche Textnachrichten, dass ich doch bitte für Kamala Harris spenden soll. Keine Ahnung, woher die meine Mobilnummer haben. In diesen Textnachrichten werde ich auch des öfteren mit Henry angesprochen. Hmmm. Die Broschüren, die täglich unseren Briefkasten verstopfen, beziehen sich übrigens auf die lokalen Wahlen, denn in Kalifornien und San Francisco darf der Wähler wieder über zig Volksbegehren ("Propositions") entscheiden. Und in San Francisco ist Bürgermeisterwahl, darüber berichtet die internationale Presse nicht, denn dafür steht die Präsidentschaftswahl zu sehr im Vordergrund.
Eigentlich hätten wir schon im November 2023 Bürgermeisterwahl gehabt, aber durch die Verabschiedung der Proposition H im Jahr 2022 haben die Wähler bestimmt, dass Bürgermeisterwahlen jetzt immer mit den Präsidentschaftswahlen zusammen fallen, weil man sich dadurch eine höhere Wahlbeteiligung erhofft. San Francisco beuteln ja schon seit längerer Zeit so einige Probleme. Downtown liegt seit der Pandemie brach und erholt sich einfach nicht. Die Kriminalitätsrate ist hoch, Einbrüche in Häuser und Autos, Ladendiebstähle im großen Stil, Obdachlosenzeltstädte auf Bürgersteigen und die Fentanylkrise haben die Lebensqualität von vielen in dieser Stadt stark eingeschränkt. Viele Wähler sind angefressen vom Status Quo und wollen, dass sich etwas verändert.
Politik ist in dieser Stadt allerdings kompliziert. Es gibt letztendlich keine Opposition im Stadtrat, sondern Politiker werden einkategorisiert, in moderate oder linkslastige Demokraten. Wohlgemerkt, nach den Maßstäben San Franciscos, ein moderater Demokrat hier würde in anderen Gegenden in den USA wahrscheinlich als Linker gelten. Politiker in San Francisco kämpfen auch immer wieder mit Korruptionswürfen. Es herrscht ein aufgeblähter Bürokratiedschungel und wenig Kontrolle darüber, ob Steuergelder auch so eingesetzt werden wie vorgesehen.
Und das ist noch nicht alles: Neben dem Präsidenten der USA und dem Bürgermeister von San Francisco stehen auch ein gutes Dutzend weiterer Ämter zur Wahl: Unter anderem der Sheriff, die Vorsitzenden des Schulamts ("School Board"), der Direktor der U-Bahn (BART) und noch einige Stadtratsabgeordnete, die allerdings nur Stimmen von Wählern erhalten, die im jeweiligen Distrikt wohnen.
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